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Muskelstimulationsgeräte - Lahmer Terminator

, aktualisiert am

  • Die Wirkung ist äußerst bescheiden
  • In der Hand von Laien nicht ganz ungefährlich

Ohne Schweiß gehts nicht

Joggen, schwimmen, Fahrrad fahren, Fitness-Center oder rudern – die Möglichkeiten, seinen Körper fit und schlank zu halten, sind vielfältig. Der Preis dafür ist aber immer der gleiche: Der Weg zur Traumfigur ist anstrengend, zeitaufwendig und langwierig. Als ideale Lösung erscheint ein Training, das sich bei möglichst wenig Anstrengung und geringem Zeitaufwand vor dem Fernseher oder am Arbeitsplatz durchführen lässt. Und genau diesen Eindruck vermittelt die Werbung für Muskelstimulationsgeräte. Es ist mühelos, jederzeit und an jedem Ort anwendbar.

Leere Versprechen

Der Muskelaufbau wird gefördert, der Kreislauf und die Durchblutung angeregt, und die Fettpölsterchen verschwinden still und heimlich. Bei dieser Fülle an Vorteilen sind die Predigten der Ärzte und Ernährungsexperten schnell vergessen – auf Sport und ausgewogene Mahlzeiten kann von nun an verzichtet werden. Wirklich? Wir haben  21 solche  Geräte getestet. Einhelliges Ergebnis: Die manchmal in der Werbung versprochenen Effekte sind allein durch Muskelstimulationsgeräte nicht zu erreichen!

Ungeahnte Risiken

Wer sich im Fachhandel einen Artikel kauft, der die Fitness steigern und somit die Gesundheit fördern soll, denkt erst einmal nicht an irgend welche Risiken. Das böse Erwachen kommt meist erst beim Studium der Betriebsanleitung, die unerwartet auf einige Gefahren des Gerätes aufmerksam macht. Bei unsachgemäßer Anwendung bergen Muskelstimulationsgeräte eine ganze Palette an gesundheitlichen Risiken.

Muskelkrampf und Zerrungen

Wer zu starke Impulse setzt oder die Stimulation an der falschen Stelle ausführt, riskiert schmerzhafte Muskelkrämpfe, Zerrungen, im schlimmsten Fall sogar Rhythmusstörungen des Herzens. Abgesehen von einer Ausnahme (Elysee 10) haben die billigen Geräte vergleichsmäßig schlecht abgeschnitten. Im Fall der Elektrostimulatoren muss das teure und qualitativ hochwertigste Produkt für den Konsumenten dennoch nicht unbedingt das Beste sein. Denn je besser ein Stimulator den Anforderungen einer professionellen Muskelstimulation gerecht wird, umso riskanter wird auch dessen Einsatz durch Laien. Ohne ausführliche Kenntnisse der Anatomie, der Trainingslehre und der Reizphysiologie ist eine sichere und effiziente Elektrostimulation einfach nicht möglich.

Kaum Gefahrenhinweise

Bei den getesteten Geräten sind die Gefahrenhinweise teilweise leider nur mangelhaft angeführt. Entweder fehlen wichtige Hinweise für eine sichere Anwendung oder aber es werden Anwendungsbeispiele genannt, die schwere gesundheitliche Folgen haben können. So ist z.B. von der Stimulation der Brustmuskulatur abzuraten, obwohl eine Mehrzahl der Anbieter diese empfiehlt. Durch die Nähe zum Herzen besteht für den Anwender ein nicht abgeklärtes Risiko von Herzrhythmusstörungen. Ebenso sollte man unbedingt von einer Stimulation der Gesichtsmuskeln Abstand nehmen, da dadurch eine dauerhafte Veränderung der Gesichtszüge nicht auszuschließen ist.  Zwei Anbieter, Nais Therapy E 433 und RIO Body Pro12, empfehlen ihre Geräte auch für therapeutische Zwecke nach einem Unfall, bei Lähmungen oder Bettlägrigkeit. Von derartigen Versuchen durch den Laien ist jedoch ebenfalls striktest abzuraten. Solche Therapien sollten ausschließlich von Experten durchgeführt werden.

