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Reiseversicherungen - Sorgenfrei verreisen

Zur Reise online auch gleich einen Versicherungsschutz zu buchen, ist verlockend. Aber die Polizzen auf den Reiseportalen im Internet sind oft unflexibel und überteuert.

Das Reiseziel steht meist rasch fest. Bis auf den Reiseportalen im Internet die richtige Unterkunft, der passende Flug oder auch ein ansprechendes Gesamtpaket mit Mietwagen und allem Drumherum gefunden sind, vergehen aber oft Stunden. Hat man endlich alles beisammen, ploppt am Schirm die Frage auf, ob man nicht gleich auch noch eine Reiseversicherung abschließen möchte.

Wer kann da schon Nein sagen

Respekt, wer dann noch den Nerv hat, sich das angebotene Versicherungsprodukt genau anzusehen, oder das Angebot gar kaltblütig wegklickt. Denn die „Polizzen im Vorbeigehen“ werden mit gehörigem Druck angepriesen, wie wir in unserer aktuellen Recherche feststellen mussten. „Ist das wirklich eine gute Entscheidung?“, werden diejenigen gefragt, die auf „Nein, danke, ich werde es riskieren“ oder „Ich verzichte ausdrücklich auf den angebotenen Versicherungsschutz“ klicken. Signalrote Fenster warnen davor, dass Umbuchungen und Stornierungen teuer werden können, zusätzliche Pop-ups listen auf, wie viel Prozent aller Reisenden erkranken, das Gepäck verlieren, auf der Reise ­einen Unfall erleiden und so weiter.

Jahresvertrag statt Einzelschutz

„Vermeiden Sie für einen kleinen Aufpreis hohe Kosten!“, lautet die Empfehlung. Tatsächlich sind die Versicherungsprämien auf den ersten Blick niedrig – z.B. 2,99 Euro pro Monat für eine Umbuchungsversicherung (fluege.de) oder 4,99 Euro monatlich für Schutz bei Reiseabbruch, Rücktritt oder Notfällen vor Ort (ab-in-den-urlaub.at). Allerdings ist auch der Schutz oft gering – dazu später mehr. Und häufig erfolgt der Abschluss nicht, wie fälschlich angenommen, für den eben gebuchten Flug bzw. die Reise, sondern fürs ganze Jahr. Wer im selben Jahr ein zweites oder drittes Mal verreist und sich von dem massiven Verkaufsdruck auf den Reiseportalen erneut zum Versicherungsabschluss bewegen lässt, zahlt also doppelt oder dreifach, obwohl das Risiko bereits versichert wäre. Außerdem ist bei vielen dieser Versicherungen eine automatische Verlängerung um ein Jahr vorgesehen – das dann aber zum doppelten Preis.

 


 Foto: ECC-Net und Europäische Union

Dieser Artikel entstand im Rahmen der „Action 670702 – ECC-NET AT FPA“, für welche das Europäische Verbraucherzentrum Österreich Förderungen aus den Mitteln des Verbraucherprogramms der Europäischen Union (2014–2020) erhält.

Versicherungsbedingungen beachten

Auf den Selbstbehalt achten

Klickt man sich vor Abschluss der Buchung nicht bis zu den Versicherungsbedingungen durch, wird man im Versicherungsfall unter Umständen mit deftigen Selbstbehalten überrascht: Bei der auf dem Portal Ab-in-den-Urlaub angebotenen Polizze zum Beispiel sind es im Stornofall 20 Prozent des ­erstattungsfähigen Schadens, mindestens aber 25 Euro pro Person; bei der Krankenversicherung im Ausland und der Reisegepäckversicherung sind es 100 Euro je Versicherungsfall, die selbst zu bezahlen sind.

