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Supermärkte - Kampf der Giganten

  • 25 Filialen im Qualitätsvergleich
  • Fast überall wurden Mängel festgestellt
  • Verschimmeltes Obst und Gemüse gehört zum Alltag

Die einen tauchen gerne in die bunte Welt ein und lassen sich von den vielfältigen Verlockungen verführen; die anderen verbinden damit lediglich Hektik und Schlange stehen; doch niemand kommt heutzutage an ihnen vorbei: den Supermärkten. Sie haben den Greißler ums Eck nahezu vollständig verdrängt und bieten eine breite Palette an Gütern, weit über den Bereich Lebensmittel hinausgehend: Bis zu Computern und Waschmaschinen reicht das Sortiment.

Im Lauf der Zeit haben die Supermärkte einen beachtlichen Imagewandel durchgemacht. Viele von ihnen haben sich von einem lieblos eingerichteten Diskontladen zu einem Feinkostmarkt entwickelt, der auch Gourmets zufrieden stellen will. Selbst frischer Fisch und Meeresfrüchte werden heute in manchen Supermärkten appetitlich präsentiert.

Das vielfältige Angebotsspektrum – von Massenware zu Billigstpreisen bis zu den feinsten Delikatessen – hat einige Marktteilnehmer überfordert: Branchenriesen wie Konsum oder Meinl sind vom Markt verschwunden, der Löwa-Konzern musste gehörig abspecken und versucht nun unter der Marke Zielpunkt einen Neubeginn. Die Konzentration hat sich dadurch verschärft: Die Billa-Gruppe und die Spar-Organisation beherrschen weit über die Hälfte des Marktes.

Über 90 Prozent des Branchenumsatzes teilen sechs Einzelhandelsketten unter sich auf:

  • BML-Konzern mit Billa, Merkur und Mondo,
  • Spar inklusive Interspar,
  • Adeg inklusive Magnet,
  • Hofer,
  • Nah & Frisch (unter der gemeinsamen Organisation ZEV-Markant),
  • Zielpunkt.

Wie aber ist es um die Qualität wirklich bestellt? Werden die Hygieneansprüche dem Zwang zur Kostenreduktion geopfert? Und haben ethische Kriterien, wie etwa eine faire Behandlung der Mitarbeiter oder Rücksichtnahme auf die Umwelt, überhaupt noch einen Platz in der Konzernpolitik? All diesen Fragen wollten wir in diesem Test auf den Grund gehen.

Ausgesucht wurden 25 Supermarktfilialen im Osten und im Westen Österreichs (Wien und Tirol). Geprüft wurden vor allem Frischwaren und Tiefkühlwaren im Hinblick auf Sauberkeit, Frische, Temperatur und ordnungsgemäße Kennzeichnung. Außerdem wurde anhand einer Wurstprobe (aufgeschnittene Extrawurst) eine hygienische Überprüfung durchgeführt. Die Ergebnisse des Ethiktests werden unter "Supermärkte im Ethik-Ranking" und unter Tabellen - "Supermärkte im Ethik-Rankig" erläutert.

Bei Magnet war vieles faul

Was die Qualität der angebotenen Produkte betrifft, ist das Ergebnis alles in allem in Ordnung. Wirklich schlecht schnitt nur die Magnet-Filiale im 20. Wiener Gemeindebezirk ab. Wobei dieses Geschäft in keinem Bereich überzeugen konnte. Angefaulte Pfirsiche, starker Fliegenbefall in der Wurstabteilung, Fruchtfliegen befanden sich auch in – verpackten – Krapfen, in einigen Fällen war das Haltbarkeitsdatum bereits abgelaufen. Am stärksten aber fällt das nahezu vollständige Fehlen von Aufzeichnungen ins Gewicht: keine Wareneingangskontrolle, mangelhafte Temperaturaufzeichnungen, keine Kontrollaufzeichnungen über Reinigung und Desinfektion. Schließlich erbrachte auch die mikrobiologische Überprüfung der Extrawurst einen erhöhten Keimgehalt.

Ansonsten überwogen wie erwähnt die guten Ergebnisse. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass in fast allen Filialen zum Teil erhebliche Mängel in Teilbereichen festgestellt werden mussten, die aber in der Endabrechnung nur wenig ins Gewicht fielen. Das erleben wir regelmäßig in umfassenden Untersuchungen: Schlechte Einzelergebnisse in einem Bereich werden durch ordentliche Resultate in den anderen Bereichen kompensiert. Es lohnt daher, sich einige Details näher anzusehen.

