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Listerien - Infektionen durch Käse

, aktualisiert am

24 Fälle von Listeriose, hervorgerufen durch Quargel der steirischen Firma Prolactal, sind bisher in Österreich aufgetreten. Bei fünf Betroffenen führte die Infektion zum Tod (Stand: 10 März 2010).

Zwar wurden die mit Listerien verseuchten Produkte mittlerweile vom Markt entfernt, nach wie vor aber sind viele Käseliebhaber beunruhigt. Im Folgenden informieren wir Sie ausführlich über die gefährlichen Bakterien und zeigen Ihnen, wie Sie sich schützen können.


Weit verbreitete Mikroorganismen

Listerien sind anspruchslose, widerstandsfähige Bakterien, die praktisch überall vorkommen: in Abwässern, im Kompost, an Textilien. Lebensmittel sind davon leider nicht ausgenommen. Rohes Faschiertes, Geflügel und Räucherfisch können ebenso von Listerien besiedelt sein wie Gemüse, Rohmilch und Käse.

Da ihre Zellteilung auch bei wenigen Plusgraden noch gut funktioniert, können sich Listerien auch im Kühlschrank vermehren. Selbst eine Vakuumverpackung hemmt ihr Wachstum nicht, denn sie sind selbst ohne Sauerstoff voll lebensfähig. Besonders tückisch: Listerienbefall führt nicht zum Verderb der Waren und ist deshalb weder optisch noch an schlechtem Geruch oder Geschmack erkennbar.

Hochansteckend

Die Bakterienart Listeria monocytogenes löst beim Menschen die Infektionskrankheit Listeriose aus. Die Ansteckung erfolgt durch die Aufnahme verseuchter Nahrungsmittel. Bis erste Erkrankungszeichen auftreten, vergehen drei Tage, oft aber auch mehr als zwei Monate.

In vielen Fällen verläuft die Infektion harmlos. Mediziner schätzen, dass bis zu zehn Prozent der Bevölkerung unbemerkt Listerien im Darm tragen. Personen mit intaktem Immunsystem entwickeln meist unspezifische Symptome wie Bauchschmerzen, Durchfall oder verspüren grippeähnliche Beschwerden, die sie auf andere Erkrankungen zurückführen.

Diagnose oft verzögert

Sehr gefährlich können Listerien jedoch für bestimmte Risikogruppen werden: Bei Schwangeren kann es durch Übertragung der Bakterien auf den Fötus zu Früh- oder Totgeburten kommen.

Säuglinge, ältere Menschen und Personen mit geschwächter Abwehr (Alkoholabhängige, Krebspatienten, Aidskranke) reagieren häufig mit heftigen Kopfschmerzen, Erbrechen, hohem Fieber und lebensbedrohlichen Folgeerkrankungen wie Hirnhautentzündung, Lungenentzündung oder Blutvergiftung.

Weil dieses Krankheitsbild eine Vielzahl von Ursachen haben kann, erfolgt die Diagnose oft erst spät – zu spät für etwa ein Drittel der Patienten. Denn nur ein frühzeitiger Einsatz bestimmter Antibiotika kann das Sterberisiko deutlich senken.

Verseuchter Quargel

Verseuchter Quargel

Milch, der Rohstoff für die Käseherstellung, ist ein für Mikroorganismen attraktives Substrat. Bereits Rohmilch kann Listerien enthalten, die jedoch bei der Pasteurisierung (sekundenschnelles Erhitzen auf 72 bis 75 Grad C) abgetötet werden.

Im langwierigen Prozess der Weiterverarbeitung ist allerdings etwa durch mangelnde Hygiene im Molkerei- oder Käsereibetrieb jederzeit eine neuerliche Verseuchung (Kontamination) möglich. Wie Listerien in den Quargel der Firma Prolactal gelangt sind, ist zurzeit noch Gegenstand behördlicher Ermittlungen. Fest steht, dass am 23. Jänner 2010 folgende Artikel vom Markt genommen wurden:

  • Hartberger Bauernquargel natur 200 g
  • Hartberger Bauernquargel Paprika 200 g
  • Hartberger Bauernquargel Paprika 100 g
  • Hartberger Bauernquargel mit Kümmel 200 g
  • Steirischer Quargel mit Paprika 125 g
  • Steirischer Quargel mit Kümmel 125 g
  • Fastenkäse Klassik 150 g
  • Fastenkäse Chili 150 g
  • Milchkanne Quargel 200 g
  • Milfina Quargel 200 g


Infektionsgefahr verringern

In Käsen mit Weißschimmel oder Oberflächenschmiere gedeihen Bakterien besonders gut. Diese Käsesorten sollten Schwangere, ältere Menschen und Immungeschwächte konsequent von ihrem Speiseplan streichen, auch wenn sie noch so gut schmecken. Außerdem meiden sollten Risikogruppen Weich- und Schnittkäse mit der Kennzeichnung „aus Rohmilch“.

