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Energiekosten-Stop: Anbieterwechsel - Keine Hexerei

Im Rahmen der Aktion Energiekosten-Stop organisiert der VKI (Verein für Konsumenteninformation) den Gemeinschaftseinkauf von Strom und Gas. Den Anbieter zu wechseln, ist einfach. Theoretisch. In der Praxis tauchen Fragen auf, die Konsumenten zögern lassen. Wir geben Antworten.

Wie setzt sich der Strom- bzw. Gaspreis zusammen?

Der Gesamtpreis setzt sich aus den reinen Energiekosten, den Netzkosten und Steuern/ Abgaben zusammen. Die Netzkosten werden jedes Jahr von der Regulierungsbehörde E-Control festgesetzt. Steuern und Abgaben werden von der öffentlichen Hand bestimmt und eingehoben; auch die Ökostromförderkosten fallen darunter. Konsumenten können also nur über die Komponente Energiekosten Einfluss auf die Gesamtrechnung nehmen. Bei Strom entfällt rund ein Drittel der Gesamtkosten auf die Energiekosten, bei Gas rund die Hälfte.

Warum soll ich denn überhaupt den Energielieferanten wechseln?

Anfang der Nullerjahre wurde der österreichische Energiemarkt liberalisiert. Seitdem können Konsumenten selbst darüber entscheiden, wer ihr Strom- bzw. Gaslieferant sein soll. Von diesem Recht sollten die Konsumenten auch Gebrauch machen. Einerseits, um Geld zu sparen, und andererseits, um Bewegung in den noch immer starren heimischen Energiemarkt zu bringen. Jeder kann aktiv für sich selbst entscheiden, welche Qualitätskriterien für ihn wichtig sind, und den Energietarif danach auswählen. Die Kriterien sind z.B. Kosteneinsparung, Nachhaltigkeit: Ökostrom oder Umwelt­zeichen-Strom, Strom aus Österreich, lange Preisgarantien, Neukundenrabatte: ja/nein, Gesamtrechnung: ja/nein etc.

Wie viele Haushalte wechseln pro Jahr den Energieanbieter?

Laut den aktuellsten verfügbaren Daten der E-Control haben 2018 rund 210.000 Haushalte ihren Stromanbieter gewechselt, daraus resultiert eine Wechselrate von 4,1 %. Bei Gas waren es etwa 77.700 Haushalte (Wechselrate 6,1 %). Das waren nach 2017 die zweithöchsten Wechselraten seit Beginn der Liberalisierung. Ein Blick über die Grenze nach Deutschland zeigt aber, dass es noch viel Luft nach oben gibt. Dort liegen z.B. die Wechselraten bei Strom traditionell bei mehr als 10 %.

Mit anderen Worten: Die deutschen Haushalte lassen weniger Geld auf der Straße liegen. Eine repräsentative Umfrage, die unser Energiekosten-Stop-Team im Sommer 2019 in Auftrag gegeben hatte, ergab, dass ca. 96 % der österreichischen Haushalte eigentlich darüber Bescheid wissen, dass sie den ­Anbieter wechseln können. Aber etwas mehr als die Hälfte der Haushalte hat noch nie den Anbieter gewechselt.

Wie viel Geld kann ich sparen?

Am meisten sparen sich Erstwechsler. Also jene, die erstmals von ihrem angestammten Energieversorger zu einem anderen Anbieter wechseln. Laut Preismonitor der E-Control waren es für einen Durchschnittshaushalt bei Strom (3.500 kWh Jahresverbrauch) Anfang Dezember bis zu 217 Euro (je nach Bundesland und je nachdem, ob mit oder ohne Neukundenrabatt), bei Gas (15.000 kWh Jahresverbrauch) bis zu 653 Euro.

Ist der Wechselvorgang sicher? Schaltet mir der alte Versorger nicht den Strom/das Gas ab? Und wer ­kümmert sich dann bei Störungen und Netzausfällen um mich?