Fehlende Informationen zum Versicherungsschutz

Darüber hinaus fehlen bisweilen grund­legende Informationen zum Versicherungsschutz. Nach Abschluss erhält man zwar kurze Informationen wie Reiseziel, Datum, Personennamen und Höhe der zu entrichtenden Prämie, genauere Produktbeschreibungen sind allerdings Mangelware. Hinsichtlich der Allgemeinen Versicherungsbedingungen, die die Vertragsgrundlage bilden, wird der Kunde beispielsweise im Dunkeln gelassen. Das ist vor allem im Schadensfall ein Problem. Denn wer das dahinterstehende Versicherungsunternehmen nicht kennt, kann sich im Fall des Falles nicht direkt an selbiges wenden. Bei der Abwicklung des Versicherungsschadens muss dann der oft mühsame Weg über den Reisevermittler beschritten werden.

Versicherungssummen oft viel zu niedrig

Um die monatlichen Prämien optisch niedrig zu halten, sind die Versicherungssummen in den Reiseportal-Angeboten oft viel zu niedrig angesetzt. Im konkreten Ver­sicherungsfall (etwa ein Unfall oder eine Erkrankung) ist die Versicherungs­leistung dann mitunter nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Außerdem kassieren die Portalbetreiber vom Versicherer eine Provision pro abgeschlossenem Vertrag, die letztlich der Kunde bezahlt.

Besser direkt abschließen

Besser direkt abschließen

Wir vom VKI empfehlen, Reisebuchung und Versicherungsschutz unbedingt zu trennen. Mitunter decken bestehende Verträge schon einige Bereiche ab. Und was noch fehlt, wählen Sie besser gezielt aus (siehe „Was man wirklich braucht“). So braucht zum Beispiel jemand, der eine private Freizeit-Unfallversicherung hat (die eventuell auch Partner und Kinder mitversichert), keine zusätzliche Reiseunfallversicherung. Dies ist zwar eine der wenigen Versicherungssparten, wo im Fall einer Invalidität aus beiden Versicherungen eine Leistung erfolgt, aber selbst hier ist es sinnvoller, sich gleich über die private Unfallversicherung mit einer ausreichend hohen Versicherungssumme zu schützen, als eine zweite Polizze übers Reiseportal abzuschließen.

Mehrfachversicherungen

In allen anderen Fällen, etwa bei einer Hubschrauberbergung oder der Rückholung aus dem Ausland, werden die Kosten ohnedies nur einmal ersetzt. Eine Mehrfachversicherung macht hier keinen Sinn. Autofahrerclubs zum Beispiel bieten im Zuge der ­Mitgliedschaft gegen Aufpreis einen Reise­versicherungsschutz, und bei alpinen Vereinen sind über den Mitgliedsbeitrag oder gegen geringe Zuzahlung Reiserisiken versichert.

Auch Kreditkarten sehen gelegentlich einen Reiseversicherungsschutz vor – manchmal nur für den Inhaber, bisweilen auch für die Angehörigen. Oft gilt als Bedingung, dass in einem bestimmten Zeitraum vor der Reise mit der Karte bezahlt wurde oder dass die Reise selbst mit der Kreditkarte be­glichen wurde. Es kann sich lohnen, hier genau nachzulesen oder nachzufragen, in welchem Umfang man vielleicht bereits Versicherungsschutz genießt.

Was man wirklich braucht

Paketlösungen für das ganze Jahr können für Vielreisende sinnvoll sein; wer hingegen nur einmal im Jahr auf Urlaub fährt, ist möglicherweise mit einer zeitlich beschränkten Versicherung besser bedient. Wichtig bei der Auswahl ist, bei den existenzbedrohenden Risiken (also dort, wo es wirklich wichtig ist) nicht an der Versicherungssumme zu sparen. Dafür kann man die unbedeutenderen Schadensrisiken weglassen und die Kosten im Fall des Falles selbst tragen. Zu den üblicherweise angebotenen Bausteinen zählen:

Stornoversicherung. Übernimmt die Kosten, die der Reiseveranstalter verrechnet, wenn die Reise wegen Krankheit oder Todesfall, Nichtbestehen der Matura, einem Unfall etc. nicht angetreten werden kann. Die Stornogründe sind in den Vertragsbedingungen festgelegt – vor Abschluss unbedingt lesen! Empfehlenswert bei teuren Reisen für mehrere Personen, die lange im Voraus gebucht werden.

