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Sodbrennen und Reizmagen: Rezeptfreie Mittel - Nicht sauer sein

  • Mittel gegen Sodbrennen zur kurzfristigen Behandlung geeignet
  • Kräutertees können leichte Beschwerden lindern
  • Bei anhaltenden Beschwerden unbedingt einen Arzt aufsuchen

Wer musste sich nach einer fetten Mahlzeit oder zu viel Kaffee nicht schon einmal mit Völlegefühl, Magenbeschwerden und saurem Aufstoßen herumplagen: Reflux, im Volksmund Sodbrennen genannt, erwischt wohl jeden einmal. Das hat aber nicht ­immer mit falscher Ernährung zu tun. Häufig verbirgt sich eine Schwäche des Speiseröhrenschließmuskels (Ösophagusphinkter) hinter dem Phänomen. Auslöser dafür können starkes Übergewicht, ein Zwerchfellbruch, eine Schwangerschaft oder Alkohol- bzw. Nikotinmissbrauch sein. Auch Stress-Situationen können uns im wahrsten Sinn des Wortes auf den ­Magen schlagen.

Der Ventilverschluss an der Magenpforte öffnet sich normalerweise nur für die he­runtergeschluckte Nahrung. Funktioniert dieser Mechanismus nicht mehr, kann ­Magensäure in die Speise­röhre gelangen, es kommt zu Sodbrennen, in selteneren Fällen zu einer Entzündung der Speiseröhre.

Schmerzen und Krämpfe

Psychische Belastung und Stress führen häufig auch zu einer funktionellen Dyspepsie (Reizmagen). Diese äußert sich durch Schmerzen und Krämpfe im Unter­leib, ­Völlegefühl, Blähungen, Durchfall oder auch Verstopfung. In schweren Fällen kann sich daraus eine Gastritis oder gar ein ­Magen-Darm-Geschwür entwickeln.

Vorbeugen ist besser

Deshalb ist es ratsam, bereits auf erste Symptome mit einer Änderung der Ernährungsgewohnheiten zu reagieren. Das bedeutet den Verzicht auf sehr fette Speisen und Süßigkeiten sowie eine Bevorzugung ballaststoffreicher Kost mit viel Obst, ­Gemüse und Vollkornprodukten. Alkohol, Tabak und Kaffee sollten (wenn überhaupt) nicht auf nüchternen Magen konsumiert werden.

Bei der Nahrungsaufnahme sollte man darauf achten, gut zu kauen und die Abendmahlzeit klein zu halten. Empfehlenswert ist es auch, mit erhöhtem Oberkörper zu schlafen, um so den Rückfluss der Magensäure in die Speiseröhre zu verhindern. Nach Rücksprache mit dem Arzt sollten auch keine den Magen belastenden Medikamente wie etwa Acetylsalicylsäure (ASS) oder sogenannte nonsteroidale Anti­rheumatika (z.B. Diclofenac) eingenommen werden. Wenn dies aus medizinischen Gründen nicht vermeidbar ist, kann der Arzt einen entsprechenden Magenschutz verschreiben.

Ein Präparat bei Reizmagen

Ein Präparat bei Reizmagen

Außerdem haben wir ein Phytopharmakon auf Basis alkoholischer Arzneipflanzenextrakte, welche die Beschwerden bei Reizmagen lindern sollen, untersucht. Das Präparat Iberogast ist ein alkoholischer Auszug aus neun verschiedenen Arzneipflanzen und wird von uns als mit Einschränkung geeignet bewertet. In einigen Studien konnte zwar gezeigt werden, dass das Mittel im Vergleich zu Scheinmedikamenten (Placebo) eine gewisse Wirkung erzielt. Da die Studien aber nur einen Zeitraum von acht Wochen umfassten, kann noch nicht mit ausreichender Sicherheit gesagt werden, ob dieser positive Effekt auch über längere Zeit anhält und mit welchen unerwünschten Wirkungen gerechnet werden muss, wenn dieser Zeitraum überschritten wird.

