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Magnesiumpräparate - Sinnvoll, überflüssig oder gefährlich?

  • Verwirrend großes Angebot
  • Für und Wider aus ernäh-rungsphysiologischer Sicht
  • Es geht auch ohne Pillen und Brausepulver

Schwangere nehmen sie, um nächtlichen Wadenkrämpfen vorzubeugen, Stressgeplagte, um ihre Nerven zu beruhigen, Sportler, um ihren Muskeln Gutes zu tun, und Kranke, um ihr Herz wieder in einen gleichmäßigen Rhythmus zu bringen. Magnesiumpräparate erfreuen sich eines überaus großen Zuspruchs – kein Wunder, sollen sie doch bei allen möglichen Leiden helfen. In der Werbung werden sie einmal als „Salz der Ruhe“, dann als „Fitmacher“ propagiert. Was der vergesslichen Großmutter ebenso wie dem gestressten Manager gut tun soll, muss ja geradewegs eine Art Wundermittel sein.

38 Produkte untersucht

Magnesium-Mittel gibt es als Tabletten, Kapseln, Granulat oder Dragees. Wir können sie auch ohne Verordnung des Arztes als rezeptfreie Arzneimittel in Apotheken kaufen oder als Nahrungsergänzungsmittel in Drogerien und Reformhäusern. Einmal sind es reine Magnesiumpräparate, dann Kombipräparate mit weiteren Nährstoffen. Das Angebot lässt kaum Wünsche offen, doch die Unsicherheit und Verwirrung unter den Verbrauchern ist nicht minder groß. Inwiefern unterscheiden sich die einzelnen Produkte, fragen sie. Welche sind empfehlenswert, welche nicht? Und ist ihre Wirkungsweise überhaupt gesichert? Wir haben uns auf dem Markt umgesehen und ließen 38 Produkte einer ernährungsphysiologischen Beurteilung unterziehen.

Lebenswichtiger Mineralstoff

Zuvor aber einige grundlegende Informationen. Magnesium zählt zusammen mit Natrium, Kalium und Kalzium zu jenen lebenswichtigen Mineralstoffen, die der Körper nicht selbst herstellen kann, aber zum Überleben braucht. Wichtig ist der Mineralstoff vor allem zur Energiegewinnung in den Muskelzellen. Weiters ist Magnesium an rund 300 Enzymreaktionen beteiligt. Die von der österreichischen Gesellschaft für Ernährung empfohlene tägliche Zufuhr beträgt 350 mg für Männer und 300 mg für Frauen.

Magnesiumversorgung meist ausreichend

Auch wenn der Magnesiumgehalt in unseren Nahrungsmitteln durch die Lebensmittelbearbeitung teilweise verloren geht, wird die empfohlene Menge mit einer ausgewogenen Ernährung (Gemüse und Getreideprodukte) dennoch erreicht. So wurde bei der bisher umfangreichsten österreichischen Untersuchung zum Ernährungsstatus von Schulkindern festgestellt, dass die Magnesiumversorgung ausreichend ist.

Anders als bei Kalzium

Wer einen Kalziummangel hat, dem können insbesondere Milchprodukte empfohlen werden. Im Fall von Magnesium gibt es leider kein vergleichbares Nahrungsmittel, das ähnlich hohe Mengen aufweisen würde. Dennoch gibt es viele unterschiedliche Nahrungsmittel, in denen Magnesium steckt. Gemüse sollte entweder in der Saison frisch vom Markt oder als Tiefkühlware gekauft werden. Wichtig ist die schonende Verarbeitung: kein ausgiebiges Wässern oder zu langes Kochen, denn so geht Magnesium ins Wasser über und damit verloren (außer man bereitet mit dem Wasser eine Suppe).

Schokolade weist zwar höhere Mengen des Mineralstoffs auf, doch der übermäßige Verzehr schafft aus allgemein bekannten Gründen wieder andere Probleme. Bei Mineralwasser heißt es genau aufs Etikett zu schauen, das den jeweiligen Gehalt an Mineralstoffen ausweist (siehe dazu: "Magnesium im Mineralwasser").

