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Reisezahlungsmittel - Das Währungs-Roulette

Wer außerhalb der Euro-Zone Bargeld aus dem Automaten zieht oder mit Kreditkarte bezahlt, weiß nicht, welcher Wechselkurs verrechnet wird.

Auf Island verbrachte Herr P. einen netten Urlaub. Er behob Bargeld am Automaten, ­einige größere Beträge bezahlte er mit ­seiner Kreditkarte. Als er zu Hause seine Abrechnungen studierte, staunte er. Für die Bargeldbehebung war ein Kurs von 212,75 Isländischen Kronen je Euro verrechnet worden.

Den Einkäufen mit Kreditkarte lag aber ein deutlich ungüns­tigerer Kurs zugrunde, nämlich einmal 175,97 Kronen, das nächs­te Mal 174,21 und schließlich 178,84 Kronen – und das binnen weniger Tage! Am Geldautomaten hatte er einen um gut 20 Prozent besseren Kurs gehabt.

Kurs-Mysterien

Nun sind die Zeiten, als Wechselkurse quasi "amtlich" verlautbart wurden, unwiderruflich vorbei. Heute regiert der freie Markt. Auch gibt es keine Regelungen, welcher Kurs herangezogen werden muss: Der Wechselkurs, der am Tag des Einkaufs ermittelt wurde, oder jener am Tag der ­Abrechnung? Aber auch am selben Tag ­können die Kurse recht ­unterschiedlich ausfallen.

Der On-Shore-Kurs wird, vereinfacht ausgedrückt, im "Heimatland" der jeweiligen Währung gebildet, meist von einer Bank in diesem Land. Off-Shore-Kurse hingegen entstehen auf dem Weltmarkt, also an den internationalen Börsen.

Weil weder gesetzliche Rahmenvorgaben noch firmeninterne Festlegungen existieren, sind Anbieter in der Wahl des Kurses völlig frei. Kreditkartenunternehmen geben den jeweils herangezogenen Wechselkurs tagesaktuell auf ihrer Website an.


Gleicher Kurs für alle Bankomat-Karten

Gleicher Kurs für alle Bankomat-Karten

Etwas anders die Situation bei österrei­chischen Maestro(Bankomat)-Karten: Hier übernimmt die Firma Paylife für alle Karten, egal von welcher Bank, die Berechnung des Wechselkurses. Dabei bedient sie sich der Raiffeisen Zentralbank. Der Kurs ist ­also für alle heimischen Maestro-Karten identisch. Einsichtig ist die Kursberechnung aber auch bei Behebungen am Bankomat nicht.

Im eingangs geschilderten Fall hatte der Konsument einen überaus günstigen Kurs erhalten. An den Börsen lag der Kurs zu der Zeit, als Herr P. in ­Island war, zwischen 170 und 180 Islandkronen für einen Euro. In einem anderen Fall ­wurde bei einer Bargeldbehebung in der Schweiz ein bereits zwei Jahre alter Wechselkurs zugrunde gelegt – zum Glück war dies nicht zum Nachteil des Betroffenen.

Keine Wahl für Konsumenten

Das Modell der freien Marktwirtschaft ­basiert auf Wettbewerb: Die Käufer sollen den jeweils günstigsten Anbieter wählen können. So reguliert der Markt die Preise. Dieses Modell bleibt im Bereich der Wechselkurse leider graue Theorie. Denn die Konsumenten haben keine Möglichkeit, den jeweils günstigsten Kurs auszusuchen.

Welcher Wechselkurs verrechnet wird, erfahren sie erst im Nachhinein. Zwar kann man davon ausgehen, dass die Anbieter durch die Konkurrenzsituation die Kurse nicht willkürlich festsetzen. Auch sind bei weltweit geläufigen Währungen wie US-Dollar oder Schweizer Franken On-Shore- und Off-Shore-Kurse annähernd identisch. Bei Währungen kleinerer oder exotischer Staaten ist das jedoch nicht immer der Fall, wie das Beispiel Island zeigt.

