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Wohnkredite - Sicherheitsgurt gegen hohe Zinsen

Welche Möglichkeiten aber hat man als Kreditnehmer, um sich gegen (zu) stark steigende Zinsen abzusichern? Ein neues Konsument-Buch gibt einen Überblick.

Noch befinden wir uns in einem historischen Zinstal. Ab Ende 2010 drohen jedoch erhebliche Zinssteigerungen. Für so manchen Haushalt könnte unter diesen Umständen ein finanzielles Horror-szenario wahr werden.

Niedrige Zinsen aufgrund kurzfristiger Zinsbindung: Österreichs Hausbauer wollen natürlich Kosten sparen. Mit den nächsten Zinsanhebungen droht aber Ungemach durch steigende Finan­zierungskosten.

Dagegen kann man sich – auch bei Fremd­währungskrediten – schützen. Die möglichen Instrumente, deren Funktionsweisen, Chancen und Risiken sind jedoch vielfach unbe­kannt. Wir zeigen Ihnen beispielhaft zwei Produkte.

Zinscap mit gleitendem Zinssatz

Ausgangsszenario: Sie befinden sich als Kreditnehmer in einer  Situation niedriger Zinsen. Die Notenbank Ihrer Kreditwährung hat jedoch bereits angekündigt, dass sie die Zinsen nicht weiter senken wird. Das deutet darauf hin, dass die Zinsen in normaler­weise ein bis zwei Jahren wieder steigen werden.

Sie möchten nun gerne das aktuell niedrige Zinsniveau weiter nutzen, jedoch bereits jetzt Vorsorge für die zu erwartenden Zinserhöhungen treffen.  Eine Möglichkeit ist eine Zinscap-­(Zinsobergrenze)Vereinbarung mit gleitendem Zinsniveau. Wie funktioniert das?

Bild: VKI 


Im Gegensatz zu anderen Produkten mit Zinscap zahlen Sie  während der Laufzeit einen Mischzinssatz aus 3­Monats­Euribor (oder einem anderen Referenzzinssatz) und dem Zinscap. Mit  jedem Monat der Laufzeit wird der Referenzzinssatz hierbei etwas geringer und der Zinscap etwas höher gewichtet. Dies werden wir nachfolgend verdeutlichen.

Mischzinssatzberechnung

Wie wird der Mischzinssatz berechnet?

Bild: VKI

 
Bei quartalsweiser Zins­belastung (Referenzzinssatz ist der 3­Monats­Euribor) und einer Laufzeit von 5 Jahren ergeben sich zwanzig Zinsfeststellungs­punkte (5 Jahre x 4 Quartale = 20). Am ersten Feststellungspunkt wird unser Referenzzinssatz mit 95 Prozent (19/20) und der Zins­cap mit 5 Prozent (1/20) gewichtet.

An den folgenden Feststel­lungsterminen nimmt die Gewichtung des Referenzzinssatzes  um jeweils 1/20, d.h. 5 Prozent ab, die Gewichtung des Zinscaps hingegen um diesen Anteil zu. Zum letzten Termin ist die Zinshöhe des Zinscaps erreicht, endet aber auch die Zinssicherung.

Bild: VKI
In der obigen Tabelle ist das Beispiel mit einem angenommenen 3­-Monats-Euribor von gleichbleibend 1 Prozent durchgerechnet. Es ist deutlich zu sehen, wie der zu zahlende Zins (letzte Spalte) ansteigt. Über die gesamte Laufzeit von 5 Jahren kommt es so zu einem Durchschnittszinssatz von 2,47 Prozent.

Chancen und Risiken

Chancen und Risiken

Ob diese Zinsvereinbarung für den Kreditnehmer oder die Bank vorteilhaft ist, lässt sich im Vorhinein nicht sagen. Das hängt  wesentlich davon ab, wie lange einerseits die Zeitspanne zwischen Abschluss der Versicherung und Erreichen des Zinscaps ist (hier zahlt der Kreditnehmer immer mehr als den Referenzzinssatz), und andererseits von der Länge der Hochzinsperiode oberhalb des Zinscaps (hier zahlt der Kreditnehmer nur den Zinscap, die Bank trägt den Rest).

Wir wissen allerdings, dass dieses Produkt von der Bank ohne separate Prämienzahlung angeboten wird. Die Bank benötigt jedoch eine gewisse Sicherheit von Erträgen, da sie in der Zinsphase oberhalb des Zinscaps von hier 3,8 Prozent Ausgleichszahlungen an den Kreditnehmer leisten muss. Dies kann sie am besten gewähr­leisten, indem sie das Produkt nicht erst im Zins erhöhungszyklus anbietet.

Bild: VKI
 
Das Schaubild zeigt die bisherige Entwicklung des 3­-Monats-­Euribor und die im nachfolgenden Beispiel verwendete Zinsobergrenze von 3,8 Prozent. Hier­durch können Sie sich einen optischen Eindruck davon verschaffen, wie hoch die Risiken (Zeiträume mit Zinssätzen oberhalb des Zinscaps) sind.

 
Der sinnvollste Zeitpunkt aus Sicht der Bank zur Platzie­rung des Produktes ist das Ende des Zinssenkungszyklus. Im Schau­bild der Entwicklung des 3-­Monats­-Euribor ist zu sehen, dass vom Ende des Zinssenkungszyklus im Sommer 2002 über drei Jahre  vergingen, bis im Herbst 2005 erstmals die Zinsen wieder erhöht wurden. Und nach einem weiteren Jahr wäre der Zinscap von  3,8 Prozent überschritten worden.

