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Geldanlage: Cost-Average-Effekt - Einstandspreis soll gesenkt werden

Wenn man Geld, das aktuell nicht benötigt wird, jeden Monat in einen Fonds steckt, ist das durchaus sinnvoll. Doch der viel propagierte Cost-Average-Effekt ist ein Mythos.

"Günstiger durch Cost-Average-Effekt": Das liest man in vielen Angeboten für Fondssparpläne, fondsgebundene Lebensversicherungen oder andere Anlageformen.

Durchschnittlicher Einstandspreis sinkt

Gemeint ist mit dem Cost-Average-Effekt Folgendes: Wer jeden Monat (oder jedes Quartal oder Jahr) um einen bestimmten Betrag Wertpapiere (Fondsanteile, Aktien usw.) kauft, bekommt dafür nicht immer gleich viele Anteile. Liegt der aktuelle Kurs niedrig, erhält man mehr Anteile ums selbe Geld als bei hohem Kurs. Über die Zeit gerechnet sinkt also der durchschnittliche Einstandspreis.

Zwei Anlage-Strategien: Cost-Average oder identische Stückzahl

Man kann auch jedes Mal die gleiche (identische) Stückzahl von Wertpapieren kaufen und je nach Kurs dafür mehr oder weniger bezahlen. Das heißt IS-Strategie. Verfechter der CA-(Cost-Average-)Strategie meinen nun, diese sei aufgrund des durchschnittlichen günstigeren Einstandspreises der IS-Strategie überlegen.

Marktentwicklung entscheidet!

Aber stimmt das auch? Machen wir anhand eines einfachen Beispiels die Probe aufs Exempel: Ein Jahr lang werden jeden Monat Fondsanteile gekauft. Der angenommene Kurs beträgt von Jänner bis März 5 Euro, von April bis Juni 10 Euro, von Juli bis September 15 Euro, im Oktober und November 20 Euro und im Dezember 25 Euro. Gemäß der CA-Strategie investieren wir monatlich einen fixen Betrag (50 Euro). Nach der IS-Strategie kaufen wir jeden Monat die gleiche Menge Fondsanteile, nämlich 7,5.

Nach Ablauf des Jahres haben wir mit der Cost-Average-Strategie 600 Euro investiert und dafür 62 Fondsanteile gekauft. Unser Portfolio ist zum Kurs am Jahresende 1.550 Euro wert, zweieinhalb Mal so viel, wie angelegt wurde. Mit der IS-Strategie haben wir 1.162,50 Euro in 90 Fondsanteile investiert und 2.250 Euro Ertrag erreicht. Unser Einsatz hat sich also "nur" verdoppelt.

Mehr (Fonds-)Anteile im Depot, Einfluss auf Rendite

Fallende Kurse

Wie entwickelt sich das Investment bei fallenden Kursen? Jetzt lautet die Annahme, der Kurs beträgt im Jänner 25 Euro, im Februar und März 20, im April und Mai 15, von Juni bis August 10 und von September bis Dezember 5 Euro. Wieder kaufen wir bei der CA-Strategie monatlich um 50 Euro Fondsanteile, also um insgesamt 600 Euro. Bei der IS-Strategie kaufen wir monatlich 2 Fondsanteile und investierten insgesamt 290 Euro.

Die Bilanz: Mit der CA-Strategie haben wir 68,67 Fondsanteile gekauft. Der Depotwert beträgt nur mehr 343,33 Euro. Hier hat sich unser Einsatz also fast halbiert! Bei der IS-Strategie haben wir nur 24 Fondsanteile im Depot und einen Depotwert von 120 Euro – ebenfalls kein berauschendes Ergebnis.

Mehr (Fonds-)Anteile im Depot

Das Depot ist also geschrumpft. Aber, so argumentieren die Befürworter des Cost-Average-Effekts, dafür hat man weitaus mehr Fondsanteile im Depot als mit der Identische-Stückzahl-Strategie. Und die größere Anzahl von Fondsanteilen wird dann, wenn die Kurse wieder steigen, zu einem höheren Depotwert führen als bei den mickrigen 24 Stück der IS-Strategie. Aber: Leider kann niemand vorhersagen, ob und wann die Kurse tatsächlich wieder steigen.

Rendite lässt sich nicht vorhersagen

Letztlich drückt die Behauptung, dass der Cost-Average-Effekt Vorteile bringt, nur die Hoffnung aus, dass Börsenkurse langfristig immer nach oben gehen. Dass sich der Cost-Average-Effekt aber bei einer einzelnen Geldanlage günstig auswirkt, ist ungewiss. Die Rendite lässt sich nicht vorhersagen. Abgerechnet wird immer am Schluss.

Interview: Prof. Dr. Jochen Ruß, Institut für Finanzwissenschaften

Dr. Jochen Ruß (Bild: Ruß) 
Prof. Dr. Jochen Ruß

Gibt es den Cost-Average-Effekt?
Ja, aber er bedeutet nicht das, was man gemeinhin darunter versteht!

Warum?
Er vergleicht zwei verschiedene Investitionsstrategien: Bei Strategie A investiert Kunde A laufend (monatlich, quartalsweise, ...) einen fixen Betrag, zum Beispiel 100 Euro, in ein Wertpapier. Bei Strategie B investiert Kunde B zu den gleichen Zeitpunkten in den gleichen Fonds, kauft aber jedes Mal dieselbe Stückzahl an Fondsanteilen, beispielsweise jedes Mal ein Stück. Der Cost-Average-Effekt besagt, dass Kunde A im Durchschnitt einen billigeren Einstiegskurs hatte. Wenn man am Ende schaut, wie viele Stücke des Fonds beide Kunden besitzen und wie viel Geld sie insgesamt dafür ausgegeben haben, ist bei Kunde A der Wert "Ausgegebenes Geld geteilt durch erhaltene Stücke" geringer, er hat also im Schnitt billiger eingekauft.

Hat Kunde A auch eine höhere Rendite? 
Nein, über Rendite und Risiko kann der Cost-Average-Effekt nichts aussagen, nur über Kaufpreise. In unserem Beispiel haben beide Kunden beim gleichen Fonds ex ante die gleiche erwartete Rendite und auch die gleiche Volatilität. Außerdem trifft der Cost-Average-Effekt (entgegen der weitverbreiteten Meinung) keine Aussage zum Vergleich von laufenden Beiträgen mit Einmalerlägen. Das heißt natürlich nicht, dass Investitionen gegen laufende Beiträge nicht sinnvoll sind! Nur kann dies nicht aus dem Cost-Average-Effekt abgeleitet werden.

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