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Diäten: Dinner Cancelling - Danke, heute kein Abendessen

"Konsument" nimmt ab sofort Neuerscheinungen auf dem Markt der Diät-Ratgeber unter die Lupe. Diesmal: Dinner-Cancelling - auf das Abendessen verzichten.

Diäten haben immer Saison

Diäten haben immer Saison. Ob Martini oder Weihnachten, schlichte winterliche Lethargie oder zu viel Appetit aufs falsche Essen – Möglichkeiten zuzunehmen gibt es viele, und sie werden allzu oft auch gerne wahrgenommen. Doch die Reue folgt spätestens dann, wenn das Gewand zu zwicken beginnt: Eine Diät muss her!

Gute Geschäfte mit der Figur

Das Geschäft mit der guten Figur ist daher äußerst lukrativ. Kein Wunder, dass immer wieder neue Autoren ihre Wunderwaffe gegen üppige Fettpölster anpreisen. Doch nicht alles, was als Faktenwissen aufgetischt wird, hält einer wissenschaftlichen Prüfung stand, nicht jede Diät ist zum Abnehmen geeignet, und manche Programme enthalten sogar gesundheitsschädliche Elemente. Mehr dazu erfahren Sie in unserem Sonderheft (siehe dazu: "Produkte - Die besten Diäten").

Ab 17 Uhr nur mehr Flüssiges

Jung, schlank und schön wird und bleibt, wer Dinner-Cancelling betreibt, auf gut Deutsch: wer zwei-, dreimal pro Woche das Abendessen ausfallen lässt. Dies zumindest suggeriert das Buch „Schlank und fit mit Dinner-Cancelling“ des Münchner Personal-Trainers Dieter Grabbe.

Zwei, drei Mal pro Woche

Das Prinzip dieser Diät ist, zwei-, dreimal in der Woche ab 17 Uhr nur mehr Flüssiges zu sich zu nehmen. Grundsätzlich soll viel getrunken, die Nahrungszufuhr reduziert und in Richtung einer vitaminreichen Kost verschoben sowie auf ungesunde Fette verzichtet werden. Wobei fürs Abnehmen vor allem wichtig ist, dass die Kalorienzufuhr insgesamt verringert wird. Zu welcher Tageszeit man die Kalorien aufnimmt, ist dabei relativ egal und eher eine Sache persönlicher Vorlieben.

Günstig für „Jungbrunnen“-Hormone

Richtig ist, dass der Verzicht auf späte und schwere Abendessen sich günstig auf die Produktion der Hormone Melatonin und Somatropin auswirkt, die als "Jungbrunnen" gelten und vom Körper vorwiegend während des Nachtschlafes produziert werden.

Etliche Aussagen in diesem Buch sind jedoch bedenklich, und auch die Nährwertzusammenstellung in den Rezepten ist nicht immer optimal. Als Getränke werden beispielsweise Wasser, Molke und Lapacho, ein aus einer südamerikanischen Baumrinde gewonnener Tee, empfohlen. Nun ist gegen diese Getränke zwar absolut nichts einzuwenden, die angeblichen Heilwirkungen des Lapachotees sind jedoch nicht, wie vom Autor behauptet, wissenschaftlich bewiesen, sondern lediglich in der lateinamerikanischen Volksmedizin überliefert.

Ungereimtheiten und Mythen

Dass Molke die "Entschlackung" fördert und "Fettpölsterchen schnell verschwinden lässt", fällt überhaupt in die Kategorie "Märchen". Zum einen wird die Existenz der so genannten Schlacken im Körper in Kreisen anerkannter Mediziner und Ernährungswissenschafter verneint, zum anderen: Das Mittel, das Fettpölster zum Schmelzen bringt, ist noch nicht erfunden.

Im Buch empfohlene Lebensmittel wie Vollkornbrot, Erdäpfel, Oliven- oder Rapsöl sind sinnvoller Bestandteil einer vollwertigen, gesunden Ernährung. Sie wie der Autor als "Fatburner" zu bezeichnen, ist schlicht falsch. Funktionierte dies wirklich, müsste doch mehr noch besser helfen? Also her mit dem Riesentopf Erdäpfel und gleich einen halben Liter Olivenöl drüber? 

Falsche Informationen

Unrichtig ist auch die Aussage: "Ernährungsexperten empfehlen einen Anteil von 65 Prozent Kohlenhydraten, 25 Prozent Protein und nur zehn Prozent Fett." In den DACH-Empfehlungen (der Gesellschaften für Ernährung in Deutschland, Österreich und der Schweiz) findet man lediglich eine Kohlenhydrat-Aufnahme von mehr als 50 Prozent. Der Richtwert für die Fettaufnahme liegt bei 30 Prozent, jener für den Proteinbedarf bei neun bis zwölf Prozent der Energiezufuhr.

