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Erbrecht: FAQ - Sie fragen - wir antworten

Was bringt das neue Erbrecht in der Praxis? In der aktualisierten Neuauflage unseres Buches „Erben ohne Streit“ finden Sie Antworten auf die wichtigsten Fragen. Hier einige Beispiele.

Anfang 2017 tritt ein neues Erbrecht in Kraft. Wird mein Testament damit ungültig?

Nein, das Testament an sich bleibt gültig. Es besteht keine gesetzliche Notwendigkeit, ein neues zu verfassen. Bei Todesfällen nach dem 31.12.2016 können sich aber aufgrund der dann in Kraft tretenden gesetzlichen Änderungen andere Rechtsfolgen ergeben.

Ich habe gelesen, dass mit der Erbrechtsreform der Pflichtteil nicht mehr sofort ausbezahlt werden muss?

Das ist richtig. Auf Antrag eines Pflichtteilsschuldners kann das Gericht ab dem 1.1.2017 bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen für die Auszahlung Stundungsfristen von bis zu 2 x 5 Jahren setzen.

Mein Mann und ich haben uns scheiden lassen. Da mir mein Exmann bei meiner Krankheit sehr beisteht, möchte ich mein Testament, in dem er bedacht ist, nicht ändern. Jetzt habe ich gehört, dass Exgatten nach dem neuen Gesetz nicht mehr erben können. Stimmt das?

Grundsätzlich kann jede Person erben, die als erbwürdig gilt. Das betrifft auch Exgatten, sofern sie sich nicht Handlungen gesetzt haben, die Grundlage für Erbunwürdigkeit sind (vereinfacht: Gewalt, grobes im Stich lassen). Bei Todesfällen nach dem 31.12.2016 gelten allerdings letztwillige Verfügungen zugunsten früherer Ehegatten oder eingetragener Partner als aufgehoben. In ihrem Fall gilt: Haben Sie das Testament nach der Scheidung verfasst, so kann daraus geschlossen werden, dass Sie Ihren Exgatten trotzdem bedenken wollen. Haben Sie Ihren letzten Willen vor der Scheidung verfasst oder wollen Sie auf Nummer sicher gehen, so verfassen Sie ein neues Testament oder versehen das alte mit einem Zusatz, der unmissverständlich klarstellt, dass Sie Ihren Exmann bedenken wollen und warum. Achtung: Beachten Sie auch bei der Änderung unbedingt die Formvorschriften!

Notar oder Rechtsanwalt zurate ziehen

Ich möchte, dass mein Lebensgefährte nach meinem Tod versorgt ist. Was muss ich tun?

Wenn Sie Ihren Lebensgefährten nicht ausdrücklich in einer letztwilligen Verfügung bedenken, erhält er gar nichts. Im Rahmen eines Testaments oder Vermächtnisses können Sie ihm alles zukommen lassen, was Sie möchten, abzüglich jenes Anteils, der allfälligen Pflichtteilsberechtigten (also Nachkommen, Ehegatten oder eingetragenen Partnern) zustünde. Wenn Sie Ihrer Familie nur den Pflichtteil zukommen lassen möchten, sollten Sie dies in der letztwilligen Verfügung auch niederschreiben. Bei Todesfällen ab dem 1.1.2017 gibt es zwar ein außerordentliches Erbrecht für Lebensgefährten, das wird aber nur dann schlagend, wenn es keine gesetzlichen oder in einer letztwilligen Verfügung eingesetzten Erben gibt.

Mein Partner und ich wohnen in seiner Eigentumswohnung. Mein Partner hat einen Sohn aus einer anderen Beziehung. Kann mich der Sohn aus der Wohnung vertreiben, wenn mein Partner stirbt?

Die Frage ist dann einfach zu beantworten, wenn Sie mit Ihrem Partner verheiratet sind. Dann haben Sie als Ergebnis Ihres Pflichtteilsrechtes auch das Recht, in der Ehewohnung weiter zu wohnen. Sonst müsste Ihr Partner Ihnen ein Weiterwohnrecht letztwillig einräumen.