Gänzlich auf Käse verzichten müssen Feinschmecker dennoch nicht: Schmelz- und Frischkäse, aber auch lange gereifte Hartkäse aus Rohmilch wie Emmentaler, Bergkäse und Parmesan sind eine Alternative, weil sie in der Regel listerienfrei sind. Vorsichtshalber sollte bei allen Sorten vor dem Verzehr die Rinde weggeschnitten werden.

Richtige Lagerung

Grundsätzlich gehört jede Käsesorte sofort  nach dem Einkauf in den Kühlschrank. Wer Käse des besseren Geschmacks wegen länger bei Zimmertemperatur lagert oder z.B. Quargel gar aufs sonnige Fensterbrett legt, riskiert seine Gesundheit. Denn selbst ein tadelloses Produkt enthält einen minimalen Anteil an Bakterien, die sich bei falscher Lagerung innerhalb kurzer Zeit explosionsartig vermehren.

Ein Lebensmittel darf bei seinem Verkauf auch eine geringe Menge an Listerien aufweisen. Den dafür geltenden Grenzwert regelt eine EU-Verordnung vom 15. November 2005: Er liegt bei 100 kBE/g (koloniebildende Einheiten pro Gramm) am Ende der Mindesthaltbarkeitsfrist.

Kühlschrankhygiene

Um den Kühlschrank möglichst keimfrei zu halten, sollte er regelmäßig gereinigt werden. Ideal dafür ist ein Haushaltsreiniger mit guter Fettlösekraft, denn Listerien können selbst in dünnsten Fettschmieren überleben. Verwenden Sie am besten Einmalpapier wie Küchenrolle. Kommen Putztücher und Lappen zum Einsatz, müssen sie anschließend in das Kochprogramm der Waschmaschine.

Weil Bakterien für ihr Wachstum Feuchtigkeit benötigen, sind trockene Oberflächen im Kühlschrank besonders wichtig. Achten Sie daher auf Schwitzwasser und wischen Sie die Tropfen, die sich bilden, gleich weg. Personen, die einer der erwähnten Risikogruppen angehören, überlassen die Kühlschrankreinigung besser anderen Haushaltsmitgliedern.

Seltsame Kennzeichnung

Seltsame Kennzeichnung

Die Tatsache, dass der als steirisches Erzeugnis verkaufte Quargel aus deutscher bzw. holländischer Milch hergestellt war, löst bei vielen Konsumenten Verunsicherung bezüglich der Herkunftsbezeichnung von Nahrungsmitteln aus.

Derzeit gibt es rund 150 verschiedene Auslobungen im Lebensmittelbereich. Manche davon dienen ausschließlich Marketingzwecken und führen die Käufer in die Irre.

Die zurückgeholten Prolactal-Produkte trugen das ovale Identitätskennzeichen mit dem Ländercode AT für Österreich. Dieses Zeichen besagt lediglich, dass der Betrieb nach den Hygienestandards der EU arbeitet und der letzte Verarbeitungsschritt oder die Verpackung in Österreich erfolgte. Die Herkunft der Rohstoffe geht daraus nicht hervor.

Wer sichergehen möchte, dass ein Lebensmittel tatsächlich in Österreich hergestellt wurde, achtet am besten auf das rot-weiß-rote AMA-Gütesiegel bzw. auf das AMA-Biozeichen, die beide für heimische Rohstoffe und gehobene Qualität stehen. Allerdings dürfen Rohstoffe, die hierzulande nicht wachsen, bis zu maximal einem Drittel zugesetzt sein (z.B. Ananas in Fruchtjoghurt).

 

VKI unterstützt Geschädigte bei Schadenersatzforderungen

Das Produkthaftungsgesetz (PHG) regelt die Verantwortung des Herstellers, wenn durch ein fehlerhaftes Produkt Personen- oder Sachschäden entstehen. Die Haftung zielt nicht auf ein Verschulden des Unternehmens ab, der Hersteller muss auch bei einem unbeabsichtigten Fehler Schadenersatz leisten.

Geschädigte haben Anspruch auf Heilungskosten, Schmerzengeld und Kostenersatz für allfällige Folgeschäden. Hinterbliebene können z.B. Begräbniskosten und – wenn der Verstorbene zum Unterhalt verpflichtet war – Ersatz für den Unterhalt verlangen. In manchen Fällen haben Gerichte auch Schadenersatz für Trauerschäden mit Krankheitswert zugesprochen.

VKI im Auftrag des BMASK

Im Zusammenhang mit dem durch Listerien verseuchten Quargel von Prolactal hat das Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz den VKI (Verein für Konsumenteninformation) beauftragt, Schadensfälle zu sammeln und Geschädigte bei der Rechtsdurchsetzung zu unterstützen.

Sollte eine gerichtliche Klärung der Ansprüche nötig werden, wird der VKI für jene Geschädigte, die nicht über eine Rechtsschutzversicherung verfügen, Kontakt zu Prozessfinanzierern herstellen.

Wir ersuchen Geschädigte bzw. deren Angehörige, sich direkt an uns zu wenden:

Verein für Konsumenteninformation (VKI)
Stichwort: Listerien-Käse
Linke Wienzeile 18
1060 Wien
Tel. 01/588 770

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