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Hormonell wirksame Substanzen - Unser täglicher Schadstoffcocktail

Sie sind in zahlreichen Produkten enthalten. Je häufiger wir mit ihnen in Kontakt kommen, desto gefährlicher wird es für unsere Gesundheit. Ein EU-weites Verbot ist dringend notwendig.

Höheres Risiko

Den ganzen Tag hindurch kommen wir in Kontakt mit Chemikalien, die einen negativen Einfluss auf unser Hormonsystem haben können. Sie werden - so die Fachbezeichnung - als potenzielle endokrin wirksame Stoffe bzw. endokrine Disruptoren (EDs) bezeichnet. Wir atmen diese Schadstoffe ein, nehmen sie mit der Nahrung zu uns oder über die Haut auf. Bereits kleinste Mengen können ausreichen, um das Risiko für Fettleibigkeit, verminderte Fruchtbarkeit und Nervenerkrankungen oder sogar eine Tumorbildung zu erhöhen.

Schadstoff-Cocktail

Das tückische ist, dass die Aufnahme einzelner EDs nicht wie bei Giftstoffen zu unmittelbaren gesundheitlichen Reaktionen führen muss. Problematisch wird es jedoch, wenn wir mit mehreren dieser schädlichen Substanzen aus verschiedenen Quellen in Kontakt kommen. Dann tritt der sogenannte „Cocktail-Effekt“ ein.

Keine Frage der Marke

Deshalb gilt es, möglichst Produkte zu verwenden, die keine EDs enthalten. Unsere Tests sowie die Tests unserer Partnerorganisationen zeigen: Es gibt in allen Sortimentsgruppen Produkte, die keine endokrinen Disruptoren enthalten. Die Problematik rund um die EDs lässt einmal mehr erhebliche Zweifel an der Sorgfalt der Unternehmen im Hinblick auf ihre Produktionsabläufe aufkommen. Die Herstellung von EDs-freien Produkten kommt nämlich, auch das zeigen unsere Tests, nicht teurer. Sie ist auch keine Frage der Marke. Schwierig ist es, EDs zu entgehen, die aus Möbeln, elektrischen Geräten, Teppichen oder Wandfarbe freigesetzt werden. In der Raumluft können sich etwa bromierte Flammschutzmittel, Pestizide und Phthalate anreichern.

Wir forden ein Verbot

Gemeinsam mit unseren europäischen Partnerorganisationen fordern wir deshalb, dass die EU handelt und potenzielle endokrine Disruptoren in Produkten des täglichen Gebrauchs verbietet.

Hier 15 Beispiele:

Zahnpasta, Hautcreme, Kinder-Jacke, Kopfhörer, Wasserflasche

Wo können wir im Laufe eines Tages mit potenziellen endokrinen Disruptoren in Kontakt kommen?

Hormonell wirksame Substanzen: Zahnpasta (Bild: BEUC/Bearbeitung oris Seyser)

1. Zahnpasten: In Frankreich enthielten 2 von 16 Zahnpasten mit Weiß-Effekt Triclosan oder Propylparaben – Chemikalien, die als endokrine Disruptoren bekannt sind.

 

Hormonell wirksame Substanzen: Hautcremen (Bild: BEUC/Bearbeitung oris Seyser)

2. Hautcremen: 50 % der Hautcremen, die in Italien getestet wurden, enthielten Propylparaben oder Butylparaben. Diese Stoffe stehen im Verdacht, die Entwicklung von Föten im Mutterleib zu beeinträchtigen.

3. Damen-Nassrasierer (kein Bild): 7 von 17 in Österreich erhältliche Nassrasierer für Damen - Feine Klinge enthielten Butylhydroxytoluol (BHT). Dieser Stoff hat nachweislich endokrine Eigenschaften.

 

Hormonell wirksame Substanzen in Lebensmitteln (Bild: BEUC/Bearbeitung oris Seyser)

4. Obst: 19 Prozent der Lebensmittelproben, zumeist Obst, die in ganz Europa untersucht wurden, enthielten eines oder mehrere endokrin wirksame Pestizide.

 

Hormonell wirksame Substanzen in Kinderjacken (Bild: BEUC/Bearbeitung oris Seyser)

5. Kinderjacken: 3 von 6 Kinderjacken in Norwegen enthielten Perfluoroctansäure (PFOA), eine Substanz, die bei der Entstehung von Krebs beteiligt sein kann.

 

Hormonell wirksame Substanzen in Kopfhörern (Bild: BEUC/Bearbeitung oris Seyser)

6. Kopfhörer: In Dänemark enthielten 2 von 16 Kopfhörern Phthalate. Diese können zu Unfruchtbarkeit führen.

 

Hormonell wirksame Substanzen in Wasserflaschen (Bild: BEUC/Bearbeitung oris Seyser)

7. Wasserflaschen: In Norwegen wurden in 9 von 11 Wasserflaschen Bisphenol A (BPA) und andere endokrine Disruptoren nachgewiesen.

 

Hormonell wirksame Substanzen in Kinderkaugummis (Bild: BEUC/Bearbeitung oris Seyser)

8. Kinderkaugummis: In Dänemark enthielten zwei Drittel der getesteten Kinderkaugummis Zusatzstoffe, die mit Entwicklungsstörungen bei Kindern in Zusammenhang gebracht werden.

