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Fremdwährungs-Kredite: Fallbeispiele - Wie warme Semmeln

Fremdwährungskredite: Franken-Kredite wurden auch an Konsumenten vergeben, die diese weder wollten noch brauchten. Auch Banken haften für daraus entstandene Schäden.

Lesen Sie auch: Fremdwährungskredite: Schadensbegrenzung 3/2013 und Aufgespiesst: Fremdwährungskredite 3/2013

Hohe Verluste durch Fremdwährungskredite

In unserer Rechtsabteilung häufen sich die Beschwerden: Viele Konsumenten haben durch Fremdwährungskredite Verluste in Höhe sechsstelliger Euro-Beträge erlitten. Der Kurs des Schweizer Frankens ist stark gestiegen. Zudem brachten die Tilgungs­träger, in die eingezahlt wurde, nicht den ­erhofften Ertrag. Mehrere Konsumenten hatten eigentlich nur fürs Alter vorsorgen wollen. Öfter wurden auch viel zu hohe ­Immobilienkredite in Franken vermittelt. Und nicht nur Finanzstrukturvertriebe waren hier aktiv, sondern ebenso namhafte österreichische Banken.

Schulden statt Geldanlage

Ein Jungarzt wollte seine Ersparnisse für die Pension anlegen. Über einen Bekannten ­geriet er an eine Vermögensberatungsfirma. Die verkaufte ihm einen Vorsorgeplan. Dessen wesentlicher Bestandteil war ein Franken-Kredit von 266.250 Euro. Dem Vater des Nachwuchsmediziners wurde dieser Vor­sorgeplan ebenfalls aufgeschwatzt. Auch hier machen die Schulden nun einen sechsstelligen Euro-Betrag aus.

Vorsorgen? Schuldenberg von 300.000 Euro!

Vorsorgen wollt auch eine Volksschuldirektorin, die 10.000 Euro angespart hatte. Ihr Bekannter, seit Kurzem als Vermögensberater tätig, vermittelte ihr einen Fremdwährungskredit. Ein junger Mann fürchtete um die ­Sicherheit seiner staatlichen Pension. Wie ­gerufen erschien da eines Tages ein Finanz­berater: Ein Vorsorgeplan würde das Problem lösen. Dieser Konsument sitzt jetzt auf einem Schuldenberg von 300.000 Euro.

Falschberatung im Weinberg

Falsche Beratung

Aber auch bei der Vergabe von Wohn- und Hauskrediten wurde oft falsch beraten. So wollte eine Angestellte ihre beiden Bauspardarlehen zu einem Kredit zusammen­legen. Beim Beratungsgespräch im elter­lichen Weingarten brachten eine Bankmitarbeiterin zusammen mit einem Finanzberater einen vermeintlich günstigen Franken-Kredit ins Spiel. Die Frau schloss einen Vertrag über doppelt so viel Geld ab, wie zur Umschuldung nötig war.

Eine alleinerziehende Mutter in gesicherten materiellen Verhältnissen wollte ein Haus kaufen und wurde bei der Bank um einen herkömmlichen Euro-Kredit vorstellig. Heim ging sie mit einem Franken-Kredit – über einen weitaus höheren Betrag, als sie eigentlich brauchte. Dabei hatte die Konsumentin genug Erspartes auf der hohen Kante. Doch dieses Geld steckte der Bankberater in die gleichzeitig gekauften Tilgungsträger, statt es für den Hauskauf zu verwenden.

Mehrere Gerichtsverfahren anhängig

In Fällen wie diesen stand weniger das ­Kundeninteresse als vielmehr die Berater­provision im Vordergrund. Weil sowohl das Währungsrisiko des Schweizer Frankens als auch das Anlagerisiko der Tilgungsträger schlagend wurde, kam es zu Deckungslücken von Hunderttausenden Euro. Mit der gewünschten sicheren Altersvorsorge oder ­Euro-Krediten in passender Höhe wären diese Finanzdesaster nicht passiert.

Wurden Konsumenten – wie hier geschildert – falsch oder gar nicht beraten, können sie diesen Schaden gegen Berater und vielleicht auch gegen die Bank geltend machen. Derzeit sind dazu mehrere Gerichtsverfahren anhängig.

Bank haftet für Fehler des Anlageberaters

Wenn zwischen Bank und "Finanzberater“ eine "ständige Vertriebsbindung“ besteht, dann muss die Bank auch für Verschulden des Finanzberaters einstehen. So urteilte der Oberste Gerichtshof im Urteil OGH 17.12.2012, 4 Ob 129/12t.

An einem sogenannten Finanzkonzept mit Fremdwährungskredit und Tilgungsträgern sind häufig drei Personen beteiligt: ein "Finanz­berater“, ein Konsument und die finanzierende Bank. Denkt der "Finanzberater“ nur an seine Provisionen und drückt den Konsumenten abenteuerliche Finanzierungsmodelle aufs Aug‘, ohne vor den Risiken zu warnen, dann haftet zunächst einmal er für den finanziellen Schaden, der daraus entsteht.

"Ständige Vertriebsbindung“ zwischen Bank und "Finanzberater"

Wenn die Bank nur finanziert und sonst nicht weiter einge­bunden ist, dann haftet sie nur für eigenes ­Verschulden, nicht aber für ein Verschulden des Beraters. Wenn aber zwischen der Bank und dem "Finanzberater“ eine „ständige Vertriebsbindung“ besteht, dann – so urteilte jüngst der Oberste Gerichtshof – muss die Bank auch für Verschulden des Finanzberaters einstehen.

Mitgegangen, mitgehangen

Eine solche Vertriebsbindung wird man annehmen können, wenn ein Finanzberater immer mit einem bestimmten Bankberater zusammen auftritt (etwa, wenn sie gemeinsam Kunden am Arbeitsplatz oder zu Hause besuchen), wenn Berater den Verkauf der Produkte mit Vertragsformblättern der Bank abwickeln, die dafür zur Verfügung gestellt wurden, und besonders dann, wenn das Einkommen des Beraters von den Vermittlungen für die Bank abhängt, wenn er also häufig die Produkte ­dieser Bank verkauft.

Wesentliches Gerichtsurteil

Das Urteil ist deshalb so wesentlich, weil Schadenersatzklagen gegen die Finanzberater immer wieder damit enden, dass diese letztlich zahlungsunfähig sind. Da haben Klagen gegen die Bank – wenn die genannten Voraussetzungen vorliegen – mehr Chance auf Erfolg. Dazu kommt, dass die Verjährung gegen die Bank (3 Jahre ab Kenntnis von Schaden und Schädiger) wohl erst dann zu laufen beginnt, wenn der geschädigte Konsument um die enge Vertriebsbindung weiß.

Insiderwissen um Vertriebswege

Das wird in der Regel erst dann der Fall sein, wenn man sich um diese Frage speziell kümmert und über Verbraucherberatungsstellen oder Anlegeranwälte dazu Insiderwissen um die Vertriebswege mitgeteilt bekommt. Im Klartext: Solche Ansprüche sollten noch nicht verjährt sein, auch wenn diese "Finanzierungskonzepte“ vor vielen Jahren abgeschlossen wurden!

Aktenzahl des Urteils: OGH 17.12.2012, 4 Ob 129/12t

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