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Stillen - Von Anfang an das Beste

Muttermilch ist das Beste für Säuglinge – aber auch die Mütter profitieren gesundheitlich durchs Stillen. Und dass es noch wirtschaftliche Vorteile bringt, ist nicht der einzige Grund, warum auch Väter diesen Artikel lesen sollten.

Nährstoffe die sie brauchen

Muttermilch ist tatsächlich ein Lebenselixier: Ein einziger Tropfen enthält 4000 lebende Zellen, und mehr als 200 verschiedene Inhaltstoffe sorgen dafür, dass der heranwachsende Säugling optimal ernährt wird. Eiweiß, Kohlenhydrate und Fettgehalt der Muttermilch sind so genau auf die Bedürfnisse des Babys abgestimmt, dass sie weder den Verdauungstrakt belasten noch zu einer Überernährung führen können. Gestillte Babys erhalten alle Nährstoffe, die sie brauchen, werden aber nie zu dick.

Schutz vor Krankheiten

Vitamine, Mineralstoffe und Enzyme stehen im exakt richtigen Verhältnis zur Verfügung, Hormone fördern das Wachstum des Kindes. Muttermilch enthält speziell langkettige, ungesättigte Fettsäuren für die Entwicklung von Gehirn und Nervensystem, einen Bifidusfaktor, der die Darmflora gesund hält, und Immunglobuline, die vor Infektionen schützen: Gestillte Kinder erkranken nachweislich seltener als „Flaschenkinder“. Und sie entwickeln auch weitaus seltener Allergien: Das Eiweiß der Muttermilch wird vom kindlichen Organismus problemlos verarbeitet, fremdes Eiweiß kann eine allergische Reaktion des Immunsystems hervorrufen.

Fördert Entwicklung von Kiefer und Zähnen

Außerdem fördert das Saugen an der Mutterbrust die gesunde Entwicklung von Kiefer und Zähnen und regt auch alle Sinne des Kindes an: Beim Stillen sieht, hört, riecht, schmeckt und spürt das Baby seine Mutter. Und nicht zuletzt ist Stillen die vielleicht intensivste Form der Kommunikation zwischen Mutter und Kind: Es fördert die emotionale Bindung, vermittelt dem Baby Geborgenheit und legt damit den Grundstein für eine stabile Psyche.

Im ersten Jahr ausschließlich stillen

WHO, UNICEF und Experten raten deshalb, Kinder im ersten Lebenshalbjahr ausschließlich zu stillen. Auch im zweiten Halbjahr sollte das Baby zusätzlich zur Beikost gestillt werden – wenn Mutter und Kind das wünschen, sogar noch länger.

Seltener Brustkrebs

Das Stillen tut auch der Mutter gut – und zwar noch lange nach der Stillzeit: Denn es fördert nicht nur die Rückbildung der Gebärmutter nach der Geburt, die dabei ausgeschütteten Hormone Prolaktin und Oxytocin wirken auch positiv auf die Psyche und helfen, den Babystress besser zu bewältigen. Außerdem belegen internationale Studien, dass Frauen, die gestillt haben, nachweislich seltener an Brustkrebs erkranken.

Stillen hilft auch sparen

Doch das Stillen hat auch praktische Vorteile: Muttermilch muss nicht zubereitet werden, sie steht immer und überall frisch und hygienisch einwandfrei zur Verfügung, in ausreichender Menge und mit genau richtiger Temperatur. Zudem entlastet Stillen das Familienbudget: Wird das Baby während der ersten sechs Lebensmonate voll gestillt, braucht es weder zusätzliche Nahrungsmittel noch Getränke – damit können immerhin 250 bis 350 Euro eingespart werden, die sonst für Säuglingsnahrung ausgegeben werden müssten.

Über das Stillen informieren

Trotzdem werden in Österreich nur wenige Kinder voll gestillt, viele junge Mütter geben schon nach wenigen Wochen auf. Mehr Aufklärung und Information soll das ändern: Denn Untersuchungen haben gezeigt, dass junge Mütter umso erfolgreicher stillen, je besser sie darüber Bescheid wissen. Umfassende Still-Information sollte schon Bestandteil jeder Geburtsvorbereitung sein – wobei auch praktische Tipps, etwa für das vorbereitende „Abhärten“ der Brust, vermittelt oder möglicherweise auftretende Still-Probleme nicht verschwiegen werden sollten. Die Erfahrung zeigt, dass sich informierte Mütter durch wunde Brustwarzen oder eine Brustentzündung viel seltener entmutigen lassen. Wichtig ist auch, dass frau weiß, wo sie bei Stillproblemen kompetente Hilfe findet.

Beratung

Im Verband der Still- und Laktationsberaterinnen Österreichs (siehe dazu: Inhaltsverzeichnis - "Kontakte") sind die nach den Richtlinien der US-Aufsichtskommission für Prüfungen im Gesundheitswesen besonders gründlich ausgebildeten IBCLC-Laktationsberaterinnen organisiert: Voraussetzung für diese Ausbildung ist ein medizinischer Beruf. IBCLC-Beraterinnen sind an Geburtsstationen, in Hebammenpraxen oder auch an den bereits an den Kliniken eingerichteten Stillambulanzen tätig. Rat und Hilfe in Stillgruppen bietet die La Leche Liga: La-Leche-Stillberaterinnen sind Mütter, die schon selbst gestillt und LLL-Ausbildungslehrgänge absolviert haben.

