Zum Inhalt

Rezeptfreie Medikamente - Bestseller mit Mängeln

Test: Bei kleineren ­Wehwehchen greifen wir ­gerne zu ­rezeptfreien ­Medikamenten aus der ­Apotheke. Wir ­haben die 30 ­meistverkauften ­Präparate unter die Lupe ­genommen. Fazit: Nicht alle der ­Verkaufsschlager sind auch empfehlenswert.

Diese rezeptfreien Medikamente haben wir einem Eignungstest unterzogen:

  • Rezeptfreie Medikamente im Test: Aeromuc, Aspirin +C, Hirudoid, Ibumetin, Mexalen, Nasivin, Otrivin, Prospan, Tantum Verde, uvm.
    Aeromuc
  • Antibiophilus
  • Aspirin C
  • Aspirin Complex
  • Bepanthen
  • Betaisodona
  • Bioflorin
  • Bronchostop
  • Canesten
  • Chlorhexamed
  • Dulcolax
  • Hirudoid
  • Ibumetin
  • Mexalen
  • Mexa-Vit C ratiopharm
  • Molaxole
  • Mucosolvan
  • Nasivin
  • Neo-Angin
  • Octenispet
  • Otrivin
  • Passedan
  • Prospan
  • Ratiodolor akut
  • Rennie Antacidum
  • Sinupret
  • Strepsils
  • Tantum Verde
  • Thomapyrin
  • Voltadol

Eine Liste all unserer bisherigen Tests rezeptfreier Arzneimittel finden Sie hier:Alle "Nebenwirkungen"-Artikel: rezeptfreie Medikamente .

Nachfolgend unser Testbericht "Wirksamkeit rezeptfreier Medikamente".


Vor allem bei Schmerzen und Erkältungen stehen rezeptfreie Medikamente aus der Apotheke hoch im Kurs. Unter den 30 meistverkauften OTC (over the counter)-Präpa­raten im Jahr 2015 finden sich nicht weniger als 17 Schmerz- beziehungsweise Erkältungsmittel. Dies zeigt eine aktuelle Studie, die wir bei der IMS HEALTH Marktforschung GmbH in Auftrag gegeben haben. Die ­meisten der in der Branche als Blockbuster bezeichneten Mittel sind seit Jahren auf dem Markt. Verantwortlich für die hohe Nach­frage scheint dabei auch gutes Marketing zu sein, denn was die Wirkung angeht, schwächeln manche der Topseller. Jedes zweite Medikament ist für die Behandlung nur mit Einschränkung beziehungsweise wenig ­geeignet. 

Schmerzmittel und Kombinationspräparate

Schmerzmittel

Nimmt man die Anzahl der verkauften ­Packungen im vergangenen Jahr (Stand Ende Novem­ber 2015), so ist das Präparat Mexalen Spitzenreiter. Das Präparat basiert auf dem ­Wirkstoff Paracetamol. Paracetamol ist geeignet, Schmerzen zu lindern, und wirkt ­fiebersenkend. Wie bei allen Medikamenten ist die Gebrauchsinformation genau zu ­beachten. Besonders gefährlich ist eine Überdosierung. Ebenfalls in der Spitzen­gruppe zu finden und bei Schmerzen und Fieber geeignet ist Aspirin mit dem Wirkstoff Acetyl­salicylsäure (ASS). Zu beachten ist, dass ASS von Kindern und Jugendlichen ­unter 12 Jahren nicht eingenommen werden darf. Eine posi­tive Bewertung erhalten auch Ibumetin sowie Ratiodolor akut mit dem schmerz­stillenden und entzündungshemmenden Wirkstoff Ibuprofen.

Kombinationspräparate

Paracetamol, ASS und Ibuprofen erfüllen ­ihren Zweck jeweils vollauf. Aus medizi­nischer Sicht gibt es keinen Grund, die ­Wirkstoffe miteinander oder mit anderen Wirksubstanzen in einer Tablette zu kombinieren. Doch genau derartige meist teure Kombinationspräparate sind auf dem Markt. Sie ­werden gerne als Erkältungsmittel beworben und gekauft. Ausreichende wissenschaftliche Belege, dass sie besser wirken als Monopräparate gibt es nicht. Die Einnahme ist sogar mit einem höheren Risiko verbunden, da sich mögliche unerwünschte Nebenwirkungen addieren.

