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Handytarife: "Fair-Use" - Ziemlich unfair

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Sogenannte „Fair-Use-Bestimmungen“ sind vor allem in Handyverträgen den Konsumenten gegenüber alles andere als fair.

Eingeschränkte "grenzenlose Freiheit"

Vor einigen Jahren entdeckten die Mobilfunkbetreiber die grenzenlose Freiheit als Verkaufsargument und zogen mit Slogans wie „Unbegrenzt telefonieren“ in die Werbeschlacht. Diese Versprechungen wurden – zumindest nach Ansicht der Unternehmen – von einigen Kunden allzu wörtlich genommen. Daher ruderten die Provider zurück und erließen Bestimmungen, die „Fair-Use“ genannt werden.

Gemeint ist, dass sich der Kunde verpflichtet, von seiner Freiheit nur fairen Gebrauch zu machen. Problematisch daran ist vor allem, dass die Kunden oft nicht erfahren, ab welchem Gesprächsvolumen oder ab welcher Anzahl SMS mit der Freiheit Schluss ist. Somit obliegt die Verpflichtung zur Fairness einseitig dem Konsumenten.

Internet ist fairer

Zuerst tauchte der Begriff „Fair-Use“ bei Internetprovidern auf. Diese wollten verhindern, dass zu große Datenmengen aus dem Internet heruntergeladen und andere Kunden dadurch behindert werden. Die Internetprovider geben jedoch ihre Limits im Allgemeinen bekannt. Und meist sind die Mengen für „Normalsurfer“ völlig ausreichend. Oft können die Konsumenten auch nachschauen, wie viel Volumen sie schon „verbraucht“ haben. Dass diese Transferkontrolle nicht immer ganz aktuell ist, steht freilich auf einem anderen Blatt.

Üblicherweise werden User bei mehrmaliger Überschreitung verwarnt, danach wird die Übertragungsgeschwindigkeit herabgesetzt. Nur in seltenen Fällen wird der Anschluss auch gekündigt oder dem Kunden nahegelegt, einen anderen Tarif zu wählen.

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Intransparente Grenze

Im Mobilfunkbereich wird die Fair-Use-Regel ziemlich willkürlich gehandhabt. Meist existiert zwar ein Limit, dieses wird dem Konsumenten aber vorab nicht bekannt gegeben. Und bei mehrmaliger Überschreitung folgt die Kündigung. Eine entsprechende Klausel von One lautet: „Im Sinne einer gerechten Benutzung gegenüber anderen Teilnehmern und um die Dienstequalität im One-Netz nicht zu beeinträchtigen, verpflichtet sich der Teilnehmer, keinen unfairen Gebrauch – im Sinne eines vom üblichen Telefonierverhalten eines Mobilfunkanschlusses seiner Art nach grob abweichenden Nutzungsverhaltens – von Sprachtelefonie zu machen.

Verwarnung und Kündigung

Bei einem Verstoß gegen diese Regelung wird der Teilnehmer von One in geeigneter Weise verwarnt. Bei Andauern der missbräuch­lichen Verwendung steht One das Recht einer außerordentlichen Kündigung gemäß Punkt 1.9 AGB zu.“

Daher schließen viele Konsumenten Handyverträge ab und glauben, dass sie mit ihrem Tarif unbeschränkt telefonieren können – bis dann die kalte Dusche kommt, wie im Fall von Frau Herta Koller (Name von der Redaktion geändert).

Zu viel telefoniert?

Frau Koller hatte sich für den 4:0-Tarif von One entschieden. Und hoffte, dass sie öfter ausgiebig mit ihren Freundinnen plauschen könnte. Als Pensionistin fühlte sie sich mitunter einsam. Doch dann erhielt sie Warnungen von One. Erst als SMS, dann folgte ein Brief, in dem Frau Koller die außerordentliche Kündigung angedroht wurde, „falls sich Ihr Telefonierverhalten in den nächsten 7 Tagen nicht drastisch ändert“. Aber: Sie erfuhr nicht, wie hoch ihr Limit war und um wie viel sie es überschritten hatte. Fest steht: Frau Koller hatte etwas über 2.000 Minuten im Monat telefoniert, im Schnitt also ein wenig mehr als eine Stunde pro Tag. Das kann man schwerlich als unfaire Nutzung bezeichnen. Wir intervenierten für Frau Koller bei One und konnten die Kündigung abwenden.

OGH-Urteil mit Signalwirkung

Die zitierte Vertragsbestimmung von One ist intransparent und benachteiligt die Konsumenten. Daher haben wir im Auftrag des Konsumentenschutzministeriums dagegen eine Verbandsklage eingebracht und vor dem Obersten Gerichtshof Recht bekommen: Die [ Fair-Use-Klausel von ONE ] enthalte nicht näher konkretisierte, unbestimmte Begriffe und lasse den Verbraucher darüber im Unklaren, unter welchen konkreten Voraussetzungen ein unfairer Gebrauch vorliege, so die Höchstrichter. One darf diese Klausel nicht mehr verwenden.

Das Urteil könnte Signalwirkung für die Branche haben. Ähnliche Bestimmungen existieren auch bei anderen Providern. Bei T-Mobile zum Beispiel werden „Überminuten“ über das Fair-Use-Limit hinaus mit 25 Cent je Minute abgerechnet

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