Reiseabbruchversicherung. Übernimmt die Kosten, eventuell auch die Organisation der Heimreise, wenn man vorzeitig abreisen muss, beispielsweise aus gesundheitlichen Gründen.

Reisekrankenversicherung. Übernimmt Behandlungskosten, je nach Vertrag auch Krankenhauskosten und -taggeld, den Heimtransport bei medizinischer Notwendigkeit oder Begleitkosten bei Minderjährigen. Sinnvoll für Reisen in Länder ohne Sozialversicherungsabkommen mit Österreich sowie in Länder, wo die Krankenbehandlung teurer ist als bei uns (etwa in den USA), oder in Regionen, wo der nächste (Kassen-)Arzt weit weg ist – das kann auch in Urlaubsgebieten in Europa der Fall sein. Bestehende Krankheiten müssen unbedingt vorher bekannt gegeben werden!

Reiseunfallversicherung. Übernimmt nach einem Unfall die Kosten für Bergung, Suche, Rückholung oder leistet nach Unfalltod bzw. Rückholung. Wer eine private Unfallversicherung hat, braucht für die Reise keinen zusätzlichen Unfallschutz, denn sie gilt weltweit rund um die Uhr.

Reisehaftpflichtversicherung. Übernimmt gerechtfertigte Schadenersatzansprüche an den Versicherten und wehrt ungerechtfertigte Forderungen ab. Oft gibt es hier Deckungsschutz über die Haushaltsversicherung – von manchen Anbietern weltweit, von anderen auf Europa beschränkt. Daher bei Reisen außerhalb Europas unbedingt in der Haushaltsversicherungspolizze den Geltungsbereich überprüfen!

Reisegepäckversicherung. Übernimmt die Kosten bei Verlust, Diebstahl oder Beschädigung des Gepäcks – mit sehr unterschiedlichen Deckungssummen, Einschränkungen und Ausschlüssen. Die unseren Erfahrungen nach am ehesten zu entbehrende Polizze, denn oft gibt es bei Diebstahl oder Verlust mühsame Diskussionen mit dem Versicherer, ob man bei der Beaufsichtigung des Gepäcks aufmerksam und sorgfältig genug war. Außerdem ist der finanzielle Schaden – im Gegensatz zu folgenschweren Unfällen oder Erkrankungen – meist zu verschmerzen.

VKI-Tipps

Doppelpack vermeiden. Reisebuchungen auf Onlineportalen und den Versicherungsschutz voneinander trennen. Wer individuell günstigen Reiseversicherungsschutz sucht, sollte zuerst bestehende Verträge (Polizzen, Mitgliedschaften oder Kreditkarten) daraufhin überprüfen, ob darin nicht bereits eine vergleichbare Leistung enthalten ist, und nur sinnvolle Ergänzungen wie etwa einen Stornoschutz oder eine Auslandsreisekrankenversicherung separat abschließen.

Automatische Verlängerung. Die Polizzenpakete binden oft für ein ganzes Jahr, verlängern sich automatisch zum doppelten Preis und enthalten auch wenig Sinnvolles wie eine Reisegepäckversicherung oder einen Reiseunfallschutz mit viel zu niedrigen Versicherungssummen. Oft fallen zudem hohe Selbstbehalte an.

Risiko- und Polizzencheck. Versicherungsschutz nicht für jede Reise extra buchen, sondern eine grundsätzliche Strategie überlegen. Wer gut informiert ist, kann dem Abschlussdruck leichter widerstehen. Hilfreiche Infos zum individuellen Versicherungsbedarf bietet der VKI-Risiko-Check (VKI-Risiko-Check).

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