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Krampfadern - "Superkleber" als Behandlung

Hilft eine Behandlung mit Cyanoacrylat (beispielweise Sapheon VenasealTM) gegen Krampfadern ähnlich gut oder besser als andere Methoden?

Wir sagen: Bisher gibt es keine Ergebnisse aus klinischen Studien zu dieser Methode. Die Wirksamkeit im Vergleich mit anderen Behandlungen ist daher unklar.

KONSUMENT Faktencheck-Medizin: Bei dem hier beschriebenen Thema ist die Beweislage unzureichend; es gibt keine Hinweise, dass die Behauptung stimmt


Ungefähr jeder Dritte bekommt sie, Frauen häufiger als Männer. Krampfadern sind lästig und unansehnlich und manchmal verursachen sie auch Beschwerden wie geschwollene und müde Beine, Schmerzen, Juckreiz oder nächtliche Beinkrämpfe. Langfristig können sie Venenentzündungen bis hin zu Geschwüren auslösen. Krampfadern entstehen, wenn sich das Blut in den oberflächlichen Beinvenen zurückstaut, anstatt zum Herz gepumpt zu werden. Normalerweise verhindern die Venenklappen – kleine Ventile im Inneren der Blutgefäße – den Rückstau. Funktionieren diese nicht richtig, sammelt sich Blut in den Beinen, mit der Zeit bilden sich Krampfadern.

„Krampfader-freie Sommer-Beine“

Hat man sie, will man nur eines, sie möglichst rasch wieder loswerden. Am besten natürlich ohne Operation! So wie die neue Venaseal-Methode der Firma Sapheon, die laut Presseberichten „garantiert Krampfader-freie Sommer-Beine“ verspricht. Die Krampfadern werden dabei mit Cyanoacryl, einer Art Superkleber, verschlossen. Die Substanz wird direkt in die Vene gespritzt. Im Idealfall fließt das Blut nicht mehr durch das betroffene Gefäß, sondern wird in andere, gesunde Venen umgeleitet. Dem Hersteller zufolge soll die Methode unter anderem den Vorteil haben, dass die Patienten nach der Behandlung keine Kompressionsstrümpfe tragen müssen und schnell wieder ihrem Alltag nachgehen können.

Keine wissenschaftlichen Beweise

Tatsächlich ist dies unbewiesen. Zwar gibt es wissenschaftliche Untersuchungen zum Verschließen von Krampfadern mit Cyanoacrylat. Diese entsprechen jedoch nicht gängigen wissenschaftlichen Anforderungen. In einer Studie wurden 38 Personen mit Krampfadern mit dem Venenkleber behandelt. Nach einem Jahr waren bei knapp der Hälfte (18 Personen) keine Krampfadern mehr sichtbar. Allerdings wurde die Methode nicht mit einer anderen Behandlung oder einer Scheinbehandlung verglichen, weshalb die Studie nicht aussagekräftig ist. Bei knapp einem Viertel der Studienteilnehmer traten zudem unerwünschte Nebenwirkungen auf, bei acht Patienten kam es zu teils schmerzhaften Entzündungen. Von einer weiteren ähnlichen Studie an 69 Patienten kann nur eine Zusammenfassung der Ergebnisse eingesehen werden, Details wurden bisher nicht veröffentlicht, die Ergebnisse lassen sich daher nicht überprüfen. Auch in dieser Untersuchung wurde kein Vergleich mit anderen, bereits etablierten Behandlungen vorgenommen.

Operation am besten untersucht

Die am besten untersuchte Behandlungsmethode ist das Herausoperieren des betroffenen Blutgefäßes. Beim sogenannten Stripping wird in Leistennähe sowie in Knie- oder Knöchelgegend ein kleiner Schnitt gesetzt und die Vene mit einem Draht herausgezogen. Bei der Phlebektomie werden kleine Schnitte entlang der betroffenen Vene gesetzt, diese dann durchtrennt und mit Häkchen herausgezogen. So sollen Narben verhindert werden. Danach kann es allerdings zu Schmerzen, Blutungen, Schwellungen, Narbenbildung und Hautverfärbung kommen. Ernsthafte Nebenwirkungen wie Entzündungen, Thrombosen (Blutgerinnsel) oder Nervenverletzungen treten selten auf. Bei einigen Patienten kehren die Krampfadern nach einiger Zeit allerdings wieder zurück.

Andere Methoden

Bei der Radiofrequenzablation wird eine Sonde in die Vene eingeführt, die elektromagnetische Wellen erzeugt und so das Blutgefäß mithilfe von Hitze versiegelt. Bei der endovenösen Lasertherapie wird mithilfe von Laser Hitze erzeugt und das Blutgefäß von innen versiegelt. Beide Methoden scheinen gleich gut zu funktionieren wie herkömmliche Operationen. Es kann zwar zu Schmerzen, blauen Flecken oder Narben kommen, ernsthaftere Komplikationen wie Nervenschäden oder Entzündungen sind dagegen seltener als bei Operationen. Beim Trivex-Verfahren wird die Vene von innen mit einem kleinen, rotierenden Messer zerschnitten und das Gewebe danach abgesaugt. Wie gut das Verfahren im Vergleich zu anderen Methoden funktioniert, wurde noch nicht ausreichend untersucht. Ohne Operation kommt die Sklerotherapie aus. Dabei wird eine reizende Flüssigkeit oder ein Schaum in die betroffene Vene gespritzt und diese verödet. Auf lange Sicht bringt diese Methode aber weniger Erfolg.

Kompressionstrümpfe

Das Tragen von Kompressionsstrümpfen ist die häufigste Selbstbehandlung. Ob Kompressionsstrümpfe verlässlich helfen, wurde bisher jedoch nicht ausreichend wissenschaftlich untersucht. Das bedeutet nicht, dass die Strümpfe keine Hilfe bringen, zur Beurteilung der Wirksamkeit sind jedoch aussagekräftigere Studien erforderlich.

Bewegung hilft

Übergewichtige Personen sowie Frauen, die zweimal oder öfter schwanger waren, haben eine erhöhte Wahrscheinlichkeit, Krampfadern zu bekommen. Manchmal sind aber auch erblich bedingt schwächere Venenwände und -klappen die Ursache. Langes Stehen oder Sitzen – etwa in der Arbeit – trägt dazu bei, dass das Blut nicht gut aus den Beinen abtransportiert wird. Dies kann die Blutgefäße ausdehnen und so die Entstehung von Krampfadern fördern. Bewegung wie Gehen und Laufen hingegen unterstützt den Abtransport des Blutes.

Lesen Sie auch Krampfadern: VaricoFix - Arnika, Weißwurz, Asiatischer Wassernabel

 

Stimmt das, was die berichten?

Beinahe täglich berichten Medien von Behandlungsmethoden, diagnostischen Tests und Studien. Bei den Lesern steigen Erwartungen und Sorgen. Wie aber steht es mit den Fakten hinter diesen Meldungen? Können wir glauben, was wir lesen? In unserer Rubrik "Fakten-Check Medizin" finden Sie Informationen, ob es für Medienberichte zu medizinischen Themen echte wissenschaftliche Beweise gibt. "Faktencheck Medizin" ist eine Kooperation von KONSUMENT mit Cochrane-Österreich. Cochrane-Österreich ist werbefrei, unabhängig und wird durch die Bundesgesundheitsagentur gefördert.

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