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Fremdwährungskredite - Zocken fürs Eigenheim

Fremdwährungskredite sind sensationell günstig – und überdurchschnittlich riskant. Im schlimmsten Fall sind Sie nicht nur Ihr Geld, sondern auch Ihr Eigenheim los.

Zur Wohnraumfinanzierung

Der typische Fremdwährungskredit wird an einen Privathaushalt vergeben, dient zur Wohnraumfinanzierung, ist hypothekarisch besichert und hat eine Laufzeit von 25 Jahren. Warum er gerade hier zu Lande überdurchschnittlich beliebt ist, wissen nicht einmal Finanzexperten so genau. Die Österreichische Nationalbank und die Finanzmarktaufsicht (FMA) betrachten die Entwicklung inzwischen mit Sorge. Denn die meisten Kreditnehmer, die sich in fremder Währung verschulden um ihre Wohnung oder ihr Eigenheim zu finanzieren, sind sich über die tatsächlichen Risiken nicht annähernd klar.

Für erfahrene Kunden

Genau genommen sind Fremdwährungskredite nur für Menschen geeignet, die auch bei komplizierten Finanzmodellen den Durchblick bewahren und außerdem über genügend Zeit und Fachwissen verfügen, die Wechselkurs- und Zinsentwicklung permanent zu beobachten.

Beachtliches Währungsrisiko

Risiken gibt es bei dieser Finanzierungsform jedenfalls viele, z.B. das Währungsrisiko. Zu Beginn des Jahres 2000 machten zahlreiche Österreicher, die mit Fremdwährungskrediten eine Wohnung gekauft oder ein Haus gebaut hatten, bittere Erfahrungen: 1999 waren Kredite in japanischen Yen und Schweizer Franken äußerst zinsgünstig zu haben, nämlich schon ab 2,5 Prozent.

Im Frühjahr 2000, als sich die Wirtschaft in Japan und der Schweiz wieder erholte, gingen sowohl die Zinsen als auch der Wert der Währung in beiden Ländern schlagartig in die Höhe. Innerhalb von 15 Monaten erhöhte sich der Schuldenstand eines Yen-Kreditnehmers um fast 30 Prozent. Später drehte diese Entwicklung wieder und der Yen sank deutlich.

Schwankungen gehören dazu

Solche Schwankungen in der Währungsentwicklung werden Sie, entscheiden Sie sich für einen Fremdwährungskredit, bei einer 20- oder 25-jährigen Laufzeit öfter erleben. Und bei einer ungünstigen Wechselkursentwicklung müssen Sie mehr zurückzahlen als Sie aufgenommen haben. Wertet die ausländische Währung im Vergleich zum Euro auf, steigt damit Ihr zu tilgender Kreditbetrag.

 

Zinsen können steigen

Es gibt auch keine Garantie dafür, dass das Zinsniveau in Japan oder der Schweiz niedrig bleibt. Erholt sich die japanische Wirtschaft oder ändert sich die Strategie in der Schweizer Wirtschaftspolitik, können die jeweiligen Notenbanken rasch an der Zinsschraube zu drehen beginnen. Und bei den derzeitigen niedrigen Zinssätzen ist eines klar: Nach unten ist nicht mehr viel Spielraum. Wenn, dann kann es nur aufwärts gehen, und das verteuert Ihren Kredit.

Neue Berechnung nach einigen Monaten

Der Zinssatz eines Fremdwährungskredites ist übrigens immer nur auf einige Monate (die so genannte Roll-over-Periode mit drei, sechs, neun oder zwölf Monaten Dauer) festgelegt. Danach wird je nach Kurs- und Zinsentwicklung neu kalkuliert. Meist erfolgt diese Zinsanpassung viertel- oder halbjährlich. Das heißt, dass Sie bei steigendem Zinsniveau binnen kurzer Zeit eine deutlich höhere monatliche Belastung zu verkraften haben.

Am Ende zahlen: Tilgungsrisiko

Eine Besonderheit des Fremdwährungskredites ist, dass Sie während der Laufzeit nur die Zinsen zurückzahlen. Der Rest Ihrer monatlichen Rate geht in eine Lebensversicherung oder in Fonds, mit deren Wertsteigerung erst am Ende der Laufzeit der eigentliche Kredit abgedeckt werden soll. Ob sich dieses Kalkül tatsächlich ausgeht, hängt von der Rendite dieser Tilgungsträger ab.