Der Wechsel ist absolut sicher. Alle Formalitäten, auch die Kündigung des bestehenden Energievertrages, werden vom neuen Anbieter übernommen. So ist auch während des Anbieterwechsels die Versorgungssicherheit gewährleistet. Alle Leitungen bleiben zudem unverändert, auch die Strom- bzw. Gaszähler werden nicht ausgetauscht. Für Störungen und Netzausfälle ist weiterhin der Netzbetreiber zuständig. Dieser ist aufgrund des Wohnortes vorgegeben und kann nicht gewechselt werden.

Wie läuft der Wechselvorgang ab und wie lange dauert er?

Er dauert längstens drei Wochen ab Aufgabe des Online-Wechselauftrages und läuft aus Konsumentensicht sehr einfach ab. Anhand der wichtigsten Schritte hier erklärt: einen Lieferanten bzw. Tarif aussuchen, z.B. via ­Tarifkalkulator der E-Control; online die ­Vertragsdaten eingeben (Name, 33-stellige Zählpunktnummer, aktueller Lieferant, Verbrauch etc); Antrag abschließen. Alles Wei­tere übernimmt der neue Anbieter. Auch am postalischen Weg ist ein Wechsel möglich, der Vorgang dauert aber (bis zum Vertragsabschluss) entsprechend länger. Bei der Teilnahme am Energiekosten-Stop werden die Formalitäten vom VKI erledigt (allerdings nur online möglich).

Der neue Anbieter informiert in weiterer Folge den Konsumenten über den Stichtag der Erstbelieferung. Zum Wechselstichtag sollte der Konsument seinen Zählerstand ablesen und ihn dem Netzbetreiber bekannt geben. Wer bereits einen Smart Meter hat, muss den Zählerstand nicht extra ablesen. Der alte Anbieter rechnet das Vertragskonto zum Wechselstichtag ab und der Konsument erhält eine Endabrechnung.

Angebote der Anbieter regelmäßig durchsehen

Was passiert, wenn mein ­Energieanbieter pleitegeht? Habe ich dann keinen Strom?

Nein, für Konsumenten birgt so ein Szenario kein Risiko. Eine durchgehende Versorgung ist in jedem Fall gewährleistet. Der Krisenmodus der E-Control sieht vor, dass betroffene Haushalte einem anderen österreichischen Lieferanten zugeteilt werden – von dem jederzeit wieder weggewechselt werden kann. Übrigens: Es ist in Österreich in den knapp 20 Jahren der Marktliberalisierung nur einmal vorgekommen, dass ein Energielieferant in Konkurs ging.

Soll ich auf Angebote mit einem Wechselbonus eingehen?

Das kommt darauf an. Und es ist ein wenig kompliziert. Vorweg zur Erklärung: Die Energiekosten bestehen aus dem variablen Arbeitspreis (Preis pro verbrauchte kWh) und in der Regel aus einer fixen Grundgebühr, die entweder jährlich oder monatlich entrichtet wird. Ein Wechselbonus überdeckt im Prinzip höhere Preise. Wird der Wechselbonus anteilig auf die monatlichen Teilbeträge verteilt und ausbezahlt, ver­ringert sich dementsprechend auch der ­monatliche Teilzahlungsbetrag. Das wäre die gute Variante. In der Praxis passiert das aber selten.

In den meisten Fällen wird der Wechselbonus erst mit der nächsten Jahresabrechnung ausbezahlt. Das bedeutet, dass man mit Wechselbonus oft wesentlich höhere monatliche Teilbeträge zahlt als ohne. Wer sich diesen „Unterjährigkeits­zuschlag“ leisten will, dem kann diese Branchenpraxis prinzipiell egal sein. Auszahlen kann sich ein Wechselbonus jedenfalls für all jene, die jedes Jahr den Anbieter wechseln möchten. Wer sich nicht regelmäßig mit dem Thema auseinandersetzen will, sollte von Wechselboni eher Abstand nehmen.

Ist es ratsam, jedes Jahr den Anbieter zu wechseln?

