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Österreichisches Münzkontor - Praktisch wertlos

, aktualisiert am

Das Österreichische Münzkontor vertreibt praktisch wertlose Münz-Prägungen als wertvolle Sammlerstücke. Wer bestellt, erhält ständig weitere Zusendungen – ein Fall für uns.

Franz H. (Name der Redaktion bekannt) findet in seiner Post ein an ihn adressiertes Prospekt des Österreichischen Münzkontors. Darin wird ihm – als angeblich einem von drei Einwohnern Wiens – eine „einzigartige Jubiläumsprägung Maria Theresia“ zum Vorzugspreis von 9,95 Euro statt regulär 74,95 Euro angeboten. Beworben wird die Medaille als „mit kostbarem Feingold, edler Farbauflage und echtem Swarowski Element veredelt“, hergestellt in „höchster Münz-Prägequalität Polierte Platte“ und „streng limitierter“ Auflage von 9.999 Stück.

Geschenk für die Enkelkinder

Herr H.: „Ich habe geglaubt, dass es sich um eine wertvolle Münze handelt, die ich einmal an eines meiner zwölf Enkelkinder verschenken kann.“ Weil er kein Sammler ist, ruft er sicherheitshalber bei der Münze Österreich an, um etwas über den wahren Wert in Erfahrung zu bringen. Doch nachdem dort niemand abhebt, füllt der Pensionist kurz entschlossen den Bestellschein aus.

Nicht bestellte Ware

Der Ärger beginnt wenige Tage später mit dem Erhalt der Ware: „Im Paket befand sich eine weitere Münze, die ich gar nicht bestellt hatte. Dafür wollten sie zusätzlich 64 Euro von mir haben.“ Franz H. ruft beim Österreichischen Münzkontor an. Dort heißt es nur, er möge die Ware einfach zurückschicken. „Ich dachte, dass ich nun meine Ruhe habe, doch dem war leider nicht so. Ich erhielt ständig Briefe“, berichtet H. Im Wochenrhythmus gehen Schreiben bei ihm ein. Darin wird versucht, den Kunden mit Gutschriften zu weiteren Einkäufen zu bewegen.

Zweifelhafte Praxis

„Es hieß immer, dass ein Guthaben auf meinem Kundenkonto verbucht worden sei. Dieses sei innerhalb einer bestimmten Frist einzulösen, sonst würde es verfallen“, so Franz H. Er wendet sich zunächst an die ORF-Redaktion von „Heute konkret“ und danach an den VKI: „Ich möchte, dass die zweifelhafte Praxis dieser Firma bekannt wird, damit andere Menschen davon verschont bleiben.“

Mit Werbeschreiben bombardiert

Münzen für 10.000 Euro

Franz H. scheint einer von vielen zu sein, die sich mit unverlangten Zuschriften des Österreichischen Münzkontors konfrontiert sehen. Offenbar hat es die Firma vorwiegend auf ältere Personen abgesehen, und nicht alle sind so konsequent wie Franz H., wenn es um die Ablehnung eines der vermeintlichen wertvollen Schnäppchen geht. Bei Liselotte J. (Name der Redaktion bekannt) aus Niederösterreich kamen innerhalb von zwei Jahren Bestellungen im Wert von mehr als 10.000 Euro zusammen.

Mit Werbeschreiben bombardiert

„Bei unseren Besuchen stellten wir fest, dass unsere Mutter mit Werbeschreiben des Münzkontors geradezu bombardiert wird,“ schreibt uns eine ihrer Töchter. „Unsere Mutter glaubt, sie müsse diese Gutschriften einlösen. Das Perfide daran ist, dass mit der Unterschrift ein weiteres Abo initiiert wird und der Kreislauf wieder von vorn beginnt.“ Sie schickte ein von ihrer Mutter unterzeichnetes Widerrufsformular an das Münzkontor.

Dieses antwortete: „Selbstverständlich haben wir veranlasst, dass Frau J. kein Werbematerial mehr erhält. Bitte haben Sie jedoch Verständnis, dass alle Vorgänge, die sich zur Zeit noch in der Druckerei oder Warenkommissionierung befinden, zur Aussendung kommen, da wir keinen Zugriff auf einzelne Adressen haben.“ Liselotte J. erhält über einen Zeitraum von drei Monaten weitere Werbesendungen des Österreichischen Münzkontors.

