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Mogelpackungen bei Lebensmitteln - Verpackungsärger

Überdimensionierte Verpackungen bei Lebensmitteln sorgen unter Verbrauchern für Ärger. Allein in den ersten neun Monaten dieses Jahres erreichten uns dazu über 120 Beschwerden.

KONSUM-Ente 2021: Wir suchen das ärgerlichste Lebensmittel 2021 (Bild: VKI)

Bei unserem Projekt geht fast ein Viertel der einlangenden Beschwerden auf das Konto von überdimensionierten Verpackungen. Verbraucherinnen und Verbraucher fühlen sich getäuscht und kritisieren die Ressourcenverschwendung (Stichwort Verpackungsmüll). Klassikerstatus in der Kategorie Mogelpackung haben Müslis und Knabbergebäck wie zum Beispiel Chips. Die Industrie will uns zwar immer wieder weismachen, dass überdimensionierte Verpackungen nichts mit Profitgier zu tun hätten, sondern eine unvermeidbare Folge des Abfüllungsprozesses seien, doch das können wir widerlegen (siehe „Argumente der Hersteller“, Inhaltsverzeichnis: S. 2).

Weniger Inhalt bei gleicher Verpackungsgröße

Eine beliebte Strategie der Lebensmittelindustrie: Über Jahre wird die Füllmenge bei gleicher Verpackungsgröße immer weiter reduziert. Der Schwund wird einfach durch mehr Luft ausgeglichen. Aktuelle Beispiele sind etwa Nutella oder die Zuckerln von Tutti Frutti. Besonders perfide ist es, wenn eine Reduktion der Füllmenge mit einer Preiserhöhung einhergeht, was relativ häufig geschieht. Für Konsumenten ist das meist nicht erkennbar. Man müsste schon Buch über die Preise im Supermarkt und die jeweiligen Füllmengen führen, um der Trickserei auf die Spur zu kommen.

Gleiche Füllmenge, größere Verpackung

Eine ebenfalls dreiste Methode ist, die Verpackung bei gleicher Füllmenge zu vergrößern. Dieses Strategie haben wir etwa bei Zirkulin Flohsamenschalen und auch bei diversen Kakaos oder in Boxen verpackter Butter beobachtet.

Übergroße Verpackungen und Multipackungen

Die oben genannten Beispiele gehen nahtlos in „Mogelpackungen“ über, die eine erheblich größere Menge vorgaukeln, als enthalten ist. In viele Packungen ließe sich ohne Weiteres die doppelte Menge unterbringen. Ein Problem sind auch immer wieder Multipackungen, etwa einzeln verpackte Portionen Reis (z.B. Uncle Bens) , Müsli (z.B. NUSSYY Bio Dinkel Birchermüsli) oder Porridge (z.B. Schapfen Mühle Hafer Porridge).

Die Portionspackungen sind oft mit viel Luft gefüllt und verursachen noch mehr Verpackungsmüll als überdimensionierte Einzelpackungen, weil sie auch noch in Kartonumverpackungen gesteckt werden. Das Herstellerargument, dies diene dem Produktschutz, mag im Einzelfall für bruchgefährdete Lebensmittel wie Cracker oder Knusperzerealien gelten, meistens dürften jedoch Marketingaspekte eine Rolle spielen. Einer Erhebung der deutschen Verbraucherzentrale zufolge verursachen Mogelpackungen bzw. unnötige Verpackungen allein in Deutschland jährlich eine Abfallmenge, die drei Millionen Mülltonnen à 240 Liter füllt.

Argumente der Hersteller

Doppelt verpackte Produkte und Mogelpackungen gibt es nicht nur bei Lebensmitteln, sondern z.B. auch bei Kosmetika. In unserer Rubrik Ohnemit Deocreme pur - Phrasendrescherei gehen wir immer wieder auf derartige Beispiele ein.

Sichtfenster geschickt platziert

Sichtfenster auf Verpackungen sind nur eine scheinbare Verbesserung, wenn es darum geht, die Füllmenge abschätzen zu können. Denn oft werden sie so platziert, dass man die Befüllungsgrenze nicht erkennen kann. Beispiele dafür sind Davert Roter Quinoa , Lindt Schokokugeln oder die Himbeer-Naschfrüchte von Landgarten.

Weniger Verpackungsmaterial bedeutet nicht unbedingt günstiger

Wer allerdings glaubt, dass weniger Verpackungsaufwand einen günstigeren Preis bedeutet – was ja naheliegend wäre –, täuscht sich. Ein Beispiel dafür sind Ricola Bonbons.  Es gibt sie sowohl einzeln in Papier verpackt im Beutel als auch wesentlich ökonomischer verpackt im Minikarton. Dennoch waren die Bonbons in Letzterem zwischen 36 und 50 Prozent teurer.

Argumente der Hersteller

Wie eingangs erwähnt, argumentieren die Hersteller meist damit, dass eine vollständige Befüllung aus technologischen Gründen nicht möglich sei. Dieses Argument können wir einfach dadurch widerlegen, dass wir am Markt Produkte anderer Hersteller finden, bei denen nicht mit Luft getrickst wird. Oft hören wir auch, dass aus ökonomischen Gründen standardisierte Verpackungsgrößen für mehrere Produkte verwendet würden, was bei manchen Produkten eine geringere Befüllung zur Folge hätte. Bleibt die Frage, warum diese standardisierten Verpackungen dann nicht besser befüllt werden.

Regelung für Befüllungsgrad von Verpackungen wünschenswert

In Deutschland ist festgelegt, dass eine Packung, die zu 30 Prozent Luft enthält, als Mogelpackung gilt. Der Hersteller kann den Kunden zwar trotzdem weniger Inhalt unterjubeln, wenn er mit Verpackungserfordernissen argumentiert, dennoch ist das immer noch besser als in Österreich, wo es nach wie vor keine Verordnung gibt, die den Befüllungsgrad von Verpackungen regelt. Ohne gesetzliche Vorgabe ist es jedoch schwierig, Mogelpackungen (rechtlich) zu unterbinden. Hier besteht längst Handlungsbedarf. Wir setzen uns für ein Verbot unnötiger Verpackungen ein.

Manchmal sind wir aber auch allein schon durch unsere Berichterstattung erfolgreich. So hat etwa Iglu die Verpackung seines Produktes Iglo Goldschatz Käse Kräuterfüllung - Verpackung jetzt angepasst! verkleinert, nachdem wir die überdimensionierte Verpackung kritisiert hatten. 

Mogelpackungen erkennen

  • Horchen. Packung umdrehen, leicht schütteln. Dadurch lässt sich der Befüllungsgrad abschätzen.
  • Fühlen. Packungsinhalt wenn möglich abtasten.
  • Lesen. Angegebene Nettofüllmenge mit den Packungsgrößen gleichartiger Produkte vergleichen (z.B. verschiedene Chipspackungen).

KONSUM-Ente 2021

Auch heuer stellen wir wieder die ärgerlichsten Lebensmittel des Jahres für unseren Schmähpreis „KONSUM-Ente“ zur Wahl. Unter anderem gehen dabei auch zwei Mogelpackungen ins Rennen. Sie, liebe Leserinnen und Leser, sind am Zug – stimmen Sie ab! Alle Informationen zur Wahl finden Sie auf Umfrage zur KONSUM-Ente 2021.
Stimmen Sie ab, welches der folgenden 10 Produkte Ihnen negativ auffällt und Sie am meisten ärgert:

KONSUM-Ente 2021: Wir suchen das ärgerlichste Lebensmittel 2021 (Bild: VKI)

 

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