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ÖBB-Tarife: Bestpreis ist Glückssache - Wirrwarr

Tickets für die gleiche Bahnstrecke können unterschiedlich viel kosten. Der Wirrwarr ist nicht immer zu durchschauen.

Von Tarif- Tücken und Tarif- Schmankerln

Wer selten Bahn fährt und dann eine Fahrkarte zum sogenannten Standardtarif kauft, stellt fest: Bahnfahren ist abschreckend teuer. Damit sind keine Neukunden zu gewinnen. Das wissen auch die ÖBB und bieten eine Vielzahl von Sonderaktionen an, die meist auf bestimmte Zielgruppen, einen bestimmten Zeitraum oder bestimmte Züge beschränkt sind.

Aktionen im Verborgenen

Wie seit einigen Monaten das sehr attraktive Einfach-raus-Ticket, mit dem Gruppen von jeweils 2 bis 5 Personen einen Tag lang, wochentags erst ab 9 Uhr, um nur 28 Euro im ganzen Netz fahren können – solange sie Regionalverkehrszüge benützen. Andere Beispiele, die aber nicht immer im Angebot sind: die ÖBB-Seniorenaktion, bei der von Samstag früh bis Sonntag 12 Uhr, also 36 Stunden lang, Frauen ab 60 und Männer ab 65 mit der Vorteilscard Senior österreichweit um 7 Euro Bahnfahren können. Oder die „Einsteiger-Aktion“, die gelegentlich einige Wochen lang läuft und im Zuge derer die Vorteilscard Classic statt um 99,90 um 49,90 Euro zu haben ist. Der Haken dabei: Von solchen befristeten Sonderangeboten muss man erst einmal erfahren!

   Fahrkartenspielautomat (Montage: Erwin Haberl)

Gerhard F. wusste nichts davon, als er zusammen mit neun Personen von Melk nach Eferding/OÖ reiste. Der Zugbegleiter machte die Gruppe aufmerksam, dass sie mit zwei Einfach-raus-Tickets 206 Euro weniger bezahlt hätte! Die ÖBB-Beschwerdestelle reagierte rasch und refundierte das zu viel bezahlte Geld in Gutscheinen. Was aber, wenn Herr F. keinen so kundenorientierten Zugbegleiter gefunden hätte?

Stammkunden zahlen weniger

Für Stammkunden gelten überhaupt andere Preise: Da gibt es günstige Wochen-, Monats- und Jahresstreckenkarten für Pendler und verschiedene Vorteilscards für sonstige Vielfahrer, deren Erwerb dazu berechtigt, auf allen Strecken um bis zu 50 Prozent ermäßigt zu fahren. Laut ÖBB besitzen bereits 1,25 Millionen Menschen in Österreich eine Vorteilscard.

Doch auch die Vorteilscard birgt zahlreiche Tarifüberraschungen. Seit einigen Jahren gewähren die ÖBB Vorteilscard-Kunden beim Kauf am Automaten oder via Internet 50 Prozent Ermäßigung, am Schalter 45 Prozent. Doch diese Staffelung gilt – entgegen der landläufigen Meinung – lediglich für den ÖBB-Tarif, der zu bezahlen ist, wenn sich ein Fahrgast über das Gebiet eines Verkehrsverbundes hinausbewegt. Für Fahrten innerhalb des Gebietes eines der acht Verkehrsverbünde gilt der jeweilige, meist etwas günstigere Verbundtarif.

Wirrwarr im Verbund

Ein Beispiel: Wien Westbahnhof – Melk, 85 km Westbahn, der ÖBB-Standardtarif wäre 14,50 Euro. Da es sich um eine Strecke im Verkehrsverbund Niederösterreich Burgenland handelt, wird dessen Tarif angewandt: 14,10 Euro. Mit Vorteilscard-Classic (und Vorteilscard >26) kostet die Fahrkarte am Schalter 8 Euro (–43,3%), am Automaten 7,30 Euro (–48,2%). Mit Vorteilscard Senioren und Vorteilscard spezial sind sowohl am Schalter als auch am Automaten 7,80 Euro (–44,7%) zu zahlen. Mit der Vorteilscard Familie kostet es am Automaten 7,30 Euro und am Schalter 7,80 Euro – was den netten Schalterbediensteten verwundert: „Sollten eigentlich beide 7,80 Euro kosten.“

Risiko des Kunden

Da passt ins Bild, dass die ÖBB defekte Automaten als Risiko des Kunden sehen: Ist der Fahrkartenautomat außer Betrieb und löst man deshalb die Fahrkarte am Schalter oder im Zug, gibt es nur 45 Prozent Ermäßigung, keinen Anspruch auf die höhere Automaten-Ermäßigung. Die oft gar nicht höher ist, wie die angeführten Beispiele zeigen. Dass die Gutscheine, die die ÖBB mitunter als Trostpflaster für unbefriedigende Leistungen verteilen, naturgemäß nur am Schalter eingelöst werden können und mit ihnen nur 45 Prozent Ermäßigung, nicht aber 50 Prozent lukriert werden können, passt dazu. Beides ist für genau rechnende Bahngäste ein regelmäßiges Ärgernis, wie Mails an uns immer wieder zeigen. Und Tickets für Fahrten im Ausland – speziell in Italien oder den ehemaligen Ostblockstaaten – sind wesentlich teurer, wenn man sie in Österreich kauft. Aber das ist eine andere Geschichte …

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