Zum Inhalt

Grundbuch - Kein Buch mit sieben Siegeln

Das Grundbuch ist Pflichtlektüre für alle Wohnungsinteressenten: Wir zeigen Ihnen, welche wichtigen Informationen Sie im Grundbuch finden.

Sie wollen ein Haus oder eine Wohnung kaufen? Nur dem Grundbuch können die Eigentumsverhältnisse und andere Rechte an Liegenschaften entnommen werden. Erst anhand dieser Daten lassen sich die Angaben des Verkäufers einer Eigentumswohnung bzw. eines Miteigentumsanteiles überprüfen.

Kauf eines Hauses

Dasselbe gilt natürlich auch beim Kauf eines Einfamilienhauses. Aber auch wenn Sie eine Wohnung anmieten wollen und Klarheit über die Person des Eigentümers als Vermieter wollen, werden Sie im Grundbuch fündig. 

Pfandrechte, Baurechte, Dienstbarkeiten

Das Grundbuch ist ein öffentliches Register, in welches alle Grundstücke und die an ihnen bestehenden dinglichen Rechte eingetragen werden. Dazu zählen Eigentum, Wohnungseigentum, Pfandrechte, Baurechte und Dienstbarkeiten. Weiters wird im Grundbuch auf rechtlich erhebliche Tatsachen durch Anmerkungen (z.B. bestehende Sachwalterschaft, anhängiges Versteigerungsverfahren) und Ersichtlichmachungen (z.B. Grunddienstbarkeiten, öffentlich-rechtliche Verpflichtungen) hingewiesen. 

Eintragungen ins Grundbuch genießen öffentlichen Glauben

Die Eintragungen ins Grundbuch genießen öffentlichen Glauben, das heißt: Auf ihre Richtigkeit und Vollständigkeit kann man sich verlassen. Das Grundbuch wird von den einzelnen Bezirksgerichten für den jeweiligen Gerichtssprengel geführt und besteht aus dem Hauptbuch und der Urkundensammlung.

Hauptbuch und Urkundensammlung

Im Hauptbuch besteht für jede Liegenschaft eine Grundbuchseinlage, die eine eigene ­Einlagezahl (EZ) aufweist. Diese Einlage ist in drei sogenannte Blätter eingeteilt: das Gutsbestandsblatt, das Eigentumsblatt und das Lastenblatt.

Im Gutsbestandsblatt (A-Blatt) wird die ­Größe und Widmungsart der Liegenschaft kurz beschrieben. Weiters sind allfällige mit dem Eigentum an der Liegenschaft ver­bundene Rechte und öffentlich-rechtliche Beschränkungen verzeichnet. Ob an der ­Liegenschaft bereits Wohnungseigentum besteht, lässt sich auf einen Blick feststellen. In diesem Fall ist in der Aufschrift des Gutsbestandsblattes das Wort „Wohnungseigentum“ eingetragen. Besteht erst die Absicht der Wohnungseigentumsbegründung, so wird gleichzeitig mit der erstmaligen Anmerkung einer Zusage zur Wohnungseigentumsbegründung der Vermerk „Wohnungseigentum in Vorbereitung“ eingetragen.

Aus dem Eigentumsblatt (B-Blatt) ergibt sich, wer Eigentümer der Liegenschaft ist, bei mehreren Eigentümern auch deren Anteile. Die Anteile sind jeweils in Bruchzahlen angegeben. Nach dem Namen des Eigentümers folgt die Angabe der Urkunde, aufgrund derer das Eigentumsrecht verbüchert worden ist. Daraus kann die Art des Eigentumserwerbes (Kauf, Erbschaft usw.) und das Datum des Vertragsabschlusses ersehen werden. Zu jeder Urkunde ist eine Tagebuchzahl (TZ) angeführt, mit der diese in der Urkundensammlung gefunden werden kann.

Weitere wichtige Eintragungen, die im Eigentumsblatt beim jeweiligen Miteigentums­anteil aufscheinen:

  • das Wohnungseigentum an einer bestimmten Wohnung; im Falle des Partnerwohnungseigentums werden die Eigentums­anteile der jeweiligen Eigentümerpartner miteinander verbunden
  • die Anmerkung der Zusage der künftigen Wohnungseigentumsbegründung an einer bestimmten Wohnung
  • die Anmerkung der Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung

Lastenblatt (C-Blatt)

Das Lastenblatt (C-Blatt) enthält die mit dem Liegenschaftseigentum verbundenen Belas­tungen, etwa Pfandrechte (Hypotheken), Dienstbarkeiten, Veräußerungs- und Belas­tungsverbote. Ebenso werden hier die Klagen der Eigentümergemeinschaft wegen Zahlungsrückständen eines Miteigentümers angemerkt und Exekutionsmaßnahmen eingetragen, z.B. Zwangsverwaltung und Zwangsversteigerung.