Nutzen ist fraglich

Dennoch sind die ­Mittel gefragt. Unter den Top 30 finden sich mit Thomapyrin (ASS + Paracetamol + ­Coffein) und Aspirin Complex (ASS + Pseudo­ephedrinhydrochlorid) gleich zwei derartige Präparate. Manchen Mitteln ­setzen die Hersteller auch Vitamin C zu, ­ etwa Aspirin C (ASS + Vitamin C) oder Mexa-Vit C Ratiopharm (Paracetamol + Vitamin C). Solche Medikamente kosten in der Regel mehr, ihr Nutzen ist fraglich. Wir bewerten diese Präparate als „auch geeignet“. Vita­min C trägt zur Schmerzlinderung nichts bei, zudem nehmen wir mit der Nahrung bereits genügend Vitamin C auf. Über Medikamente oder auch Nahrungsergänzungsmittel zu­geführtes Vitamin C ist daher überflüssig und wird vom Körper sofort ­wieder aus­geschieden. 

Halsschmerzen und Husten

Halsschmerzen

Besonders häufig über den Ladentisch ­gehen auch Medikamente gegen Halsschmerzen. Das Mittel Tantum Verde, die Nummer zwei der „Charts“, ist in Pastillenform, aber auch als Gurgellösung oder Mundspray auf dem Markt. Das Mittel soll gegen schmerzhafte Entzündungs- und Schwellungszustände im Mund- und Rachenraum sowie gegen ­Halsschmerzen und Mandelentzündungen ­helfen. Die Erkrankung selbst kann Tantum ­Verde nicht heilen, lediglich Symptome lindern. Der enthaltene Wirkstoff Benzydaminhydrochlorid ist nachweislich schmerz­stillend, entzündungshemmend und leicht betäubend. Dass Benzydaminhydrochlorid nur mit Einschränkung geeignet ist, liegt an den möglichen unerwünschten Wirkungen wie etwa Überempfindlichkeitsreaktionen.

Nur wenig geeignet sind die Halsschmerzpräparate Strepsils und Neo-Angin. Die ­lokale Wirksamkeit der in Strepsils verwendeten Substanz Flurbiprofen ist nicht aus­reichend nachgewiesen, zudem kann diese Verbindung die Mundschleimhaut schädigen. Die in Neo-Angin enthaltenen Wirk­stoffe Dichlorbenzylalkohol und Cresol töten lediglich Bakterien und Pilze ab, gegen ­Viren, die Halsentzündungen meist verursachen, sind sie nur lückenhaft oder gar nicht wirksam. Dagegen werden auch nützliche Bakterien im Mund- und Rachenraum abgetötet.

Husten

Auch bei den Topsellern unter den Hustenmitteln findet sich kein Präparat, das wir ­uneingeschränkt empfehlen können. Die Bronchostop-Präparate Thymian-Hustenpastillen, Thymian Eibisch-Hustensaft, Thymian Eibisch sine-Hustensaft sowie Thy­mian ­Salbei Hals- und Rachenspray sind mit Einschränkungen geeignet. Diese Mittel tragen dazu bei, dass sich der festsitzende Schleim in den Bronchien verflüssigt und besser abhusten lässt. Bislang vorliegenden Studien reichen jedoch noch nicht aus, um den therapeutischen Stellenwert abschließend bewerten zu können.

Aus dem gleichen Grund nur mit Einschränkung geeignet sind auch die auf einem Auszug von Efeublättern basierenden Prospan-­Präparate, die löslichen Aeromuc-Tabletten mit dem Wirkstoff Acetylcystein sowie die Mucosolvan-Präparate mit dem Wirkstoff Ambroxolhydrochlorid. Zu beachten ist, dass Bronchostop Thymian ­Eibisch-Husten- ­saft sowie der Thymian ­Salbei Hals- und ­Rachenspray Alkohol enthalten. Wenig geeignet ist das Präparat Bronchostop ­Guaifenesin 10 % Hustentropfen. Der Wirkstoff Guaifenesin soll ebenfalls eine schleimlösende Funktion haben, ist jedoch weniger gut untersucht als andere schleimlösende Mittel. 