 

Hormonell wirksame Substanzen in Fast-Food-Verpackungen (Bild: BEUC/Bearbeitung oris Seyser)

9. Fast-Food-Verpackungen: Ein Drittel der Fast-Food-Verpackungen in der EU enthielten fluorierte Substanzen. Diese stehen ebenfalls im Verdacht, endokrin wirksam zu sein.

 

Hormonell wirksame Substanzen in Getränkedosen (Bild: BEUC/Bearbeitung oris Seyser)

10. Getränkedosen: 8 von 14 Getränkedosen (soda cans) in Dänemark enthielten verschiedene Arten von Bisphenolen. Auch BPA wurde in der Beschichtung entdeckt.

 

Hormonell wirksame Substanzen in Teddybären (Bild: BEUC/Bearbeitung oris Seyser)

11. Teddybären: Nonylphenol Ethoxylate steht im Verdacht, Krebs auszulösen, die Fruchtbarkeit zu beeinträchtigen sowie Typ-2-Diabetes, Übergewicht und Hyperaktivität auszulösen. In Norwegen wurde der Stoff in allen 6 getesteten Teddybären gefunden.

 

Hormonell wirksame Substanzen in Buggys (Bild: BEUC/Bearbeitung oris Seyser)

12. Buggys: 6 von den 11 Buggys, die in Dänemark getestet wurden, enthielten Chlorparaffine. Auch diese Verbindungen sind als potenzielle endokrine Substanzen bekannt.

 

Hormonell wirksame Substanzen in Baby-Feuchttücher (Bild: BEUC/Bearbeitung oris Seyser)

13. Baby-Feuchttücher: 4 von 21 Baby-Feuchttüchern, die in Frankreich getestet wurden, enthielten Parabene. Diese beeinträchtigen vermutlich die Fortpflanzungsfähigkeit.

 

Hormonell wirksame Substanzen in Anti-Aging-Cremen (Bild: BEUC/Bearbeitung oris Seyser)

14. Anti-Aging-Cremen: 1 von 3 Anti-Aging-Cremen, die von unseren deutschen Kollegen getestet wurden, enthielten Methyl-, Propy- und/oder Ethylparaben.

 

Hormonell wirksame Substanzen in Fernbedienungen für Spielkonsolen (Bild: BEUC/Bearbeitung oris Seyser)

15. Fernbedienungen für Spielkonsolen: 4 von 12 Fernbedienungen für Spielkonsolen, die von unseren dänischen Kollegen getestet wurden, enthalten Chlorparaffine bzw. endokrin wirksame Flammschutzmittel.

Unsere Quellen

Diese Veröffentlichung wurde vom European European Union’s Consumer Programme (2014-2020) finanziell unterstützt. Die Koordinination lag bei der BEUC (Bureau Européen des Unions de Consommateurs, kurz BEUC), ein Zusammenschluss unabhängiger Verbraucherorganisationen in der Europäischen Union.

Quellen und Veröffentlichungen

  1. (1) Report on Interpretation of knowledge on endocrine disrupting substances (EDs) – what is the risk?, Danish Centre on Endocrine Disrupters, 2019
  2. (2) Exposure of children and unborn children to selected chemical substances, Danish Environmental Protection Agency, 2017
  • Whitening toothpastes: UFC-Que Choisir, ‘Comparatif Dentifrices blanchissants’, 2017.
  • Beauty balms: Altroconsumo, ‘Una goccia di colore in molto marketing’, Test Salute 112, 2014
  • Food - fruit: Pesticide Action Network, ‘Endocrine Disrupting Pesticides in European Food’, 2017
  • Children’s jackets: Forbrukerrådet, ‘Helseskadelige stoffer funnet i norske barnejakker’, 2015
  • Headphones: Forbrugerrådet Tænk, ‘Chemical Dissonance in Headphones’, 2015
  • Refillable water bottles: Forbrukerrådet, ‘Drinking bottles leach chemicals’, 2018
  • Children’s chewing gum: Forbrugerrådet Tænk, ‘Test: Kemi i tyggegummi’, 2019
  • Soda cans: Forbrugerrådet Tænk, ‘Test examines the chemicals in soda cans’, 2017
  • Teddy bears: Forbrukerrådet, ‘Fant skadelige kjemikalier i kosebamser’, 2014
  • Pushchairs: Forbrugerrådet Tænk, ‘Pushchairs: These problematic chemicals were found in test’, 2017
  • Take-away food wrappings: Forbrugerrådet Tænk, Test Achats/Test Aankoop, DECO, Altroconsumo, OCU, ‘Fast food packaging contains unwanted fluorinated substances’, 2017
  • Baby wipes: UFC-Que Choisir, ‘Comparatif lingettes classiques’, 2013
  • Anti-aging creams: Stiftung Warentest, ‘Keine sichtbare Wirkung – auch teure Cremes mangelhaft’, 2015
  • Game controllers: Forbrugerrådet Tænk, ‘Test: Kemi i controllere til PlayStation, Xbox og Wii’ 2015
  • Bubble Gum: To know more about the different chemicals visit https://chemicalsinourlife.echa.europa.eu

Lesen Sie auch auf vki.at: Kosmetika: Chemikalien, die wie Hormone wirken

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