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Erbrecht: Fragen aus der Praxis - Heikle Themen

Aus dem Leben gegriffen: Antworten auf Fragen aus der Praxis. Noch mehr Informationen finden Sie in der 7., aktualisierten Auflage unseres Bestsellers „Erben ohne Streit“.

Ich kümmere mich seit über einem Jahr um meine bettlägrige Schwiegermutter. Jetzt trat ein Gesetz in Kraft, das es mir ermöglicht, dass ich später einmal aus der Erbschaft etwas dafür erhalte. Ich pflege sie nicht, das macht die mobile Schwester, aber ich bringe ihr immer wieder etwas zum Essen vorbei, kümmere mich um ihren Haushalt, fahre sie zum Arzt oder verbringe einfach Zeit mit ihr. Kann ich dafür auch etwas verlangen? Und wenn ja: Kann ich da auch für die Zeit vor Inkrafttreten des Gesetzes etwas in Rechnung stellen?

Sie sprechen das neu geschaffene Pflegevermächtnis an. Um aus diesem Titel Ansprüche anzumelden, muss keine Pflege im medizinischen Sinn erfolgt sein. Es zählen auch Hilfestellungen für Tätigkeiten, die zu einem selbstbestimmten Leben gehören, die die betreute Person aber nicht oder nur mehr mit Unterstützung durch andere wahrnehmen kann. In einer erweiterten Auslegung gehören dazu auch Gespräche, da durch die Bettlägrigkeit ja soziale Kontakte nach außen nur eingeschränkt möglich sind.

Da das Gesetz neu ist, wird erst die Zukunft zeigen, wie die Rechtsprechung die Anforderungen definieren wird. Hinsichtlich des zeitlichen Aufwands geht man davon aus, dass im Zeitraum der letzten drei Jahre, über mehr als sechs Monate zumindest 20 Stunden pro Monat für die Pflege aufgewendet wurden. Sie dürfen auch keinerlei Entgelt für die Betreuung Ihrer Schwiegermutter erhalten haben. Weder von Ihrer Schwiegermutter selbst noch von jenen Familienmitgliedern, die sich weniger Zeit nehmen konnten oder wollten.

Ihren Anspruch auf ein Pflegevermächtnis müssen Sie im Rahmen der Verlassenschaftsverfahrens beim zuständigen Notar anmelden – und gegebenenfalls auch das Ausmaß Ihrer Tätigkeit sowie das Ausmaß der Hilfsbedürftigkeit Ihrer Schwiegermutter beweisen. Anspruch auf ein Pflegevermächtnis haben nur Personen aus dem Kreis der gesetzlichen Erben der verstorbenen Person (also Witwe oder Witwer sowie Kinder und deren Nachkommen), deren jeweiliger Ehegatte, eingetragener Partner oder Lebensgefährte und deren Kinder sowie der Lebensgefährte der verstorbenen Person und dessen Kinder.

Anspruch auf Erbteil

Kürzlich habe ich erfahren, wer mein leiblicher Vater war. Er ist vor sieben Jahren verstorben. Habe ich Anspruch auf einen Erbteil?

Ja, grundsätzlich sind uneheliche Kinder ehelichen Kindern gleichgestellt. Das gilt auch, wenn Ihr Vater selber nichts von Ihnen gewusst hat. Sie erben also nach dem gesetzlichen Erbrecht. Sofern es keine anderen Verfügungen gibt, fallen dem überlebenden Ehepartner ein Drittel und den Nachkommen zwei Drittel der Verlassenschaft zu. Hat Ihr Vater sein Vermögen per Testament anders verteilt, so steht Ihnen der Pflichtteil in Höhe der Hälfte des gesetzlichen Erbteils zu.

Ein Elternteil kann den Pflichtteil mittels einer letztwilligen Verfügung auch nochmals halbieren, sofern er und sein Kind zu keiner Zeit oder zumindest über einen längeren Zeitraum vor dem Tod des Elternteils nicht in einem Naheverhältnis standen, wie es zwischen solchen Familienangehörigen gewöhnlich besteht. Ihr Vater hat Sie betreffend aber offensichtlich keine Regelungen hinterlassen, sonst wären Sie im Zuge des Verlassenschaftsverfahrens wohl bereits kontaktiert worden. Sie müssen Ihren Anspruch auf Ihr Erbteil binnen drei Jahren nach Kenntnis anmelden.

Unser Vater ist gestorben. Drei der Geschwister sind schon lange weggezogen, unsere Schwester blieb im Ort. Die Verlassenschaft wird vom Notar im Ort abgehandelt. Jetzt hat der vom Notar beauftragte Gutachter das Grundstück des Vaters nach unserer Einschätzung sehr niedrig bewertet. Wir haben das Gefühl, dass der Notar, der unsere Schwester ja gut kennt, da befangen ist und sie auf diese Weise bevorteilt. Was können wir tun?

Ist der Notar befangen, so muss zuallererst er selber dies dem zuständigen Gericht melden. Befangenheit ist etwa dann gegeben, wenn der Notar gleichzeitig als Bevollmächtigter einer betroffenen Person handelt, er selbst, seine Lebensgefährtin oder Verwandte in der Sache selber Partei sind, wobei die Verwandtschaft auch ehemalige Verwandte wie beispielsweise ehemalige Ehegatten betrifft.