Meine jetzige Frau und ich haben ein gemeinsames Kind und je eines aus vorhergehenden Beziehungen. An Geld und Wertsachen ist nicht viel da außer einer Wohnung, die wir gemeinsam gekauft haben. Worauf müssen wir achten, wenn wir unsere Testamente aufsetzen?

Im Todesfall sieht das Wohnungseigentumsgesetz vor, dass der überlebende Partner den Anteil des Verstorbenen an der Wohnung übernimmt und grundsätzlich Zahlungen an die Verlassenschaft zu leisten hat. Die Höhe hängt unter anderem davon ab, ob die Wohnung weiter zur Befriedigung des Wohnbedürfnisses des Überlebenden dient. Es bestehen hier verschiedene Gestaltungs- und auch Regelungsmöglichkeiten mit den Kindern. Da es sehr aufs Detail ankommt, riskieren Sie besser nichts – nehmen Sie eine qualifizierte Beratung bei Ihrem Notar oder Rechtsanwalt in Anspruch.

Weitere Beispiele

Meine Nachbarin ist seit zwei Jahren krank. Ich unterstütze sie häufig, gehe für sie einkaufen, leiste ihr Gesellschaft, koche ab und zu für sie, chauffiere sie manchmal zu Terminen. Sie sagt mir immer, dass ich dafür ihr Auto erben soll. Wie kann ich sichergehen, dass ich das Auto wirklich einmal erhalte?

Ihre Nachbarin muss das in einer letztwilligen Verfügung niederschreiben. Achtung: Wenn Ihre Nachbarin Sie darin bedenkt, dürfen Sie keine Testamentszeugin sein! Verstirbt Ihre Nachbarin nach dem 31.12.2016, so gibt es zwar neu das sogenannte Pflegevermächtnis, Forderungen unter diesem Titel können aber nur pflegende Angehörige stellen.

Ich möchte, dass mein Enkel einmal meine Wohnung übernimmt. Wie geht das?

Zunächst muss klargestellt sein, dass Ihre Wohnung dem Voll- oder dem Teilanwendungsbereich des Mietrechtsgesetzes unterliegt. Ist dies der Fall, dann muss Ihr Enkel bis zu Ihrem Tod nachweislich bei Ihnen gewohnt haben und ein dringendes Wohnbedürfnis haben – sprich, er sollte tunlichst keinen anderen Wohnsitz haben oder einen sehr guten Grund für das dringende Wohnbedürfnis vorweisen können (z.B. Arbeits- oder Ausbildungsplatz im Ort, in dem Ihre Wohnung liegt, anderer Wohnsitz unzumutbar weit weg). Nicht dem Mietrechtsgesetz unterliegen unter anderem gemietete Wohnungen in Ein- oder Zweifamilienhäusern, sofern der Mietvertrag nach dem 31.12.2002 abgeschlossen wurde. Achtung: Auch wenn Ihr Enkel Ihre Wohnung übernehmen kann – spätestens wenn er volljährig ist, kann die Miete auf den jeweils gültigen Richtwertzins, maximal aber den Zins für Kategorie A, angehoben werden.

Mein Sohn spricht seit fünf Jahren nicht mehr mit mir. Den Grund dafür kenne ich nicht, Gespräche verweigert er. Die Beziehung zu meine Tochter ist gut, sie unterstützt mich auch immer, wenn ich sie brauche. Ich möchte jetzt meinen Sohn enterben und alles meiner Tochter zukommen lassen.

Um eine pflichtteilberechtigte Person zu enterben, muss einer der im Gesetz angeführten Gründe gegeben sein. Der Umstand, dass Ihr Sohn nicht mit Ihnen spricht, ist allein für sich kein Enterbungsgrund. Was sie tun können ist, Ihren Sohn auf den Pflichtteil zu setzen. Dann erhalten Ihre beiden Kinder (sofern sie die einzigen Erben sind) nicht je die Hälfte ihres Nachlasses, sondern die Tochter bekommt 75 %, der Sohn 25 %.