Nur einer blieb ohne Makel

So hat eigentlich nur ein einziger Markt makellos abgeschnitten: die Zielpunkt-Filiale Krottenbachstraße in Wien-Döbling. Bei den anderen mussten zum Teil erhebliche Mängel festgestellt werden, auch wenn als Endergebnis ein „sehr gut“ ausgewiesen ist. Häufiges Ärgernis: verschimmeltes oder verfaultes Obst und Gemüse. So waren sogar beim Zweitplatzierten (ebenfalls eine Zielpunkt-Filiale) Nektarinen, Erdbeeren und Grapefruits verschimmelt. Insgesamt bot die Obst- und Gemüseabteilung in 15 Fällen Anlass zu derlei Beanstandungen. Erstaunlich, wenn man bedenkt, dass gerade dieser Abteilung verkaufspsychologisch eine hohe Bedeutung zukommt. Nicht zufällig wird sie zumeist direkt nach dem Eingang platziert, um den Eintretenden zum Schauen und Gustieren zu verführen und zu verhindern, dass er zielstrebig durch den Supermarkt eilt und ihn am Ende lediglich mit ein paar Semmeln und einem Liter Milch verlässt. – Angesichts schimmeliger Früchte könnte sich der Kunde möglicherweise sogar das überlegen…

Die Kühl- und Tiefkühlregale erwiesen sich großteils als in Ordnung. Allerdings wurde in der Filiale Hall von Nah & Frisch im Fleisch- und Wurstregal eine Temperatur von 13 Grad Celsius gemessen – um einiges höher als die empfohlene Temperatur von 2 bis 6 Grad. Die Milch wurde beim Letztplatzierten, Magnet, gar bei gemütlicher Zimmertemperatur gelagert (fast 18 Grad Celsius). Auch in den Tiefkühlregalen herrschten zum Teil zu hohe Temperaturen. Deutlich höhere als die erforderlichen minus 18 Grad wurden bei Interspar in Rum, bei Mondo in Wien 3 sowie bei Adeg in Wien 17 gemessen.

Logische Folge zu hoher Lagertemperaturen ist eine Beschleunigung der Keimvermehrung. Von den 19 Supermarktfilialen, die frische Extrawurst anboten, musste in fast einem Drittel eine erhöhte Keimzahl konstatiert werden. In einem Fall, bei Merkur in Wien 11, wurde eine überhöhte Anzahl an Lactobazillen festgestellt, auch coliforme Bakterien wurden in geringer Zahl nachgewiesen. Krankheitserreger wurden hingegen nicht gefunden. Die Ware gilt daher nicht als verdorben oder gesundheitsschädlich, ihre Lagerfähigkeit ist allerdings herabgesetzt, sie sollte rasch aufgebraucht werden.

Korrekte Aufzeichnungen haben Seltenheitswert

Die unbefriedigendsten Ergebnisse wurden in puncto Aufzeichnungen erzielt. In mehr als der Hälfte der untersuchten Filialen erwiesen sie sich als äußerst mangelhaft, wenn sie nicht überhaupt fehlten. Offensichtlich wird die Bedeutung korrekter Aufzeichnungen von vielen Filialleitern gröblich unterschätzt: Sie sind unverzichtbar, um Schwachstellen und Mängel frühzeitig aufdecken und damit auch beheben zu können.

Immer wieder Anlass zu Beanstandungen bietet auch die Kennzeichnung. In mehreren Fällen war die Haltbarkeitsfrist abgelaufen. An manchen Produkten fehlte eine Preisauszeichnung.

Alles in allem konnten die beiden untersuchten Zielpunkt-Filialen am meisten punkten. Dies ist wohl nicht zuletzt auf die Neuorientierung der zum deutschen Tengelmann-Imperium zählenden Handelskette zurückzuführen. Die Ergänzung durch eine Frischwarenabteilung im Fleisch- und Wurstbereich (geführt vom Fleischereibetrieb Schirnhofer) hat sich offenbar bezahlt gemacht.

Innerhalb des BML-Konzerns wurde die Merkur-Kette als Qualitätsschiene bestätigt, während Billa und Mondo im Endresultat etwas abfallen. Die Diskonter Hofer und Lidl konnten mit den anderen Supermärkten durchaus mithalten, mit der Einschränkung, dass sie außer Obst und Gemüse keine Frischware anbieten. Ebenfalls im Mittelfeld: die Tiroler MPreis-Kette.

