Zum Inhalt

Überregionale Allfinanzvermittler: Beratungsqualität Vorsorge (Teil 2) - Besser als ihr Ruf

  • AWD, Deutsche Vermögensberatung, OVB & Co erstmals im Test
  • Adressen von Freunden nicht weitergeben
  • Wenig Information über Produktspesen

Stichprobenartige Erhebungen

Der erste Teil unserer Testreihe war den gewerblichen Vermögensberatern gewidmet. Diesmal sind die Großen der Branche dran, also AWD, OVB, MLP, Deutsche Vermögensberatung und andere. Allein der AWD (Allgemeiner Wirtschaftdienst) beschäftigt österreichweit über 600 Beraterinnen und Berater in 40 Filialen. Unser Test kann also lediglich eine Stichprobe bieten und keine insgesamt gültige Aussage über diese Unternehmen treffen. Allerdings zeigte sich auch diesmal: Ein Unternehmen, das einmal gut berät, tut dies auch beim zweiten Besuch.

AFB Finanzmanagement nicht bewertet

Insgesamt gingen die Berater höchst professionell vor. Terminvereinbarungen wurden eingehalten, auch die Beratungssituation haben wir meist als angenehm empfunden. Nur bei AFB Finanzmanagement in Graz Lieboch fand das Beratungsgespräch unter Zeitdruck im offenen Kundenbereich statt. Ein AFB-Berater in Graz Lieboch konnte nur zu Versicherungen Auskunft geben, ein anderer in der Wiener Filiale wollte unbedingt die Originalpolizzen bestehender Verträge sehen – die unsere verdeckt operierenden Tester naturgemäß nicht hatten. Daher mussten wir auf die Bewertung der AFB Finanzmanagement verzichten.

VPI in Westösterreich unterscheidet sich von den anderen Testkandidaten. Hier wird fortlaufend betreut, der Kunde soll sich für mindestens drei Jahre binden (für eine Jahresgebühr von 40 Euro). Das zahlt sich nur dann aus, wenn sich Finanzlage und Anlagewunsch öfter ändern. 

Lassen Sie sich viel Zeit

Vorsorge-Entscheidungen sollte man nicht überstürzen. Erfreulicherweise sehen das auch die Finanzvermittler heute so. Nahezu alle Anbieter vergaben zwei Termine: Beim ersten wurde nach Lebensumständen, Wünschen und Bedürfnissen gefragt. 3 bis 14 Tage später bekamen unsere Tester die Analyse ihrer Finanzlage sowie Produktvorschläge präsentiert.

Diese Trennung hat Vor- und Nachteile. Zum einen wird auf die konkreten Bedürfnisse des Kunden eingegangen. Zum andern kann die geballte und fundierte Information dazu führen, dass der Kunde mehr abschließt als er eigentlich will und sich leisten kann. Aber die Berater leben von den Provisionen für die vermittelten Produkte.

Beratungskosten vorher klären

Das heißt aber keineswegs, dass die Beratung generell nichts kostet. Nicht nur bei der schon erwähnten VPI wäre bei einer Betreuungsvereinbarung ein Beratungshonorar angefallen. Auch die Deutsche Vermögensberatung verlangte in einem Fall 20 Euro. Daher schon bei der Terminvereinbarung nach den Kosten fragen! Und der AWD verlangt für seine „Wirtschaftsbilanz“ (Finanzanalyse) sogar 100 Euro. Diese happige Gebühr kostete prompt den Spitzenplatz in der Endwertung. Kaufen muss man diese Wirtschaftsbilanz aber nicht. Dass es auch anders geht, zeigt die Deutsche Vermögensberatung, die genauso umfassende Analyseunterlagen ohne Schutzgebühr zur Verfügung stellt.

Ärgerliche Adresskeilerei

Nicht verpflichtet ist man, dem Berater Adressen von Freunden und Bekannten zu geben. AWD, Deutsche Vermögensberatung und MLP haben unsere Tester generell dazu aufgefordert, vier bis fünf Adressen zu nennen. Das kann Unmut im Freundeskreis hervorrufen. Nicht jeder ist über den Anruf eines Finanzberaters erfreut. Und wenn der dann noch gleich verrät, wer ihm den Tipp gegeben hat … Begründet wird die Adresskeilerei damit, dass ja „die Beratung nichts kostet“. Hier sollte man standhaft bleiben. Immer wurde akzeptiert, dass unsere Tester keine Bekannten nennen wollten.

