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Tattoos und Piercing - Unter die Haut

Tätowieren und Piercen sind derzeit modern. Ein Trend, der nicht ungefährlich ist.

Wieder entfernen ist nicht so einfach: Ganz ohne Narben geht es nicht.

Zwischen 400.000 und 600.000 vorwiegend junge Menschen, darunter schon fast die Hälfte Mädchen und Frauen, sind in Österreich gepierct. Noch weit mehr dürften tätowiert sein. Mehrere hundert Piercer und Tätowierer machen damit ihr Geschäft.

Doch was bei Fachkenntnissen und sachgemäßer Applikation mit sterilen Geräten in sauberer Umgebung selten zu Komplikationen führt, birgt in schmuddeligen Hinterkammerln und auf Messen vielfältige Gefahren. Ärzte schlagen Alarm. Behörden und Gesetzesvertreter ringen darum, den Wildwuchs unter Kontrolle zu bekommen.

Gewerbe der Kosmetiker

In Österreich gehören seit letztem Jahr die Tätowierstudios zum gebundenen Gewerbe der Kosmetiker, Fußpfleger und Masseure, bei den Piercern gibt es vorerst dazu nur Überlegungen. Gepierct wird dennoch jeden Tag, teilweise mit fatalen Folgen.

Vielfältige Gefahren

Denn dabei entsteht bis zur Abheilung eine permanente Eintrittspforte für Infektionen und Viren. Bei unhygienischem Vorgehen oder ohne die notwendige Nachbehandlung kann es zu Eiterungen, Geschwüren und massiven bakteriellen Infektionen wie Rotlauf oder Bauchfellentzündungen kommen. Auch Virusinfektionen wie Hepatitis (Gelbsucht) und dem HIV-Virus sind möglich, wenn mit der gleichen ungereinigten Nadel ein Überträger behandelt wurde.

Entzündungen möglich

Piercing in Augenbrauen und Zunge kann zudem Nerven verletzen und zu Lähmungen führen. Frauen, die ihre Brustwarzen „verschönern“ lassen, müssen mit Entzündungen und Verschluß der Milchgänge rechnen. Stillen wird später unmöglich.
Auch in den Genitalien führen die angeblich stimulierenden Knöpfe oder Stecker oft zu einer Desensibilisierung des Gewebes. Die Folge: kein Lustgewinn, sondern Schmerzen und langwierige ärztliche Behandlungen.

Allergische Reaktionen häufig

Häufig sind auch allergische Reaktionen: Während beim Piercing verschmutztes oder nickelhältiges Metall dafür verantwortlich ist (siehe „Konsument“ 12/98), liegt es bei Tätowierungen an den Farben. Vielleicht sogar aus den gleichen Gründen: Laut einer Untersuchung des Öko-Test-Magazins enthielten speziell die Rot- und Ockertöne zumindest einer Firma Schwermetalle. Dermatologen orten schon seit längerem rote Farbe als Verursacher von allergischen Reaktionen: Sie schwellen plötzlich an, brennen, jucken und nässen. Wenn es zu solchen Reaktionen kommt, hilft nur noch die komplette Entfernung der Tätowierung (siehe Kasten „Gezeichnet fürs Leben“). Viele Farben enthalten überdies gefährliche AZO-Farbstoffe. Die gefundenen Konzentrationen erwiesen sich im Tierversuch als krebserregend. Offiziell sind sie jedoch bislang weder in Deutschland noch in Österreich unter die Lupe genommen worden.

Oft folgt bald die Reue

Was oft aus einer puren Laune heraus geschieht, reut bald danach: Wenn der nächste Partner die Initialen des oder der Verflossenen verabscheut, wenn der Chef meint, daß damit kein Karriereschub möglich sei oder das Tattoo einfach nicht so aussieht, wie man es sich vorgestellt hat: Dermatologen und Klinikambulanzen beobachten eine immer geringere „Verweildauer“ von Tattoos. Schon nach einem Jahr will man sie wieder loswerden. Wie es die Mode will, ist nicht länger nur ein Tattoo an sich trendy, sondern auch in jeder Saison ein anderer dafür auserkorener Körperteil.

Entfernen ist teuer

Doch wer meint, sich Tätowiertes einfach entfernen lassen zu können, irrt. Anders als die Werbung behauptet, geht es niemals ohne Narben ab. Unter die Haut Gestochenes läßt sich nicht einfach ungeschehen machen wie Aufgeklebtes oder Gemaltes. Es ist zudem teuer: Pro Behandlung bezahlt man in Klinikambulanzen zwischen 1500 und 2000 Schilling. Rund drei bis fünf Sitzungen sind nötig. Nur die Eltern von Minderjährigen können diese Kosten beim Tätowierer zivilrechtlich einklagen, wenn ihr Einverständnis nicht vorher schriftlich eingeholt wurde.

Tattoo-Studios eingebunden

Nach einer Entscheidung des Wirtschaftsministeriums zählen die Tattoo-Studios nun zum Gewerbe der Kosmetiker, Fußpfleger und Masseure. Ein wichtiger Schritt gegen den Wildwuchs (zum Beispiel mobile Tätowierer auf Messen) ist damit getan. Spezielle hygienische Standards, sterile Geräte und praktische Erfahrungen können bereits jetzt von den Bezirkshauptmannschaften – in Wien von den Magistratischen Bezirksämtern – eingefordert und kontrolliert werden. Und das durchaus mit Erfolg, so die zufriedenen Wiener Prüfer: So manches suspekte Hinterzimmer ist seither verschwunden.