Hoher Alkoholgehalt

Eine abschließende Bewertung dieses Mittels hinsichtlich seines therapeutischen Stellenwerts ist deshalb noch nicht möglich. Das Präparat ist für Patienten, die Psychopharmaka, bestimmte Schmerzmittel und Mittel gegen Bluthochdruck einnehmen sowie für Alkoholkranke aufgrund des hohen Alkoholgehaltes nicht geeignet. Es enthält zudem Schöllkraut, welches zum Anstieg der Leberenzymaktivität führen kann, Leberkranke dürfen es daher nicht einnehmen.

Nicht bewertete Medikamente

Diverse andere Präparate, vor allem Hausmittel und Heilkräuter, sind zwar sehr beliebt bei der Selbstbehandlung von Magen-Darm-Beschwerden, ihre Wirksamkeit ist allerdings teilweise zweifelhaft. Wir haben außerhalb unseres Tests einige dieser Präparate unter die Lupe genommen.

Medikamente mit dem Wirkstoff Natrium­hydrogencarbonat (Speisesoda, Bullrichsalz und Bullrichsalz Tabletten) werden als uralte Hausmittel bei Sodbrennen angewendet. Die Wirkung setzt bei akuter Übersäuerung des Magens sehr rasch ein, hält allerdings nur sehr kurz an. Bei Überdosierung besteht das Risiko, dass der ­Magensaft neutralisiert wird oder gar in den alkalischen Bereich wechselt, dies kann zu starker Übelkeit führen. Zudem kann es zu einer Alkalose des Blutes kommen, die sich mit Symptomen wie Muskelschwäche, Abgeschlagenheit und flacher Atmung äußert. In diesem Fall ist eine ärztliche Behandlung dringend erforderlich.

Tees bei schwachen Symptomen

Bei nur gelegentlichem Auftreten von Beschwerden kann eine Selbstbehandlung hilfreich sein. Schwache Symptome lassen sich unter Umständen durch bestimmte Kräutertees (Kamille, Käsepappel, Eibisch- oder Süßholzwurzel) mildern. Weniger sinnvoll sind dagegen konfektionierte „Magentees“, da sie häufig Bitterstoffdrogen enthalten. Diese fördern die Magensaft­sekretion und sind daher bei Sodbrennen ungeeignet. Derartige Produkte sollten allen­falls bei durch Magensaftmangel ausgelösten Verdauungsproblemen mit Völlegefühl eingesetzt werden.

Nur kurzzeitig anwenden

Sinnvoll bei nervös bedingten Magenbeschwerden sind Psychotherapie, Biofeedback und bestimmte Entspannungstechniken. Diese müssen jedoch erst bei entsprechend ausgebildeten Therapeuten erlernt werden, was vielen Betroffenen zu aufwendig ist. So greifen von Sodbrennen geplagte Patienten gern zu rezeptfreien Präparaten aus der Apotheke. Damit lassen sich die Beschwerden zwar teilweise lindern, zu beachten ist allerdings, dass derartige Mittel im Rahmen einer Selbstmedikation nur kurzfristig (maximal zwei bis vier Wochen) angewendet werden dürfen.

Zum Arzt

Bei anhaltenden und dauerhaften Beschwerden ist eine medizinische Abklärung durch  einen Facharzt für Innere Medizin (Gastroenterologie) unabdingbar, da sich hinter den Symptomen auch gefährliche Krankheiten verbergen können. Bei Magengeschwüren, die durch das Bakterium Helicobacter pylori hervorgerufen werden, sind die getesteten Präparate nicht sinnvoll. Dieser Keim nis­tet sich in der Magenschleimhaut ein und muss mit Antibiotika und Protonenpumpenhemmern bekämpft werden (Eradikationstherapie).