Verschlossene Branche

Hohe Verweigerungsquote. Von den zwölf befragten Lebensmittelketten haben lediglich zwei am Ethik-Test teilgenommen – trotz gegenteiliger Beteuerungen vor dem Start der Erhebung. Noch niederschmetternder ist das Ergebnis auf der Ebene der Filialen, die wir parallel zu den Zentralen kontaktierten. Nur 2 der 25 Filialen haben geantwortet.

Die positiven Ausreißer. Zur positiven Seite des Ethik-Tests: Zwei Handelsketten – Spar und das ausschließlich in Westösterreich aktive Unternehmen MPreis – haben die Bedeutung ethischen Verhaltens erkannt. MPreis zeigte sich besonders kooperativ und auskunftsfreudig – eine Ausnahmeerscheinung in einer Branche, in der Geheimhaltung groß geschrieben wird.

Nahversorgung als Plus. Am besten sind die Ergebnisse im Untersuchungsbereich Informationsoffenheit, in dem die Kundenorientierung und die Versorgung der Öffentlichkeit mit Informationen erhoben werden. Im Umweltbereich kann MPreis einen deutlichen Vorsprung gegenüber Spar für sich reklamieren. Wobei das Tiroler Familienunternehmen (zur Vermeidung langer Transportwege) großen Wert auf regionale Versorgung legt. Erwartungsgemäß am schlechtesten ist es um die sozialen Errungenschaften bestellt, beide Konzerne kamen über zwei Drittel der möglichen Punkte nicht hinaus.

Unter Tabellen - "Supermärkte im Ethik-Ranking" finden Sie die oben angeführten Bewertungen in tabellarischer Form.

Der Test Unternehmens-Ethik Supermärkte wurde vom Institut für Agrarökonomik der Universität für Bodenkultur Wien und von der Agentur Synerga/Baden bei Wien durchgeführt. Dabei wurden Kriterien aus den Bereichen Umwelt, Soziales und Informationsoffenheit berücksichtigt. Nähere Angaben zur Erhebungsmethodik können Sie anfordern unter Tel: (01) 588 770.

Sauberkeit: Wie sauber sind Böden, Regale und Winkel? Aufgeplatzte Packungen sind ein Keimboden für Bakterien. Das Personal an den Frischwarentheken sollte sauber gekleidet sein, ein Häubchen tragen und die Lebensmittel nicht direkt mit der Hand berühren.

Tiefkühlware: In jeder Tiefkühltruhe sollte es eine rote Linie am oberen Rand geben. Bei Ware, die darüber gelagert ist, ist keine ausreichende Kühlung gewährleistet. Temperatur: nicht über minus 18 Grad Celsius. Kontrollprotokolle sind ein gutes Zeichen.

Gekühlte Lebensmittel: Strenger Geruch bei Fleisch ist ein untrügliches Zeichen von Verderb. Die Verpackung von Milch- und Milchprodukten (ausgenommen Jogurt) darf sich nicht nach außen wölben – das deutet auf Schimmel- und Hefebakterien hin. Temperatur: zwischen zwei und sechs Grad Celsius. Frisch abgepackter Fisch sollte nicht in Styroportassen angeboten werden. Greifen sie besser zu unverpacktem Fisch (er muss auf Eis gelagert sein).

Aufbrauchsfrist: Bei frischem Fleisch, Geflügel, Fisch und Rohmilch ist die Verbrauchsfrist anzugeben („zu verbrauchen bis...“). Ist das Datum abgelaufen, darf die Ware nicht mehr verkauft (und auch nicht mehr verzehrt) werden. Anders verhält es sich bei der Kennzeichnung „Mindestens haltbar bis...“. Sie besagt, dass die Ware bis zu diesem Datum ihre typischen Eigenschaften behält, aber auch danach noch genießbar sein kann. Sie sollte aber jedenfalls bald verzehrt werden.

Ein repräsentativer Warenkorb kostet bei Merkur 649, bei Billa 698 Schilling.

