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Smartphone länger nutzen - Alle zwei Jahre wechseln?

Der rasche Wechsel der Geräte ist aus ökologischer Sicht ein Desaster. - Ein Kommentar von Redakteur Markus Stingl.

KONSUMENT-Redakteur Markus Stingl (Foto: VKI)Wenn das Handy den Geist aufgibt, muss ein neues her, klar. Auch wenn Apps nicht mehr funktionieren, weil das Betriebssystem zu alt geworden ist, braucht’s Ersatz. Aber muss es alle zwei Jahre ein neues Smartphone sein? Nur weil der Mobilfunker bei Vertragsverlängerung mit einem ach so günstigen, ach so schön funkelnden neuen Gerät lockt?

Ökologisch ein Desaster

Aus ökologischer Sicht ein Desaster. Denn nicht die Nutzung eines Smartphones ist problembehaftet – schon gar nicht, wenn man Ökostrom bezieht. Nein, der Schaden entsteht schon bei der Herstellung des Geräts. Je nach konkreter Berechnungsmethode des ökologischen Fußabdrucks müsste man ein Smartphone zumindest zehn Jahre lang nutzen, um sich mit halbwegs reinem grünen Gewissen ein neues zulegen zu können. Das ist unrealistisch. Aber schon die Hälfte wäre grandios.

Stilllegung von 1 Mio Autos

Berechnungen besagen: Würden alle Smartphones in der EU um nur ein Jahr länger genutzt, würde das bis 2030 Unmengen an CO2 einsparen – gleichzusetzen mit der Stilllegung von einer Million Autos.

Wegwerf-Mentalität

Die Mobilfunker haben mit ihrem Geschäftsmodell "Neuer Vertrag: neues Handy, Vertragsverlängerung: neues Handy“ über die Jahrzehnte eine Wegwerf-Mentalität heraufbeschworen. Sie ist aus Ressourcensicht nicht akzeptabel. Und ökonomisch? Lesen sie unseren Vergleich SIM-Only-Verträge/Vertragshandys.

 

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Stingl Markus, Redakteur

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Problematische Updates

Alte Geräte wegen fehlender Sicherheits-Updates nicht zu verwenden, da kann ich mich nur wundern. Erstens kommen die Sicherheits-Updates meist um Monate zu spät, dann ist die Frage, ob man diese überhaupt braucht. Jedes Update birgt die Gefahr, dass etwas nicht funktioniert oder nicht mehr so wie vorher.

Gegen Datenverluste helfen nur Backups, Datenkopien. Ist das Gerät kaputt oder in Verlust geraten, dann hilft kein Sicherheits-Update. Eventuell nützt ein Zweitgerät zu einer Absicherung im Notfall, das sollte es wert sein. Gegen Ausspähung von Daten hilft nur Vorsicht. Heikles wie Online-Banking oder Speicherung von Passwörtern mache ich nicht über Smartphones. Da kann man sich nicht auf die Sicherheits-Updates verlassen. Oftmals sind die alten Geräte weitaus sicherer und erprobter als neue. Umweltschutz gilt auch hier. Übrigens sind die Datendiebstähle bei großen Unternehmen für die einzelnen Konsumenten viel gefährlicher, dagegen hilft auch kein Sicherheits-Update.

Vielfach sind die Leute nur unvorsichtig. In der Straßenbahn konnte ich einmal beobachten, wie eine Dame vor mir ihr Passwort eingab. Nicht nur, dass es ein simples Passwort war, konnte ich sie dabei auch beobachten – und dann rufen die Leute nach Sicherheits-Updates. Ich hatte in meinem IT-Leben weit mehr Probleme mit fehlerhaften Updates als mit Viren. Man soll nicht jedem Marketing-Argument blindlings folgen. „Never change a running Windows“ war bei uns ein geflügeltes Wort. Gilt auch für andere Software.

Peter Juerss
Wien
(aus KONSUMENT 9/2021)

Unser Technik-Redakteur hat sich mit dem Thema Updates ebenfalls befasst, mehr dazu unter Aktualisierungspflicht - Kommentar von Redakteur G. Schönfeldinger.

Die Redaktion

Viele Hürden

Smartphones länger nutzen – ein frommer Wunsch, genauso wie der Kauf von Vorgängerversionen. Auch wenn aktuelle Geräte von der Leistung her problemlos länger funktionieren würden – es bleibt das Problem von Sicherheits- und Betriebssystem-Updates, gesperrten Bootloadern, fehlenden Treiber-Updates für die verwendeten Chipsätze bzw. gibt es Probleme, die sich durch das Aufspielen von alternativer Firmware ergeben (z.B. Garantieverlust und der Verlust von aktueller Banking-Software, wenn Sicherheitschecks nicht erfolgreich sind).

Hier wären gesetzliche Vorgaben auf EU-Ebene notwendig (Österreich ist als Markt viel zu klein), die Mindeststandards (Updates für x Jahre nach Inverkehrbringen der letzten Geräte?) vorschreiben, oder eine steuerliche „Belohnung“ offener Geräte. Von der Reparierbarkeit auf Ebene der Hardware rede ich noch gar nicht.

Eigentlich betrifft obige Problematik weit mehr als nur Smartphones – Autos, Fernseher, Assistants, Haushaltsgeräte mit Netzwerkanschluss, Router, ... So ziemlich jedes mehr oder minder smarte Gerät wird in kürzester Zeit von fehlenden Sicherheitsupdates eingeholt und ist eine potenzielle Sicherheitslücke im Haushalt. Offene Standards? Dokumentierte Hardware-Plattformen? Veröffentlichte Firmware inkl. Sourcecode? Weitestgehend Fehl­anzeige.

Vielleicht kann sich da KONSUMENT ja weiterhin in der Öffentlichkeitsarbeit und auch im politischen Lobbying stark machen.

Florian Schwarze
E-Mail
(aus KONSUMENT 7/2021)

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