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Preiserhöhungen - Gut getarnt

, aktualisiert am

So sehr die Supermarktketten ihre Kunden mit Sonderangeboten umwerben: Lebensmittel werden immer teurer. Damit den Kunden die Preissteigerungen nicht gleich auffallen, nutzen die Produzenten inzwischen jeden Verpackungsschmäh.

Essen kostet von Jahr zu Jahr mehr. Selbst beim Diskonter legt man für den wöchent­lichen Lebensmitteleinkauf mittlerweile viel Geld hin. Um die Tatsache der steigenden Preise zu verschleiern, haben sich die Pro­duzenten einiges einfallen lassen.

Einfach ein bisschen weniger reingeben ... Milka Kleines Dankeschön (Bild: K. Schreiner/VKI)  

Downsizing: weniger drin

Die beliebteste Taktik ist derzeit das sogenannte Downsizing. Darunter versteht man das gezielte Verringern der Füllmenge, während der Preis des Produktes gleich bleibt oder zumindest nicht proportional zur Füllmengenänderung verringert wird. Ergebnis: Das Produkt verteuert sich, die Preiserhöhung ist jedoch nicht am Endpreis abzulesen. Eine echt geniale Vorgangsweise.

110 statt 125 Gramm: 14% Preiserhöhung

Viele Konsumenten sind an die Preise jener Produkte gewöhnt, die sie häufig kaufen. Anstatt die Kunden mit einem Aufschlag zu verschrecken, wird für den gleichen Betrag einfach weniger Inhalt in die Packung gefüllt. Ein schönes Beispiel dafür sind - siehe oben - die Pralinen „kleines Dankeschön“ von Milka. Ursprünglich hatte die Packung eine Füllmenge von 125 Gramm und kostete bei Billa 2,89 Euro. Die Schokostückchen sind nach wie vor um 2,89 Euro zu haben, doch sie sind kleiner und wiegen nur noch 110 Gramm. Klingt vielleicht nicht nach ganz großem ­Unterschied, macht aber in Summe trotzdem eine Preiserhöhung von 14 Prozent aus!

Neue Sorte

"Weniger vom fast Gleichen“ ist ebenfalls eine beliebte Methode der versteckten Preis­erhöhung. Neben bekannten Standardsorten werden zusätzliche Produkte in ganz ähn­licher Aufmachung zum gleichen Preis, aber mit geringerer Füllmenge angeboten. Während zum Beispiel bei einer herkömmlichen Margarine 500 Gramm in den Becher kommen, sind es bei der Neueinführung nur 400 Gramm. Beide Becher kosten gleich viel. Ergebnis: Obwohl sich die Margarinen in der Zusammensetzung nur marginal voneinander unterscheiden, zahlt der Kunde für das neue Produkt um 25 Prozent mehr. Bis er draufkommt, dass er um sein Geld deutlich weniger Ware erhält, ist das Geschäft auch schon gelaufen.


Lesen Sie auch folgende Artikel zum Thema Preiserhöhung: Test: Preisvergleich Österreich - Deutschland, Preisvergleich: Drogerieprodukte, Sparen mit KONSUMENT: Im Supermarkt, Ja! Natürlich Joghurtbutter, Twix  

Füllmengen nicht (mehr) vorgegeben

Ein Herz für Singles

Immer mehr Menschen leben allein. Die Tatsache, dass ein kleinerer Haushalt auch ein anderes Produktangebot braucht, nutzen viele Hersteller vor allem zu ihrem eigenen Vorteil. Sie bringen keine für diese Verbrauchergruppe sinnvollen Packungsgrößen auf den Markt, sondern machen zum Beispiel einen Marmorkuchen nur um 50 Gramm leichter. Fertig ist das neue Single-Produkt, das selbstredend so viel kostet wie das alte, also damit genau genommen um 14 Prozent teurer ist.

Der Gesundheit zuliebe

Auch Konzerne wie Mars sorgen sich inzwischen um das Wohlbefinden ihrer Kunden. Damit wir alle möglichst gesund leben, soll künftig nichts in die Verpackungen kommen, was mehr als 250 kcal enthält. Das wird bei einigen Produkten nicht ohne Reduzierung der Füllmenge möglich sein. Von einer entsprechenden Anpassung der Verkaufspreise war aus der Konzernzentrale bislang jedoch nichts zu hören. Warum auch: Bleibt preislich alles beim Alten, verdient Mars mehr und bekommt als Draufgabe auch noch ein besseres Gesundheitsimage.

Mindere Zutaten

Wenn bei der Füllmenge nichts oder nicht viel geht, kann man immer noch die Zutaten austauschen und das Produkt anschließend mit der fetten Aufschrift „neue Rezeptur“ an die Käufer bringen. Auch Kleinvieh macht Mist. Das zeigt das Beispiel der Senseo ­Kaffeepads. Durch die Reduktion der Füllmenge und eine neue Zusammensetzung bekommen Kaffeeliebhaber nur noch ein Fünftel der bisher gewohnten Kaffeemenge. Ersetzt wird das Kaffeepulver durch Lös­kaffee und viel Zucker, gehärtete Fette sowie Zusatzstoffe. Damit das Zeug trotzdem noch nach Kaffee schmeckt, wird Aroma ­beigemischt. Das einzige, was gleich bleibt, ist – eh klar – der Preis.

