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Zahnspangen: typische Fehlstellungen, übliche Behandlung - Richtig stellen

Sie oder Ihr Kind benötigen eine Regulierung. Hier sehen Sie, was Sie erwartet.

Brackets oder abnehmbare Zahnspange? Im September 2010 veröffentlichten wir den Test " Zahnregulierungen bei Kindern"; geprüft haben wir die Qualität der Beratung. Ergebnis: Einige Ärzte empfahlen Zahnspangen, obwohl es nicht nötig war. Hier in diesem Artikel zeigen wir Ihnen häufige Fehlstellungen und wie Spezialisten sie üblicherweise behandeln. Achtung: Im Einzelfall kann die Vorgangsweise auch anders aussehen.

 Zahnengstand (Bild: VKI/Haberl)

Zahnengstand (Bild oben): Die Zähne stehen nicht in Reih und Glied, sind verdreht, meist weil sie im Kiefer zu wenig Platz haben. Der ­Kieferorthopäde kann den Kiefer mit einer Apparatur umformen. Doch besteht die Gefahr, dass der Kiefer nach der Behandlung wieder in seine alte Form zurückkehren möchte. In manchen Fällen ist es erforderlich, Zähne (auch gesunde!) zu ziehen und auf diese Weise Platz zu schaffen. Bei korrekter Durchführung verbessert diese Therapie den Zustand des Gebisses deutlich und trägt maßgeblich zur Erhaltung der restlichen Zähne bei.

Überbiss (Bild: VKI/Haberl)

Überbiss: Die oberen Schneidezähne ­überragen deutlich den Unterkiefer. Das kann an den ­Erbanlagen, aber auch am Fingerlutschen oder an der Mund­atmung liegen. Je nach Schwere hilft eine abnehmbare Zahnspange, eine festsit­zende Zahnspange (Brackets) oder eine Operation.

Tiefbiss, offener Biss, großer Unterkiefer und umgekehrte Verzahnung

Tiefbiss (Bild: VKI/Haberl)

Tiefbiss: Die oberen Schneidezähne beißen zu tief nach unten, die unteren da­gegen zu weit nach oben. Die besten Ergeb­nisse bringt in diesem Fall eine Korrektur (häufig festsitzend) während des späten Zahnwechsels.

offener Biss (Bild: VKI/Haberl)

Offener Biss: Die Zähne klaffen bei geschlossenen Zahnreihen auseinander. Der Patient kann nur ungenügend artikulieren, abbeißen und kauen. In schweren Fällen hat sich der Kieferknochen stark verformt und ist ausschließlich mit fest­sitzenden Apparaturen oder chirurgisch behandelbar.

umgekehrte Verzahnung (Bild: VKI/Haberl)

Umgekehrte Verzahnung einzelner Schneidezähne: Ziel ist, die oberen ­Schneidezähne nach vorne und die unteren nach hinten zu bringen. Die Behandlung ist eher einfach und in der Regel sehr erfolgreich. Meist gibt es auch keinen Rückfall.

zu großer Unterkiefer (Bild: VKI/Haberl)

Zu großer Unterkiefer (Progenie): Die Behandlung ist in diesem Fall schwierig, langwierig und führt nicht immer zu bleibendem Erfolg. Ausgeprägte Störungen des Kieferwachstums sind nur mithilfe der Kiefer­chirurgie korrigierbar.

Verlagerte Zähne, Kreuzbiss, Diastema, überzählige und fehlende Zähne

Verlagerte Zähne (kein Bild): Betrifft häufig die Eckzähne im Oberkiefer, aber auch die Weisheitszähne. Die Zähne sind nicht dort, wo sie sein sollten, sondern sie verbleiben im Kieferknochen (retinierte oder impaktierte Zähne). Oft liegt etwa ein Eckzahn am Gaumen. In diesem Fall legt der Zahnarzt den betreffenden Zahn frei und befestigt ein Bracket daran. So vorbereitet kann die Apparatur den Zahn in seine richtige Position manö­v­rieren. Verlagerte Weisheitszähne werden meist nach dem 18. Lebensjahr ­entfernt.