Derartige Belastungen können auf der gesamten Liegenschaft oder nur an einzelnen Miteigentumsanteilen bestehen. Im zweiten Fall wird bei der Belastung immer angeführt, auf welchen Miteigentums­anteil des B-Blattes sie sich bezieht.

Sondervereinbarungen

Im Lastenblatt werden bei verbüchertem Wohnungseigentum auch Sondervereinbarun­gen der Wohnungseigentümer eingetragen. Dazu gehören abweichende Kostentragungsvereinbarungen und Benützungsregelungen über Gemeinschaftsanlagen. Auch bei den Eintragungen im C-Blatt ist jeweils eine Tagebuchzahl angeführt, anhand derer die zugehörige Urkunde in der Urkundensammlung gefunden wird.

Im Bezirksgericht Einsicht nehmen

Jeder Interessierte kann über die enthaltenen Eintragungen am Bezirksgericht Auskunft ­bekommen. Schriftliche Grundbuchauszüge sind gegen eine Gebühr (derzeit 13 Euro) erhältlich.

Grundbuchauszug jeder Liegenschaft 

Das Hauptbuch wurde in ganz Österreich auf automationsunterstützte Datenverarbeitung umgestellt. Damit kann bei jedem Bezirks­gericht ein Grundbuchauszug jeder Liegenschaft in Österreich abgerufen werden. Der Zugang zur Grundbuchdatenbank über das Internet wird außerdem von mehreren Firmen allen Interessierten angeboten. Notare, Rechtsanwälte, Gemeinden, Kreditinstitute usw. haben jedenfalls entsprechende Datenverbindungen zum Grundbuch.

Urkundensammlung beim Bezirksgericht  

Die Urkundensammlung wird nur beim örtlich zuständigen Bezirksgericht geführt. Diese wurde im Laufe des Jahres 2006 ebenfalls auf die automationsunterstützte Datenverarbeitung (ADV) umgestellt. Je nach Umstellungsstichtag für die einzelnen Bezirksgerichte sind die neuen Urkunden nur mehr über die ADV bzw. übers Internet abrufbar. Möchten Sie dagegen Einsicht in einen älteren Kaufvertrag oder einen Darlehensvertrag nehmen, geht das nicht ohne den Besuch des zuständigen Bezirksgerichtes.

Beispiel: Grundbuchauszug (A-Blatt, B-Blatt, C-Blatt) erklärt

Hier zeigen wir Ihnen, wie Sie einen Grundbuchauszug lesen und verstehen.

Unser Beispiel zum Download: Grundbuchauszug Beispie (PDF, 2,3 MB)

A-Blatt - Gutsbestandsblatt 

Grundbuchauszug A-Blatt Gutsbestandsblatt (Bild: VKI) 

Im A-Blatt ist der Vermerk "Wohnungseigen­tum in Vorbereitung" enthalten. Daraus ist ersichtlich, dass die Wohnungen als künftige Eigentumswohnungen abverkauft werden.

Im A2-Blatt ist die Sicherheitszone des Flughafens Schwechat eingetragen. Die Eintragung "Einlage umgeschrieben gemäß Verordnung" ist etwas verwirrend, dient aber nur zur Information: Mit 7. Mai 2012 ist eine neue Grundstücksdatenbank in Betrieb genommen worden und alle zu diesem Zeitpunkt existenten Einlagen wurden in die neue Datenbank "umgeschrieben".

*********************************************************************

B-Blatt - Eigentumsblatt

Grundbuchauszug B-Blatt Eigentumsblatt (Bild: VKI)

Im B-Blatt sind vier Miteigentümer angeführt. Zu B-LNr 12 ist die Firma "Wohnbau Hutter GesmbH" als Eigentümerin von 812/980-Anteilen eingetragen. Sie hat ursprünglich die gesamte Liegenschaft mit Kaufvertrag vom März 2007 erworben. Der Kaufvertrag ist zur Tagebuchzahl (TZ) 2367/2007 verbüchert worden und kann unter dieser Zahl in der Urkundensammlung gefunden werden.

2008 und 2009 hat diese Firma Liegenschaftsanteile verkauft, jeweils verbunden mit der Zusage künftigen Wohnungseigentums an bestimmten Wohnungen (§ 40 Abs. 2 WEG 2002). Herr Rauter hat 72/980-Anteile erworben, eingetragen zu B-LNr 13. An der Wohnung 22 wurde ihm vom Verkäufer das künftige Wohnungseigentum zugesagt (eingetragen zu B-LNr 12 g; B-LNr 13 b, jeweils zur Tagebuchzahl 2813/2008).