Geduld ist nötig

Um das Stillen zu fördern, vergibt die WHO mittlerweile auch das Zertifikat „Stillfreundliches Krankenhaus“: Geburtskliniken, die es erwerben wollen, müssen mehrere Bedingungen erfüllen, die der jungen Mutter und ihrem Baby erfolgreiches Stillen ermöglichen sollen. Denn die erste Zeit nach der Geburt ist dafür entscheidend: So sollte das Neugeborene gleich nach der Entbindung an die Mutterbrust gelegt werden und erste Saugversuche unternehmen können. In der Folge soll das Kind immer trinken können, wenn es ein Bedürfnis danach zeigt – „Rooming in“ ist da Voraussetzung. Keinesfalls darf das Kind Fläschchennahrung erhalten: Es könnte dann nicht nur den Geschmack der Muttermilch ablehnen, sondern auch die Brustwarze.

Auch wenn dem Baby der Saugreflex angeboren ist, muss es gegebenenfalls erst lernen, an der Brust zu trinken: Geduldige Hilfe durch das Klinikpersonal macht ihm und der Mutter diesen Prozess leichter.

Erst 13 erfüllen alle WHO- Kriterien

Erfreulicherweise ist das Angebot an Still-Information in den letzten Jahren größer geworden, dennoch erfüllen in Österreich erst 13 Geburtskliniken alle WHO-Kriterien (siehe dazu: Inhaltsverzeichnis - "Kontakte").´

Prinzipiell kann jede Frau stillen, manche brauchen aber etwas mehr Zeit und Hilfe. Auch nach Stillunterbrechungen – etwa wegen einer schwereren Erkrankung der Mutter – kommt das Stillen mit den richtigen Maßnahmen wieder in Gang. Selbst Frauen, die gar nicht geboren haben, können durch Stimulation der Brust Muttermilch produzieren: Bei Frühgeburten oder Säuglingsadoptionen wird diese Methode praktiziert.

Muttermilch kann abgepumpt werden

Prinzipiell gilt: Je mehr Muttermilch getrunken wird, umso mehr wird von den Brustdrüsen produziert. Deshalb sollte im Regelfall immer eine Brust leergetrunken werden, bevor das Kind an die andere angelegt wird. Ist das Stillen nicht möglich, sollte die Muttermilch abgepumpt und mit dem Fläschchen gefüttert werden. Gekühlt oder auch tiefgekühlt ist Muttermilch haltbar wie andere Milch auch. In der Wiener Semmelweisklinik existiert sogar eine Milchsammelstelle, die Muttermilch für Frühgeborene oder kranke Säuglinge bereithält.

Übergangsmilch

Wobei Muttermilch nicht gleich Muttermilch ist: Reife Muttermilch wird ab dem 14. Tag nach der Geburt gebildet, vom 3. bis zum 14. Tag die Übergangsmilch. Davor, in den ersten drei Lebenstagen, steht dem Säugling das Kolostrum zur Verfügung: Es enthält viel Eiweiß und die Vitamine A, E und B 12 – und vor allem viele Antikörper, die das Kind vor Infektionen schützen. Ist volles Stillen nicht möglich, sollte das Baby diese „Vormilch“ unbedingt erhalten. Sie wird nicht von ungefähr „erste Schutzimpfung für Neugeborene“ genannt.

Kein Baby sollte im ersten halben Jahr seines Lebens auf Muttermilch verzichten müssen. Bei Berufstätigkeit sieht das Arbeitsrecht arbeitsfreie Stillzeiten vor. Um den Wert des Stillens bewusst zu machen, wird heuer von 27. September bis 3. Oktober die Weltstillwoche veranstaltet.

Trotzdem verhüten!

Bleibt zu hoffen, dass nicht nur werdende und junge Mütter sowie die Leiter von Geburtskliniken die Botschaft hören, sondern auch die Väter. Denn erfolgreiches Stillen wird nicht zuletzt durch die Hilfe des Partners möglich. Fühlt die Mutter sich unterstützt und entlastet, klappt es auch mit der Milch besser. Hüten sollte sie sich aber vor dem Aberglauben, dass Frauen, die stillen, nicht schwanger werden können. Nur wenn das Baby jede Stunde oder gar öfter an die Brust gelegt wird, beeinflusst das den Hormonspiegel so, dass es zu keiner Schwangerschaft kommen kann.

Gift in der Muttermilch?

In den 1970er-Jahren wies Muttermilch eine hohe Belastung mit Schadstoffen wie Blei oder Dioxin auf – verantwortlich dafür waren Auto- und Industrieabgase sowie Emissionen bei der Müllverbrennung.

Mittlerweile sind diese Werte erfreulicherweise gesunken, schadstofffrei ist Muttermilch dennoch nicht. Trotzdem überwiegen die Vorteile des Stillens bei weitem! Allerdings gilt: Je gesünder die Mutter lebt, umso gesünder ihre Milch. Nikotin und Alkohol sollten daher tabu sein, ebenso bewusstes Abnehmen in der Stillzeit.

Kontakte

  • Geburtskliniken mit dem WHO-Zertifikat „Stillfreundliches Krankenhaus“
    Krankenhaus Amstetten
    Krankenhaus Bludenz
    Sanatorium St. Leonhard, Graz
    Bezirkskrankenhaus Hall in Tirol
    Krankenhaus Hohenems
    Krankenhaus Korneuburg
    AKH Linz
    Krankenhaus Oberndorf
    Bezirkskrankenhaus Reutte
    LKH Tulln
    Krankenhaus Wels der Barmherzigen Schwestern vom heiligen Kreuz
    Semmelweis Frauenklinik, Wien
    Krankenhaus Wiener Neustadt
  • La Leche Liga
    www.lalecheliga.at (Kontakt nur über Internet, da die Beraterinnen häufig wechseln)
  • Verband der Still- und Laktationsberaterinnen Österreichs
    www.stillen.at (Babyfoto anklicken!); 2362 Biedermannsdorf, Lindenstraße 20, Tel. und Fax (02236) 723 36

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