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Foto vom Klimaticket
So sieht das Klimaticket aus Bild: VKI

Klimaticket - Start mit kleinen Tücken

Eine Jahreskarte für den gesamten öffentlichen Verkehr? Die gibt es seit 26.10.21 mit dem Klimaticket. Ganz rund läuft der Start nicht, und in Einzelfällen gibt es finanzielle Härten.

Das neue Klimaticket soll eigentlich eine Vereinfachung des Tarifsystems und vor allem auch eine spürbare Vergünstigung im öffentlichen Verkehr bringen. Im Einzelfall kann es dann doch kompliziert oder teurer werden. Hier einige ausgewählte Beispiele.

Jahreskarte für öffentlichen Verkehr

Der Wechsel vom Flugzeug zur Bahn fällt nicht allen leicht. (Bild: Rosch) Aber zunächst eine kompakte Einführung in die (Kosten-)Welt des Klimatickets. Das "Klimaticket Ö“ (wie es korrekt heißt) des Klimaschutzministeriums schafft mit 26. Oktober 2021 eine Jahreskarte für den gesamten öffentlichen Verkehr innerhalb Österreichs. Es inkludiert alle Züge der ÖBB (2. Klasse) sowie Privatbahnen, Linienbusse und Stadtverkehre. Ausgenommen sind touristische Angebote wie Wachaubahn, Schneebergbahn, Schafbergbahn (Details auf www.klimaticket.at). Eine beachtliche Leistung – den ÖBB ist es in den 18 Jahren seit Einführung ihrer Österreichcard nicht einmal gelungen, den zum Konzern gehörigen ÖBB-Postbus zu integrieren.

Das Klimaticket Ö kostet 1.095 Euro pro Jahr (bis 31.10.2021: Aktionspreis 949 Euro). Jugendliche bis 26, Seniorinnen und Senioren sowie Menschen mit Behinderung zahlen 821 Euro (bis 31.10.2021: Aktionspreis 699 Euro).

Familienaufschlag zum Klimaticket

Es gibt kein eigenes Klimaticket Familie, sondern den sogenannten Familienaufschlag: Wer 110 Euro aufs Klimaticket Ö aufzahlt, kann bis zu vier Kinder zwischen 6 und 15 Jahren mitnehmen, zu denen kein Verwandtschaftsverhältnis bestehen muss. Grundsätzlich ein sehr attraktives Angebot, doch nicht für die Kundengruppe Österreichcard Familie der ÖBB. Mehrere Betroffene haben sich bereits an die KONSUMENT-Redaktion gewandt und ihrer Empörung Luft gemacht.

Kostensprung – die ÖBB-Österreichcard Familie

Kostensprung – die ÖBB-Österreichcard Familie

Die Österreichcard Familie, Jahreskarte für die ÖBB-Züge, kostet aktuell 2.084 Euro (2. Klasse) bzw. 3.196 Euro (1. Klasse). Sie gilt für Eltern und deren Kinder unter 15 Jahren, für die Familienbeihilfe bezogen wird. Eltern und Kinder erhalten eigene Karten und können so auch jederzeit allein fahren. Ihr Wegfall und der Umstieg auf die dann nötigen Klimatickets bedeutet für eine vierköpfige Familie – Eltern plus zwei Kinder – eine gravierende Verteuerung.

„Ich besitze seit Jahren eine ÖBB-Österreichcard Familie 1. Klasse“, schreibt Jimmy H., „zum Preis von 3.196 Euro. Dieses Ticket läuft aus und wird durch das Klimaticket ersetzt. Das hat auch eine Familienoption und kann auf die 1. Klasse erweitert werden. Jedes Ticket für mich und meine Partnerin kostet dann 2.700 Euro pro Jahr, dafür sind die Kinder automatisch dabei. Das bedeutet eine Preissteigerung von stolzen 69 Prozent. Auch eine Reise in der wirklich qualitativ guten BusinessClass ist extra aufpreispflichtig; diese war bisher auch inkludiert und reservierbar."

Benötigt man für die eigenen Kinder künftig separate Klimatickets – etwa, weil sie öfter allein reisen –, ist man rasch bei einer Verdoppelung oder Verdreifachung der Kosten.

Besser gelöst beim VOR

"Die Tatsache, dass das Klimaticket für Familien schon in der zweiten Klasse eine Verdoppelung der Kosten verursacht, haben auch die ÖBB bereits anerkannt, und daher mitgeteilt, dass die Österreich Card Familie 2. Klasse weitergeführt werde. Diese Information wird aber nur erteilt, wenn man ausdrücklich danach fragt", berichtet Stephan S. von seinen Erfahrungen. Warum diese Ausnahme nicht auf die 1.-Klasse-Version ausgeweitet wird, wissen nur die ÖBB. Die Österreichcard Familie 1. Klasse wird mit dem Klimaticket abgeschafft, was eine drastische Preiserhöhung für diese wohl kleine, aber feine Kundengruppe bedeutet.