Einseitige Ernährung, zuviel Alkohol

Nun kann es bei bestimmten Bevölkerungsgruppen zu einer "suboptimalen Versorgungssituation" mit Magnesium kommen. Das trifft bei einseitiger Ernährung zu, bei übermäßigem Alkoholgenuss oder der Einnahme von abführenden oder harntreibenden Mitteln, bei leistungsorientierten Sportaktivitäten oder besonderer Stressbelastung. Dies bedeute, so Prof. Dr. Wolfgang Marktl vom Institut für Physiologie der Universität Wien, "dass der tägliche alimentäre (durch die Nahrung aufgenommene) Magnesiumbedarf nicht zu 100 Prozent, sondern nur zu 75 Prozent gedeckt wird." In diesen Fällen kann eine Supplementierung, also eine Ergänzung, durch Magnesiumpräparate sinnvoll sein.

Wir müssen es so vorsichtig ausdrücken, da sich ein Mangel nicht in einem eindeutigen Beschwerdebild ausdrückt. Nächtliche Wadenkrämpfe können darauf hinweisen, müssen es aber nicht. Es ist auch möglich, dass eine Durchblutungsstörung vorliegt.

Überdosierungen können gefährlich sein

Ebenso sollte der Sportler, bevor er wegen muskulärer Probleme zu immer höheren Dosen Magnesium greift, erst einmal überlegen, ob seine Beschwerden nicht vielleicht auf ein falsches Trainingsprogramm zurückzuführen sind. Oder auf Natriummangel, bedingt durch starkes Schwitzen. Denn eines ist sicher: "Die Dosis macht das Gift", wie schon Paracelsus im 16. Jahrhundert sagte. Schon leichte Überdosierungen an Magnesium können zu Durchfall oder Magen-Darm-Krämpfen führen, im Extremfall auch zu Lähmungserscheinungen. Wirklich gefährlich wird eine Überdosis bei eingeschränkter Funktion der Niere, da wurden auch schon Todesfälle verzeichnet.

Keine praktikabelen Routinetests

Zur fehlenden Symptomatologie kommt hinzu, dass es heute keine praktikablen Routinetests zum Nachweis eines eventuell vorliegenden Magnesiummangels gibt. Der gewöhnliche Bluttest reicht jedenfalls nicht aus, allein eine intrazelluläre Untersuchung würde genauen Aufschluss geben; doch die kann, da zu aufwendig, nicht routinemäßig durchgeführt werden. Ein Arzt sollte vor einer Empfehlung möglichst die Krankengeschichte und insbesondere das Ernährungsverhalten des Patienten erheben. Aber viele Gynäkologen verschreiben Schwangeren sofort Magnesiumpräparate, wie auch Marktl feststellt. Weil es bequem ist und keine Zeit für ein ausführliches Gespräch oder eine Ernährungsberatung bleibt. "Etwa nach dem Motto: Nutzt es nichts, schadet es doch nicht."

Krankenkasse zahlt nur in sicheren Fällen

Die Krankenkasse hat ihre Konsequenzen aus der bestehenden Unsicherheit gezogen. Seit Anfang dieses Jahres kommt sie für Magnesiumpräparate nur noch bei eindeutiger klinischer Indikation auf, wie koronare Herzkrankheiten oder Risikoschwangerschaft.

Manche dafür, andere dagegen

Nun heißt das allerdings nicht, dass Magnesium nicht auch in anderen Fällen helfen könnte. Nur fehlt eben der eindeutige Wirkungsnachweis. Auch Marktl möchte sich nicht festlegen: "Die einen Kardiologen schätzen Magnesiumpräparate als Mittel gegen Herzrhythmusstörungen, die anderen halten überhaupt nichts davon." Nicht zu unterschätzen ist das enorme wirtschaftliche Interesse, das den Markt für Nahrungsergänzungsmittel boomen lässt.