Befragung zur persönlichen Situation unterschiedlich

Auch die Analyse der persönlichen Situation fiel meist umfassend aus. Besonders beeindruckt hat uns hier die Deutsche Vermögensberatung. Ob Notgroschen oder Leasingauto: Nach nahezu jedem denkbaren Finanzthema wurde hier kompetent gefragt. Im Gegensatz dazu erkundigte sich der Berater von MLP Innsbruck nicht danach, ob unsere Testperson einen Leasingvertrag oder Wohnkredit laufen hat. Lediglich die wichtigsten Punkte wurden angesprochen. Uneinheitlich das Ergebnis bei VPI: Ein Berater führte die Analyse „sehr gut“ durch, der zweite ging in einigen Punkten oberflächlich vor.

Beratung im Großen und Ganzen in Ordnung

Auch die Beratung stellte uns im Allgemeinen zufrieden, vor allem jene bei AWD und Deutscher Vermögensberatung. Lediglich eine Beraterin bei OVB konnte die Vor- und Nachteile der einzelnen Produkte nicht verständlich erklären und daher keine Entscheidungsgrundlage bieten. Aber genau deswegen konsultiert man eigentlich eine Finanzexpertin! Und die Allgemeine Finanzberatung empfahl unserer 50-jährigen Testperson unter anderem Verlustbeteiligungen an Immobilien zur Altersvorsorge. Das ist nicht nur riskant. Auch nach dem Gespräch blieb die finanztechnische Konstruktion dieses Produkts weitgehend im Dunkeln. Da es aber nur ein Produkt unter mehreren empfohlenen war, schlug sich der Lapsus nicht gravierend im Testurteil nieder.

Produkte passten nicht immer

Die Basis der Empfehlungen bildete meist die staatlich geförderte Zukunftsvorsorge, dazu wurden verschiedene Versicherungen (oft Fondspolizzen) und Fondssparpläne offeriert und als riskantere Beimischungen Immobilienaktien und Aktienfonds. Lediglich bei VPI empfahl man uns ausschließlich den VPI Garantie Classic, ein so genanntes Basket-Produkt, das mehrere Fonds enthält. Das ist nicht in Ordnung, selbst wenn das Produkt o.k. sein sollte: Ein einziges Produkt kann niemals alle Vorsorgeaspekte abdecken. Auch zeugt es kaum von Objektivität, wenn ausschließlich das hauseigene Produkt angeboten wird. Bei den anderen getesteten Unternehmen schien uns die Unabhängigkeit eher gewährleistet.

Kaum Auskunft über Anlagekosten

Als Manko müssen wir verbuchen, dass generell wenig bis gar nicht über die Kosten der uns empfohlenen Anlagen informiert wurde. Dies ist jedoch bei Investmentfonds und für die Renditeaussichten fondsgebundener Lebensversicherungen (Depotgebühren, Verwaltungskosten, Ankaufsspesen) ein wichtiger Punkt, der nicht unter den Tisch fallen sollte. Da nützen auch die Hochglanzbroschüren nichts, die uns freigiebig überreicht wurden, sich darüber jedoch ebenfalls ausschweigen. Auch über die Anlagestrategie finden sich nur dürftige Informationen (etwa, in welche Fonds Fondspolizzen investieren). Dies allerdings kann man nicht den Beratern anlasten. Da wären die Anbieter der Produkte, also Versicherer und Fondsgesellschaften, in die Pflicht zu nehmen.

Auf konkrete Situation eingegangen

Erfreulich: Meist sind die Berater auf die konkrete Situation unserer Testpersonen eingegangen. Dazu muss allerdings der Rat Suchende seine Finanzverhältnisse offen legen. Am besten schreiben Sie selbst vorab alles über Ihre finanzielle Situation zusammen: Sparbücher, Wertpapiere, weitere Veranlagungen, Kredite, Leasingverträge und sonstige Schulden, auch ob demnächst größere Anschaffungen anstehen oder sich Ihre Lebenssituation ändert (Kinder, neuer Job…).

Keine groben Schnitzer

Was uns erfreulicherweise nicht begegnete: der Rat, bestehende Versicherungen und Sparverträge aufzulösen oder Investmentfondsanteile zu verkaufen und stattdessen neue Produkte zu kaufen. Da hier immer Verluste anfallen, würde dieser Rat weniger von Sachverstand als von Provisionsgier zeugen. Dass uns dies nicht passierte ist ein Indiz dafür, dass die „wilden“ Anfangszeiten der Finanzvermittler hoffentlich vorbei sind.

Zweite Meinung einholen

Dennoch sollten Sie Empfehlungen hinterfragen, und zwar dadurch, dass Sie einen zweiten Berater (am besten von einer anderen Firma) konsultieren. Das kann für Sie nur Vorteile bringen: Entweder präsentiert dieser ein anderes interessantes Produkt. Oder er bestätigt den Vorschlag von Berater A. Oder Sie bekommen sogar günstigere Konditionen. Auf alle Fälle sollten Sie sich nicht drängen lassen. „Unwiederbringliche Gelegenheiten“ gibt es bei Geldanlagen nicht!