Mittel zur kurzfristigen Behandlung

Wir haben insgesamt 11 in Österreich in Apotheken rezeptfrei erhältliche Mittel zur Behandlung von Sodbrennen (10) und Reizmagensyndrom (1) getestet. Weit verbreitet sind Antazida. Diese enthalten als Wirk­stoffe im Wesentlichen basische Alumi­nium-, Magnesium- und Calciumverbindungen zur Neutralisierung der überschüssigen Magensäure. Die Wirkung von Anta­zida bei Sodbrennen ist gut belegt, nicht jedoch bei Reizmagen. Wir beurteilen die Präparate Alucol Tab­letten, Rennie Antacidum (Peppermint bzw.­ ­zuckerfrei Spearmint) Lutschtab­letten, Riopan Magen­gel, Solugastril ­Tabletten, Talcid und Talidat Kautabletten als geeignet zur kurzfris­tigen Behandlung von Sodbrennen.

Ebenfalls als geeignet bei Sodbrennen zur kurzfristigen Behandlung bewerten wir Hista­min-(H2)-Rezeptoranta­gonisten mit den Wirkstoffen Famotidin und Ranitidin (Raninorm Genericon, Ranitidin ratiopharm und Sodexx Famotidin). Diese Präparate wirken im Gegensatz zu Anta­zida säure­hemmend. Höher dosierte Mittel sind ­rezeptpflichtig.

Kamille, Melisse und Salbei

Kamillenpräparate können bei Krampf­zuständen sowie entzündlichen Krankheiten des Magen-Darm-Traktes angewendet werden. Präparate wie Kamillosan Tropfen und Azulenal Tropfen sind als unterstützender Therapieversuch zur Selbstmedika­tion empfehlenswert. Korbblütler-Allergiker müssen Kamillenzubereitungen allerdings meiden. Für Salbeizubereitungen liegt ­eine Positivbewertung zur Behandlung von Verdauungsbeschwerden vor. Diese basiert ­allerdings nicht auf wissenschaftlichen Studien, sondern lediglich auf Erfahrungen aus der Therapie und klinischen Anwendungsbeobachtungen. Wird die Anwendung von Salbeizubereitungen subjektiv als hilfreich empfunden, spricht nichts gegen die Anwendung.

Ähnliches gilt für Melissentee. Studien deuten darauf hin, dass derartige Mittel Verdauungsbeschwerden und leichte Krämpfe lindern können. Die Anwendung von (Klosterfrau) Melissengeist bei unterschiedlichen Magenbeschwerden kann allerdings nicht empfohlen werden. Das Präparat besteht aus Auszügen von 13 Arzneipflanzen und 80 Vol.-% Alkohol und ist daher für Kinder, Schwangere und Stillende, Leberkranke, Alkoholkranke, Patienten unter Psychopharmakotherapie und Kfz-Lenker nicht geeignet. Melissengeist ist kein Arzneimittel, sondern ein Nahrungsergänzungsmittel; Wirksamkeitsbelege fehlen.

Andere Präparate

Mariazeller Magentropfen, ein alkoholischer Auszug aus 25 verschiedenen Arzneipflanzen (vorwiegend Bitterdrogen), sollen laut Herstellerangaben bei Völlegefühl, Blähungen, Magensaftmangel und leichten Leber- und Gallebeschwerden helfen. Derartige Kombinations­präparate sind unserer Ansicht nach jedoch therapeutisch nicht sinnvoll und können zur Behandlung von Reizmagen mit Blähungen, Krämpfen und Völlegefühl nicht empfohlen werden. Ebenfalls keine­ sinnvolle Wirkstoffzusammensetzung bietet ­unserer Ansicht nach Mag. Kottas Kräuterexpress Tee bei Sodbrennen. Dieses Präparat setzt sich aus fünf verschiedenen Arzneipflanzen zusammen, der Wirkstoffgehalt in der Kombination ist zu gering.

Nicht sinnvoll in der Zusammensetzung sind zudem Mag. Kottas Magen- und Darmtee sowie Mag. Kottas Kräuterexpress Magen-Darmtee. Letzterer enthält zudem die Bitterdrogen Tausendgüldenkraut und Kalmuswurzel, die für das beanspruchte Anwendungsgebiet „entzündliche Reizungen“ nicht empfehlenswert sind. Grundsätzlich sind bei der Anwendung von Heilpflanzentees Einzeldrogen – etwa Käse­pappel oder Eibisch­wurzel oder Mischungen mit maximal drei Komponenten, die sich sinnvoll ergänzen – vorzuziehen.