Kreuzbiss (Bild: VKI/Haberl)

Kreuzbiss (Bild oben): Ein Teil der Unterkieferzähne ragt seitlich über die Zähne des Oberkiefers hi­naus (schiefer Biss). Das lässt sich in der Wachstumsphase einfach korrigieren.

Diastema (Bild: VKI/Haberl)

Diastema: Eine deutlich sicht­bare Lücke zwischen den beiden mittleren Schneidezähnen, vor allem im Oberkiefer.

Überzählige Zähne (kein Bild): Sie können die anderen Zähne beim Durchbruch behindern.

Fehlende Zähne (kein Bild): Im bleibenden Gebiss können ein oder mehrere Zähne fehlen. Das betrifft häufig obere seitliche Schneidezähne oder untere kleine Backenzähne. Je nach Situation werden die Lücken mit festsitzenden Apparaturen geschlossen oder es wird nur die Verzahnung korrigiert und anschließend werden die fehlenden Zähne künstlich ersetzt (Implantat, Klebebrücke o.Ä.).

Mängel bei der Behandlung

Mängel bei der Behandlung

Unzureichende Diagnose: Problematisch ist, wenn ein Zahnarzt nur kurz in den Mund schaut und sofort genau zu wissen glaubt, welche Therapie nötig ist. Fundierter ist es, die Therapie auf Abdruck, Röntgenbildern und Fotos aufzubauen.

Wenig aussagefähige Zettel: Sie haben ein Recht auf einen aussagefähigen und um­fassenden Heil- und Kostenplan. Er sollte auch etwaige weiterführende Behand­lungen nennen, die nicht im Preis ent­halten sind (zum Beispiel Haltespangen/Retainer)!

Unnötige Behandlung (Overtreatment, Überbehandlung): Viele sechs- bis zehnjährige Kinder haben kleine, ästhetisch störende Fehlstellungen, brauchen aber aus medizinischer Sicht keine Behandlung. Trotzdem gibt es Ärzte, die unnötigerweise zur Behandlung drängen. Das zeigte auch unser Beratungstest Zahnregulierung bei Kindern in KONSUMENT 9/2010.

Eine für alle: Dehnplatte (Einzelspange für einen Kiefer) und Aktivator (für Ober- und Unterkiefer) sind bei vielen Fehlstellungen nicht geeignet - obwohl manche Zahnärzte sie dennoch verschreiben.

Streitfall Zähneziehen: Schön wäre es, alle Zähne zu erhalten, aber oft ist das Ziehen notwendig. „Extraktion ja oder nein“ – hier gehen selbst Expertenmeinungen manchmal auseinander (meist aber nur in Grenzfällen).

Behandlung durch Mitarbeiter: Die Behandlung des Patienten ist ausschließlich dem Zahnarzt vorbehalten. Die zahnärzt­lichen Helfer dürfen lediglich vorbereitend und unterstützend arbeiten.

Zahntechniker: Sie dürfen nur die herausnehmbaren Zahnspangen bzw. Hilfsteile für die festsitzende Apparatur im zahntechnischen Labor anfertigen. Verboten ist ­ihnen, Abformungen bzw. Abdrücke zu nehmen oder sonstige Tätigkeiten im Mund vorzunehmen.

Häufige Fehler der Patienten

Häufige Fehler der Patienten

Ungeduld: Abstände zwischen Milchzähnen (Fachausdruck: Lücken) sind normal und sinnvoll, Lücken im Wechselgebiss (in den ersten Schuljahren) sowie leicht ­gekippte seitliche obere Schneidezähne ebenfalls. Trotzdem drängen besorgte Eltern immer wieder zu früh auf eine Behandlung. Kontrolle ist allerdings wichtig.

Bequemlichkeit: Oft nötigen Eltern den ­behandelnden Hauszahnarzt, auch die kieferorthopädische Behandlung zu über­nehmen. Der Weg zum ausgebildeten Spezialisten wäre jedoch vielfach besser.

