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Bankgeheimnis - Schlupflöcher schließen

Derzeit streitet Europa übers Bankgeheimnis. Allerdings nicht über das fürs viel zitierte Sparbuch der Oma. Die muss dafür ja ohnehin Kapitalertragsteuer bezahlen.

Der Begriff Bankgeheimnis meint eigentlich ein „Bankkundengeheimnis“, nämlich die Verschwiegenheitspflicht der Banken betreffend finanzielle Belange ihrer Kunden. Unser Bankgeheimnis ist als Verfassungsbestimmung im § 38 des Bankwesengesetzes geregelt. Die Bank darf also nicht jedem X-Beliebigen Auskunft über ihre Kunden geben.

Ausnahmen möglich

Dieser Paragraph gewährt aber keineswegs absoluten Schutz, denn er sieht eine Reihe von Ausnahmen vor, zum Beispiel:

  • Unterstützung von Strafverfahren aufgrund richterlicher Anordnung (sogenannte Kontoöffnung
  • Verlassenschaftsangelegenheiten
  • Auskunftsverpflichtungen bei Minderjährigen gegenüber dem Vormundschaftsgericht
  • Auskunftsverpflichtungen gegenüber der Finanzmarktaufsicht und nach dem Börsegesetz
  • weitere Ausnahmebestimmungen nach dem Bankgesetz , etwa zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismus, zur Früherkennung von Bankinsolvenzen oder zur Information der Sicherungseinrichtungen

Steuersünder im Visier

Das Interesse des Staates an Steuereinnahmen allein kann eine Ausnahme vom Bankgeheimnis nicht begründen. Steuerhinterziehung ist allerdings ein Straftatbestand. Daher kann ein Gericht in begründeten Einzelfällen eine Kontoöffnung verfügen. Übrigens nicht nur bei Konten von Inländern, sondern auch bei jenen von Bewohnern eines anderen Landes. Dazu wurden Strafverfolgungsvereinbarungen zwischen Österreich und anderen Staaten abgeschlossen.


Lesen Sie außerdem folgende Artikel zum Thema Geldanlage und Finanzen: Persönliche Finanzen,  Ethik-Report: Nachhaltige Geldanlage und unsere KONSUMENT-Bücher: Achtung, Finanzfalle! sowie Kapital & Zinsen  

Autonome Entscheidung der Staaten

Kernpunkt des Streitfalls

Um trotz Bankgeheimnis und ohne richterliche Anordnung an Steuereinnahmen auf Kapitalerträge zu kommen, gibt es unterschiedliche Wege. Und die sind der eigentliche europäische Streitpunkt beim Bankgeheimnis und den Steuern auf Kapitaleinkünfte.

Staaten können autonom entscheiden

Jeder einzelne Staat, also auch Österreich oder Luxemburg, darf selbst entscheiden, wie er Steuern auf Kapitalerträge (Zinsen auf Sparguthaben, Wertpapiererträge, …) von seinen Steuerpflichtigen einhebt. Dies ist allen unterschiedlichen Ansichten anderer Staaten zum Trotz unbestritten. Bereits lange vor Deutschland hat Österreich eine Kapitalertragsteuer auf Zinsen und Dividenden eingeführt. Sie wird direkt von den österreichischen Banken einbehalten und anonym an den österreichischen Staat abgeführt.

Seit April 2012 gilt dies auch für Kursgewinne von Wertpapieren. Auch bleibt es jedem Staat überlassen, ob er das innerstaatliche Bankgeheimnis lockert, damit Einkünfte aus Kapitalerträgen bei der Gewährung von Notstandshilfe oder anderen staatlichen Leistungen berücksichtigt werden können.

Steuerpflicht hat nichts mit Nationalität zu tun

Bei der Steuerpflicht kommt es nicht auf die Nationalität an! In Österreich beispielsweise ist jeder Einwohner unbeschränkt – das heißt, mit seinem Welteinkommen – steuerpflichtig, der im Inland seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort hat. Dies ist bei mehr als 183 Tagen Aufenthalt im Jahr der Fall. Deutsche, Franzosen, Belgier, Russen … mit gewöhnlichem Aufenthalt in Österreich müssen auch ihre (weltweiten) Kapitalerträge in Österreich versteuern. Österreicher mit gewöhnlichem Aufenthalt in Luxemburg hingegen versteuern dort, sie gelten hierzulande als Steuerausländer. Das ist (fast) weltweit durch sogenannte Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) zwischen den Staaten geregelt.