Schnupfen, Wunden und Pilzinfektionen

Schnupfen

Die meistverkauften Schnupfenmittel sind Nasivin und Otrivin. Die Präparate sind als Sprays, Tropfen oder Nasengel auf dem Markt. Wir bewerten die Wirkstoffe Oxy­metazolinhydrochlorid und Xylometazolinhydrochlorid prinzipiell als geeignet zur ­kurzzeitigen Anwendung bei Schnupfen. Bei ­einer Nebenhöhlenentzündung sind die ­Substanzen zur kurzzeitigen Anwendung nur mit Einschränkung geeignet. Die Mittel ­sollen den Sekretabfluss unterstützen. Bisher vorliegende Studien reichen allerdings nicht aus, um den therapeutischen Stellenwert abschließend zu bestimmen. Die Nasivin- beziehungsweise Otrivin-Präparate enthalten teilweise auch das Konservierungsmittel Benzalkoniumchlorid. Dieser Stoff ­beeinträchtigt die Bewegungen der Flimmerhärchen und damit die Selbstreinigung der Nasenschleimhaut. Bei langfristiger Anwendung kann Benzalkoniumchlorid die Nasenschleimhaut direkt schädigen. Präparate ohne Konservierungsmittel sind deshalb vorzuziehen.

Als wenig geeignet bei Nebenhöhlenent­zündung bewerten wir Sinupret-Präparate (Dragees, Dragees forte, Saft, Tropfen, überzogene Tabletten) mit einem Gemisch aus Auszügen von Enzianwurzel, Holunder­blüten, Schlüsselblumenblüten, Garten­sauerampferkraut und Eisenkraut. Die therapeutische Wirksamkeit dieser Kombination ist nicht nachgewiesen und daher nicht ­sinnvoll.

Wunden und Pilzinfektionen

Wund- und Heilsalben mit hautpflegenden Substanzen sollen zum einen die Wunde abdecken, zum anderen die Bildung des zur Heilung wichtigen Granulationsgewebes fördern. Der im Präparat Bepanthen ent­haltene Wirkstoff Dexpanthenol schafft dies. Dexpanthenol ist ein haut- und wundverträglicher Stoff und zur Pflege von oberflächlichen Schürfwunden und Wund­rändern geeignet. Zur Desinfektion von Haut und Wunden geeignet sind Betaisodona mit dem Wirkstoff Povidon-Jod sowie Octeni­sept mit den Wirkstoffen Phenoxyethanol und Octenidindihydrochlorid. Bei der Behandlung von Pilzinfektionen sind Canesten-Präparate erste Wahl. Diese basieren vor ­allem auf den Wirkstoffen Clotrimazol und Bifonazol. Beide Substanzen sind bei Pilz­infektionen, etwa Fußpilz, geeignet. 

Sportverletzungen, Venenerkrankungen und Durchfall

Sportverletzungen und Venen­erkrankungen

Auch bei Muskelverspannungen oder leichten Sportverletzungen sowie Venenerkrankungen stehen rezeptfreie Mittel aus der Apotheke hoch im Kurs. Mit Voltadol und Hirudoid finden sich gleich zwei der ­Präparate in der Top-30-Liste. Voltadol ist als Schmerzgel beziehungsweise als Schmerzgel forte erhältlich. Der Unterschied zwischen den beiden Präparaten besteht im Wesentlichen in der Dosierung des enthal­tenen Wirkstoffes Diclofenacdiethylamin. ­Diesen bewerten wir bei Prellungen, Zerrungen und Verstauchungen für die ersten 7 bis 14 Behandlungstage als mit Einschränkung geeignet. Hirudoid Gel beziehungsweise ­Salbe ist zur Behandlung von Venenerkrankungen wenig geeignet, weil die therapeu­tische Wirksamkeit nicht ausreichend nachgewiesen ist. Mucopolysaccharidpolyschwefelsäureester hat auf die Blutgerinnung und auf Venenerkrankungen keinen Einfluss.

