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Hotelbewertung: Holidaycheck und Tripadvisor - Schön geschwindelt

Experten schätzen den Anteil gefälschter Hotelbewertungen auf rund ein Drittel. Portale wie Holidaycheck und Tripadvisor haben reagiert und Gegenmaßnahmen eingeleitet. Wir haben getestet, wie effizient diese sind.

Auch wenn die Beschreibung des Hotelkatalogs korrekt sein sollte: Die Wahrheit sieht meist anders aus, irgendwie anders (KONSUMENT-Cartoon von Rober Scheifler) 

Es ist eine schöne Beschäftigung: Wenn die Tage länger werden, beginnen viele Öster­reicher damit, Urlaubspläne zu schmieden. Wo soll’s hingehen? Und in welchem Hotel soll man absteigen? Dass die Menschen dabei im Internet über ihre Traumziele recherchieren, ist mittlerweile Usus geworden. Reiseseiten, Foren und Bewertungsportale sind beliebte Entscheidungshilfen bei der Frage, wohin zu fahren sich lohnt und wohin eher nicht.

HolidayCheck und TripAdvisor haben großen Einfluss

Dabei sind die Bewertungsseiten nicht nur die meistbesuchten Adressen. Lange Zeit haftete ihnen auch ein vertrauenswürdiges Image an. Leute, die einen Ort oder ein Hotel besucht haben, geben dort ihr Urteil darüber ab – unverfälscht und nicht von kommer­ziellem Interesse geleitet.

Hohe Klickraten und der Nimbus der Unabhängigkeit ver­halfen Domains wie HolidayCheck und TripAdvisor zu einem beträchtlichen Einfluss, wenn es darum ging, Leute von einem Urlaubs­ort zu überzeugen. Das ist der Tourismusbranche aufgefallen.

Unternehmen bewerten sich selbst

Es sprach sich unter Hoteliers herum, wie wichtig eine gute Bewertung auf diesen Seiten ist. Dann erkannten sie, wie leicht es ist, sich selbst gute, besser noch: phantastische Noten zu geben. Und bald gab es – auch hier in Österreich – eine Schar von Spezialisten, die den Beherbergungsbetrieben anboten, diesen Job zu übernehmen. Es entstand ein neuer Geschäftszweig, der sich ums sogenannte Online Reputation Management kümmert – um den Ruf, den ein Unternehmen im Internet hat.

Weiterempfehlung: Rate künstlich steigern

Bekommt so eine Agentur den Auftrag eines Hotels, dann wird sie dafür sorgen, dass die Weiterempfehlungsrate bei den Portalen steigt. Diese Prozentzahl ist die harte Währung auf den Internetseiten. Je näher sie der Hunderter-Marke kommt, desto besser. Auch auf die Zahl der Sterne kommt es an. Wer der Bestmarke am nächsten kommt, gilt als bester Betrieb ­seiner Klasse. Dazu kommen Beiträge, die gespickt sind mit mehr oder minder subtilen Schwärmereien über das Haus, dessen Annehmlichkeiten und dessen Umgebung.

Ein Drittel sind gefälscht

Wettbewerbswidriges Verhalten und Irreführung

Nicht, dass dies erlaubt wäre – und zwar weder der Agentur noch dem Auftraggeber: Auf Basis der heimischen Rechtsprechung kann man von wettbewerbswidrigem Verhalten und Irreführung der Verbraucher ausgehen. Doch wo es bisher keinen Kläger gab, hat auch noch kein Gericht über einen solchen Fall entschieden. Das Medium Internet macht es nicht einfacher, handfeste Beweise vorzulegen.

Ein Drittel sind gefälscht

Immer öfter stellten sich Forscher jedenfalls die Frage, wie viele der Bewertungen überhaupt noch echt sind. Eine Gruppe an der Fachhochschule in Worms kam zu dem Schluss, dass etwa ein Drittel der Kritiken auf den Portalen gefälscht sind. Bing Liu, ein Com­puterwissenschaftler der University of Illinois in Chicago setzte Algorithmen ein, um der Sache auf die Spur zu kommen. Er kam auf ein Ergebnis von rund 15 Prozent, wobei er einräumt, dass sein Instrument nur die Hälfte erkennen würde.