Frau Hiber und Herr Gruber haben je 48/980-Anteile mit einem Kaufvertrag erworben, eingetragen zu B-LNr 14 und 15, und es wurde ihnen gemeinsam künftiges Wohnungseigentum an der Wohnung 16 zugesagt (eingetragen zu B-LNr 12 k; B-LNr 14 b; B-LNr 15 b, jeweils zur Tagebuchzahl 4671/2009).

Die Summe aller Miteigentumsanteile ist wiederum 980: 812+72+48+48.

*********************************************************************

C-Blatt - Lastenblatt

Grundbuchauszug C-Blatt Lastenblatt (Bild: VKI)

Im C-Blatt ist unter LNr. 10 ein Pfandrecht zugunsten einer Hypo-Bank eingetragen. Belastet damit ist nur der Anteil B-LNr 12 Firma Wohnbau. Da das Pfandrecht gleichzeitig mit dem Eigentumsrecht (TZ 2367/2007) im Grundbuch eingetragen worden ist, hat das Darlehen vermutlich (überwiegend) der Finanzierung des Kaufpreises gedient. Über die aktuell aushaftende Darlehenssumme gibt das Grundbuch aber keine Auskunft! Es wird immer nur der ursprünglich vereinbarte Betrag eingetragen.

Unter C-LNr 12 ist ein "Belastungs- und Veräu­ßerungsverbot" auf den Anteil B-LNr 13 (Johann Rauter) eingetragen. Mit dieser Vereinbarung werden offensichtlich Ansprüche innerhalb der Familie abgesichert. Wegen des eingetragenen "Belastungs- und Veräußerungsverbotes" bedarf der Verkauf bzw. Belastung des Miteigentumsanteiles immer der Zustimmung des Berechtigten (des Herrn Erwin Rauter).

Unter C-LNr 16 ist ein Pfandrecht zugunsten einer Bausparkasse, beschränkt auf die Anteile B-LNr 14 und 15 (Hiber und Gruber) eingetragen. Auch dies hat der Finanzierung des Anteiles gedient.

Unter C-LNr 19 ist ein exekutives Pfandrecht, ­nämlich die Zwangsverwaltung der Anteile der "Wohnbau Hutter GmbH" (B-LNr 12), ersichtlich. Die Gesellschaft kann damit nicht mehr frei über ihre Anteile verfügen, da sie immer die Zustimmung des Zwangsverwalters benötigt.

Buchtipp: "Hauskauf ohne Risiko"

Schlau finanzierenDen Traum vom eigenen Haus träumen viele. Überstürzen Sie nichts. Überlegen Sie in Ruhe, wie Ihr Wunschhaus aussehen soll und ob Sie es sich auch tatsächlich leisten können. Unser Buch "Hauskauf ohne Risiko" hilft Ihnen dabei − schließlich ist ein Hauskauf das vermutlich größte finanzielle Abenteuer Ihres Lebens.

Aus dem Inhalt:

  • Das richtige Objekt finden
  • Umgang mit Maklern
  • Tipps zu Finanzierung und Kaufvertrag
  • Nebenkosten, Formalitäten, Grundbuch
  • Sanierung und Förderungsmöglichkeiten
  • Mängel und Gewährleistung

144 Seiten,  14,90 (zzgl. Versandkosten)

Leserreaktionen

Wichtige Aspekte

Danke für den gut geschriebenen Artikel. Im Zuge der knappen Darstellung sind aber zwei wichtige Aspekte untergegangen:

 

  • Im beispielhaften Grundbuchsauszug stehen Flächenangaben. Für diese gibt es keine Garantie. Man kauft immer so, wie in der Natur besichtigt.
  • Im zweiten Absatz steht, dass auf öffentlich-rechtliche Verpflichtungen hingewiesen wird. Es fehlt leider der Hinweis, dass hier weder für Vollständigkeit noch für Richtigkeit garantiert wird (bzw. werden kann). Diese „unsichtbaren“ Eigentumsbeschränkungen haben jedoch oft größere Auswirkungen als die eingetragenen Beschränkungen.

 

Gerhard Navratil
Senior Researcher Vienna University of Technology
Wien
(aus KONSUMENT 4/2014)

Downloads

Diesen Beitrag teilen

Facebook Twitter Drucken E-Mail

Das könnte auch interessant sein:

Gefördert aus Mitteln des Sozialministeriums 

Sozialministerium

Zum Seitenanfang