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Anwälte vor dem Disziplinarsenat - Was sind die häufigsten Fehler der Anwälte?

Da keine der neun Rechtsanwaltskammern mit statistisch abgesicherten Daten aufwarten konnte, haben wir einen Jahrgang des Österreichischen Anwaltsblattes (AnwBl) durchforstet. Dort findet sich eine Auswahl jener Fälle, die vor dem Disziplinarsenat der Kammern verhandelt wurden.

Geld behalten: Ein Mandant klagt und gewinnt den Prozess, und die Versicherung überweist die strittige Summe an den Anwalt des Klägers. Der aber leitet das Geld erst 18 Monate später weiter, nachdem sein Mandant von der Versicherung erfahren musste, dass das Geld längst ausgezahlt ist. Spruch des Disziplinarsenates: „Die um 18 Monate verspätete Weiterleitung ist im höchsten Maß geeignet, das Ansehen der Anwaltschaft in der Öffentlichkeit zu schädigen“ (AnwBl 12/97).

Späte Rechnung: Ein Rechtsanwalt verkauft für seinen Klienten Holz, stellt aber verspätet die Rechnung und verrechnet teilweise überhöhte Kosten ...  Kommentar des Disziplinarsenates: „Oberste Pflicht ist es, in Geldsachen peinlichste Ordnung zu halten“ (AnwBl 10/97).

Entmündigen: Ein Anwalt regt an, für eine Person, mit der er selbst einen Rechtsstreit hat und die sich ein wenig auffällig verhält, einen Sachwalter zu bestellen (= entmündigen). Ohne sehr gewichtige Gründe sei das zu verurteilen, sagt die Kammer (AnwBl 9/97).

Kein Trottel: Ein Rechtsanwalt leitet als Masseverwalter ein Konkursverfahren und ein Schuldner tanzt ihm ständig auf der Nase herum. Dem Anwalt platzt der Kragen und er meint, er hätte keine Lust, sich von einem Schuldner „als Massetrottel hinstellen zu lassen“. Der Anwalt darf das sagen, meint der Disziplinarsenat. Die Formulierung sei zwar überzogen, disziplinär aber nicht zu verurteilen. Schließlich habe er nicht jemanden anderen als Trottel bezeichnet sondern nur behauptet, dass er selbst keiner sei (AnwBl 9/97).

Götz-Zitat: Ein Mandant kündigt seinem Anwalt die Vollmacht. Am nächsten Tag ist Verhandlung, und der Anwalt geht nicht hin. „Eine Beeinträchtigung von Ehre und Ansehen des Standes“, befindet der Disziplinarsenat, er hätte noch zwei Wochen lang die Interessen des Mandanten wahrnehmen müssen, da dem sonst ein Schaden erwachsen kann (AnwBl 6/97).

Schwere Drohung: Ein Rechtsanwalt droht der gegnerischen Partei ungerechtfertigterweise mit Strafanzeige. Das sei Nötigung, also eine strafbare Handlung, befindet der Disziplinarsenat und daher ein „Disziplinarvergehen“ (AnwBl 4/97).

Unerlaubte Vorteile: Ein Anwalt will eine Wohnung mieten, bestätigt, dass er sie ordnungsgemäß befunden hat und übernimmt sie. Später kommt er drauf, dass es doch etwas zu beanstanden gibt, erklärt seine eigene Unterschrift unter den Mietvertrag für rechtsunwirksam und zahlt auch nur einen Teil der vereinbarten Miete. So geht´s nicht, Herr Kollege, befindet der Disziplinarsenat. Wenn er sich ohne sorgfältige Prüfung der Wohnung auf die Aussagen des Vermieters verlässt und unterschreibt, ist er selbst schuld (AnwBl 1/97).

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