TripAdvisor und HolidayCheck wollen gegensteuern

Die Bewertungsportale ihrerseits haben eingesehen, dass es nicht zu ihrem guten Ruf beiträgt, mit Fake-Bewertungen überhäuft zu werden. Sie haben deshalb diverse Barrieren errichtet. Wir wollten die Angelegenheit selbst unter die Lupe nehmen. In einem mehrstufigen Test haben wir die beiden relevantesten Seiten TripAdvisor und HolidayCheck untersucht.

Bewertung ohne Urlaubs-Buchung möglich

Von den anderen bekannten Websites unterscheiden sie sich insofern, als der User Bewertungen abgeben kann, ohne vorher nachweislich über das Portal ­einen Aufenthalt gebucht haben zu müssen. Bewertungen auf anderen Websites sollte man trotzdem nicht ungeschaut vertrauen. Online-Reputationsagenturen verstehen es zweifellos, Hindernisse zu überwinden.

Wie schwierig ist Betrug?

Wie schwierig ist Betrug?

Im ersten Schritt posteten wir einen völlig sinnfreien Text über ein Nobelhotel in einem bekannten Skigebiet in Salzburg. Das Ergebnis: Auf TripAdvisor war er binnen weniger als 24 Stunden online. Nach zwei Tagen jedoch nahm der Manager des Hotels mit einer Anmerkung auf der Site dazu Stellung. Er stellte klar, dass es sich nicht um ein "Strandhotel mit Krokodilen, Affen und Karibikflair" handle.

Über drei Wochen blieb der Kommentar online, dann wurde er von TripAdvisor entfernt. Bei HolidayCheck hatte der Text das Prüfverfahren nicht bestanden, er wurde nicht publiziert.

Mehrere Bewertungen von einer IP-Adresse ...

In der zweiten Stufe testeten wir, wie viele Bewertungen zwar von unterschiedlichen Mailadressen, aber von ein und derselben IP-Adresse abgegeben werden können. Nur ­wenige Minuten nacheinander gaben wir die Kommentare von immer demselben Com­puter ab. In diesem Punkt sind die beiden Portale mit ihrer Abwehr schon weiter. Auf keinem von ihnen erschien auch nur einer der gefälschten Texte.

... wurden gut gefiltert

Von HolidayCheck erhielten wir eine E-Mail. Ihnen sei aufgefallen, dass sie von dieser Adresse schon eine Bewertung erhalten hätten. "Um den Gesamteindruck eines Hotels nicht zu verfälschen, ver­öffentlichen wir immer nur eine Bewertung" hieß es in dem Schreiben. Auf eine ­andere E-Mail-Adresse, von der ebenfalls eine Bewertung ausging, schickten sie eine Nachricht, in der sie um einen Nachweis über den Hotelaufenthalt baten (Buchungsbestätigung oder Kopie der Hotelrechnung).

Das Ergebnis: Wenn Manipulierer mehrere Kritiken zu einem Hotel hintereinander abgeben wollen, müssen sie mit unterschiedlichen IP-Adressen arbeiten.

Werbetext bei HolidayCheck noch immer online

In der abschließenden Untersuchung galt es herauszufinden, ob die beiden Portale ­Bewertungen herausfiltern, die in einem augenfällig werblichen Stil getextet sind. Hier hat TripAdvisor die Nase vorn. Der vor Werbefloskeln strotzende Text passierte das Prüfverfahren des Portals nicht. Bei HolidayCheck dagegen ist er noch immer online.

Katz-und-Maus-Spiel

Katz-und-Maus-Spiel

Fazit: Sowohl HolidayCheck als auch Trip­Advisor sind manipulierbar, wenngleich es nicht mehr so einfach ist, wie es einmal war. Und genau darin liegt das Problem: Die ­Online-Reputationsfirmen denken sich immer neue Instrumente aus, damit ihre Fake-Texte das Prüfverfahren passieren. Gleichzeitig ­arbeiten die Portale stetig daran, sich vor fingierten Bewertungen, dem sogenannten Meinungsmüll, zu schützen.