Keine Vorgaben mehr

Füllmengen von 110 Gramm, wie geht das? Gab es nicht einmal so etwas wie feste ­Packungsgrößen in sinnvollen Staffelungen (z.B. 1.000 g, 500 g, 250 g, 125 g) für bestimmte Produktgruppen? Ja, gab es, aber die sind auf Betreiben der EU 2009 zum Großteil weggefallen. Schon damals warnten Konsumentenschützer, dass diese Freigabe zu einer für die Verbraucher nicht mehr nachvollziehbaren Preisgestaltung führen würde. Genau so ist es gekommen. (Einheitsgrößen gibt es inzwischen nur noch für Wein, Sekt und Spirituosen.)

Vergleichen: Grundpreisauszeichnung nutzen

Einen Ausweg aus diesem Tohuwabohu von unterschiedlichsten Füllmengen bietet die verpflichtend vorgeschriebene Grundpreisauszeichnung. Damit soll den Kunden ein einfacher Preisvergleich von Waren verschiedenster Packungsgrößen ermöglicht werden. Auch wenn es von dieser Auszeichnung nach Kilogramm bzw. ­Litern, um nur die wichtigsten Einheiten zu nennen, viele Ausnahmen gibt und die ­Lesbarkeit auf den Regalschildern der ­Supermärkte oft zu wünschen übrig lässt: Die Grundpreisauszeichnung ist für Kunden die einzige Möglichkeit, zu vergleichen. Lassen Sie sich diese Gelegenheit also nicht entgehen!

Leserreaktionen

DeSpar Premium Cantuccini

Bei Spar in Luftenberg stehen nebeneinander zwei nahezu gleich aussehende Packungen Toscani IGP alle Mandorle (25 %) bzw. DeSpar Premium Cantuccini alle Mandorle zu jeweils € 1,99. Die auf der Packung verwendeten Fotos sind identisch, die Produktbezeichnung unterscheidet sich nur durch die Ergänzung „Toscani IGP“ und eine fett gedruckte Prozentangabe (25 % Mandeln). Bei den Cantuccini alle Mandorle findet sich die Prozentangabe für Mandeln (22 %) verschämt im Kleingedruckten.

Die Schachtel der Cantuccini alle Mandorle wirkt optisch deutlich größer, wird aber nur bei genauer Betrachtung als eine Spur schmäler und dünner erkannt. Als Gewicht wird bei der optisch kleineren Schachtel 200 g angeführt, die vermeintlich größere Packung enthält nur 150 g. Der Preis der Cantuccini in der „größeren“ Schachtel ist also um ein Drittel (!) höher! (€ 0,995 bzw. € 1,327 pro 100 g). Dafür enthält die „größere“ Schachtel Gebäck mit 3 % weniger (teuren) Mandeln und dafür mehr (billigerem) Fett und daher auch mehr Kalorien.

Ein optischer Mengenvergleich wird vereitelt, da die Cantuccini der „größeren“ Packung in einem undurchsichtigen Sack verschweißt sind. Optisch und geschmacklich besteht kaum ein Unterschied. Die Cantuccini der „kleinen“ Packung wirken dunkler gebacken, wohingegen überraschenderweise die helleren aus der „großen“ Packung viel härter waren, sodass ich mir Sorgen um meine Zähne machte.

Darf ich raten? Spar wird demnächst die 200-g-Packung auslisten und die Kunden sollen nicht merken, dass sie eine 33%ige Preiserhöhung bei minderer Qualität für ein sog. „Premium“-Produkt akzeptieren.

Martin Renoldner
Luftenberg
(aus KONSUMENT 7/2017)

Anderer Meinung

Ich lese gerade die Ausgabe 3/2017 und bin dabei etwas müde geworden, die diesbezüglichen Beiträge zu lesen. Es gibt nun mal kein Gesetz, das die Packungsgrössen regelt und es würde auch keinen Sinn machen. Aber es gibt – EU sei Dank – die Preisauszeichnung je vorgegebener Einheit. Ein kurzer Blick darauf und jeder Konsument ist im Bilde und kriegt mit der Zeit auch ein Preisgefühl. Das war früher nicht möglich!

Solange wir uns von versteckten Preiserhöhungen täuschen lassen, solange wird die Wirtschaft diesen Trick auch anwenden. Aber wenn wir vielleicht doch einmal erwachsene Konsumenten werden, wird sich die Wirtschaft die Zähne ausbeissen und keine Chance mehr haben uns zu besch..., wie ein erboster Leser schreibt. PS: Ich schätze Ihre Arbeit, nur dieses Thema finde ich falsch behandelt. Anstatt mit den Lesern mitzujammern, sollten Sie ihnen einen Weg weisen, wie sie sich dagegen wehren können, wie zB Preisauszeichnung je genormter Einheit.

