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Inkassobüros - Die falsche Frau Maier

, aktualisiert am

Keine Panik: wenn ein Inkassobüro zu Unrecht Zahlungsforderungen stellt.

Anna Maier staunte nicht schlecht, als sie im Postkasten diesen Brief vorfand: Da erhob eine Linzer Inkassofirma im Namen eines größeren Versandhauses gegen sie eine Geldforderung in Höhe von 210 Euro, und zwar für eine vor zwei Jahren bestellte Musik-Edition, die geliefert, aber nie bezahlt worden sei. Ein Scherz? Zwar ist Frau Maier Musikliebhaberin, doch ihre CDs pflegt sie in Geschäften zu kaufen. Für einen einfachen Scherz war das Schreiben allerdings zu bestimmt abgefasst: Zahlung entweder innerhalb einer Woche oder das Inkassobüro sehe sich gezwungen, gerichtliche Schritte einzuleiten.

Nicht sofort bezahlen

Noch einmal ein Blick auf die Anschrift. Ja, die stimmte. Frau Maier hielt also nicht etwa einen Brief in den Händen, der für ihre Nachbarin bestimmt war. Sollte sie vielleicht in einem Moment kurzer Zerstreuung doch etwas bestellt haben? Frau Maier ging in sich. Absolut ausschließen konnte sie das nicht, immerhin lag der Fall bereits zwei Jahre zurück. Sie wusste nur, dass sie keinen weiteren Ärger haben wollte. Deshalb dachte sie auch kurz daran, die Rechnung einfach zu bezahlen. Dem Schreiben lag praktischerweise gleich ein Zahlschein bei. Wie das Inkassobüro außerdem schrieb, wäre es mit einer Ratenzahlung durchaus einverstanden.

Inkassobüros sind private Unternehmen, darauf spezialisiert, für ihre Auftraggeber die jeweils ausstehenden Schulden einzutreiben. Dazu üben sie mal mehr, mal weniger großen Druck aus.

Kühlen Kopf bewahren

Wir empfehlen den Betroffenen, in einer solchen Situation kühlen Kopf zu bewahren – und sich nicht gleich mit einer Ratenvereinbarung einverstanden zu erklären. Denn damit würden sie automatisch auch die in der Summe inkludierten Kosten des Inkassounternehmens anerkennen. Es kann aber sein, dass der Gläubiger für diese Kosten selbst aufkommen muss – das hängt ganz vom Kaufvertrag ab, sprich, vom Kleingedruckten auf der Bestellung. Die meisten Versandhäuser haben sich freilich allerdings entsprechend abgesichert.

Im Fall von Frau Maier war aber zunächst zu klären, ob sie die Musikedition überhaupt bestellt hatte. Wir gaben ihr den Rat, in einem ersten Schritt das Inkassobüro um eine Kopie ihrer angeblichen Bestellung zu bitten. Ein kurzer Telefonanruf genügte, und ein paar Tage später kam die gewünschte Kopie tatsächlich mit der Post.

Klarer Fall! Der Name auf der Bestellung war wohl der gleiche, doch das Geburtsdatum ein ganz anderes, und auch die Unterschrift stimmte überhaupt nicht mit ihrer überein. Für Frau Maier ein eindeutiger Beweis ihrer Unschuld.

Ein ruhiges Gewissen schützt indes noch lange nicht vor weiterer Verfolgung durch das Inkassobüro. Zwar ist es ein Unternehmen, das auch nicht mehr Rechte hat als jede andere Privatperson, doch das hält manche Büros nicht davon ab, dem (tatsächlichen oder vermeintlichen) Schuldner auch Hausbesuche abzustatten. Ein wirksames Drohmittel, auch wenn die Inkassobüro-Mitarbeiter sich nicht Zutritt in die Wohnung verschaffen dürfen, da sie keine Exekutivgewalt haben.

Um Aufklärung bemühen

Um sich vor weiteren Belästigungen zu schützen, empfahlen wir Frau Maier, per Einschreiben sowohl dem Inkassobüro wie auch dem Versandhaus mitzuteilen, dass in ihrem Fall offensichtlich eine Verwechslung vorliege, und dies mit einer beigelegten Kopie ihres Passes zu beweisen, aus dem ihr Geburtsdatum und auch ihre Unterschrift ersichtlich ist. Nachdem Frau Maier das gemacht hatte, hörte sie in der Tat nicht wieder von dem Inkassobüro, freilich auch nie ein Wort des Bedauerns oder der Entschuldigung.

Damit war die Sache noch einmal glimpflich ausgegangen. Uns sind Fälle bekannt, da decken Inkassobüros recht unbeeindruckt Unschuldige weiter mit Mahnschreiben ein, wohl in der Hoffnung, dass die irgendwann doch – einfach um des lieben Friedens willen – zahlen.

Achtung: Unschuld schützt nicht vor der Zahlungsverpflichtung. Spätestens wenn die Sache bei Gericht landet, müssen Sie Ihren Standpunkt darlegen, das heißt Einspruch gegen den Zahlungsbefehl erheben. Andernfalls kann der Gültigkeit erlangen, denn das Gericht prüft nicht, ob er zu Recht besteht. Nichts tun ist also keine Lösung.

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