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Steuern sparen: Außergewöhnliche Belastungen - Eine Frage des Selbstbehalts

Außergewöhnliche Belastungen: Wer im Lauf eines Jahres besondere, unerwartete Kosten zu tragen hatte, kann diese unter bestimmten Umständen steuerlich geltend machen.

Drei Grundsätze

Für die Beurteilung, was denn als außergewöhnliche Belastung steuerlich anerkannt wird, gelten drei Grundsätze: Die Ausgaben müssen außergewöhnlich sein (d.h. im Vergleich zu jenen vom Durchschnitt oder der Mehrzahl der Steuerpflichtigen sehr hoch), sie müssen sich zwangsläufig ergeben (sind also nicht „freiwillig“) und eine wesentliche Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Leis­tungsfähigkeit darstellen (d.h. im Verhältnis zum Einkommen sehr hoch sein).

Wichtig: Alle Zahlungen von Dritten (Ver­sicherungen etc.) sind von der eigenen Be­lastung abzuziehen, nur der echte eigene Aufwand ist steuerlich relevant. Als außergewöhnliche Belastung gelten nicht:

  • Unterhaltsleistungen an den geschiedenen Ehepartner
  • Unterhaltsleistungen an mittellose Angehörige
  • Unterhaltsleistungen an Kinder aus geschiedenen Ehen oder uneheliche Kinder
  • Unterhaltsleistungen an volljährige Kinder, für die keine Familienbeihilfe bezogen wird

Mit oder ohne Selbstbehalt

Außergewöhnliche Belastungen gibt es ohne Selbstbehalt (der Staat beteiligt sich ohne ­Berücksichtigung der wirtschaftlichen Leis­tungsfähigkeit des Antragstellers) und mit Selbstbehalt (der Staat erwartet hier eine einkommensabhängige Selbstbeteiligung, bevor er einen Beitrag leistet). Hier einige Beispiele aus der Praxis, die zeigen, ob und welche ­Ausgaben als außergewöhnliche Belastung (mit Selbstbehalt) infrage kommen.

Beispiele: von Adoption bis Hochzeit

Adoption. Die Kosten einer Adoption stellen nach bisher herrschender Meinung keine außergewöhnliche Belastung dar. Hier fehlt es ja zumeist auch an der Zwangsläufigkeit. Es gibt aber eine Rechtsprechung, die den steuerlichen Abzug im Hinblick auf das Inte­resse der Gesellschaft an Kindern zulässt.

Begräbniskosten. Begräbniskosten sind nicht abzugsfähig, wenn das Nachlassver­mögen für die Bezahlung der Begräbniskosten ausreicht oder wenn kurz vor dem Tod eine Liegenschaft übertragen wurde und deren Wert über den Begräbniskosten liegt.

Betreuungskosten. Wenn aufgrund von Krankheit oder Pflegebedürftigkeit (nicht ­jedoch nur aus Altersgründen) Unterbringungs- oder Pflegekosten entstehen, so können diese als außergewöhnliche Belas­tung geltend gemacht werden. Es sollte ­jedoch ein Nachweis erfolgen, z.B. durch ein ärzt­liches Gutachten. Im Falle einer Be­hinderung können hingegen die Freibeträge für Behinderung oder die tatsächlichen ­Kosten ohne Selbstbehalt geltend gemacht werden.

Bürgschaft. Wird man für eine Bürgschaft in Anspruch genommen, so mag dies zwar eine finanzielle Katastrophe sein, jedoch nur selten eine „außergewöhnliche Belastung“ im Sinne des Steuerrechts.

Geburt. Kosten für die Geburt eines Kindes sind keine „außergewöhnliche Belastung“. Jedoch möglicherweise Zusatzkosten aufgrund von (befürchteten) gesundheitlichen Komplikationen. Der zuweisende Arzt sollte vorsichtshalber bestätigen, dass die Betreuung durch einen Wahlarzt in der Sonderklasse aus medi­zinischen Gründen erfolgt.

Hochzeit. Das Finanzamt vertritt den Standpunkt, dass diejenigen, die in einer Hochzeit eine „außergewöhnliche Belastung“ sehen, wohl besser nicht heiraten sollten. Da hier zumindest die Zwangsläufigkeit fehlt, werden derartige Kosten nicht anerkannt.

Beispiele: von kosmetischer Operation bis Prozessgebühr

 

Kosmetische Operationen. Aufwendungen für kosmetische Operationen werden nur dann steuerlich anerkannt, wenn sie nach Verletzungen oder Verunstaltungen zur Wiederherstellung und zur Abwehr von psychischen Schäden anfallen.

