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Medikamente: alli - Abnehmen mit Nebenwirkungen

Unsere Testrubrik "Nebenwirkungen" nimmt rezeptfreie Medikamente unter die Lupe, Medikamente, die häufig nachgefragt oder stark beworben werden. – Diesmal: alli.

alli Kapseln (Bild: VKI) Hier in "Konsument" 9/2009:

  • alli: Durchfallähnlicher Stuhlgang, Blähungen
       

Die Bewertung nahm ein Expertengremium von anerkannten Medizinern und Wissenschaftlern vor. Als Grundlage dienten klinische Studien.

Die Eignung der jeweiligen Präparate wurde für die Indikation bewertet, die der Hersteller angibt. Die  Bewertung erfolgt in Zusammenarbeit mit der Stiftung Warentest und basiert auf vier Stufen:

  • Geeignet
  • Auch geeignet
  • Mit Einschränkungen geeignet
  • Wenig geeignet

Medikament alli

Testurteil:

Mit Einschränkung geeignet zur Unterstützung der Therapie stark übergewichtiger Menschen, bei denen eine Ernährungsumstellung und mehr Bewegung zum Abnehmen nicht ausreichen. Die Verträglichkeit des Wirkstoffes Orlistat über lange Zeit ist noch nicht abschließend zu beurteilen.

 

Wenig geeignet, um dauerhaft Gewicht zu verlieren, wenn nicht zugleich die Ernährung umgestellt wird. Studien zufolge bewegt sich die wöchentliche Gewichtsabnahme zwischen 60 und 70 Gramm. alli kam im Mai dieses Jahres auf den österreichischen Markt und wird als Neuheit angepriesen. Orlistat ist jedoch bereits seit über zehn Jahren als Schlankheitsmittel unter dem Namen Xenical in Apotheken erhältlich. Neu ist, dass die europäische Arzneimittelbehörde EMEA Orlistat in geringerer Dosierung von der Rezeptpflicht entbunden hat. Bei alli handelt es sich um nichts anderes als Xenical light.
Orlistat ist ein Lipasehemmer. Seine Wirkung richtet sich gegen den Fettanteil in der Nahrung. Fette werden in Magen und Dünndarm in ihre Bestandteile aufgespaltet, dann erst können sie ins Blut aufgenommen werden. Orlistat hemmt die fettspaltenden Enzyme (Lipasen). Normalerweise verlässt nur ein geringer Teil der Fette den Körper unverdaut, nach der Einnahme von Orlistat steigt dieser Anteil auf etwa 25 bis 30 Prozent. Zu den Folgen der Anwendung über einen Zeitraum von mehr als vier Jahren liegen noch keine ausreichenden Erfahrungen vor. Außerdem fehlen bisher Studien, die den Einfluss von Orlistat auf die Entstehung von Folgeerkrankungen bei Übergewicht wie beispielsweise Fettstoffwechselstörungen oder koronare Herzkrankheit belegen.
Die Einnahme von alli zur Gewichtsreduktion ist nicht empfehlenswert. Die Risiken sind höher als der Nutzen, zudem sind die Kosten nicht unerheblich. Für ein halbes Jahr müssen 650 bis 700 Euro veranschlagt werden (für alli und die zusätzlich empfohlenen Vitaminpräparate). Zur dauerhaften Gewichtsreduzierung ist eine Umstellung der Ernährungs- und Bewegungsgewohnheiten vorzuziehen.

Präparat: alli, 60 mg Hartkapseln, 42 Stück Wirkstoff: Orlistat Preis: € 46,50

Anwendung: Dreimal täglich zu den Mahlzeiten mit etwas Wasser einnehmen. Achtung, das Mittel darf maximal ein halbes Jahr lang angewendet werden!

Gegenanzeigen, Wechsel- und Nebenwirkungen: Als häufige Nebenwirkungen treten durchfallähnlicher Stuhlgang und Blähungen auf. Dabei kommt es nicht selten vor, dass öliger Stuhl abgeht. Dieser Hinweis fehlt in der deutschsprachigen Gebrauchsinformation, im Gegensatz zu jener in den USA. In Amerika empfehlen die Hersteller außerdem, dunkle Hosen zu tragen und Wechselbekleidung mit zur Arbeit zu nehmen.

Ein weiterer Nachteil des Mittels: Die Aufnahme fettlöslicher Vitamine (A, D, E und K) aus der Nahrung kann verringert sein. Dieser Mangel sollte laut Gebrauchsinformation durch Vitaminpräparate ausgeglichen werden. Wir empfehlen zudem eine obst- und gemüsereiche Kost. Bei Patienten, die aufgrund einer erhöhten Thrombosegefahr blutverdünnende Mittel einnehmen müssen, ist besonders ein Vitamin-K-Verlust zu beachten. Wer sich in einem schlechten Allgemeinzustand befindet und Nahrung nur unzureichend verwerten kann, sollte alli nicht einnehmen. Gleiches gilt, wenn der Abfluss der Galle gestört ist. Diabetiker müssen ihre Blutzuckereinstellung häufiger als üblich kontrollieren.

Als Begleiterscheinung der Einnahme können Magenschmerzen, Abgeschlagenheit und Kopfschmerzen auftreten. Wenn die Haut sich verstärkt rötet und juckt, liegt vermutlich eine Allergie gegen das Mittel vor. Dann sollte ein Arzt aufgesucht werden. Wenn starker Hautausschlag, Juckreiz, Herzrasen, Atemnot, Schwäche und Schwindel auftreten, muss die Einnahme sofort beendet und unverzüglich ein Notarzt gerufen werden, da es sich um eine lebensbedrohliche Allergie handeln kann. In Einzelfällen kann Orlistat die Leber schwer schädigen. Wenn sich die Haut gelb färbt (möglicherweise begleitet von starkem Juckreiz am ganzen Körper), sollte sofort ein Arzt aufgesucht werden.

Kinder, Schwangerschaft und Stillzeit: Über die Risiken einer Anwendung von Orlistat bei Kindern und Jugendlichen bis 18 Jahre gibt es nur unzureichende Erkenntnisse. Sicherheitshalber sollten sie nicht mit Orlistat behandelt werden. Eine medikamentöse Hilfe beim Abnehmen ist bei Kindern und Jugendlichen ohnehin nicht angebracht. Über die Risiken einer Anwendung in Schwangerschaft und Stillzeit gibt es keine Erkenntnisse. Sicherheitshalber sollte das Mittel daher nicht angewendet werden. Die Gewichtszunahme während einer Schwangerschaft ist ein natürlicher Vorgang. Selbst wenn man mehr zunimmt als der Arzt für vertretbar hält, ist die Einnahme von Medikamenten nicht der richtige Weg. Auch während der Stillzeit sind Maßnahmen zur Gewichtsreduktion abzulehnen.

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