Normen wären nötig

Normen wären nötig

Wünschenswert wäre also eine Festlegung (egal ob durch Selbstverpflichtung der Unternehmen, internationale Normen oder gesetzliche Vorgaben), dass immer ein bestimmter Kurs verwendet wird. Und der müsste dann auch öffentlich bekannt sein, damit Konsumenten beim Bezahlen außerhalb der Euro-Zone tatsächlich die Wahl haben.

Bei differierenden Kursen sollte der für Verbraucher günstigere ­herangezogen werden. Auch sonst lässt die Transparenz noch zu wünschen übrig. Die Kosten für Transaktionen sind meist nicht detailliert nach ­Nettobetrag und Gebühren aufgeschlüsselt.

Scharf kontrollieren

Bis diese Forderung erfüllt ist, empfiehlt es sich, Abrechnungen genau zu überprüfen und etwaige Diskrepanzen sofort zu reklamieren. Vor einer Reise sollte man sich jedenfalls über die verrechneten Wechselkurse informieren (im ­Internet oder in der Börsenrubrik einer Tageszeitung). So bekommt man ein Gefühl für die Relation der Urlaubswährung zum Euro und kann ­ungünstige Kurse zumindest in Wechselstuben meiden.

Vor Ort, also am Geldautomaten oder beim Einkauf, können Verbraucher hingegen nur hoffen, dass sie auf die richtige Karte gesetzt haben. Eines ist aber fix: Hebt man mit der Kreditkarte am Geldautomaten ab, wird’s extrem teuer!

Im Euro-Raum gratis

Bankomatbehebungen im Euro-Raum gratis

Keine Angst müssen heimische Konsumenten aber vor Behebungsspesen an deutschen Bankomaten haben. Der Hinweis, dass fürs Abheben bis zu sieben Euro zu bezahlen sind, wenn man das Konto nicht bei der betreffenden Bank hat, gilt für österreichische Konten nicht.

Maßgebend ist immer die Regelung des Wohnsitzstaates. Und da in Österreich Bankomatbehebungen nichts kosten, sind sie für Bewohner Österreichs im gesamten Euro-Raum ebenfalls gratis.


 

Leserreaktionen

Atemberaubend

Zu den Bankomatspesen in Deutschland habe ich andere Erfahrungen gemacht als Sie beschreiben. Im März 2010 verbrachte ich mehrere Wochen in Sachsen-Anhalt und war nach einer Behebung am Geldautomaten im Foyer sehr erstaunt über die Gebühr von 10(!) Euro.

Da auch meinem Mann diese Gebühr abgebucht wurde, haben wir in der Sparkasse nachgefragt und wurden auf die neue Regelung hingewiesen. Netterweise wurde uns beiden die Gebühr – als Kulanz! – rückerstattet, mit der Begründung, dass es an den Geldautomaten klare Hinweise geben müsste, diese aber noch nicht aktualisiert waren. Ich habe danach noch bei anderen deutschen Banken Geld behoben, aber keine andere hat die Gebühr verrechnet.

Es bleibt nur zu hoffen, dass in den vergangenen Monaten bei allen Banken in Deutschland zur Kenntnis genommen wurde, dass die Behebungsgebühr für Österreich nicht gilt. Im Übrigen finde ich eine Gebühr von 7 bis 10 Euro für eine Transaktion einfach atemberaubend.

Dr. Ingrid Schak
Wien
(aus Konsument 10/2010)

Doch keine Gebühr

Ihr Artikel Währungs-Roulette hat mich sehr interessiert. Möglicherweise aber ticken Bankomaten in Tschechien anders. Dort wurde mir bei zwei von drei Bankomatabhebungen keine Gebühr verrechnet.

Ulrich Schopper
E-Mail
(aus Konsument 9/2010)

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