Geplantes fürs Piercing

Hauptproblem beim Piercing:
Infektionsgefahr

Komplizierter ist es beim Piercing. Hier handelt es sich um einen quasi-operativen Eingriff. Dies war bislang stets Ärzten vorbehalten und nur in therapeutischer Absicht. Noch ist nichts entschieden. Angesichts der Realität sollte es zu mindestens ebenso strengen Auflagen kommen, um alle möglichen Gefahrenquellen auszuschalten.
Bis dahin ist Selbsthilfe geboten: Nachdem Lehrer bereits über Beeinträchtigungen von Gepiercten im Turnunterricht geklagt haben, plant das Unterrichtsministerium, Lehrer auf Verletzungsgefahren hinzuweisen. Noch wichtiger wäre es, Kinder und Jugendliche vor Gefahren und Risken zu warnen.

„Gezeichnet fürs Leben“

 „Auch sogenannte Bio-Tattoos verschwinden nicht von selbst.“

Der Leiter der Laser-Ambulanz im Wiener AKH, Prof. Dr. Reinhard Neumann, im Gespräch.

Konsument: Tätowierungen mit sogenannten biologischen Farben sollen nach zwei bis fünf Jahren von selbst verschwinden. Was ist daran wahr?
Prof. Dr. Neumann : Da wäre ich skeptisch. Einige Patienten von mir warten seit Jahren darauf oder sind schon viele Jahre über diesem Datum. Auch bei biologischen Farben – was immer man darunter versteht – kann niemand garantieren, daß sie ohne weiteres Zutun verschwinden oder verblassen, das heißt von der Haut freigegeben und nicht konserviert werden.

Konsument: Welche Möglichkeiten des Entfernens gibt es?
Prof. Dr. Neumann : Prinzipiell gibt es verschiedene Möglichkeiten. Sie hängen von Lokalisation, Größe und Farbton des Tattoos ab. Ganz ohne Narben, und das möchte ich betonen, geht es aber nicht. Auch nicht mit den vielgepriesenen „sanften Lasern“. Wer diesen Schritt ungeschehen machen möchte, darf nicht darauf hoffen, auszusehen wie vorher.

Konsument:: Was kann ein Laser?
Prof. Dr. Neumann : Zwei Möglichkeiten stehen zur Verfügung: Die Tätowierung kann hundertprozentig in einer Sitzung beseitigt werden, in dem unter Lokalanästhesie sämtliche farbhaltigen Hautschichten verdampft werden. Es entsteht eine einzige, großflächige Narbe. Der CO2-Laser eignet sich vor allem für die klassische Tätowierung auf den Unterarmen und für alle, die sagen, es ist mir egal, wie die Hautstelle hinterher aussieht, Hauptsache, ich bin die belastende Tätowierung los.
Für andere Lokalisationen – und in mehreren Sitzungen – eignen sich sogenannte sanfte Laser, wie der Rubin-Laser, der relativ selektiv nur die Farbpartikel zerstört. Man hat keinen Substanzdefekt wie beim CO2-Laser. Fünf bis sechs Wochen nach jeder Behandlung zeigt die Tätowierung bereits eine deutliche Abblassung. Gerade bei diesen Lasern gibt es aber auch Nebenwirkungen bis hin zur Festigung bestimmter Tätowierungsfarben. Rottöne etwa können einen Farbumschlag zu dunkel bis schwarz zeigen. Das läßt sich dann nicht mehr aufhellen. Da bleibt nur noch der CO2-Laser oder die operative Entfernung mit dem Skalpell.

Konsument: Wieviele Sitzungen sind durchschnittlich nötig?
Prof. Dr. Neumann : Das ist individuell verschieden. Prinzipell können Tätowierungen nur in mehreren Sitzungen entfernt werden. Die genaue Anzahl hängt von vielen Faktoren ab. Leider gibt es Farbstoffe, die auf Laser nicht ansprechen, und leider handelt es sich hier um gängige Farbstoffe auf Metallbasis, wie sie in Tätowierungsstudios derzeit verwendet werden. In unserer Ambulanz schlagen wir daher zunächst nur zwei Behandlungen vor. Wenn die Aufhellung danach nicht mindestens 50 bis 60 Prozent beträgt, brechen wir die Behandlung ab, weil sich dieses Ergebnis nicht verbessern würde. Zudem sind die Kosten vom Patienten selbst zu tragen. Es handelt sich um keine Kassenleistung.

Kompetent

Überlegen.

Nicht nur den Freunden zuliebe. Nie aus spontaner Laune heraus!

Fürs Leben.

Kein Tattoo läßt sich ohne bleibende Narben entfernen, ebensowenig die Löcher nach dem Piercing.

Harmlose Alternative.

Tattoo aufkleben oder malen. Erst dann tätowieren lassen, wenn es nach einigen Wochen noch immer gefällt.

Geeignetes Studio.

Bietet Hygiene und fachkundige Beratung inklusive Gespräch nach dem Warum. Schmuddelige Hinterzimmer und mehrfach benützte Geräte sind gefährlich.

Unbedingt zum Hautarzt.

Frisch Gepierctes mit antibiotischer Salbe nachbehandeln lassen. Rötungen, Anschwellen, Nässen oder Jucken können allergische Reaktionen oder eine beginnende Infektion bedeuten.

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