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Bitbond: Offerte für digitale Wertpapiere - Token-Darlehen für Kleinunternehmer

Virtuelle Geldanlage: Das Security Token Offering (STO) von Bitbond Finance wurde von der deutschen Wertpapieraufsicht genehmigt. Das bedeutet aber nicht, dass das Geschäftsmodell geprüft wurde. Wir haben uns das Angebot angesehen.

Erstmals wurden "digitale" bzw. "virtuelle Wertpapiere" von der deutschen Wertpapieraufsicht BaFin (Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht) genehmigt. Auch die Österreichische Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA) zeigt sich neuen Angeboten gegenüber aufgeschlossen, wenngleich noch keine "digitalen Wertpapiere" genehmigt wurden. Wir haben die Zulassung in Deutschland zum Anlass genommen, uns das Angebot einmal etwas näher anzusehen.

"Digital" bzw. "virtuell" ist ein Blickfang - ebenso wie "Token", "Krypto-Coins", "Bitcoin" oder "Stellar Lumen". All das klingt verheißungsvoll nach "Zukunftsinvestition". Und die Genehmigung durch die deutsche Aufsichtsbehörde scheint ja für Seriosität zu sprechen ... Aber was hat es mit den deutschen, digitalen Wertpapieren auf sich?

Tokenisierte Schuldverschreibungen

Bei diesen neuen "Digitalen Wertpapieren" – die von der Bitbond Finance GmbH aus Berlin herausgegeben werden - handelt es sich um sogenannte "tokenisierte“ Namensschuldverschreibungen. Digital bedeutet in diesem Zusammenhang die Nachvollziehbarkeit bei der Übertragung der Wertpapiere und der vollständige Verzicht auf eine Urkunde.

Geschäftsmodell nicht geprüft

Die BaFin spricht von einem Instrument der Vermögensanlage, welches "in Form eines frei übertragbaren und handelbaren Tokens digitalisiert wird". Allerdings sagt die BaFin auch, dass sie nur prüft, "ob die Angaben im Prospekt vollständig, verständlich und kohärent sind, also ob es Widersprüche gibt – nicht geprüft werde jedoch das Geschäftsmodell." Die Genehmigung durch die BaFin (ebenso wie durch die FMA) hat aber zumindest den Vorteil, dass es einen umfangreichen Verkaufsprospekt geben muss. Und ein Blick hinein ist dringend angeraten!

Verkaufsprospekt analysiert

Im Verkaufsprospekt der Bitbond Finance GmbH steht z.B.:

- Es handelt sich um eine hundertprozentige Tochter der Bitbond GmbH, mit welcher kein Gewinn-/Verlustabführungsvertrag besteht.
Das  bedeutet: Die Muttergesellschaft  steht nicht für die Schulden der Tochtergesellschaft ein.

- Das Geschäftsmodell sieht die Kreditvergabe an Unternehmen und Selbständige mittels Kryptocoins (Bitcoin und Stellar Lumen) vor.

- Die Bitbond Finance GmbH wurde im Juli 2018 mit einem Grundkapital von 25.000 Euro gegründet, wesentliche Änderungen der Finanzlage sind bis zur Prospekterstellung nicht eingetreten.

- Die Emission soll bis zu 100.000.000 Euro betragen. 
Das bedeutet: Bei vollständiger Zeichnung ergibt dies eine Eigenkapitalquote der Gesellschaft von 0,025 Prozent (25.000 / 100.000.000 * 100).

- Es handelt sich um eine nachrangige Schuldverschreibung.
Das bedeutet: Die Rückzahlung erfolgt erst nach allen anderen Gläubigern.

- Ein Rating der Emittentin besteht nicht "und ist auch nicht geplant".

- Die Einzahlung erfolgt in Euro, sowohl die Rückzahlung des Kapitals als auch die Zinskupons von 4 Prozent p.a. werden jedoch nicht in Euro, sondern in der Kryptowährung Stellar Lumen geleistet. Gleiches gilt für die zusätzliche variable Verzinsung ("60 Prozent des – soweit vorhandenen – Jahresüberschusses vor Steuern").

- Abhängig vom Einzahlungszeitpunkt und vom bisher gezeichneten Emissionsvolumen erhalten die Anleger einen Rabatt. 
Das bedeutet: Es gibt für die erste Millionen einen Preisnachlass von 30 Prozent. Sie zahlen 70 Euro und erhalten 100 Euro (in Stellar Lumen) zurück.