Wolfgang Ebner
Villach
(aus KONSUMENT 4/2017)

Milka und Obstgarten

Versteckte Preiserhöhung:  Milka-Schokolade und Obstgarten - weniger Inhalt, gleicher Preis (Bild: Wolfgang Schaffer)Letztens gehe ich bei Lidl einkaufen und sehe im Angebot eine Tafel Milka. Mein Gedanke: das ist ein guter Preis und ich nehme als Reserve, wenn mein Enkerl kommt eine Tafel mit ... Ich nehme eine Tafel und die kommt mir leicht vor ... und da ich bei fast allen Packungen auf das Gewicht achte, siehe da: 276 g Gewicht!

Ganz ehrlich gesagt, ich bin schon stinksauer, dass ich beim Einkauf derart aufpassen muss auf die Füllmenge. Überall werden ein paar Gramm abgezwickt und es ist schon schwierig, noch ohne besch… zu werden einen guten Einkauf zusammenbringen. Früher konnte man sich verlassen auf die Füllgewichte und heute muss man schon ganz genau hinsehen.

Ich sagte vor einiger Zeit zu meiner Frau, du, der Obstgarten hat jetzt schon sehr lange den gleichen Preis von 0,99 € ... Mein Gefühl sagte mir, schau nach – statt 200 g sind es nur mehr 189 g, zum gleichen Preis von 0,99 €. Liebes VKI-Team, macht weiter so, alle versteckten Preiserhöhungen mit weniger Füllgewicht sofort aufzeigen!

Wolfgang Schaffer
Enns
(aus KONSUMENT 3/2017)

Auch bei Klopapier

Es werden von den Supermarktketten nicht nur immer weniger Lebensmittel in gleich große Verpackungen gesteckt, sondern auch auf der anderen Seite der Nahrungsmittelkette beim Toilettenpapier geknausert. Ich habe bisher gerne das Clever-Toilettenpapier der Rewe-Kette aus Recyclingpapier gekauft.

Wir benutzen eine äußerst praktische Klopapierrollenhalterung der Firma Ikea, in die ich immer genau passend insg. 8 Rollen einfüllen konnte, sodass kein Zwischenraum offen blieb. Nun habe ich bemerkt, dass die Halterung bei 8 Rollen nicht mehr ausgefüllt ist, ja auch bei einer 9. Rolle noch erheblichen Leerraum aufweist Auf der Packung finde ich den Hinweis 10 x 180 Blatt. Nun frage ich mich, wie viel Blatt man uns da mittlerweile unterschlagen hat und zu welchem Preis?

Christine Huber
E-Mail
(aus KONSUMENT 10/2014)

Aus allen Wolken gefallen

Ihre Zeitschrift ist immer wieder lesenswert. Bei Ihrem Artikel „Gut getarnt“ bin ich völlig Ihrer Meinung. Ich habe beim Einkauf immer meine Lupe dabei und schäme mich auch nicht, sie zu benützen, denn die Aufschrift ist oft so klein gehalten, wahrscheinlich, dass man sie nur schwer lesen kann zum Nutzen der Hersteller.

Zwei Beispiele habe ich für Sie. Kaufte mir vor kurzem das NÖM Fastenjogurella; da einige Geschmacksrichtungen neu waren, probierte ich sie aus. Zu Hause schaute ich mir den Becher genauer an und was musste ich da feststellen, da war der Inhalt nur 170 g anstatt den üblichen 180 g. Der Becher ist aber gleich groß wie der mit 180 g Füllmenge. Das ist für mich schon eine Irreführung, denn wer schaut dann noch sehr genau auf den Inhalt, wenn die Bechergröße gleich ist?

Das zweite Beispiel ist mir bei Lattella Frucht und Molke aufgefallen. Auf der Packung steht nur 0,1 % Fett. Ich dachte mir, das kann ich ruhig nehmen, hat nicht viel Kalorien und ist ein guter Durstlöscher nach dem Sport. Ich kaufe sonst immer die Fruchtmolke von Hofer, und zwar Orange/ Karotte, und da steht auf der Verpackung 22 kcal pro 100 ml und auch 0,1 % Fett. Da es jetzt von Lattella eine Fruchtmolke mit dem Geschmack Kokos/Ananas gab und auch da 0,1 % Fett draufstand, war ich der Meinung, dass das Getränk auch so viele Kalorien hat wie das von Hofer.

Aber jetzt kommt das große ABER! Hofer Fruchtmolke hat 4,8 g Kohlehydrate auf 100 ml und Lattella Fruchtmolke hat 11,6 g Kohlehydrate auf 100 ml. Bei Hofer Fruchtmolke hat der halbe Liter nur 110 kcal und bei Lattella Fruchtmolke der halbe Liter 500 kcal. Ich bin aus allen Wolken gefallen, wie ich das gelesen habe. Ich habe nur auf die 0,1 % Fett geachtet und das Produkt eben mit dem vom Hofer verglichen (in meinem Kopf) und das war eben ein Trugschluss.

Ja, man muss wirklich schon ganz genau und alles durchlesen, ansonsten erlebt man, wie ich, blaue Wunder.

Sylvia Kaltseis-Doppler
Neukirchen
(aus KONSUMENT 7/2014)

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