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Kunde König - Konsument 7/1999

 


Der tollste
Himmelskörper

Daran gibt es nichts zu rütteln: Von allen Himmelskörpern ist die Sonne mit Abstand der wichtigste. Zwar werden dem Mond und den Sternen allgemein mehr Romantik nachgesagt, aber wenn die Sonne gut in Form ist, hält sie sogar in dieser Gefühlssportart mit und versinkt derart dekorativ im Meer, daß auch die Abgebrühtesten nach ihrer Videokamera tasten.
Das Tollste an der Sonne ist aber, zumindest aus der Sicht der Konsumenten, daß sie gratis scheint. Ob arm, ob reich, das ist ihr gleich – sie bestrahlt jeden zum Nulltarif. Ob das sozial gerecht ist, sei dahingestellt. Es wäre jedenfalls keine Überraschung, wenn man bei der nächsten Steuerreform einen Sonnenzuschlag auf die Lohnsteuer in den Raum stellen würde.
Sicher ist, daß die Wirtschaft mit dem wahllosen Verschenken von solaren Dienstleistungen keine Freude hat. Das weiß auch die Sonne, und deshalb läßt sie es mit der Dosierung hapern.
Die Folgen kennen wir aus den täglichen Gesprächen über das Wetter. Meistens scheint die Sonne zu viel, zu wenig oder zur falschen Zeit. Das bringt den Schilling beträchtlich ins Rollen.
Graue November treiben den Menschen von Welt ins Bräunungsstudio, damit sein Leder nicht ausbleicht. Dreht die Sonne hingegen auf volle Heizleistung, explodiert der Verkauf von Fetten, Ölen und Sonnenbrillen.
Der Idealfall einer Umsatzbelebung schaut so aus: Sonnenmangel am Wohnort treibt Sonnenhungrigen in den Süden (Reisekosten). Dort wirft ihn die Hitze um, weshalb er eine Klimaanlage (Preisaufschlag im Hotel) braucht. Sein Kühlbedarf (schattige Bars, teure Drinks) fördert die regionale Wirtschaft ebenso wie der Kauf luftiger Kleidung. Seine Liebe zur fernen Heimat wächst mit jedem Gedanken an kühle Nächte und erfrischenden Regen. Das sind innere Werte, die nicht zu verachten sind. Das alles macht die Sonne. Wahrlich unser tollster Himmelskörper – da können die Fans von TV-Satelliten sagen, was sie wollen.

Kkönig

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