Steuererträge im Ausland

So weit, so klar. International heftig umstritten ist etwas anderes: Wie kommt ein Staat, beispielsweise Deutschland, an die ihm zustehenden Steuern auf Kapitalerträge, die deutsche Anleger bei Banken in Österreich lukrieren? Hier haben sich die europäischen Länder auf ein Verfahren zum Informationsaustausch geeinigt. Nur Luxemburg und Österreich hatten dies ursprünglich verweigert, aktuell will nur mehr Österreich nicht mitmachen.

Ein in Österreich Steuerpflichtiger (egal welcher Nationalität), der Kapitalerträge in einem anderen europäischen Land erhält, muss in diesem Land keine Steuern auf diese Kapitalerträge bezahlen. Was auch korrekt ist, weil seine Kapitalerträge in Österreich versteuert werden müssen.

Finanzamt: Erkundigungen beim Steuerpflichtigen

Die konto- oder depotführende Bank in Deutschland, Island usw. informiert jedoch das österreichische Finanzamt über die Höhe der Kapitalerträge und die Identität des Steuerpflichtigen. Das österreichische Finanzamt nutzt diese Daten der (ausländischen) Bank und vergleicht die Informationen mit der Steuererklärung des Steuerpflichtigen. Und fragt dann beim Steuerpflichtigen nach, woher das Kapital stammt, mit dem die Kapitalerträge erwirtschaftet wurden.

Keine Informationen über Kapitalerträge

Zwei tanz(t)en aus der Reihe

So erhält Österreich Informationen darüber, welche Einkünfte seine Steuerpflichtigen anderswo haben. Aber: Österreich (und bis vor Kurzem Luxemburg) gibt selbst keine Informationen über Kapitalerträge weiter, die Steuerausländer bei heimischen Banken lukrieren! Die deutsche Finanzbehörde erfährt also z.B. nicht, wie viel Zinsen Herr Müller aus Wanne-Eickel mit einem Sparbuch erwirtschaftet, das er bei einer Wiener Bank eröffnet hat.

Weil es die EU vorschreibt, hebt der österreichische Staat aber von einem Konto oder Depot in Österreich die sogenannte Quellensteuer auf Kapitalerträge ein. Die wird von der heimischen Bank einbehalten und über das österreichische Finanzministerium an das Heimatland des Steuerausländers weitergeleitet. Dieser müsste seine Kapitalerträge in seinem Heimatland weiterhin versteuern, könnte sich die einbehaltene Quellensteuer jedoch anrechnen lassen.

Versteuern „vergessen“

Gerade das „vergessen“ aber viele, die anderswo leben und in Österreich ihr Geld anlegen: Denn der Staat leitet zwar das aus der Quellensteuer eingenommene Geld weiter, aber keine Informationen darüber, von wem genau es stammt. Kein Wunder also, dass die anderen EU-Staaten Österreich dazu drängen, an diesem Informationsaustausch teilzunehmen.

Allein im Jahr 2010 (letzte verfügbare Zahl) hat Österreich 67 Millionen Euro an einbehaltener Quellensteuer an andere Staaten überwiesen. Dabei wird vermutet, dass das Geld, das hier veranlagt wird, nicht immer aus legalen Quellen stammt – zum Beispiel aus Schwarzarbeit. Der EU-Quellensteuersatz liegt mit 35 % nämlich über dem Steuersatz für Kapitalerträge in vielen Ländern, etwa in Deutschland. Wenn es also nur um diese Steuersätze ginge, könnte Herr Müller aus Wanne-Eickel ja sein österreichisches Sparbuch unbesorgt den deutschen Behörden melden. Aber er wird schon wissen, warum er das nicht tut …

Unser Fazit

Die heiße internationale Debatte um das Bankgeheimnis betrifft also weniger die Menschen, die in Österreich leben und hier ihre Steuern bezahlen, sondern vielmehr Anleger, die anderswo steuerpflichtig sind und hierzulande nur ihr Geld arbeiten lassen. Die meisten EU-Staaten aber wollen nicht nur die Steuer aus den Zinserträgen ihrer Bürger, sondern sie möchten auch wissen, wer wie viel Geld in Österreich veranlagt hat. Denn sie wollen auch die Herkunft des Geldes genauer unter die Lupe nehmen.

Und natürlich gibt es auch hierzulande Pfuscher, die Schwarzgeld auf Sparbüchern bunkern. Die kann die Finanz aber wohl mit anderen Methoden zur Strecke bringen als mit einer Aufweichung des Bankgeheimnisses.

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