Das hängt davon an, welche Tarife ausgewählt werden. Bei einem mit Wechselbonus: jedenfalls nach einem Jahr nach aktuell besseren Angeboten umsehen bzw. nochmals nachsehen, wie hoch die Arbeitspreise sind. Bei Tarifen mit längerer Preisgarantie von z.B. 18 Monaten ist ein jährlicher Wechsel nicht unbedingt notwendig – außer, man ist nicht zufrieden oder findet ein für sich besseres Angebot. Es ist jedenfalls generell sinnvoll, sich alle eineinhalb bis zwei Jahre einen Überblick über die aktuellen Ange­bote und Tarife zu verschaffen. Einfach, um zu sehen, wo man mit seinem derzeitigen Tarif steht: Gibt es einen günstigeren Tarif am Markt? Sind mir andere Produktkriterien, z.B. Ökostrom, wichtiger geworden etc.

Welche Tarifeigenschaften sind zu empfehlen?

Das kann nur individuell entschieden werden. Jeder muss sich aus der Fülle an Tarif­eigenschaften – z.B. Neukundenrabatte, Preisgarantien, Ökostrom, Gesamtrechnung/ getrennte Rechnung etc. – die für ihn wichtigsten herauspicken. Im Rahmen der Aktion Energiekosten-Stop haben wir folgende ­Tarifeigenschaften einbezogen, um für möglichst viele Haushalte einen konsumentenfreundlichen Energietarif zu gestalten:

  •  Auswahl zwischen zwei Ökostrom­produkten: Ökostrom nach gesetzlichen Vorgaben und Umweltzeichen-Strom
  •  mindestens 18-monatige Preisgarantie
  •  kein Wechselbonus – aus Transparenzgründen: es soll von vornherein klar sein, welche Kosten anfallen
  •  Die Bereitstellung einer Gesamt­rechnung für Energie- und Netz­- kosten wird im Auswahlverfahren positiv berücksichtigt.

Was ist Ökostrom genau und was hat es mit den Herkunfts­nachweisen auf sich?

Ökostrom stammt aus erneuerbaren, nicht fossilen Energieträgern, also zum Beispiel Photovoltaik, Windkraft, Wasserkraft, Biomasse, Erdwärme oder Biogas. Zertifiziert wird er mit sogenannten Herkunftsnachweisen. Sie werden von den Lieferanten für das „Labeling“, also die Stromkennzeichnung auf der Jahresabrechnung verwendet. Der Lieferant kann aber auch Nicht-Ökostrom als solchen an die Verbraucher bringen – indem er zu Strom „unbekannter Herkunft“, den er an der Börse gekauft hat (und der auch Atom- oder Kohlestrom enthalten kann), freie Ökostrom-Herkunftsnachweise dazukauft. Vereinfacht gesagt: indem er ein grünes Mascherl dazukauft. Das ist EU-rechtlich so gedeckt. Für die Konsumenten ist das natürlich intrans­parent.

Wie kann ich dann sicher sein, 100 % Ökostrom zu beziehen?

Umweltzeichen-Strom (grüner Strom nach Richtlinie UZ 46) wird vom Österreichischen Umweltzeichen zertifiziert und ist das derzeit nachhaltigste Stromprodukt auf dem österreichischen Energiemarkt. Mit dem Umweltzeichen ausgezeichneter Strom muss nicht nur nachweislich zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energieträgern stammen, sondern die Anbieter verpflichten sich auch, den Ausbau der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien voranzutreiben. Umweltzeichen-Lizenznehmer dürfen beispielweise weder mit Atomstrom noch mit Strom aus fossilen Quellen handeln.

Auch dürfen sie keinen Strom unbekannter Herkunft mit getrennt erworbenen Herkunftsnachweisen liefern beziehungsweise verkaufen. Das ­bedeutet, der Konsument kann sicher sein, dass der an ihn gelieferte Strom tatsächlich ausschließlich aus erneuerbaren Energie­trägern stammt.

Fernwärme: keine alternativen Anbieter

Die Strom- bzw. Gasrechnung ist sehr kompliziert aufgebaut. Sollen Konsumenten da verunsichert werden?