Filter-Software funktioniert ...

Auch die Wissenschaft hat sich des Themas angenommen. IT-Experten der New Yorker Cornell University entwickelten eine Soft­ware, die Fake-Texte automatisch idenfiziert. In einem Test erkannte sie fast 90 Prozent aller von Agenturen geschriebenen ­Hotelbewertungen.

... manchmal zu gut

Ein Manko jedoch ist, dass das Programm auch so manche echte Kritik mit aussortiert. Komplett lösen werden solche Algorithmen das Fälschungs­problem wahrscheinlich nie. Sehr wohl aber können sie beim Vorsortieren von manipulativen Bewertungen helfen. Den Rest müssen die Konsumenten selbst bewerkstelligen.

Fake-Bewertungen erkennen

Fake-Bewertungen erkennen

Was kann man tun? Zunächst einmal gibt die Art und Weise, wie ein Kommentar geschrieben ist, bereits Aufschluss darüber, ob er in Auftrag gegeben wurde oder nicht.

Marketingsprache

Oberflächliche Beschreibungen wie "Das Hotel ist herrlich am wunderbar-idyllischen See gelegen. Es besticht mit einer angenehmen Wohlfühlatmosphäre und einem aus­gezeichnet ausgestatteten Wellnessbereich, der keine Wünsche offenlässt" lassen auf eine Fake-Bewertung schließen. Auch Formulierungen wie "Das Buffet ist reichhaltig und punktet mit internationalen, wohlschmeckenden Spezialitäten. Die Servicekräfte sind sehr kompetent" lassen vermuten, dass der Kommentator nicht selbst vor Ort war.

Auf eine gekaufte Bewertung lässt außerdem schließen:

  • Hotelname: wenn der Name des Hotels immer wieder voll ausgeschrieben und wiederholt wird oder komplett in Großbuchstaben geschrieben wird;
  • Viel auf einmal: wenn zu einem Hotel lange keine Kritiken und dann auf einmal viele äußerst positive oder auch negative Bewertungen hintereinander geschrieben wurden;
  • Wenige Lobpreisungen: wenn nur wenige Bewertungen zu einem Hotel vorliegen, und diese in einem überschwänglichen Ton voll des Lobes verfasst sind;
  • Neue Hotels: wenn ein erst kürzlich eröffnetes Hotel gleich zu Beginn viele Positivbewertungen hat;
  • Copy-Paste-Texte: wenn exakt dieselben Kommentare zu denselben Hotels auf verschiedenen Bewertungsportalen auftauchen (eine Phrase aus dem Kommentar in die Suchmaske von Google eingeben);
  • Nicknames: wenn der Bewerter sogenannte Random-Names wie beat1234 oder pfb6736 trägt – Namen, die er zufällig ausgewählt hat;
  • Ein Autor, viele Hotels: wenn der Bewerter über viele verschiedene Hotels schreibt, und das in einem auffällig positiven oder negativen Ton.

Zusammenfassung

  • Kritisch bleiben. Generell sollten Internetsurfer bei Beschreibungen auf Bewertungsportalen eine gesunde Portion Skepsis walten lassen. Man muss davon ausgehen, dass jede Website manipulierbar ist.
  • Aufmerksam lesen. Kommentare nicht nur oberflächlich lesen oder einen schnellen Blick auf die Zahl der Sterne bzw. die Weiterempfehlungsrate werfen. Suchen Sie sich jene Kritiken heraus, die so klingen, als seien sie von Menschen geschrieben worden, die sich tatsächlich im Hotel aufgehalten haben.
  • Aufenthaltsnachweis. HolidayCheck bietet auch die Möglichkeit, den Nachweis eines Aufenthaltes zu erbringen – bei derart gekennzeichneten Bewertungen handelt es sich mit hoher Wahrscheinlichkeit um echte.

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