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Bescheidene Wirkung

Keines der getesteten Geräte konnte mit einem besseren Gesamturteil als "durchschnittlich" benotet werden. Diese schlechte Bilanz ist vor allem der unzureichenden Umsetzung durch den Anwender zuzuschreiben. Die Technik ist bei vielen Geräten durchaus akzeptabel und könnte bei richtiger Anwendung auch zu Erfolgen führen. Für den Körper besteht nämlich kein grundsätzlicher Unterschied zwischen "richtigem" oder elektrostimulatorischem Muskeltraining. Durch sehr intensive Elektrostimulation von zumindest einer halben Stunde täglich und dem entsprechenden Fachwissen über die Anatomie des Menschen wird sich in den stimulierten Muskelgruppen  durchaus eine Verbesserung der Muskelkraft bemerkbar machen. Es ist dies allerdings auch eine Prozedur von mehreren Monaten und eine Frage der Impulsstärke.

Viel Strom nötig

Wer wirklich einen Trainingseffekt bewirken möchte, muss sich schon eine ordentliche Portion Strom durch den Körper "jagen". Bei einer solchen Kontraktionsstärke besteht bei unfachmännischer Anwendung allerdings wieder die Gefahr einer schmerzhaften Muskelverletzung. Die versprochenen positiven Auswirkungen auf das Herz-Kreislauf-System und den Fettstoffwechsel bleiben aber dennoch aus. Hierfür müsste etwa ein Sechstel der gesamten Körpermuskulatur gleichzeitig aktiv sein. Obwohl durch Elektrostimulation grundsätzlich ein Muskelaufbau möglich ist, kann der optimale Bewegungsablauf für eine bestimmte Sportart nicht erlernt werden.

Verwirrende Programme

Die meisten Geräte warten mit einer relativ hohen Anzahl von unterschiedlichen Stimulationsprogrammen auf, die durch verschiedene Stromsequenzen bestimmte Wirkungen auf den Körper haben sollen. So bietet beispielsweise FITbody der Firma Playlife ganze 50 unterschiedliche Abläufe an. Die Bezeichnung dieser Programme, wie beispielsweise "Karate Chop" (bei ABTEK) oder "Shiatsu-Massage" (bei RIO Body Pro 12), wirkt nicht nur verwirrend, sondern ist häufig auch nur der Phantasie der Erzeuger entsprungen. Der positive Trainingseffekt von diesen vorprogrammierten Abläufen ist daher auch eher zweifelhaft. Genau hier liegt auch eines der Hauptprobleme.

Kein spürbarer Erfolg

Bei den einzelnen Programmen werden verschiedene Impulse wild durcheinander gemischt und bringen für den Anwender letztlich keinen spürbaren Erfolg. Außerdem werden in den Bedienungsanleitungen teilweise auch unrealistische Wirkungsvorgaben versprochen, wie z.B. die Effekte einer "Lipolyse", einer "Lymphdrainage" oder vom "Bodybuilding" (bei MYO Activ 2). Für ein effizientes Training ist es wichtig zu wissen, welche Impulsstärke, welche Intervalle und welche Platzierung der Pads vorgenommen werden muss. Die voreingestellten Abläufe sind in dieser Beziehung größtenteils mangelhaft.

Komplizierte Umsetzung

Die Umsetzung ist das eigentlich größte Problem der Stimulationsgeräte. Hier mussten alle Produkte mit "nicht zufriedenstellend" beurteilt werden. Bei dem Versuch, die Erklärungen in der Bedienungsanleitung richtig zu interpretieren, hat sich eines klar herauskristallisiert: Bei keinem der getesteten Geräte konnte von Laien im Vorhinein beurteilt werden, welche Muskelgruppen durch den elektronischen Reiz angesprochen oder welche Effekte sich zeigen werden, obwohl streng nach den Vorgaben der Hersteller gehandelt wurde. Der Konsument hat letztlich also nicht einmal die Möglichkeit zu beurteilen, ob die Elektrostimulation überhaupt jene Muskeln trainiert hat, die er auch trainieren wollte.

Besser Sportarzt oder Physiotherapeut

Einen weiteren Kritikpunkt stellen die Elektroden selbst dar. Vor allem bei den akku- und batteriebetriebenen Geräten sind die Pads ziemlich klein, damit sich die Energiequellen nicht zu schnell entladen. Durch die geringe Größe werden Teile des Muskels besonders stark beansprucht, was schnell zu einem Krampf führen kann. Ein effektives Training  ist letztlich eine Frage der richtigen Positionierung der Elektroden, der angemessenen Intensität der Stromstärke und der genauen Kenntnis über den Muskelverlauf. Diese Informationen kann aber keine Bedienungsanleitung und kein Verkäufer kompetent und hinreichend detailliert vermitteln. Sportarzt und Physiotherapeut können hier noch am ehesten weiterhelfen