Falsche Entscheidung: Viele Eltern lehnen festsitzende Apparaturen ab („zu teuer“). Manche Zahnärzte behandeln dann mit abnehmbaren Platten, auch wenn das nicht optimal ist. Die Kinder tragen sie oft jahrelang ohne Erfolg und brauchen im Anschluss daran erst recht die teurere fest­sitzende Apparatur.

Schlechte Mundhygiene: Dauernd Süßes zu essen kann Milchzähne sehr rasch zerstören (Karies). Ein früher Verlust der Milchzähne verursacht häufig Fehlstellungen der bleibenden Zähne. Wer Regulierungen trägt, muss äußerst diszipliniert putzen.

Vorher über Kosten informieren

Vorher über Kosten informieren

Der Arzt muss vor der Behandlung einen Behandlungsplan erstellen. Der enthält den Befund, einen Therapievorschlag, die vorgesehenen Apparate und eine Einschätzung, wie sich die Fehlbildung korrigieren lassen wird. Mit diesen Unterlagen stellen Arzt oder Patient den Antrag auf Kostenübernahme. Einige Krankenkassen ver­langen für die Einreichung ein eigenes Formular.

Zuschuss der Krankenkasse

Damit Sie für die Zahnspange einen ­Zuschuss bekommen, verlangt etwa die Wiener Gebietskrankenkasse zweierlei: Zum einen muss ein triftiger medizi­nischer Grund für die Behandlung vor­liegen. Dazu gehören unter anderem: zu wenige oder zu viele Zähne in einem Kiefer, extrem schmaler Oberkiefer, extremer Tiefbiss, frontaler offener Biss, zu stark entwickelter Unterkiefer (Progenie), ext­reme Frontzahnstufe. Für einen leicht verdrehten Schneidezahn zahlt die Kasse nicht.

Zum anderen zahlt die Kasse den Zuschuss primär nur für abnehmbare Zahnspangen. Für festsitzende gibt es ­unter bestimmten Bedingungen einen Zuschuss von rund 300 Euro pro Behandlungsjahr (Stand 2010). Beachten Sie, dass es von Kasse zu Kasse unterschied­liche Regeln geben kann.

Falsche Behandlung

Wenn ein Patient eine abnehmbare Apparatur jahrelang trägt und kein Erfolg sichtbar ist, dann wurde etwas falsch gemacht. Nach zwei bis drei Jahren sollte sich bei abnehmbaren Apparaturen ein deutlich positiver Effekt ­zeigen, bei festsitzenden Apparaturen schon nach etwa einem Jahr.

Wenn Sie als Patient (oder Ihr Kind) nicht mitarbeiten, muss ein seriöser Kieferorthopäde die Behandlung abbrechen. Denn wenn ein Patient die Behandlung ablehnt, wird sie scheitern.

Zahnarzt oder Kieferorthopäde?

In Deutschland gibt es eine spezialisierte Ausbildung für Kieferorthopädie, in Österreich nicht – zumindest nicht an den Universitäten. Die ­Qualität der Ausbildung an den Universitätszahnkliniken ist unterschiedlich, und unterschiedlich (und bisweilen mangelhaft) ist auch die Behandlung (Beratungstest Zahnregulierungen in KONSUMENT 9/2010).

Eine Liste österreichischer Spezialisten mit vertiefter kieferorthopädischer Ausbildung finden Sie unter www.voek.info .

Buchtipp: "Zähne"

Woran zeigt sich die Qualität einer Krone? Was sind die Vorteile von Gold, was die Nachteile von Keramik? Lohnt es sich, für ein Implantat viel Geld auszugeben? Was gehört zu einer guten Parodontalbehandlung und bei welchen Fehlstellungen reicht die abnehmbare Zahnspange nicht?

In Ordinationen kommt die Beratung oft zu kurz. Unsere aktualisierte Neuauflage des Buches "Zähne" (www.konsument.at/zahnratgeber/) bietet fundierte und für Laien gut lesbare Informationen.

Aus dem Inhalt

  • Mutter, Baby, Kind
  • Zahn- und Kieferregulierungen
  • Zahnfleisch
  • Zahnersatz
  • Kassen und Kosten
  • Probleme mit dem Zahnarzt

207 Seiten, 19,60 Euro (+ Versandspesen)

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