Krankheitskosten. Krankheitskosten zählen zu den typischen außergewöhnlichen Belastungen mit Selbstbehalt. Absetzbar sind prinzipiell alle selbst getragenen Kosten wie: Arzt- und Krankenhaushonorare, Medikamentenkosten, Rezept- und Ambulanz­gebühren, Behandlungsbeiträge, Kosten für Heilbehelfe wie Brillen, Zahnersatz, Hör­geräte, Prothesen etc., Fahrtkosten zum Arzt oder ins Spital – auch zum Besuch von nahen Angehörigen (Kindern) – sowie Kosten für Ferngespräche im Zusammenhang mit einem Krankenhausaufenthalt. Nicht anerkannt werden hingegen Aufwendungen zur Vorbeugung von Krankheiten (etwa für Vitaminpräparate) oder für Verhütungsmittel, Kosten für eine Kinderwunschbehandlung, Verjüngungskur, Frischzellenbehandlung, Schönheitsoperation.

Kurkosten. Kurkosten werden nur im Zusammenhang mit einer Krankheit und damit aus medizinischen Gründen anerkannt. Der Nachweis kann durch eine ärztliche Bescheinigung und/oder den (teilweisen) Kosten­ersatz durch einen Sozialversicherungsträger erfolgen. Eine anteilige Haushaltsersparnis für Verpflegung (Vollpension) in Höhe von 6,54 Euro je Tag ist abzuziehen.

Künstliche Befruchtung. Die Kosten für eine künstliche Befruchtung sind absetzbar.

Prozessgebühren. Prozesskosten sind nur dann als außergewöhnliche Belastung absetzbar, wenn man nicht der Kläger ist oder als Beklagter nicht schuldig gesprochen wird. Tipp: Alle Kosten für Prozesse in Verbindung mit der beruflichen Tätigkeit ­fallen nicht unter die außergewöhnlichen Belas­tungen, sondern unter die Werbungskosten. Hier könnten Sie dann auch selbst Kläger sein (Arbeitsprozess, ) und müssten sich nicht (wie bei den außergewöhn­lichen Belastungen) den Selbstbehalt anrechnen lassen.

 

Wie hoch ist der Selbstbehalt?

Einkommen1) von ... bis ... in € Selbstbehalt in %
bis 7.300 6
7.301 bis 14.600 8
14.601 bis 36.400 10
ab 36.401 12


Es werden jedoch folgende Abschläge vorgenommen:

Grund für die Verringerung Abzug vom
Selbstbehalt in %
Alleinverdiener-/Alleinerzieher-
Absetzbetrag
1
je Kind, für das seit mehr als
sechs Monaten Kinder- oder
Unterhaltsabsetzbetrag zusteht
1

 
Beispiel:

zu versteuerndes Einkommen (1) 20.000 Euro, Alleinverdienerabsetzbetrag, 2 Kinder. Selbstbehalt lt. Tabelle 10 Prozent (für Einkommen zwischen 13.601 und 36.400 Euro) minus 1 Prozent für den Alleinverdienerabsetzbetrag und je 1 Prozent für die beiden Kinder. Das ergibt einen Selbstbehalt von 7 Prozent. Sieben Prozent von 20.000 Euro sind 1.400 Euro. Die müssen Sie selbst tragen. Jeder weitere Euro an außergewöhnlicher Belastung (mit Selbstbehalt) kann jedoch steuermindernd in der Veranlagung berücksichtigt werden.

1) Einkünfte lt. Jahreslohnzettel plus Sonderzahlungen abzüglich Werbungskosten und Sonderausgaben

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Aus dem Inhalt

  • Steuererklärung leicht gemacht
  • Sonderausgaben und Werbungskosten
  • Außergewöhnliche Belastungen
  • Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung
  • Kapitalerträge und sonstige Einkommen
  • Mit Musterbriefen und ausführlichen Anleitungen

228 Seiten, 16,90 € + Versand

Leserreaktionen

Korrektur

Die Absetzmöglichkeiten bei Geburten haben wir unvollständig dargestellt. Bei der Aufzählung der Krankheitskosten, die abgesetzt werden können, fehlen die Entbindungskosten. Diese können samt Nebenkosten in der normalen Klasse als sogenannte Krankheitskosten im Rahmen der außergewöhnlichen Aufwände mit Selbstbehalt abgesetzt werden.

Unter dem Stichwort „Geburt“ muss es korrekterweise heißen: „Zusatzkosten für die Geburt eines Kindes in der Sonderklasse ...“ Diese Kosten sind nämlich nur dann steuerlich absetzbar, wenn die Sonderklasse medizinische Gründe hat.

Die Redaktion
(aus KONSUMENT 5/2013)

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