Für die Bank bedeutet das über vier Jahre erhöhte Zins einnahmen und dann bis zum Ende des fünf­ten Jahres Zins zuschüsse. War aber der Zinszyklus 2002 bis 2006 typisch? Wird er sich identisch wieder holen? Das lässt sich kaum seriös beantworten. Fazit: Dieses Produkt  bietet durchaus Chancen und Risiken für Bank und Kreditnehmer gleichermaßen.

Tipp: Das Produkt „Zinscap mit gleitendem Zinssatz“ ist prinzi­piell unabhängig vom Kredit. Sie können dieses Produkt daher auch bei einer anderen als der kreditgebenden Bank abschließen!

Zinscap mit Prämiennachlass und Knock out

Zinscap mit Prämiennachlass und Knock out

Endlich einmal ein Produkt, dessen Name gleich mehrere Bedürfnis­se der Kunden anspricht: die Vereinbarung einer Zinsobergrenze für den variablen Kredit, direkt verbunden mit einem Prämiennachlass.

Hier ist sichergestellt, dass der Kreditnehmer von niedrigeren Zinsen als der Cap­Höhe profitiert, steigende Zinsen jedoch durch die Höhe des Caps begrenzt sind; dies zugleich mit einer im Unterschied zu  üblichen Angeboten deutlich reduzierten Prämienzahlung.

Der K.o der Zinsobergrenze

Im Namen des Produkts und auch im erläuternden Schaubild  findet sich jedoch auch der Begriff „K.o.“ bzw. „Knock­out“. Was hat es damit auf sich? Hierbei handelt es sich um eine neben dem Zinscap zweite Zinsgrenze. Wird diese im Zeitverlauf bei Zins­steigerungen erreicht oder überschritten, so entfällt für diese  Zinsperiode der Zinscap.

Bild: VKI

Mit anderen Worten: Genau in den  Zeiten der höchsten (finanziellen) Gefahr stehen Sie ohne (Ver­)Sicherung da. Denn das ist der Preis für die Prämienvergünstigung! Wollen Sie das?

Das Schaubild suggeriert: Nur ein kleiner „Zacken“ der Zinshöhen schaut über die Gefahrengrenze des Knock­out hinaus: nicht sehr stark in der Überschreitung und zeit­lich nicht sehr lang. Macht es da nicht Sinn, die dauerhafte Prämien­vergünstigung mitzunehmen bei dieser begrenzten Gefahr?

Wenn Sie so denken, stellen Sie sich selbst folgende Fragen:

  • Welche Zinshöhe können Sie sich im Extremfall laut Ihrem  Haushalts­ und Finanzierungsplan erlauben?
  • Wodurch ist sichergestellt, dass diese Zinshöhe nicht über­schritten wird?
  • Welche Zinshöhe können Sie sich nur eine bestimmte Zeit lang erlauben?
  • Wie ist sichergestellt, dass diese Zeitspanne nicht überschritten wird?
  • Ist Ihnen klar, dass durch die Art des Bildes eine Sicherheit oder (geringe) Gefahrenhöhe suggeriert wird, die keine reale Grund­lage hat?
  • Ist Ihnen klar, dass Sie bei einer Überschreitung der K.o.­Grenze den gesamten Zinssatz und nicht nur den oberhalb der Linie  bezahlen müssen?

Tipp: Hüten Sie sich vor allen Produkten mit „K.o.“! Hier verlieren Sie Ihre Absicherung genau in dem Augenblick, zu dem Sie diese am dringendsten benötigen würden

Fachbegriffe

  • Act/360: Zinsrechnungsart, bei der der Monat kalendertagegenau, das Jahr mit 360 Tagen gerechnet wird.
  • Euribor: European Interbank Offered Rate. Angebotszinssatz für Euro unter internationalen Banken im Geldmarkt, d.h. mit Laufzeiten von einer Woche bis einem Jahr. Er wird täglich in London festgestellt.
  • Zinscap: Zinsvereinbarung mit einer Zinsobergrenze. Steigt der Markt­zinssatz über die Obergrenze, so erhält der Zeichner/Kreditnehmer eine  Ausgleichszahlung von der Bank.

Buchtipp: "Wohnkredite absichern"

Wohnkredite absichern Das Konsument-Buch: "Wohnkredite absichern" gibt Einblick in die  Wirkungsweise von Finanzprodukten, die kaum ein Kreditnehmer kennt. Beispiele aus der Praxis veranschaulichen, worauf es beim Absichern von Kreditrisiken ankommt. Die Vielzahl und Vielfalt der möglichen Absicherungen wird detailliert durchgesprochen und kritisch analysiert.

Aus dem Inhalt:

  • Nicht jedes Instrument taugt, erst recht nicht für jede Situation. Und nicht jedes Produkt muss bei der eigenen Hausbank abgeschlossen werden.
  • Oft ist die auch bankmäßige Trennung von Kredit und Absicherung möglich und sogar sinnvoll: Dadurch kann der Wettbewerb der  Banken für bessere Konditionen genutzt werden.

220 Seiten, 14,90 Euro (+Versandspesen)

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