Dass es auch ohne Verärgerung von Fahrgästen geht, zeigt etwa der Verkehrsverbund Ost-Region VOR. Hier bleiben, wo ein Umstieg auf eine der Versionen des Klimatickets eine Verteuerung gegenüber den alten Streckenkarten fürs Pendeln bedeuten würde, diese einfach erhalten und es besteht eine Wahlmöglichkeit.

1.-Klasse-Upgrade

Grundsätzlich bieten die ÖBB ein "1.-Klasse-Upgrade“ beim neuen Klimaticket Ö, das zum Benutzen ihrer 1.-Klasse-Bahnabteile berechtigt. Auch hier ist eine gesalzene Preiserhöhung für 1.-Klasse-Kunden zu beobachten: Der Unterschied zwischen ÖBB-Österreichcard Classic 1. Klasse und 2. Klasse beträgt Stand Oktober 2021 1.054 Euro. Das „1.-Klasse-Upgrade“ zum Klimaticket kostet 1.355 Euro – also ein Plus von rund 28 Prozent.

Schwierigkeiten beim Umtausch

Schwierigkeiten beim Umtausch

Bisherige Jahreskarten – Verkehrsverbund-Jahreskarten sowie ÖBB-Österreichcards – können in ein Klimaticket Ö umgetauscht werden. Rabattkarten wie die ÖBB-Vorteilscards übrigens nicht. Bereits bezahlte, aber noch nicht begonnene Vertragsmonate werden erstattet, einzelne Tage nicht.

Schwierigkeiten gibt es beim Umtausch vor Gültigkeitsbeginn des Klimatickets am 26. Oktober 2021, wie ein Besitzer einer Österreichcard erlebte. Er hatte vor, am 20. Oktober für 14 Tage nach Deutschland zu reisen. Davor wollte er seine Österreichcard gegen ein Klimaticket zum günstigeren Aktionspreis, der nur bis 31.10. gilt, umtauschen. Um lückenlos ein gültiges Ticket zu besitzen, sei nur ein Umtausch zwischen 26.10. und 31.10 2021 möglich, wurde ihm am ÖBB-Schalter beschieden. Zu der Zeit ist er aber in Deutschland. Tipp aus der befragten ÖBB-Zentrale: Er solle am Schalter darauf hinweisen, dass für ihn ein Umtausch ab 26. Oktober nicht möglich sei und auf einem sofortigen Umtausch bestehen. Es könne eine vorläufige Österreichcard, die bis 26. Oktober gültig ist, ausgestellt werden. Gesagt, getan – die Person am Schalter zeigte sich von dem Ansinnen allerdings wenig beeindruckt: Das gebe es nicht. Erst die Vorlage der E-Mail aus der ÖBB-Zentrale machte es dann doch möglich. Die ÖBB-internen Kommunikationswege scheinen verbesserungswürdig zu sein.

Wochen-, Monats-, Jahreskarten im Verbund

Ähnliche Umstiegsmodalitäten wie bei der ÖBB-Österreichcard gibt es auch für Jahreskarten der Verkehrsverbünde – sie sind im Detail auf den Websites der Verkehrsverbünde nachzulesen. Für Verärgerung und Verwirrung sorgen teilweise die Zahlungsmodalitäten. Das österreichweite Klimaticket Ö kann nicht nur sofort beim Kauf bezahlt werden, sondern auch in Monatsraten – ohne Aufpreis. Bei den regionalen Verbund-Klimatickets, die es auch bereits gibt, weicht das ab. So sind die diversen regionalen VOR-Klimatickets bei monatlicher Abbuchung in Summe um 10 bis 41 Euro teurer als bei Einmalzahlung. „Die Möglichkeit einer Ratenzahlung wird als ,ohne Aufschlag‘ beschrieben. Doch die Ratenzahlung verteuert sich gegenüber der Einmalzahlung“, ärgert sich etwa Roswitha O.

Wann zahlt sich ein Klimaticket aus?

In Summe bringt das neue Klimaticket auch preislich vor allem Vorteile. Ob es sich für einen persönlich auszahlt, kann anhand der Ticketkosten für öffentliche Verkehrsmittel im letzten Jahr ausgerechnet werden. Berücksichtigenswert sind aber auch Faktoren wie der Komfort, etwa beim Benutzen von Bus, Bahn und Stadtverkehr nicht mehr an den Ticketkauf denken zu müssen. Oder der psychologische Effekt, der beim Auto oft genannt wird: Wenn ich es schon mal habe, nutze ich es auch für mehr Wege – damit es sich auszahlt. Im Europavergleich ist das Klimaticket einzigartig: Nur die Schweiz hat mit dem General-Abo Vergleichbares – allerdings zum dreifachen Preis: Rund 3.600 Euro kostet das GA für Erwachsene.

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