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Geldanlage: deutsche Schiffsfonds - Leckgeschlagen

Tausende österreichische Konsumenten  haben ihr Geld in Schiffsfonds investiert. Die sind jetzt in Seenot geraten, es drohen Verluste. Vielen Anlegern war das Risiko dieser Beteiligungen nicht bewusst. Sie können Schadenersatz von den Vermittlern dieser Fonds fordern.

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Kürzlich bekamen zahlreiche österreichische Geldanleger unerfreuliche Post.  Fonds, die von der MPC Muenchmeyer Petersen Capital AG sowie der HCI Capital AG herausgegeben wurden, verlangten weiteres Geld von ihren Gesellschaftern. Diese deutschen Emissionshäuser hatten geschlossene Fonds – Schiffs- und Immobilienfonds aufgelegt und ab 2001 auch in Österreich verkauft.

Zu hohe Erwartungen

Geworben wurde damals mit hohen Renditechancen.Tanker und Containerschiffe seien das Business der Zukunft, hieß es damals. Diese Fonds sollten es auch Kleinanlegern ermöglichen, an diesem Geschäft  zu partizipieren und satte Gewinne einzustreifen. Und manch einer sah sich vielleicht schon als kleiner Onassis. Die Schiffsfonds verkauften sich wie warme Semmeln, Schätzungen sprechen von bis zu 700 Millionen, die investiert wurden. Auch deshalb, weil die Schiffsanteile in Österreich meist nicht von Finanzvertrieben angeboten wurden, sondern von namhaften Geldinstituten: Sparkassen, Raiffeisenbanken, Volksbanken sowie der Privatbank Kathrein.

Überkapazität: Verluste statt Rendite

Doch MPC und HCI funken schon seit längerem SOS: Wenn viele Schiffe gebaut werden, steigt die Gefahr, dass diese nicht mehr ausgelastet sind und statt Renditen nur Verluste einfahren. Ein übriges tat die Wirtschaftskrise.  Fast täglich landet ein deutsches Schiff beim Insolvenzrichter oder muss verschrottet werden. Jetzt drohen die Fondsgesellschaften ihren Anlegern damit, dass diese im Insolvenzfall die Ausschüttungen zurückzahlen müssen, die sie bereits erhalten haben. Und sie fordern neues Kapital, um den drohenden Schiffbruch hinauszuzögern. Die österreichische Tochter des Emissionshauses MPC hat bereits ihren Betrieb eingestellt und ist in Liquidation.

Unternehmerisches Risiko

Wer sein Geld in einen Schiffsfonds gesteckt hat, darf sich tatsächlich als Reeder fühlen. Allerdings nicht, was die Gewinne angeht. Er oder sie muss das unternehmerische Risiko tragen. Das bedeutet: Eine Firma kann auch Pleite gehen. Beim Verkauf der Fonds wurde dies in dieser Deutlichkeit natürlich nicht gesagt. Viele Kleinsparer griffen freudig zu, als ihnen die nette Dame bei der örtlichen Raika oder der freundliche Herr von ihrer Hausbank einen solchen Schiffsfonds ans Herz legten.

Prospekt nur auf Nachfrage

Nun gibt es in Österreich eine Prospektpflicht für Geldanlagen: Anleger müssen über die Risiken aufgeklärt werden. „Aber in Österreich gibt es zwei Arten von Anlageprospekten“, erklärt Dkfm. Manfred Lappe, gerichtlich zertifizierter Sachverständiger und KONSUMENT-Autor. "Zum einen Werbeprospekte für den Verkauf und den echten Kapitalmarktprospekt. Der ist bei der Kontrollbank hinterlegt und wurde nur auf ausdrückliche Nachfrage vom Anbieter oder Berater herausgegeben“.  Daher konnte vielen Anlegern nicht klar sein, worauf sie sich eingelassen haben.


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Beraterhaftung prüfen

Totalverlust droht

Laufend melden sich bei uns Geschädigte solcher Schiffsfonds: Eltern, die für ihre Kinder etwas auf die Seite legen wollten, Sparer, die höhere Zinsen suchten, Senioren, die ihre ausbezahlte Lebensversicherung wieder investieren wollten. Kurz: keine eiskalt kalkulierenden Finanzjongleure, sondern Kleinsparer, denen dieses Produkt nicht erklärt worden war. Sie stehen nun vor einem finanziellen Desaster, das sie nicht allein verkraften können.

Beraterhaftung prüfen

Bei den Emissionshäusern dieser Fonds wird nichts zu holen sein. Die fungierten ja nur als Geldeinsammelstellen. Aber zum Glück gibt es noch die so genannte Beraterhaftung: Wer ein Finanzprodukt anbietet, muss auch über dessen Risiken informieren. Tut er das nicht, haftet er für Schäden, die dem Anleger (oder Kreditnehmer) daraus entstehen. Diese Informationspflicht wurde  beim Verkauf der Schiffsfonds oft nicht erfüllt. Ist diese Pflichtverletzung nachweisbar (Zeugenaussagen, Gesprächsnotizen, Beratungsprotokolle), kann das Geldinstitut zur (finanziellen) Verantwortung gezogen werden.

Holen Sie sich fachlichen Rat

Wer also einen deutschen Schiffs- oder Immobilienfonds erworben hat, sollte fachlichen Rat einholen: In unserer Beratung oder bei einer anderen Konsumentenschutzeinrichtung. Die Frist für eine Schadensersatzklage beträgt drei Jahre ab Kenntnis des Schadens. Wenn Sie bereits früher die versprochenen Ausschüttungen nicht erhalten oder nochmals Geld zahlen ("nachschießen“)  mussten, ist rasches Handeln nötig, damit Sie diese Frist nicht versäumen.

Achtung: Verjährung

Auch hier könnte es nämlich passieren, dass die Schuldigen darauf setzen, dass die Sache gerichtlich verjährt. Betroffene sollten ihre Unterlagen zu diesem Kauf durchforsten. Gibt es kein Beratungsprotokoll oder ähnliches, sollten Betroffene wenigstens versuchen, das damalige Verkaufsgespräch zu rekonstruieren. Dr. Peter Kolba, Leiter der VKI-Rechtsabteilung hat angekündigt, Geschädigte beim Kampf um Schadenersatz zu unterstützen.

Wo war die Finanzmarktaufsicht?

Bleibt die Frage: Wo war damals eigentlich die Finanzmarktaufsicht, die jetzt – siehe Fall Staudinger – als Schützerin der kleinen Anleger auftritt?

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