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Beratungsqualität Vorsorge (Teil 4: Fazit) - Bummerl für die Banken

, aktualisiert am

  • Vermögensberater: 1A-Produktberatung, verbesserungswürdige Analyse
  • Allfinanzvermittler: gute Analyse, aber Angebotsvorlieben
  • Banken: sichere, aber standardisierte Angebote, mangelnde Analyse

57 Beratungsgespräche

Ganze 57 Mal haben sich unsere Tester in den vergangenen Monaten von gewerblichen Vermögensberatern, überregionalen Allfinanzvermittlern und Banken zu Vermögensfragen und Altersvorsorge beraten lassen. Wie es ihnen dabei im Detail ergangen ist, war in Teil 1, 2 und 3 unserer Serie nachzulesen. Abschließend eine Zusammenfassung der Stärken und Schwächen, die sich in den drei untersuchten Finanzdienstleistungssparten herauskristallisiert haben, und wie Sie diese am besten für sich nutzen können.

Klarer Vorteil: Gute Analyse

Überraschender Gesamtsieger wurden die überregionalen Allfinanzvermittler, die sich die Kritik aus ihren Anfangsjahren offenbar zu Herzen genommen haben. Nicht ganz so überzeugend waren die Vermittlungsfirmen bei der Erläuterung und Empfehlung konkreter Angebote: Hier schossen sie sich oftmals auf ein bestimmtes Produkt ein, alternative Angebote kamen nur beschränkt oder nicht so ausführlich zur Sprache. Ein klarer Minuspunkt, da es sich dabei meist um tendenziell riskantere Anlageformen handelte, und gerade in diesen Fällen braucht der Kunde umfangreiche Informationen zur Entscheidung. Fragen Sie daher immer nach, wenn ein Berater zu schnell über ein von ihm vorgeschlagenes Alternativprodukt hinweggeht. Es könnten persönliche oder firmenpolitische Präferenzen im Spiel sein.

Möglichst keine Adressen weitergeben

Und bleiben Sie standhaft, wenn Sie nach Adressen von Freunden oder Bekannten gefragt werden: Im Endeffekt ist es bei unseren Testern immer ohne Adressnennung gegangen!

Sehr professionell und aussagekräftig liefen bei den Vermittlerfirmen die Situationsanalysen ab, mit denen grundsätzlich bei jedem Beratungsgespräch zuerst der finanzielle Istzustand des Kunden und seine Pläne und Möglichkeiten erhoben werden sollen.

Banken haben durchschnittlich abgeschnitten

Während die gewerblichen Vermögensberater hier immerhin noch durchschnittlich abschnitten – lediglich in zwei Fällen erfolgte gar keine Analyse –, haben die Banken ziemlich ausgelassen: In zehn von elf Fällen (positive Ausnahme: Volksbank Linz) wurde wenig oder gar nichts zur finanziellen Ausgangslage des Kunden abgefragt.

Häufig hauseigenen Produkte angeboten

Achtsamkeit ist auch bei der Erklärung der einzelnen Produkte geboten, denn hier geht manchen Beratern nach der Erläuterung des ihrer Meinung nach bestgeeigneten Investments offenbar der „Treibstoff“ aus. Wenn Ihnen nur haus- oder konzerneigene Produkte angeboten werden, bohren Sie nach. Können keine Alternativen genannt werden, lassen Sie sich auf jeden Fall noch woanders beraten, denn nicht jeder angebotene Investmentfonds ist aus einiger Distanz betrachtet so gut, wie es im Werbeprospekt aussieht.

Kunden sanft in eine Richtung gelenkt

Auch die Mitarbeiter der Vermittlungsfirmen scheinen bestimmte Anlageprodukte zu präferieren: Der Kunde wird zwar nicht gedrängt, aber doch sanft in eine bestimmte Richtung gelenkt. Sofern dem eine ausführliche Analyse vorausgeht und die Produktempfehlung entsprechend angepasst wird, ist das auch in Ordnung. Schließlich ist das einer der maßgeblichen Gründe, warum die Mehrzahl der Anleger die Beratung sucht, anstatt sich auf eigene Faust durch den Dschungel des Kapitalmarkts zu kämpfen. Aber da es nun einmal um Ihr Geld geht, sollten Sie auch die Alternativen einschätzen können. Und da dürften die gewerblichen Vermögensberater einen etwas neutraleren Zugang haben: Alle angebotenen Produkte, auch die als Alternative genannten, wurden klar und umfassend erläutert.

Zeit ist buchstäblich Geld

Das braucht natürlich – ebenso wie eine gründliche Erhebung des Istzustands – seine Zeit. Daher verwundert es nicht, dass die Beratung bei den Vermittlerfirmen und Vermögensberatern im Schnitt um fast eine Stunde mehr in Anspruch nahm als bei den Banken. Sowohl Vermittler als auch nahezu alle Vermögensberater trennten strikt zwischen einem Analysegespräch und einer Anlageempfehlung. Letztere wurde in der Regel erst bei einem zweiten Termin vorgelegt. Bei den Bankberatungen war das nur in wenigen Fällen Standard. Damit ist zwar der Aufwand für den Kunden (und auch für den Berater) bei der Bank geringer; da das Geld aber auch sinnvoll und ertragreich angelegt sein soll, ist die zusätzliche Beratungsstunde sicher keine vergeudete Zeit.