- Es folgt eine Aufzählung und Erklärung einer Vielzahl von Risiken wie z.B.: Insolvenz-, Währungs-/Wechselkursrisiken, Interessenskonflikte, Emissionskosten, Risiken aus Kryptowährungen und Blockchain-Technologie.

Ungewöhnlicher Rabatt

Die kurze Aufzählung nur einiger Risikofaktoren zeigt, dass es sich um keine mündelsichere Veranlagung, sondern um ein Investment mit sehr hohen Risiken handelt.

Anzeichen dafür sind die extrem junge Unternehmensgeschichte, die geringe Eigenkapitalquote bei Vollplatzierung, die Nachrangigkeit, die Kursrisiken der Token und die hohe Verzinsung. Und auch der Frühzeichnerrabatt von 30 Prozent ist sehr ungewöhnlich.

Dem ersten Glanz der Zukunftsorientierung mit Begriffen wie "digital", "Token", "Bitcoin", "Kryptowährungen", etc. stehen in der Detailbetrachtung also erhebliche Risiken und Warnsignale gegenüber.

Zusätzliche Risiken, Fazit

Formal, nicht inhaltlich geprüft

Es sollte wiederholt betont werden, dass die Finanzaufsichtsbehörden (BaFin, FMA, ...) nur formal und nicht inhaltlich prüfen! Bei einer Prüfung erhalten Sie aber zumindest einen Prospekt, den Sie studieren können. 
Keinen solchen Prospekt gibt es bei einem sogenannten ICO (Initial Coin Offering), einem Token Sale oder Token Generating Event (TGE). Das sind unregulierte Crowdfunding-Methoden von Firmen, deren Geschäftsmodell auf Kryptowährungen basiert.

Hier kommen auf den Anleger neben dem fehlenden Prospekt und der fehlenden formalen Kontrolle zusätzliche Risiken hinzu, die auch im Prospekt der Bitbond Finance GmbH genannt sind und die wir im Folgenden nur auszugsweise wiedergeben.

Wallet, Private Key und Totalverlust

Werden Bitbond-Token (BB1-Token) auf eine nicht kompatible Wallet übertragen, hat der Anleger in der Regel keine Möglichkeit mehr, auf die BB1-Token zuzugreifen und über diese zu verfügen. Für den Anleger bedeutet dies einen Totalverlust seiner Investition!

Die Entscheidung über die richtige (kompatible) Wallet liegt allein beim Anleger. Der Anleger allein trägt ebenfalls die Verantwortung für die sichere Aufbewahrung des Private Keys seiner Wallet, um Token empfangen und über diese verfügen zu können. Der Verlust oder Diebstahl des Private Keys kommt einem Verlust aller der Wallet zugeordneten Token gleich.

Risiko von Straftaten

Systembedingt unterliegen Security Token Offerings einer erhöhten Anfälligkeit für Betrug, Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung.

Probleme bei vorzeitigem Verkauf

Die tokenbasierten Schuldverschreibungen können nur gemeinsam mit dem die Schuldverschreibungen repräsentierenden BB1-Token übertragen werden. Anleger sollten berücksichtigen, dass die Schuldverschreibungen bzw. die BB1-Token möglicherweise vor Ablauf der Laufzeit der tokenbasierten Schuldverschreibungen nicht veräußert werden können.

Eine Übertragung der Schuldverschreibungen und der BB1-Token ist zwar möglich, allerdings existiert kein geregelter Markt für den Handel der Schuldverschreibungen bzw. der BB1-Token.

Programmierfehler bei Zins- und Rückzahlungen

Bei Zinszahlungen und der Rückzahlung der Schuldverschreibung verwendet die Emittentin ein Script (computer-programmatische Beschreibung der Zahlungstransaktionen), das die Zahlungen teilautomatisiert ausführt. 

Es besteht das Risiko von Programmierfehlern in dem verwendeten Script. Dies kann dazu führen, dass Zahlungen entgegen den Schuldverschreibungsbedingungen nicht oder nicht rechtzeitig bzw. nicht vollständig ausgeführt werden und/oder von der Emittentin geschuldete Zahlungen verloren gehen oder nicht mehr verfügbar sind.

Fazit: Diese neue Anlageform ist wirklich nur für sehr spekulationsfreudige Anleger in Betracht zu ziehen. Und schließlich gilt immer noch der alte Grundsatz, dass man generell nur in Anlagen investieren sollte, die man auch wirklich versteht.

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