In Österreich hat sich der Gesetzgeber für einen sehr hohen Grad an Information bei der Rechnungslegung entschieden. Deswegen ist die Detailseite der Jahresabrechnung mit allen Kosten gespickt, die im Zuge der Strom- und Gasrechnung fakturiert werden. Durch die Fülle an einzelnen Posten ist einerseits sehr viel Information gegeben, aber andererseits die Nachvollziehbarkeit und Verständlichkeit strittig. Es steht dem Energielieferanten zudem frei, ob er eine gemeinsame Abrechnung von Energie- und Netzkosten anbietet oder nicht – hinsichtlich der Übersichtlichkeit ist das sicher nicht optimal.

Warum entspricht die Jahresabrechnung nicht grundsätzlich 365 Tagen?

Die Jahresabrechnung kommt zwar immer zum ungefähr gleichen Zeitpunkt und sie entspricht auch in der Regel ungefähr einem Jahr, also 365 Tagen. Die Abrechnungsperiode fällt allerdings nicht zwingend mit dem Kalenderjahr zusammen. Zu Abweichungen kann es aufgrund systemtechnischer Gründe kommen; beispielsweise, wenn die Ablesung des Zählerstandes durch den Netzbetreiber nicht im gleichen Zeitraum wie im Vorjahr stattfindet oder wenn in der Abrechnungsperiode ein Anbieterwechsel stattgefunden hat.

Wobei der Netzbetreiber nur dazu verpflichtet ist, alle drei Jahre vor Ort den Zählerstand abzulesen. In der Zwischenzeit können Jahresabrechnungen auf Hochrechnungen basieren. Auch bei einem Lieferantenwechsel wird nicht zwingend vor Ort abgelesen. Wir empfehlen daher, den Zählerstand zum Wechselstichtag selbst abzulesen und ihn dem Netzbetreiber per E-Mail oder online via Selbstableseportal zu übermitteln.

Keiler haben an der Haustür versucht, mich zum Anbieterwechsel zu überreden. Das ist doch unseriös, oder?

Immer wieder versuchen Energieanbieter, durch geschulte Keiler in sogenannten Haustürgeschäften oder auch auf der Straße Konsumenten zum Abschluss eines neuen Energievertrages und damit zum Wechsel des bisherigen Anbieters zu überreden. Es ist zu empfehlen, in einer solchen Situation nicht voreilig einen Vertrag zu unterschreiben. Sollte man doch zu einer Unterschrift verleitet oder überrumpelt worden sein, so kann man innerhalb von 14 Tagen ab Unterschrift von diesem Vertrag zurücktreten. Wichtig ist, den Rücktritt schriftlich und nachweislich (eingeschriebener Brief) zu erklären.

Kann ich auch meinen Fernwärmeanbieter wechseln?

Bei Bezug von Fernwärme kann der Anbieter leider nicht gewechselt werden, da dieser eine Monopolstellung innehat. Alternative Anbieter gibt es nicht. Aufgrund der notwendigen Leitungen und Infrastruktur für Fernwärme gibt es jeweils nur lokale Anbieter. Das ist aus Konsumentensicht natürlich wenig zufriedenstellend, denn die Angebots- und Preisstrukturen im Fernwärmesegment sind wenig transparent. Es kommt immer wieder zu Beschwerden über die Heizkostenabrechnung. In einer 2015 von der Arbeiterkammer erstellten Studie heißt es: „Es besteht auch der Verdacht, dass sich Fernwärmeanbieter den nur schwachen Wettbewerb zunutze machen.“

VKI-Energiekosten-Stop: Anmelden bis 14.1.2020

Der VKI hilft österreichischen Haushalten, ihre Energierechnung zu senken. Machen Sie mit, werden Sie Teil der Gemeinschaftsaktion und profitieren Sie von güns­tigeren Strom- und Gaspreisen! Gemeinsam sind wir ein Groß­kunde – gemeinsam zahlen wir weniger. Die An­meldefrist für die laufende Aktion endet am 14. Jänner 2020! Alle Infos auf

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