Algenpräparate: gefährlicher Tipp

Gefährlich ist die Empfehlung, beim Gefühl, dass man im Laufe der Diät zu wenig "Vitalstoffe" zu sich nimmt, mit Algenpräparaten nachzuhelfen. Grund: ihr zum Teil sehr hoher Jodgehalt. Von Afa-Algen ist überhaupt abzuraten, da bestimmte Arten Gifte produzieren, die das Nervensystem schädigen können.

Die ernährungswissenschaftliche Auswertung der Rezepte ergab, dass bei einer durchschnittlichen Diätwoche anhand der angegebenen Rezepte die Fettzufuhr, vor allem an gesättigten Fettsäuren wie in Butter, Rahm oder Obers, zu hoch ist. Die Cholesterinaufnahme bewegt sich mit 259 mg täglich im oberen Bereich. Dafür liegt der Kohlenhydratanteil mit rund 42 Prozent unter der DACH-Empfehlung von mindestens 50 Prozent (interessanterweise auch weit unter dem vom Autor selbst genannten optimalen Wert von 65 Prozent).

Nicht leicht für Berufstätige

Die Zubereitung der Mahlzeiten für einen Tag nimmt 30 bis 60 Minuten in Anspruch. Für Berufstätige kann das zum Problem werden, da an den Dinner-Cancelling-Tagen die Mittagsmahlzeit die Hauptmahlzeit ist und diese in der Zubereitung mehr Aufwand erfordert. Zutaten wie Amaranth, Couscous, Shiitake-Pilze sind nicht überall leicht erhältlich. Unangenehm ist auch, dass das Buch offensichtlich vor allem für norddeutsche Leser geschrieben wurde. „Möhrenfrischkäse“ ist in Österreich auch sprachlich nicht unbedingt jedermanns Geschmack, und irgendwo nachschlagen müssen um zu erfahren, dass "Dickmilch" unserer Sauermilch entspricht, trägt nicht gerade zur leichteren Handhabung des Werkes bei.

Schlank und fit mit Dinner-Cancelling

 

Dieter Grabbe, Heinrich Hugendubel Verlag, Krreuzlingen, München, 2002 (112 Seiten, € 13,40)

BEWERTUNG: WENIGER ZUFRIEDENSTELLEND

Das steckt dahinter:
Zum Abnehmen wird auf das alte – und gute – Rezept gesetzt, weniger und ausgewogener zu essen. Dass dabei ab und zu das Abendessen ausgelassen wird, soll den Alterungsprozess verlangsamen.

Das meinen wir dazu:
Gelegentliches Weglassen des Abendessens ist ein durchaus vernünftiger Ansatz. Leider wird er mit etlichen wissenschaftlich nicht haltbaren Wundermärchen aufgefettet. Wichtige Bestandteile einer sinnvollen Gewichtsreduktion, wie Tipps zur Änderung des Essverhaltens und ein brauchbares Sportprogramm, fehlen weitgehend.

+ Prinzip des Dinner-Cancelling zum dauerhaften Abnehmen geeignet.
+ Sehr viele Gemüserezepte, daher vitaminreich und auch für Vegetarier günstig.

- Rezepte haben zu hohen Fettanteil und relativ viel Cholesterin.
- Tipps zur Verhaltensänderung nur sehr spärlich vorhanden.
- Die Ratschläge für ein Sportprogramm sind zwar gut gemeint, aber schwer umsetzbar.

Fazit: 
Theoretisch ein sinnvolles Konzept – in der Praxis ist dieses Buch als Grundlage für eine Gewichtsreduktion weniger empfehlenswert.

So testen wir Diäten

Zusammensetzung: 50 Prozent der Gesamtnote vergeben wir für die Zusammensetzung der vorgeschlagenen Ernährung, 25 Prozent dafür, ob die Empfehlungen der Ernährungswissenschafter eingehalten werden.

Sport: 25 Prozent gehen auf das Konto des Sports. Die Sportprogramme wurden vom Institut für Sportwissenschaften der Universität Wien einer kritischen Prüfung unterzogen. Das detaillierte Prüfprogramm finden Sie in unserem Konsument-Sonderheft " Die besten Diäten " auf Seite 34. Wir schicken Ihnen das Programm auch gerne kostenlos zu:

Tel: (01) 588 774.

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