Bei manchen in der Vergangenheit abgeschlossenen Krediten wurden Jahreserträge von Fonds bei neun oder sogar zwölf Prozent angesetzt. Solche Traumrenditen sind vielleicht kurzfristig in einigen guten Börsejahren zu erzielen, über eine Laufzeit von 20 Jahren aber auf gar
keinen Fall. Haben Sie einen Tilgungsträger auf einer solchen Grundlage laufen, sollten Sie sofort mit Ihrer Bank Kontakt aufnehmen und prüfen, wie weit er gegenüber dem ursprünglichen Plan bereits im Minus ist.

Andernfalls könnten Sie draufkommen, dass Ihnen die Immobilie, für die Sie brav 20 Jahre Zinsen bezahlt haben, letztlich doch nicht gehört, weil das angesparte Kapital für die Abdeckung Ihrer Schulden schlicht nicht ausreicht.

Mehr Beschwerden von Kreditnehmern

Dass sich nicht immer alles so rosig entwickelt, wie die optimistischen Kalkulationen bei der Kreditaufnahme versprachen, zeigt sich auch daran, dass die Finanzmarktaufsicht (FMA) immer mehr Beschwerden von Kreditnehmern registriert. Und zwar von Kunden, die sich nicht genug aufgeklärt und dadurch geschädigt fühlen.

Mehr Aufklärung gefordert

Die FMA fordert daher von den Kreditinstituten mehr Information und Aufklärung und will eigene Verbraucherschutzbestimmungen im Bankwesengesetz verankert sehen. So soll, geht es nach der FMA, der Kreditkunde noch vor dem Vertragsabschluss über sämtliche Risiken informiert werden und eine grafische Darstellung der Währungsentwicklung in den vergangenen 10 bis 20 Jahren zu sehen bekommen. Außerdem eine grafische Darstellung der Entwicklung des jeweiligen Tilgungsträgers (z.B. Performance des vorgeschlagenen Fonds), was derzeit nicht verpflichtend ist.

Besser auf der Hut sein

Auch wenn Vergangenes nicht dafür geeignet ist, künftige Entwicklungen vorherzusagen: Ein kritischer Blick auf die Charts, um das Risikobewusstsein zu schärfen, kann nie schaden.

Überdurchschnittlich beliebt

Kredite in Fremdwährung sind eine Finanzierungsform, die sich hier zu Lande einer im internationalen Vergleich überdurchschnittlichen Beliebtheit erfreut. Sie machen inzwischen 20 Prozent des gesamten in Österreich vergebenen Kreditvolumens aus (in anderen EU-Ländern unter 5 Prozent).

50 Milliarden Euro

50 Milliarden Euro wurden laut Finanzmarktaufsicht (FMA) im ersten Quartal 2005 in Fremdwährungen ausgeliehen. 90 Prozent davon waren Kredite in Schweizer Franken. Die in den Jahren zuvor beliebten Finanzierungen in japanischen Yen haben sich durch Umschuldungen deutlich reduziert.

Spekulative Finanzierung

Fremdwährungskredite werden als besonders günstige Variante zur Finanzierung von Immobilien im Eigentum angepriesen. Genau genommen sind sie aber eine Spekulation auf die Zinsentwicklung eines anderen Währungsraumes – und als solche für einen durchschnittlichen Häuselbauer oder Wohnungskäufer höchst riskant.

25 Jahre Risiko

Geradezu fahrlässig ist es, wenn Sie einen Fremdwährungskredit aufnehmen, weil Sie sich die Rückzahlungsraten in Euro nicht leisten können. Selbst wenn Sie sich der Risiken bewusst sind und im Notfall auch eine ungünstige Zins- und Währungsentwicklung finanziell verkraften, sollten Sie gründlich darüber nachdenken, ob Ihnen die Chance auf niedrigere Zinsen und Kursgewinne ein möglicherweise 25 Jahre lang lauerndes
Risiko wert ist.

Unbedingt vergleichen

Da Fremdwährungskredite individuell auf den Kreditnehmer zugeschnitten und von jeder Bank ein wenig anders gehandhabt werden, sollten Sie sich bei zwei oder drei verschiedenen Instituten darüber informieren – und sich Tilgungspläne aufstellen lassen.

Nur Momentaufnahme

So erfahren Sie neben der Höhe der monatlichen Rate auch die Zinsen- und Spesenbelastung. Allerdings stellt ein solcher Plan bei Fremdwährungskrediten immer nur eine Momentaufnahme dar.

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