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Brustimplantate: Schuldspruch gegen PIP - 3000 € Schadenersatz möglich

Im PIP-Prozess um gefährliche Brustimplantate hat das Strafgericht in Marseille Schuldsprüche gefällt. Sobald die Urteile rechtskräftig sind, wird der VKI bei einem französischen Fonds für Verbrechensopfer Schadenersatz anmelden (Höchstbetrag 3.000 Euro). - Die Allianz-Versicherung setzt auf Verjährung.

Neben dem Strafrechtsprozess gegen Firmenbesitzer und leitende Mitarbeiter von PIP laufen weitere Verfahren. Der VKI hatte sich an den Zivilverfahren gegen den Haftpflichtversicherer der PIP, die Allianz Versicherung in Paris, beteiligt. Diese Prozesse laufen noch. Die Allianz Versicherung versucht den Ansprüchen von betroffenen Frauen über die Verjährung zu entkommen.

Sammelaktion für Österreicherinnen

Die Vorgeschichte: Der VKI führt eine Sammelaktion für Österreicherinnen, die durch Brustimplantate der französischen Firma PIP (Poly Implant Prothèse) geschädigt wurden. 73 Frauen aus Österreich schlossen sich dem Strafverfahren gegen den Gründer von PIP und vier leitende Angestellte an. Die Gruppe der Österreicherinnen ist damit die größte unter den ausländischen Betroffenen im französischen Strafverfahren. Für die österreichischen Geschädigten geht es in Summe um rund 580.000 Euro.

Anklage: vorsätzliche Täuschung und Betrug

Die Anklage im aktuellen Strafverfahren lautete auf vorsätzliche Täuschung und Betrug. PIP hatte für seine Produkte offenbar billiges Industriesilikon verwendet. Die Folgen für tausende Frauen weltweit waren platzende Implantate und Entzündungen, die einen raschen Austausch erforderten. Manche Ärzte rieten auch ohne akute Beschwerden zum Austausch der Implantate, was für die Betroffenen erneute Operationen, Schmerzen und Angst vor Folgeschäden bedeutete. Die aus dem mangelhaften Produkt entstandenen Schäden können die Betroffenen gegen den Hersteller geltend machen. Doch PIP ist zahlungsunfähig. Aus heutiger Sicht ist dort für die Geschädigten nichts zu holen.

Anträge auf Entschädigung

"Das Urteil ist für die Frauen zunächst einmal eine Genugtuung“, meint VKI-Juristin Ulrike Wolf. Sie hatte gemeinsam mit der französischen Rechtsanwältin Sigrid Preissl-Semmer die Urteilsverkündung in Marseille für den VKI mitverfolgt. "Es zeigt, dass Praktiken wie bei PIP nicht ungestraft bleiben". Sobald die Urteile rechtskräftig werden, ermöglichen sie zudem den Geschädigten bei SARVI in Frankreich Anträge auf Entschädigung einzubringen. SARVI ist eine französische Opferschutzeinrichtung - Service d’aide au recouvrement en faveur des victimes d’infractions. Wolf: „Da sich die Täter als vermögenslos deklariert hatten, bleibt nur dieser Weg, um zumindest einen Teil des Schadens ersetzt zu bekommen.“

Schäden bis maximal 3.000 Euro

Der Fonds SARVI ersetzt Schäden bis maximal 3.000 Euro. Da sich die Schadenssummen im Einzelfall zwischen 4.000 und 20.000 Euro bewegen, „ist das“, so Wolf, „nur ein Teil, aber jedenfalls mehr als nur ein Tropfen auf den heißen Stein“.

20 Prozesse gegen Allianz-Versicherung

Die rund 20 Musterprozesse des VKI gegen den französischen Haftpflichtversicherer von PIP, die Allianz Versicherung mit Sitz in Paris, laufen unterdessen weiter. Die Allianz Versicherung bestreitet die Wirksamkeit des Versicherungsvertrages. Die Allianz bestreitet auch die Zuständigkeit für Frauen außerhalb Frankreichs. Die Versicherung war auch nicht bereit, auf die Verjährung möglicher Forderungen zu verzichten. Mit dem Verjährungsverzicht hätte die Allianz Versicherung eine für beide Seiten kostengünstige Klärung der Rechtsfragen ermöglicht. Die Versicherung setzt offensichtlich darauf, dass sich die Betroffenen eine Klage in Frankreich nicht leisten können und daher auf ihre möglichen Ansprüche verzichten. Die Strategie ist bei großen Finanzunternehmen nicht selten.

Klagen über Landesgrenzen

“Der Schadensfall PIP“, so erklärt Dr. Peter Kolba, Leiter des Bereiches Recht im VKI, „ist ein weit über die Grenzen von Frankreich hinausgehender Massenschaden. Da stehen die Regeln der Europäischen Union auf dem Prüfstand.“ Schließlich ist es das ausdrückliche Ziel der EU, dass Geschädigte ihre Ansprüche über Grenzen hinweg durchsetzen können. - Lesen Sie auch Online-Shopping: Geldforderungen eintreiben 2/2011

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