Nicht alles auf ein Pferd setzen

Ebenso sollten Sie bei der Vorsorge nicht auf ein noch so gutes Produkt allein setzen. Besser mehrere Anlageformen mit verschiedenen Laufzeiten auswählen, eventuell auch mit unterschiedlichem Risikograd. Größeren Ertragschancen entspricht immer auch ein höheres Risiko. Oder umgekehrt: Wer bei der Anlage primär auf Sicherheit setzt, darf sich nicht wundern, wenn die Rendite-Bäume nicht in den Himmel wachsen …

Deutsche Vermögensberatung, AWD und OVB

×
Deutsche Vermögensberatung
Deutsche Vermögensberatung Deutsche Vermögensberatung: Testsieger; „sehr gute“ Analyse und Beratung. | Bild: Archiv; Heft 6/2005
AWD Allgemeiner Wirtschaftsdienst
AWD Allgemeiner Wirtschaftsdienst AWD Allgemeiner Wirtschaftsdienst: Beratung in Ordnung; teure Analyseunterlagen. | Bild: Archiv; Heft 6/2005
OVB Allfinanzvermittlungs Ges.m.b.H.
OVB Allfinanzvermittlungs Ges.m.b.H. OVB Allfinanzvermittlungs Ges.m.b.H.: Testurteil „gut“; teilweise schwache Erklärungen. | Bild: Archiv; Heft 6/2005
Deutsche Vermögensberatung
Deutsche Vermögensberatung Deutsche Vermögensberatung: Testsieger; „sehr gute“ Analyse und Beratung. | Bild: Archiv; Heft 6/2005
AWD Allgemeiner Wirtschaftsdienst
AWD Allgemeiner Wirtschaftsdienst AWD Allgemeiner Wirtschaftsdienst: Beratung in Ordnung; teure Analyseunterlagen. | Bild: Archiv; Heft 6/2005
OVB Allfinanzvermittlungs Ges.m.b.H.
OVB Allfinanzvermittlungs Ges.m.b.H. OVB Allfinanzvermittlungs Ges.m.b.H.: Testurteil „gut“; teilweise schwache Erklärungen. | Bild: Archiv; Heft 6/2005

Unsere Testpersonen

Tester 1 – Vermögensaufbau: 
  Foto: Wodicka

27-jähriger, gut ausgebildeter Angestellter, gebunden, aber (noch) unverheiratet und kinderlos, will den Grundstock für späteren Wohlstand legen. Er verdient jährlich 22.197 Euro netto, fährt ein Leasingauto und verfügt über Sparbuch, Lebensversicherung und Bundesschätze. Seine Wohnungsmiete macht etwa 700 Euro monatlich aus. Rund 140 Euro pro Monat kann er auf die Seite legen.

Tester 2 – Pensionsvorsorge: 
   Foto: Archiv

50-jähriger, gut ausgebildeter Angestellter, verheiratet, zwei Kinder, will eine eventuell drohende Pensionslücke schließen. Das jährliche Nettohaushaltseinkommen von ihm und seiner Frau beträgt 40.800 Euro, neben Sparbüchern und Bundesschätzen besitzt die Familie auch Fondssparplan, Lebens- und Haushaltsversicherung. Für die Wohnung zahlt er monatlich 900 Euro Miete. Mindestens 300 Euro kann er jeden Monat veranlagen.

Eine ausführliche Beschreibung unserer Testpersonen finden Sie in: Weitere Artikel- " Test: Vermögensberater ", (Vermögensaufbau oder Pensionsvorsorge).

Anbieteradressen

AFB Finanzmanagement AG,
Am Mühlbach 24,
A-8501 Lieboch,
(03136) 611 75,
www.afb-ag.at

AFB Finanzmanagement AG,
Berlagasse 45/DG2,
A-1210 Wien,
(01) 292 68 00,
www.afb-ag.at

Allgemeine Finanzberatung,
Jacquingasse 2,
A-1030 Wien,
(01) 798 26 33,
www.afb.at

AWD Beratungszentrum Linz,
Salzburger Straße 292,
A-4060 Linz,
(0732) 37 59 00,
www.awd.at

AWD Beratungszentrum Schönbrunn,
Schönbrunner Straße 127,
A-1120 Wien,
(01) 810 98 80,
www.awd.at

Deutsche Vermögensberatung AG ,
Rotenturmstraße 16–18,
A-1010 Wien,
(01) 720 50 55-0,
www.dvag.at