Anlagemix vernachlässigt

Viel zu oft vernachlässigt wurde in den Beratungsgesprächen die Bedeutung eines Anlagemix, speziell im Hinblick auf die Altersvorsorge. Bei den Vermittlungsfirmen wurde dieser zwar immerhin in 67 Prozent der Fälle und bei den Vermögensberatern zu 60 Prozent empfohlen, bei den Banken aber nur in 31 Prozent der Beratungsgespräche. Auch bei der Aufklärung über das Zusammenspiel von Risiko und Ertragschancen punkteten Vermittlungsfirmen und Vermögensberater besser als die Banken. Dass aber auch bei den Allfinanzern nicht alles nur rosa ist, zeigte in diesem Fall der Berater der OVB, der sich dazu überhaupt nicht äußerte.

Stärken kombinieren, Schwächen minimieren

Erfolg und Misserfolg einer Finanzberatung hängen immer auch zu einem Teil vom persönlichen Engagement und Können des jeweiligen Beraters ab. Die rundum ideale Beratungsbranche gibt es jedenfalls nicht. Doch es spricht nichts dagegen, die Stärken der einen mit denen der anderen zu kombinieren. So kann sich der Versuch lohnen, die eigene Finanzsituation bei einem Allfinanzvermittler gründlich erheben zu lassen.

Bereichert um dessen Produktvorschläge wird ein Vermögensberater aufgesucht, der eine ausführliche Erläuterung der (von Ihnen eingebrachten und von ihm selbst vorgeschlagenen) Produkte bieten kann; und zum Drüberstreuen wird noch die Meinung eines Bankberaters eingeholt. Klingt vielleicht aufwendig, aber: Da Sie ohnehin mehrere Anbieter vergleichen sollten, können Sie auch gleich „spartenübergreifend“ vorgehen und sich so die Rosinen aus dem großen Beraterkuchen herauspicken.

Welche Art von Beratung brauchen Sie?

Jeder Anbieter hat seine Stärken und Schwächen. Hier ein Überblick:

Eigene Situation klären

Wenn Sie sich hinsichtlich Ihrer eigenen Finanzsituation unsicher fühlen und nicht recht wissen, welchen Anlagespielraum Sie eigentlich haben, sollten Sie nach einer Beratung suchen, bei der Ihre individuelle Bedarfssituation genau erhoben wird.

>> In diesem Fall haben Vermittlungsfirmen  am besten abgeschnitten (siehe Tabelle, Spalte „Analyse bestehender  Anlagen/Finanzierungen“)

Sichere Anlage gesucht

Wenn Sie eine todsichere Anlage möchten und vielleicht schon ein bestimmtes Versicherungsprodukt, ein Sparbuch oder Ähnliches im Auge haben, brauchen Sie vor allem Informationen über die jeweilige Produktpalette. Suchen Sie mehrere Anbieter auf und lassen Sie sich dort konkret beraten.

>> In diesem Fall haben die  Banken am besten abgeschnitten.

Umfassende Produktberatung gesucht

Haben Sie eigentlich einen guten Überblick über Ihre finanziellen Verhältnisse und möchten Sie vor allem über einzelne Produkte und deren Vor- und Nachteile informiert werden, spielt die Analyse eine untergeordnete Rolle. Dafür sollte das Augenmerk in der Beratung auf einem gleich bleibend hohen Niveau der Produkterklärung liegen.

>> In diesem Fall haben die gewerblichen Vermögensberater am besten abgeschnitten.

Langfristige Betreuung

Möchten Sie ein langfristiges Betreuungsverhältnis, dann sollte die Beratung in die Zukunft orientiert sein und – noch mehr als sonst – Ihre individuelle Entwicklung, die Risikovorsorge sowie Ihre Finanzsituation berücksichtigen.

>> In diesem Fall haben die  Vermittlungsfirmen am besten abgeschnitten (siehe Tabelle, Spalte „Analyse Zukunft und Möglichkeiten“).

Unsere Testpersonen

Tester 1 – Vermögensaufbau:      
       Foto: Wodicka

27-jähriger, gut ausgebildeter Angestellter, gebunden, aber (noch) unverheiratet und kinderlos, will den Grundstock für späteren Wohlstand legen. Er verdient jährlich 22.197 Euro netto, fährt ein Leasingauto und verfügt über Sparbuch, Lebensversicherung und Bundesschätze. Seine Wohnungsmiete macht etwa 700 Euro monatlich aus. Rund 140 Euro pro Monat kann er auf die Seite legen.

Tester 2 – Pensionsvorsorge:     
       Foto: Archiv

50-jähriger, gut ausgebildeter Angestellter, verheiratet, zwei Kinder, will eine eventuell drohende Pensionslücke schließen. Das jährliche Nettohaushaltseinkommen von ihm und seiner Frau beträgt 40.800 Euro, neben Sparbüchern und Bundesschätzen besitzt die Familie auch Fondssparplan, Lebens- und Haushaltsversicherung. Für die Wohnung zahlt er monatlich 900 Euro Miete. Mindestens 300 Euro kann er jeden Monat veranlagen.

Eine ausführliche Beschreibung unserer Testpersonen finden Sie in: Weitere Artikel- " Test: Vermögensberater ", (Vermögensaufbau oder Pensionsvorsorge).

Beratungsqualität Vorsorge, Fazit - Kompetent mit Konsument

  • Gesamtsieger Vermittlungsfirmen. Die Allfinanzdienstleister schnitten fast durchgehend gut ab. Mankos: Aufforderung zur Adressennennung, Alternativangebote werden weniger gut erklärt.
  • Gute Vermögensberater. Stechen besonders bei der Erklärung der Produkte hervor. Insgesamt solide Leistung, mit Verbesserungspotenzial bei der Erhebung des finanziellen Istzustands.
  • Konservative Banken. Boten vorwiegend topsichere, aber standardisierte Produkte aus eigenem Haus an. Die Situationsanalyse fiel oft unter den Tisch.

Mehr zum Thema - Ende unserer Serie

Bisher erschienen: Vermögensberater , Überregionale Allfinanzvermittler , Banken  

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