Magnesiumreiche Lebensmittel oder Minaeralwasser versuchen

Das gesicherte Wissen über Magnesium ist also noch sehr gering. Es empfiehlt sich daher, genau zu beobachten, wie man selbst darauf anspricht. Versuchen Sie es zunächst mit dem Konsum besonders magnesiumreicher Lebensmittel (generell pflanzliche Lebensmittel) oder Mineralwässer. Nehmen die Herzrhythmusstörungen ab? Werden die nächtlichen Wadenkrämpfe weniger? Wenn nicht, probieren Sie ein Magnesiumpräparat, und beobachten Sie sich weiter. Nur weil das Mittel bei Ihrer Nachbarin wahre Wunder wirkt, heißt das noch nicht, dass es auch Ihnen hilft.

Nicht zum erstbesten Präparat greifen

Haben Sie sich (nach reiflicher Überlegung) für ein Magnesiumpräparat entschieden, sollten Sie nicht zum erstbesten greifen. Eine pauschale Empfehlung kann man zwar nicht abgeben, aber Marktl rät, sich auf reine Magnesiumpräparate (allenfalls mit Zucker oder Süßstoffen versetzt) zu konzentrieren und dabei auf den jeweiligen Magnesiumgehalt zu achten. Es gibt Präparate mit sehr hohen Magnesium-Mengen (rund 300 mg pro Einheit), die sich bei eindeutigen medizinischen Mangelzuständen eignen (Sanvita Magnesium 300, Dr. Böhm Magnesium nur 1x täglich, Magnesium Diasporal Granulat, Grandelat magnesium forte). Jene mit geringeren Mengen (um die 150 mg) können bei leichter Unterversorgung helfen, bei noch geringerer Dosierung ist wohl eine Einnahme mehrmals täglich erforderlich.

Achtung Durchfall

Diabetiker sollten zuckerhältige Produkte meiden. Aber auch jene mit Zuckeraustauschstoffen oder Süßstoffen können bei Personen mit einem empfindlichen Magen Probleme machen, meint der Wiener Medizinprofessor. "Die Magnofit Kautabletten enthalten relativ viel Xylit. Dieser Zuckeraustauschstoff kann bei empfindlichen Personen möglicherweise zu individuellen Intoleranzerscheinungen (Durchfall) führen."

Eine Gruppe von Magnesiumpräparaten enthält zusätzlich Kalzium. Im Einzelfall mag das sinnvoll sein, doch zu hohe Mengen Kalzium, wie sie in Hafesan Magnesium plus Kalzium und Lebens Kalzium plus Magnesium Brausetabletten enthalten sind, könnten sogar kontraproduktiv sein, weil sie die Aufnahme von Magnesium beeinträchtigen.

Kombi-Präparate bringen nicht viel

Von den Kombinationspräparaten Magnesium plus Vitamine hält der Wissenschafter nicht allzu viel: "Eine solche Kombination bietet im Stoffwechsel und bei der Resorption (Aufnahme durch den Körper) keinen Vorteil. Für die in den Präparaten enthaltenen Vitamine existiert auch keine Unterversorgung, sodass eine Supplementierung ernährungsmedizinisch nicht notwendig erscheint." Ja, im Fall von Magnesium Tonil Vitamin E Kapseln sieht er aufgrund der darin enthaltenen hohen Vitamin-Mengen sogar die "Gefahr der Entwicklung einer chronischen Vitamin-E-Vergiftung".

Gewaltige Preisunterschiede

Bei aller Vorsicht – eine eindeutige Aussage lässt sich zum Preis machen: Hier gibt es gewaltige Unterschiede. Um die Produkte vergleichen zu können, haben wir den Preis von jeweils 100 mg Magnesium ausgerechnet. Er beträgt für die Brausetabletten von Das gesunde Plus und St. Rodegan drei Cent, bei Hafesan Magnesium + Kalzium muss man dagegen schon fast einen Euro aufwenden. Mehr als das Dreißigfache! Wer also glaubt, ein Magnesiumpräparat nötig zu haben, muss nicht gleich zum teuersten greifen.

Wer magnesiumreiche Kost bevorzugt, wird den empfohlenen Tagesbedarf von 350 mg für Männer bzw. 300 mg für Frauen sehr leicht erreichen – ganz ohne spezielle Präparate. Reich an Magnesium sind vor allem Nüsse und Kakao, (gering ausgemahlene) Getreideprodukte, Hülsenfrüchte und Blattgemüse.