DVB Deutsche Vermögensberatung,
Schmelzgasse 2/IX,
A-1020 Wien,
(01) 607 01 50,
www.dvag.at

MLP Finanzdienstleistung Innsbruck,
Museumstraße 1,
A-6020 Innsbruck,
(0512) 58 50 50,
www.mlp.at

MLP Finanzdienstleistung Wien,
Gumpendorfer Straße 6,
A-1060 Wien,
(01) 585 58 25-0,
www.mlp.at

OVB Vermögensberatung,
Tokiostraße 3/EG,
A-1220 Wien,
(01) 202 71 25-11,
www.ovb.at

VPI Vermögensberatung GmbH,
Schwarzstraße 48,
A-5020 Salzburg,
(0662) 87 83 78,
www.vpi-group.com

So haben wir getestet

Im Test: 7 Allfinanzvermittler an Standorten in Graz, Innsbruck, Linz, Salzburg und Wien, die nach der Marktbedeutung und regionalen Aspekten ausgewählt wurden. Jeder Anbieter wurde soweit möglich von zwei Testpersonen besucht. Dabei wurde jeweils eine definierte Problemstellung vorgegeben. Die Beratungen wurden anhand eines Fragebogens ausgewertet. Bewertung besteht aus der Zusammenfassung aller beim Anbieter durchgeführten Tests.

Anbahnung und Ambiente. Bewertet wurden Kontaktmöglichkeiten, Terminvereinbarung und Vorabinformationen am Telefon. Auch Hinweise auf eventuelle Gebühren wurden berücksichtigt. Unter Ambiente fallen Kriterien wie Wartezeiten, Diskretion, aufliegendes Informationsmaterial sowie die tatsächliche und die empfundene Beratungszeit.

Situationsanalyse. Hier wurde beurteilt, welche Fragen der Berater an den Kunden stellte, ob vorhandene Geldmittel und bestehende Verbindlichkeiten abgefragt wurden, ob die Sparfähigkeit des Kunden und die Pensionslücke besprochen wurde und ob Lebensplanung und Wünsche des Kunden ermittelt wurden.

Beratung. Bewertet wurden die Erläuterungen zu den empfohlenen Produkten, aber auch, ob ein Notgroschen und eine Risikoabsicherung eingeplant wurden. In die Bewertung floss auch ein, ob ein spezielles Produkt empfohlen wurde oder mehrere zur Auswahl gestellt waren. Der vom Testkäufer empfundene Gesamteindruck und ob der Berater auf Abschlüsse drängte, ging ebenfalls in die Beratungsnote ein.

Produkteignung und Unterlagen. Hier wurde das Hauptaugenmerk auf folgende Fragen gelegt: Passen die Produkte zur Risikoneigung des Kunden, ist der Anlagezeitraum berücksichtigt, und ist Spielraum für Unvorhergesehenes? Unterlagen, die dem Kunden mitgegeben wurden, wurden auf Informationsgehalt, Transparenz und Vollständigkeit beurteilt.

Überregionale Allfinanzvermittler: Kompetent mit Konsument

  • Gute Testergebnisse.  Allerdings handelt es sich nur um eine Stichprobe. Wichtigstes Qualitätskriterium eines Beraters: Die Produkte sind für Ihre Situation maßgeschneidert.
  • Zwei Beratungstermine nötig.  Erst Erhebung der Finanzlage und der Bedürfnisse. Dann Analyse und Produktvorschläge. Entscheidung nicht überstürzen!
  • Zweites Angebot einholen.  Sinnvoll vor allem bei Langfrist-Planung und bei größeren Summen. So können Sie unterschiedliche Anlagestrategien kennen lernen und vergleichen.
  • Risiko streuen.  Nicht die gesamte zur Verfügung stehende Summe in ein Produkt investieren, sondern unterschiedliche Laufzeiten und Risikoklassen wählen.
  • Nach Kosten erkundigen.  Was kostet die Beratung? Welche Spesen gibt es bei den vermittelten Produkten? Kann ich bei Bedarf ohne Verlust an das Geld heran?
  • Adressen von Freunden.  Berater werden Sie wahrscheinlich nach Adressen von Bekannten fragen. Lehnen Sie ruhig ab, wenn Sie das nicht wollen.

Mehr zum Thema

In den nächsten Ausgaben setzen wir die Tests zur Beratungsqualität von Finanzdienstleistern fort: Banken 7/2005 und zum Abschluss in Heft 8/2005 ein Vergleich der Anbietergruppen.

Diesen Beitrag teilen

Facebook Twitter Drucken E-Mail

Das könnte auch interessant sein:

Gefördert aus Mitteln des Sozialministeriums 

Sozialministerium

Zum Seitenanfang