Österreich ist ein Land der Biertrinker. In mehr als 300 Braustätten werden rund 1.000 verschiedene Biere produziert. Nur in Tschechien wird noch mehr Bier getrunken – hierzulande sind es rund 100 Liter pro Kopf und Jahr.
Auch ich trage meinen Teil zu dieser doch bemerkenswerten Statistik bei. Ja, ich bin dem Gerstensaft bisweilen zugetan. Das Erfreuliche ist, dass, wenn der Gusto auf ein abendliches Bier mich zum Kühlschrank lenkt, ich diesem Faible auch mit ökologisch durchaus gutem Gewissen nachkommen kann. Denn Bier und Mehrweg, das ist eine jahrzehntelange Erfolgsstory. Rund 68 Prozent des in Österreich getrunkenen Bieres wird aus Mehrweggebinden konsumiert. Das Mehrweg-System ist im Handel und in der Gastronomie etabliert und wird von den Konsumenten sehr gut angenommen.
Marktanteil verdoppelt
Der Wermutstropfen dabei: Gestützt wird die Mehrweg-Quote zum größten Teil durch die 0,5-l-Bierflasche. Sie wird durchgängig (mal abgesehen von z.B. Importbieren oder Spezialbieren) im Mehrwegsystem unter die Leute gebracht.
Meine Bierlaune hat sich zuletzt aber geändert. Ich greife immer öfter zur 0,33-l-Flasche. Und ärgere mich! Warum wird mir hier als Konsument kein Mehrweg-Angebot gemacht? Null. Nada. Von einer Branche, die sich rühmt, ach so nachhaltig zu agieren. Ich bin ja wahrlich nicht der Einzige, der 0,33 zu schätzen weiß. Dieses Marktsegment hat sich in den vergangenen zehn Jahren in Österreich knapp verdoppelt, der Anteil am Biermarkt beträgt aktuell rund 10 Prozent (0,5-l-Flasche: rund 40 %). Wir sprechen von mehr als 120 Millionen Flaschen pro Jahr.
Kein einheitliches Bild
Ich beginne zu recherchieren. Bei Gesprächen mit Vertretern von Rewe und Spar werde ich belehrt, dass Bier in 0,33-l-Mehrweggebinden durchaus feilgeboten wird – was mir als zuagrastem Wiener, der die 1. Hälfte seines Lebes in Südösterreich, die zweite dann in der Bundeshauptstadt verbracht hat, gänzlich unbekannt ist.
Regionalität sei das Stichwort, sagen die Handelsvertreter. Einzelne regionale Brauereien würden sehr wohl 0,33-l- Mehrwegflaschen anbieten, insbesondere im Westen. Nicht nur für die Gastronomie, auch für den Handel. Diese regionalen Brauerei-Platzhirsche würden dann natürlich gelistet, versichert man mir. Vorarlberg sei da ein gutes Beispiel. Etwa mit der Mohrenbrauerei oder der Brauerei Fohrenburg. Oder in Oberösterreich die Stiftsbrauerei Schlägl, die Brauerei Baumgartner und die Brauerei Schloss Eggenberg.
Wildwuchs bei Flaschenformen
Nun gut. Das nützt mir in Wien freilich wenig. Wo liegt wohl der Haken, dass es nicht flächendeckend funktioniert mit 0,33-l-Mehrweg? „Für Konzerne, die nach Gewinnoptimierung streben, ist es einfacher und dadurch kostengünstiger, auf Einweg zu setzen“, sagt Thomas Pachole, Geschäftsführer der Mohrenbrauerei, ohne Namen zu nennen.
Die Handelsvertreter hingegen, in guter alter Branchenmanier, meinen unisono: „Der Konsument will das nicht!“ Und man werde doch nicht Produkte in den Regalen belassen, die niemand kauft. Diesen Erklärungsversuch finde ich, vornehm formuliert, langweilig. Schlüssiger klingt ein anderer Ansatz: Bei den 0,33-l- Flaschen kommen Individualgebinde mit je nach Marke unterschiedlicher Form zum Einsatz. Aus jedem Dorf ein Hund also.
Im Gegensatz zur sogenannten NRW-Flasche bei den 0,5-l-Gebinden existiert in Österreich derzeit keine Einheitsflasche mit 0,33 l Fassungsvermögen. Aber nur so wäre ein österreichweit einheitlicher Rücklauf möglich: Der Sortieraufwand für den Handel würde wegfallen und die Rücktransporte zu den Brauereien würden sich auf kurze Wege reduzieren.
Bei vielen kleineren Brauereien rennt man mit dieser Idee offene Türen ein, z.B. bei der Bio-Brauerei Gusswerk: „Aber“, erklärt Geschäftsführer Reinhold Barta, „solange vor allem die Brau Union mit ca. 55 % Marktanteil keine 0,33-l-Mehrwegflasche einführt, wird das auch für keinen anderen gehen.“ Schloss-Eggenberg-Geschäftsführer Hubert Stöhr nennt eine weitere Ursache: „Der Investitionsaufwand für Brauereien, die Pfand-Rücknahmeautomaten im Handel mit neuen Mehrwegkisten und Flaschen programmieren zu lassen, ist enorm.“
Branchenlösung wird verhandelt
Bei Branchenprimus Brau Union ist man einer bundesweiten Lösung nicht abgeneigt. „Diese gilt es in naher Zukunft zu entwickeln und zu etablieren“, sagt Sprecherin Gabriela Maria Straka. Man wolle das proaktiv vorantreiben.
Christian Pladerer, Vorstand im Österreichischen Ökologie-Institut, ist in einer Arbeitsgruppe des Logistikverbunds Mehrweg involviert, die sich diesem Thema widmet. Grundsätzlich seien die Brauereien aufgeschlossen, bestätigt er. „Mehrweg ist für sie unterm Strich auch bei der 0,33-l-Flasche ökonomisch die interessantere Variante.“
Wegen des (logistischen) Mehraufwands stünde hingegen der Handel eher auf der Bremse. Insbesondere die Diskonter, die ja überhaupt keine Mehrweg-Logistik in ihrem Filialnetz etabliert haben. An eine bald umgesetzte Branchenlösung (Selbstverpflichtung) glaubt er nicht. Man warte ab, was die Politik mache, Stichwort: Einführung von verpflichtenden Quoten für Mehrwegflaschen im Handel. Und das könnte tatsächlich noch recht lange dauern.