Trifft all dies nicht zu, so können Sie dem zuständigen Bezirksgericht Ihre Gründe mitteilen, warum sie den Notar als Gerichtskommissär ablehnen. Das Gericht wird dann entscheiden, ob ein ausreichender Grund besteht, die Unbefangenheit in Zweifel zu ziehen. Im selben Ort zu wohnen wird allerdings als Grund für Befangenheit alleine nicht ausreichen.

Notare: Verlassenschaftsverfahren

Mein Mann ist gestorben. Wir haben einen Notar im Ort. Trotzdem muss ich für die Verlassenschaft immer 30 Kilometer zu einem anderen Notar fahren. Mein Notar schickt mich weg und behauptet, er kann da nichts machen. Ich dachte ein Notar ist verpflichtet, Erbsachen abzuwickeln?

Verlassenschaftsverfahren werden den einzelnen Notaren von jenem Bezirksgericht zugeteilt, in dessen Gerichtssprengel die verstorbene Person gewohnt hat. Die Notare sind in diesem Fall im Auftrag des Gerichts als Gerichtskommissäre tätig. Für die Zuteilung der Verfahren zu den einzelnen Notaren im Einzugsgebiet gibt es einen Verteilungsschlüssel, der sich nicht am Wohnsitz, sondern am Todestag der verstorbenen Person orientiert. Mit diesem Schlüssel soll erreicht werden, dass jedes Verfahren ordentlich abgehandelt wird, auch solche, die etwa besonders kompliziert sind oder bei denen der Arbeitsaufwand mangels Erbmasse höher ist als die vom Gesetz vorgesehene Entlohnung.

Bei uns im Haus ist ein alter Mann gestorben. Jetzt hat mir meine Nachbarin, die sich viel um ihn gekümmert hatte und die auch einen Schlüssel zur Wohnung hat, erzählt, dass der Notar ihr einfach so 3.000 Euro gegeben hat. Das kommt mir komisch vor.

Gehören zur Verlassenschaft keine Immobilien und beträgt das Vermögen nicht mehr als 4.000 Euro, so kann der Gerichtskommissär dieses Vermögen zur Abdeckung offener Forderungen an Zahlungs statt verteilen. Dabei ist gesetzlich geregelt, welchen Gläubigern er vordringlich etwas zu geben hat. Hat die Nachbarin sich nun auch um das Begräbnis gekümmert, so ist ihr dieser Aufwand laut Gesetz zu ersetzen.

Enterbung eines Pflichtteilsberechtigten

Mein Sohn hat vor zehn Jahren den Kontakt zu mir abgebrochen. Warum genau, weiß ich nicht. Meine anderen beiden Kinder kommen mich immer wieder besuchen und helfen mir auch bei den Arbeiten, die ich alleine nicht mehr so gut schaffe. Welche Möglichkeiten habe ich, den Sohn zu enterben und alles den anderen beiden Kindern zukommen zu lassen?

Grundsätzlich hat Ihr Sohn Anspruch auf seinen gesetzlichen Erbteil. Ohne weitere Begründung können sie ihn auf den Pflichtteil beschränken, der die Hälfte des gesetzlichen Erbteils beträgt. Die Halbierung des Pflichtteils ist schon schwieriger. Dafür muss über einen längeren Zeitraum der Kontakt, wie er in der Familie zwischen Angehörigen gewöhnlich besteht, fehlen. Als „längeren Zeitraum“ sieht der Gesetzgeber zumindest zwanzig Jahre vor.

Für weitere Einschränkungen muss es wirklich schwerwiegende Gründe geben, die gesetzlich definiert sind. Dazu gehören Straftaten gegen die vererbende Person und gegen bestimmte Familienangehörige, die mit mehr als einjähriger Freiheitsstrafe bedroht sind, sowie begangene Straftaten, die zu einer Verurteilung von zwanzig Jahren Gefängnis oder mehr geführt haben.

Darüber hinaus führt das Gesetz an: Ein Pflichtteilsberechtigter kann enterbt werden, wenn er

  • absichtlich die Verwirklichung des wahren letzten Willens des Verstorbenen vereitelt oder zu vereiteln versucht hat,
  • dem Verstorbenen in verwerflicher Weise schweres seelisches Leid zugefügt hat oder
  • sonst seine familienrechtlichen Pflichten gegenüber dem Verstorbenen gröblich vernachlässigt hat.

Hier müssen die Gründe aber wirklich schwerwiegend sein. Bloßer Kontaktabbruch reicht nicht, um daraus eine grobe Pflichtverletzung oder das Zufügen schweren seelischen Leides ableiten zu können.

Buchtipp: "Erben ohne Streit"

Streit unter Erben ist keine Seltenheit. Wer rechtzeitig klare Regelungen trifft, kann dem vorbeugen. Unser Buch gibt Aufschluss darüber, was genau alles zu regeln ist. Es zeigt, wie man ein Testament verfasst, wie der Ehepartner abgesichert werden kann und wie man Einfluss auf die Erbfolge nehmen kann.

www.konsument.at/erben

Aus dem Inhalt

  • Gesetzliche Grundlagen
  • Wie man ein Testament verfasst
  • Was zur Verlassenschaft zählt
  • Die Aufgaben des Notars
  • Die Kosten eines Verlassenschaftsverfahrens
  • Nützliche Vollmachten und Verfügungen

172 Seiten, 19,90 € + Versand

KONSUMENT-Buch: Erben ohne Streit + Einkaufstasche

 

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