Muskelstimulationsgeräte

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Bauchstimulation
Bauchstimulation Elektroden am Gürtel: Gürtelgeräte sind noch am leichtesten anzubringen, in den Einsatzmöglichkeiten aber sehr beschränkt. |
Oberarmstimulationsgerät
Oberarmstimulationsgerät Zusatzkosten bei Klebepads: Sie müssen nach etwa 20 Anwendungen ausgetauscht werden. Ein Set kostet zirka 30 Euro. |
Beinstimulation
Beinstimulation Schwierig anzulegen: Bei Pads, die mit Bändern zu befestigen sind, benötigt man oft eine zweite Person, um sie richtig anzubringen. |
Bauchstimulation
Oberarmstimulationsgerät
Beinstimulation

Anbieteradressen

ABAway: Kirschenhofer GmbH, Schmelzgasse 3, A-3500 Krems an der Donau, (02732) 747 47-0

ABTEK: Universal Versand GesmbH, Peilsteinerstraße 5–7, A-5020 Salzburg, (0662) 44 85-0

AbTronic: See View International Handelsagentur, Höninger Hauptstraße 10A, D-67317 Altleiningen, (0049 6356) 96 39-6

Body Builder: Otto-Versand GmbH, Alte Poststraße 152, A-8020 Graz, (0316) 606-0

Compex Medical GmbH, Rheingaustraße 94, D-65203 Wiesbaden, (0049 611) 690 74-3

Elysee: Otto-Versand GmbH, Alte Poststraße 152, A-8020 Graz, (0316) 606-0

Hydas, Gym-Form: Hydas Fabrik für Medizinalbedarf GmbH, Hirzenhainer Straße 3, D-60435 Frankfurt am Main, (0049 69) 95 40 61-0

MYO: MACH Sports Activ Sales GmbH, Herrnholz 45, A-4075 Breitenaich, (07272) 58 91

Nais: Matsushita Electric Works Austria GmbH, Josef-Madersperger-Straße 2, A-2362 Biedermannsdorf, (02236) 268 46

Omron: Rosner KG, Huschkagasse 8 A, A-1190 Wien, (01) 320 02 11-0

Playlife: Sport & More HandelsgesmbH & Co KG, Helenenstraße 24, A-2500 Baden, (02252) 25 43 03

RIO: D.L.C. Schönberger KEG, Rubensstraße 45, A-4050 Traun, (0732) 37 29 20

Slendertone: BMR Neuro Tech, Zum Dedenhardt 12, D-88662 Überlingen, (0049 7551) 918-100

Sport Elec: PBI, Bahnhofstraße 43, D-71272 Renningen, (0049 7159) 92 59 20

Kompetent mit Konsument

  • Falsches Versprechen. Der in der Werbung versprochene Trainingseffekt ohne nennenswerte Anstrengung kann durch Elektrostimulation nicht herbeigeführt werden.
  • Geringer Effekt. Ein sichtbarer Muskelaufbau dauert Monate. Dauerhafte positive Effekte für das Herz-Kreislauf-System und den Fettabbau sind nicht möglich.
  • Gesundheitliche Risiken. Bei zu hoher Kontraktionsstärke kann es zu Zerrungen und Krämpfen, bei Stimulation des Brustmuskels sogar zu Herz-Rhythmusstörungen und im Gesicht zu entstellenden Muskelverkürzungen kommen.

So haben wir getestet

Im Test 21 Muskelstimulationsgeräte, Preisbereich von 60 bis 700 Euro.

Medizinisch- technische Prüfung

Wurde in Zusammenarbeit mit einem Experten der Akademie für Physiotherapie durchgeführt. Es wurden die Möglichkeiten der Elektrodenanordnung und deren Gesamtfläche bewertet. Impulsform und -stärke wurden am Oszilloskop in Anlehnung an EN 60601-2-10 gemessen.

Bedienung und Anwendung

Beurteilt wurden die Sicherheitshinweise, Indikationen, Kontraindikationen, Programmbeschreibungen und die Anwendungsbeispiele. Für den Prüfpunkt "Umsetzen der Anleitung" wurde an 5 Testpersonen (großteils Laien) bewertet, ob die Platzierung der Elektroden nach Abbildung ordnungsgemäß durchgeführt und dadurch der gewünschte Trainingseffekt erreicht werden kann.

Handhabung

5 Testpersonen beurteilten das Auflegen und Abnehmen der Pads, Verkabelung, Tragekomfort, Einstellen der Programme, Übersichtlichkeit des Displays und Erkennung des eingestellten Programms.

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