Wert weniger als 10 Cent

Mehrfache Verstöße gegen das UWG

Für Ulrike Docekal, unsere UWG-Expertin, ist die Geschäftspraxis des Österreichischen Münzkontors gleich in mehrfacher Hinsicht ein Verstoß gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG): „Das unerwünschte und hartnäckige Ansprechen, etwa via Telefon oder Postsendungen, ist verboten. Außerdem erschleicht sich die Firma im Kleindruck die Zustimmung geradezu. Dort steht, dass etwa alle vier Wochen ,unverbindlich‘ Prägungen zugeschickt würden. Das ist unserer Ansicht nach intransparent und diese Zustimmungserklärung daher nichtig.“

Ebenfalls ein Dorn im Auge ist der Juristin, dass der Vertreiber den Eindruck erweckt, die Produkte würden unter ihrem eigentlichen Wert verkauft. Der Kunde glaubt, ein Schnäppchen zu machen, in Wahrheit zahlt er drauf, wie etwa bei der Prägung Österreichische Kaiserkrone. Diese wurde um 10 Euro „statt später 74,95 Euro“ angeboten.

Wert weniger als 10 Cent

„Wir haben dem Dorotheum in Wien sechs Prägungen des Österreichischen Münzkontors zur Belehnung vorgelegt, darunter auch die Österreichische Kaiserkrone. Die Expertise ist vernichtend, der Wert wurde mit unter 10 Cent pro Stück geschätzt“, sagt Ulrike Docekal. Das Dorotheum schreibt: „Diese Medaillen haben keinen belehnbaren Materialwert, ein historischer Wert ist ebenfalls nicht vorhanden. Ein künstlerischer Wert ist [...] ebenfalls nicht gegeben [ ] diese Medaillen sind allenfalls als Souvenirs zu bezeichnen.

Interview: Michael Beckers

Michael Beckers im Interview: „Der Plunder könnte genauso gut als „aus feinstem Plastik, streng limitiert“ angeboten werden.“

Beckers Michael (Bild: Privat)
Michael Beckers

Welche Münzen haben grundsätzlich einen Wert bzw. bei welchen Münzen ist überhaupt eine Wertentwicklung zu erwarten?
Es gilt erst einmal, eine Begriffsverwirrung zu klären. Die Leute werfen gerne Münze, Medaille und Geld in einen Topf. Das, was oft als Münzen angeboten wird, hat nichts mit Geld zu tun. Es sind simple Plaketten, die jeder prägen lassen und zu einem beliebigen Preis verkaufen kann.

Mit einer Währung hat das nichts zu tun?
Richtig. Hinter einer Währung steht der Staat, der für den Wert garantiert. Euro-Münzen werden in der ganzen EU als Zahlungsmittel akzeptiert. Doch bereits wenn ein Staat beispielsweise Euro-Münzen herausgibt, deren Wert über zwei Euro liegt, gilt dies nur noch mit Einschränkungen.

5- oder 10-Euro Gedenkmünzen sind keine Zahlungsmittel?
Zumindest nicht in der ganzen EU. Diese Münzen gelten nur in dem Land als Zahlungsmittel, in dem sie herausgegeben wurden, und auch da muss man aufpassen. In Frankreich werden häufig Euro-Münzen geprägt, die nur eine gewisse Zeit gültig sind, mitunter nur zwei Monate. Manche Länder verkaufen ihr Münzrecht auch an private Firmen. Dann werden Münzen geprägt, die wie ein offizielles Zahlungsmittel wirken, jedoch in dem Moment wertlos sind, in dem sie auf den Markt kommen. In Österreich offiziell herausgegebene Euro-Münzen haben alle noch ihren Wert.

Wie hoch ist der Materialwert dieser Münzen?
Eine Münze, die nicht als Zahlungsmittel gültig ist, also keinen Umlaufwert hat, ist nichts anderes als ein Metallstück. Der Materialwert kann gegen null gehen. Dann gibt es natürlich ¬Münzen, deren Materialwert deutlich höher ist als der Nominalwert, zum Beispiel den 100-Euro-Philharmoniker aus Gold. Dieser wird derzeit um etwas mehr als 1.000 Euro gehandelt.