Lohnender Preisvergleich

Das Testergebnis ist durchaus erfreulich. Alle Antazida und Histamin-(H2)-Rezeptorantagonisten können als geeignet zur kurzfristigen Behandlung von Sodbrennen beurteilt werden. Das einzige pflanzliche Präparat im Test konnten wir als mit Einschränkung geeignet bei Reizmagen beurteilen, da die Kombination aus acht verschiedenen Arzneipflanzen kritisch zu sehen ist. Tipp: Es lohnt sich, auf den Preis zu achten.

Einige gute Medikamente werden relativ günstig angeboten, andererseits sind ebenfalls gute und teilweise sehr stark beworbene Präparate erheblich teurer. ­Alucol Tabletten sind mit einem Preis von 2,15 Euro für 40 Stück das kostengünstigste Präparat. Bei den von uns nicht bewerteten Phytopharmaka, deren Wirksamkeit bei den beanspruchten Gebieten belegt oder zumindest plausibel ist, sind Einzeldrogen den Kombinationspräparaten prinzipiell vorzuziehen.

Tabelle: Rezeptfreie Mittel bei Sodbrennen und Reizmagen

Zusammenfassung

  •  Selbstbehandlung. Rezeptfrei in der Apotheke erhältliche Präparate gegen Sodbrennen sind zur kurzzeitigen Behandlung geeignet. Halten die Beschwerden länger an, ist jedoch eine ärztliche Untersuchung und Behandlung notwendig. Hinter den Symptomen kann sich auch eine ernsthafte Erkrankung verbergen.
  • Medikamentekosten. Ein Preisvergleich der im Handel befindlichen Mittel lohnt sich. Gute Präparate sind bereits für wenig Geld erhältlich.
  • Hausmittel und Tees. Eine Bewertung ist nach den unseren Tests zugrunde liegenden Kriterien nicht möglich. Tees können allerdings zur Prophylaxe und bei leichten Symptomen hilfreich sein. Bei Kräutertees sind Monopräparate den Kombinationspräparaten vorzuziehen. Mittel ohne Alkohol sind Präparaten, die Alkohol enthalten, vorzuziehen.

Testkriterien

Grundlage dieses Tests ist das Handbuch „Medikamente“, für das ein Expertengremium der Stiftung Warentest Arzneimittel auf Basis von Literaturrecherchen beurteilte. Hier   finden Sie die Methoden.

Geeignet sind Mittel (Standardtherapeutika), deren therapeutische Wirksamkeit ausreichend nachgewiesen ist. Ihre Nutzen-Risiko-Abwägung fällt positiv aus. „Geeignet“ sind auch Kombinationsmittel, deren Wirkstoffe sich sinnvoll ergänzen.

Auch geeignet sind Mittel, deren therapeutische Wirksamkeit ebenfalls nachgewiesen ist, die aber Konservierungsmittel enthalten oder noch nicht lange genug erprobt sind.

Mit Einschränkung geeignet sind Mittel, die therapeutisch wirksam sind, aber im Vergleich zu Standardtherapeutika ein höheres oder nicht gut einschätzbares Risiko bergen.

Wenig geeignet sind Mittel, deren therapeutische Wirksamkeit nicht ausreichend belegt ist, die nicht ausreichend dosiert sind, deren therapeutische Wirksamkeit im Verhältnis zu den Risiken zu gering ist sowie Mittel mit mehr als einem Wirkstoff, deren Wirkstoffe sich nicht sinnvoll ergänzen oder keinen zusätzlichen therapeutischen Nutzen aufweisen.

Keine Bewertung

Anthroposophische, homöopathische und traditionell angewendete Mittel lassen sich nach den Grundsätzen unseres Tests nicht bewerten.

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