Ein paar Beispiele, bezogen auf die übliche Portionsgröße:

Lebensmittel Portionsgröße Magnesium in mg
Sojamilch 1 Glas = 250 ml 250
Kürbiskerne, Sonnenblumenkerne  3 EL = 60 g 240
Mangold 1 Portion = 250 g 200
Spinat 1 Portion = 250 g 150
Erdnüsse, geröstet und gesalzen 3 EL = 60 g 110
Hirse 1 Portion = roh 50 g 85
Zuckermais, tiefgekühlt 1/2 Packung = 150 g 80
Weiße Bohnen (Dose) 1 Portion = 250 g 80
Zartbitterschokolade 1/2 Tafel = 50 g 75
Weizenkleie 1 EL = 10 g 60
Vollkornweckerl, -brot Vollkornweckerl, -brot 1 Stück bzw. Scheibe = 50 g 50
Banane 1 große = 140 g 50
Haferflocken 3 EL = 30 g 42
Cashewnüsse 10 Stück = ca. 15 g 40
Schweinefleisch 1 Portion = 150 g 35
Mandeln 10 Stück = 15 g 33
Kuhmilch 1 Glas = 250 ml 30

Auch Mineralwasser ist ein guter Magnesiumlieferant. Allerdings ist der Gehalt sehr unterschiedlich, manche Produkte enthalten so gut wie kein Magnesium. Einen besonders hohen Magnesiumgehalt weisen folgende Marken auf:

Mineralwassermarke Magnesium in mg/Liter
Long Life 197
Gleichenberger Johannisbrunnen 111
Margarethenquelle (Astoria)  110
Martinsquelle 91
Riedquell 83
Römerquelle 78
Juvina 58

Die Liste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Übrigens ist auch im Leitungswasser Magnesium enthalten: Im weichen Wiener Wasser schwankt der Gehalt zwischen 4 und 14 mg, hartes Wasser kann jedoch 50 mg und mehr erreichen.

Gebratenes Huhn mit Cashewnüssen und Reis

Zutaten für 1 Person:

  • 150 g Hühnerbrustfilet, in mundgerechte Stücke geschnitten
  • 2–3 Jungzwiebeln
  • 150 g frischer Mangold oder Blattspinat, in Streifen geschnitten
  • 2 EL Gemüsemais aus der Dose
  • 125 g Champignons, blättrig geschnitten
  • 2 EL bzw. 20 g Cashewnüsse
  • 50 g Parboiled Reis
  • Sojasauce, Fett zum Auspinseln der Pfanne, Chilisauce (wie Sambal oelek), evtl. frischer Ingwer

Zunächst den Reis nach der Packungsangabe zubereiten. Wok oder eine große Pfanne mit Öl auspinseln, geschnetzeltes Hühnerfleisch dazugeben und unter ständigem Rühren ca. 2 Minuten anbraten. Jungzwiebel, Mangold, Champignons und Ingwer dazugeben und nochmals für rund 2 Minuten unter ständigem Rühren braten. Mit Sojasauce und Chilisauce würzen, Gemüsemais und Cashewnüsse hinzufügen und nochmals rund 1 Minute weitergaren.

Nährwerte: 2344 kJ/560 kcal, 50 g Eiweiß, 11 g Fett, 61 g Kohlenhydrate, 275 mg Magnesium

Lebenswichtiger Mineralstoff. Magnesium ist an vielen Stoffwechselvorgängen im Körper beteiligt. Mit ausgewogener Ernährung decken wir in der Regel unseren Bedarf.

Risikogruppen. Schwangerschaft, Sport oder extremer Stress können unter Umständen eine zusätzliche Zufuhr von Magnesium erforderlich machen. Zuvor empfehlen wir eine (ausführliche!) Beratung mit einem Arzt und einem Ernährungswissenschafter bzw. Diätassistenten.

Weniger ist mehr. Kombipräparate mit weiteren Nährstoffen sind meist nicht besser, nur teurer als die reinen Magnesiumpräparate.

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