EU-Erbrechtsverordnung

Mein Vater hat meiner Schwester einen Baugrund geschenkt. Ich habe kein entsprechendes Geschenk erhalten. Was ist, wenn er stirbt: Muss ich dann das Erbe mit meiner Schwester halbe-halbe teilen oder kann ich ihr den Wert des Grundstücks abziehen?

Diese Frage kann nicht einfach mit Ja oder Nein beantwortet werden, da je nach den Gesamtumständen unterschiedliche Regelungen zur Anwendung kommen. Diese hängen beispielsweise vom Verhältnis des Grundstückswertes zum Wert des gesamten Nachlasses ab; oder davon, ob Ihre Schwester den Grund als Aussteuer erhielt oder ob sie sich in Not befand. Das ist ein Fall für einen Notar oder Rechtsanwalt.

Ich habe gehört, dass durch eine Änderung im Recht der EU nicht immer österreichisches Erbrecht für mich zur Anwendung kommt. Was ist da dran?

Seit dem 17.8.2015 gilt auch in Österreich die EU-Erbrechtsverordnung. Diese regelt im Wesentlichen, dass im Todesfall die Gerichte des Staates, in dem die verstorbene Person ihren letzten gewöhnlichen Aufenthalt gehabt hat, für die Durchführung des Verlassenschaftsverfahrens zuständig sind und dass auch das Erbrecht dieses Staates anwendbar ist. Das bedeutet, dass für einen deutschen Staatsbürger, der seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt in Österreich hatte, nicht deutsches, sondern österreichisches Erbrecht zur Anwendung kommt und das österreichische Gericht für die Abhandlung der Verlassenschaft zuständig ist. Achtung: Dänemark, Großbritannien und Irland sind der Verordnung nicht beigetreten. Haben Sie in diesen Staaten Vermögen, so erkundigen Sie sich am besten bei auf das Rechts- und Steuersystem dieser Staaten spezialisierten Juristen.

Sie haben aber die Möglichkeit, in Ihrem Testament aktiv die Anwendung des Rechtes Ihrer Staatsangehörigkeit zu wählen. Dies schafft besonders für den Fall Rechtssicherheit, dass Sie einen Teil des Jahres in einem Land und einen anderen Teil des Jahres in einem anderen Land leben.  Da aber die erbrechtlichen Konsequenzen einer solchen Rechtswahl nur ein Aspekt von mehreren sind und insbesondere die Erbschaftssteuer im Ausland eine große Rolle spielen kann, ist auch das ein Fall für Notar oder Rechtsanwalt; allenfalls ist auch ein Steuerberater beizuziehen. Einen kurzen Überblick über die unterschiedlichen nationalen Regelungen in der EU erhalten Sie beimEuropäisches Justizportal - Erbrecht.

Buchtipp: "Erben ohne Streit"

Streit unter Erben ist keine Seltenheit. Wer rechtzeitig klare Regelungen trifft, kann dem vorbeugen. Unser Buch gibt Aufschluss darüber, was genau alles zu regeln ist. Es zeigt, wie man ein Testament verfasst, wie der Ehepartner abgesichert werden kann und wie man Einfluss auf die Erbfolge nehmen kann.

www.konsument.at/erben

Aus dem Inhalt

  • Gesetzliche Grundlagen
  • Wie man ein Testament verfasst
  • Was zur Verlassenschaft zählt
  • Die Aufgaben des Notars
  • Die Kosten eines Verlassenschaftsverfahrens
  • Nützliche Vollmachten und Verfügungen

172 Seiten, 19,90 € + Versand

KONSUMENT-Buch: Erben ohne Streit + Einkaufstasche

 

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