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Schattenarbeit: Do it ... - ... gefälligst yourself

Do it yourself ist schön, wenn man es kann und freiwillig macht. Sonst ist es eine elegante Form Arbeit abzuschieben. - "Kunde König“, ein satirischer Kommentar von Alois Grasböck.

KONSUMENT-Kolumnist Alois Grasböck

Alois Grasböck

Gedemütigte Männerseelen

Leider sagt keine Statistik, wie viele Tobsuchtsanfälle im Lauf der Jahrzehnte durch Selbstbaumöbel verursacht wurden. Wie viele Männerseelen wurden von einem tückischen Bauplan gedemütigt, wie viele Beziehungen haben wegen eines fehlerhaften Nachtkastls ihren ersten Knacks erlitten? Längst genügt es nicht mehr, Puzzle-Möbeln aus dem Weg zu gehen, der Ärger lauert auch anderswo.

Do it gefälligst yourself!

Man kauft zum Beispiel ein Kinderfahrrad, bekommt dieses aber keineswegs ausgehändigt, sondern wird mit einem verdächtig flachen Karton abgespeist. Weil das Fahrrad nicht fertig ist, vollenden darf es der Käufer. Do it gefälligst yourself!

Halbnackte Karosse vor der Tür

Ein Glück, dass Autos so groß sind, sonst würde einem wahrscheinlich der Paketdienst die halbnackte Karosse vor die Tür stellen. Die Scheinwerfer, den Auspuff und die Sitze bitte selbst einbauen, wir empfehlen dafür unseren 19-teiligen Werkzeugkoffer für nur 299 Euro! Der moderne Mensch tut also gut daran, ein begabter Bastler zu sein. Und wenn er gerade nichts zu schrauben hat, kann er seine Rolle als Automatensklave oder Hilfsbanker spielen.

Dem Personal Arbeit unterjubeln

Rebellische Kunden versuchen gelegentlich, dem Bankpersonal eine Tätigkeit unterzujubeln. Teilweise scheitern sie allerdings an einem aalglatten "Ich zeige Ihnen, wie Sie die Überweisung am Automaten durchführen können". Es wird gern so getan, als wären die Automaten idiotensicher. Mag sein, aber was ist mit den gescheiten Leuten? Die wundern sich, wenn ihnen der Automat beiläufig mitteilt, die Bestätigung auf dem Zahlschein sei eigentlich gar keine Bestätigung. Als Hilfsbanker trägt man offenbar auch das Risiko selbst.

Wurstsemmeln selbst aufschneiden?

Trotz allem gibt es Bereiche, in denen die Welt noch in Ordnung ist. Etwa Geschäfte, in denen man sich die Wurstsemmeln nicht selbst aufschneiden muss. Das ist doch das Selbstverständlichste von der Welt, meinen Sie? Heute schon, aber der Zukunft ist alles zuzutrauen. Als Kunde möchte man wenigstens ein bisschen König sein. Also aufpassen, damit wir nicht ganz zu Hilfskräften der Personaleinsparer herabsinken!


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Der Kunde macht es selbst

Herr Grasböck spricht mir aus der Seele. Dass man sich Wurstsemmeln (noch) nicht selbst belegen muss, ist wahrlich ein Glück. Bei Buttersemmeln wird die Dienstleistung selbst in teuren Kaffeehäusern an den Gast „outgesourced”. Fast immer bekommt man eine Semmel, einen mikroskopisch kleinen und viel zu harten verpackten Butterwürfel und ein meistens völlig ungeeignetes Messer. Für die Dienstleistung, die man selber erbringen muss, darf man dann bis zu 3,50 € bezahlen.

Elmo Schmitz
E-Mail
(aus KONSUMENT 2/2016)

Immer mehr Dienstleistungen werden an Konsumentinnen und Konsumenten ausgelagert. Zu wessen Vorteil? Wie denken sie darüber? Schreiben Sie uns!

Die Redaktion

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