Ein direkter Preisvergleich bei Supermärkten ist gar nicht einfach, will man sich nicht von Lockangeboten irreführen lassen. Die Angebotsvielfalt sowie das wachsende Angebot an Eigenmarken erschweren den Vergleich zusätzlich. Dennoch haben wir einen repräsentativen Warenkorb von 35 Produkten des täglichen Bedarfs in fünf Supermarktketten erhoben und die Preisentwicklung über zwei Jahre verglichen.

Die Gesamtkosten des Warenkorbes beliefen sich im Sommer dieses Jahres auf rund 650 bis 700 Schilling: Merkur erwies sich als der billigste Markt, Billa und Spar waren am teuersten, wobei der Unterschied zwischen den beiden im Groschenbereich liegt.

Im Zweijahresabstand ist der Warenkorb in allen Supermärkten teurer geworden. Die schärfste Preissteigerung wurde bei Spar mit 7,7 Prozent ermittelt. Am zurückhaltendsten war Merkur mit 4,1 Prozent.

Die beiden Diskontketten Hofer und Mondo bewegen sich in etwa im selben Rahmen. Deren Warenkorb kann wegen des unterschiedlichen Angebotes (Eigenmarken bei Hofer, andere Marken oder Mengen bei Mondo) zwar nicht direkt verglichen werden. Die Preisentwicklung jedenfalls weist in dieselbe Richtung: 5,1 Prozent bei Hofer, 5,9 Prozent bei Mondo.

Alles in allem ist mehr als die Hälfte der Produkte teurer geworden, billiger hingegen nur wenige (meist unter 10 Prozent). An der Spitze liegt Spar, bei dem 60 Prozent des von uns erhobenen Warenkorbes teurer geworden sind, gefolgt von Interspar, Zielpunkt, Hofer und Billa (54 bis 50 Prozent). Deutlich darunter liegen Merkur und Mondo (mit 41 bzw. 38 Prozent).

Unter Tabellen - "Supermärkte Preisvergleich 1999, 2001" finden Sie oben angeführte Preisvergleiche in tabellarischer Form.

Passable Bilanz.

Die Qualität ist zum Großteil in Ordnung. Aber häufig findet man verschimmeltes Obst und Gemüse vor. Und die Kontrollaufzeichnungen lassen stark zu wünschen übrig. Wirklich makellos blieb nur eine Zielpunkt-Filiale. Schlusslicht bildet eine Filiale von Magnet.

Preiskampf mit Tücken.

Supermärkte sind nicht immer preiswert. Während mit billigen Lockangeboten geworben wird, ist Qualitätsware oft genauso teuer wie im kleinen Laden oder auf dem Markt.

Einkauf planen.

Gehen Sie nicht ohne Einkaufszettel in den Supermarkt. So können Sie Impulskäufe am ehesten vermeiden: etwas zu kaufen, was Sie eigentlich nicht brauchen und kurze Zeit später bereits bereuen.

Reklamieren lohnt sich.

Scheuen Sie nicht vor einer Reklamation zurück, wenn Sie zu Hause bemerken, dass eine Ware verdorben ist. In aller Regel lässt sich das Personal auf keine langen Diskussionen ein und nimmt die Ware zurück.

Reduzierte Haltbarkeit.

Vorsicht bei überfüllten Kühlregalen. Die obenauf liegende Ware ist unter Umständen nicht ausreichend gekühlt, was die Haltbarkeit deutlich reduziert. Gleiches gilt für aufgeschnittene Ware (Wurst oder Käse), wenn sie bereits seit Stunden in der Vitrine liegt.

Im Frühjahr 2001 wurden 25 Lebensmittelsupermärkte im Raum Wien und Innsbruck besucht.

Produktbereiche
Anhand einer Checkliste wurden folgende Bereiche überprüft: Obst- und Gemüseabteilung, Fleisch- und Wurstwaren, Milch und Milchprodukte, Fisch, Backwaren, Convenienceprodukte und Tiefkühlwaren/Eis. Die Checkliste umfasste unter anderem: Sauberkeit, Frische, Produktdeklaration, Temperatur, Arbeitskleidung des Personals, Arbeitsgeräte. Außerdem wurden auch die Aufzeichnungen (Wareneingang, Kontrollaufzeichnungen…) geprüft.

Hygiene von aufgeschnittener Wurst
Es wurde eine mikrobiologische Überprüfung durchgeführt (Aerobo-Gesamtkeimzahl, Lactobazillen, Coliforme Keime, Koagulasepositive Staphylokokken und Listeria monocytogenes).

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