Aber Anbieter wie das Österreichische Münzkontor werben etwa damit, dass ihre Produkte mit echtem Feingold vergoldet und mit Edelsteinen besetzt seien und in streng limitierter Auflage auf den Markt kämen.
Das ist wirklich goldig – vergoldet werden kann nur mit echtem Gold. Die dabei benötigte  Menge ist aber so gering, dass sie mit einer normalen Waage nicht bestimmt werden kann. Bei den Edelsteinen handelt es sich oft um ungeschliffene Saphire. „Streng limitierte Auflage“ ist eine Worthülse. Solche Medaillen haben dann einen Materialwert, der völlig zu vernachlässigen ist.

Also Hände weg von solchen Angeboten?
Auf jeden Fall. Der Plunder könnte genauso gut als „aus feinstem Plastik, streng limitiert“ angeboten werden. Oft gibt es als Draufgabe noch eine Uhr oder andere „Geschenke“. Die Kunden sollten sich darüber im Klaren sein, dass sie das alles mit dem Kaufpreis finanzieren.

Was hat es mit dem potenziellen Sammlerwert solcher Produkte auf sich?
Da bewegen wir uns im Bereich des Glücksspiels. Der Sammlerbegriff wird gerne strapaziert, um einen Wert zu suggerieren. Münzen können einen Sammlerwert haben, weil sie etwa extrem selten sind, den Status eines historischen Dokuments haben oder einen künstlerischen Wert. Das ist bei den Plaketten, die Sie uns vorgelegt haben (Europäische Kronen des österreichischen Münzkontors) definitiv nicht zu erwarten.

Als Wertanlage sind sie also untauglich?
Definitiv. Wenn ich investieren möchte, egal ob in Münzen oder in andere Wertanlagen, dann sollte ich mich damit auskennen. Ich muss selbst in der Lage sein, den Wert eines Produktes feststellen zu können, in das ich investieren möchte. Außerdem kursieren auch viele Fälschungen, die ich als Laie niemals als solche erkennen kann.

Und wenn ich etwa eine Sammlung erbe, wie kann ich den Wert überhaupt feststellen?
Für eine valide Schätzung kommt man um einen gerichtlich zertifizierten Sachverständigen nicht herum. Wir beim Dorotheum schauen nur, ob eines der Stücke, die Sie loswerden wollen, bei einer Versteigerung etwas einbringen würde. Ist nichts von Wert dabei, nehmen wir nichts an.

VKI sucht Betroffene

Wir prüfen rechtliche Schritte gegen das Österreichische Münzkontor. Betroffene können sich an die Rechtsabteilung des Vereins für Konsumenteninformation wenden: Linke Wienzeile 18, 1060 Wien, Tel. 01 588 77-320, E-Mail udocekal@vki.at

Leserreaktionen

Kein Wert

Herzlichen Dank für den wertvollen Artikel. Ich habe immer wieder einmal ein Vorzugsangebot eingelöst, habe aber immer die gleichzeitig beigelegten teuren Stücke zurückgesendet, da mir immer klar war, dass es keinen Wert besitzt. Auch weiter zugesendete Ware habe ich retour gesandt bzw. nicht angenommen. Gestört haben mich immer die Hinweise „mit Feingold vergoldet“, für mich war aber hier auch immer klar, dass dies keinen Wert ausmacht.

OStrR Mag. Kurt Eckel
E-Mail
(aus KONSUMENT 11/2017)

Täuschung

Sie haben mir mit Ihrem Artikel aus der Seele gesprochen; schon lange ärgere ich mich über diesen „Ramschladen“. „Münzkontor“ ist ein Sammelbegriff, denn von diesen gibt es in Deutschland und der Schweiz diverse Ableger. Mit Münzen, so wie es der Webname nahelegt, hat das wenig zu tun. Viele Beispiele könnten noch angeführt werden, wo das Ziel darin besteht, einer unbedarften Kundschaft Ramsch anzudrehen und das Geld aus der Tasche zu ziehen.

Josef Siedl
E-Mail
(aus KONSUMENT 11/2017)

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