Durchfall

Bei Durchfall ist Bioflorin das in der Apotheke am stärksten nachgefragte Medikament. ­Eine Kapsel dieses Präparates enthält min­destens 75 Millionen lebende Keime des Bakteriums Enterococcus faecium in Trocken­kultur. Diese Bakterien besiedeln den ge­sunden Darm und können durch ihren Stoffwechsel die Verdauung unterstützen. Sie sind auch an der Aufnahme von Vitaminen beteiligt. Als Medikament eingenommen, ­sollen die Keime die gestörte Darmflora wieder aufbauen sowie eingedrungene Krankheitserreger in ihrem Wachstum bremsen und neutralisieren. Diskutiert wird auch, dass sie das Immunsystem anregen. Ob diese Wir­kungen tatsächlich eintreten, ist jedoch nicht ausreichend nachgewiesen. Wir bewerten Bioflorin deshalb als wenig geeignet bei Durchfall. Das Mittel wird auch häufig während oder nach einer Antibiotikabehandlung verschrieben. Es soll verhindern, dass die Darmflora geschädigt wird, beziehungsweise dafür ­sorgen, dass eine geschädigte Darm­flora ­wieder aufgebaut wird. Doch auch dafür ­fehlen ausreichend zufriedenstellende Wirksamkeitsbelege.

Bei akutem Durchfall als mit Einschränkung geeignet bewerten wir das Mittel Antibiophilus (Beutel oder Kapsel). Dieses enthält lebensfähige Milchsäurebakterien (Lacto­bacillus casei, var. Rhamnosus). 

Abführmittel und Schlafmittel

Abführmittel

Wer unter Verstopfung leidet, findet in der Apotheke ebenfalls einige rezeptfreie Präparate. Die bei dieser Indikation meistverkauften Mittel sind Dulcolax (Dragees und Zäpfchen) mit dem Wirkstoff Bisacodyl ­sowie Molaxole (Wirkstoffe Macrogol, Natrium­chlorid, Kaliumchlorid und Natriumhydrogencarbonat). Beide Mittel bewerten wir als geeignet bei Verstopfung. Abführ­mittel sollten jedoch prinzipiell nie länger als ein bis zwei Wochen lang angewendet werden, weil sich der Darm sonst an die Medikamente gewöhnt und ohne sie kein Stuhlgang mehr einsetzt.

Schlafmittel

Eine erhöhte Missbrauchsgefahr besteht ­außer bei Abführmitteln vor allem bei Schlafmitteln. Auch diese dürfen nur wenige Tage hintereinander eingenommen werden, da sich der Körper an die Substanzen gewöhnt. Vertreter unter den 30 meistverkauften Präparaten ist Passedan. Die Tropfen enthalten einen Flüssigextrakt aus Passionsblumenkraut, dem eine Wirkung bei nervösen ­Un­ruhezuständen zugeschrieben wird. Als Hilfsstoffe sind unter anderem Melissen­blätter und Orangenschalen enthalten, ­deren therapeutische Wirksamkeit nicht ausreichend nachgewiesen ist. Wir bewerten ­Passedan Tropfen als wenig geeignet bei Schlafstörungen. Baldrianmittel in ausreichend hoher Dosierung sind vorzuziehen. 

Sodbrennen und Entzündungen im Mundraum

Sodbrennen

Sodbrennen zählt bei uns zu den am weites­ten verbreiteten Erkrankungen. Meistverkauftes Mittel sind Rennie Antacidum Lutschtabletten mit den Wirkstoffen Calciumcarbonat und Magnesiumcarbonat. Das Präparat ist bei Sodbrennen zur kurzzeitigen Behandlung (maximal zwei Wochen) geeignet. Die Wirkung hält allerdings nicht lange an. Bei länger andauerndem oder öfter auftretendem Sodbrennen sollte unbedingt ein Arzt aufgesucht werden.

Entzündungen im Mundraum

Bei Zahnfleischentzündungen sowie zur ­Anwendung nach Zahn- oder kieferortho­pädischen Behandlungen kommt häufig Chlor­hexamed (Gel oder Lösung) zum Einsatz. Dieses Mittel basiert auf dem desinfizieren-den Wirkstoff Chlorhexidindigluconat. Chlorhexamed bewerten wir als geeignet zur vorübergehenden unterstützenden Behandlung von Mundschleimhaut- und Zahnfleisch­entzündungen. Chlorhexidindigluconat kann Plaque-Bakterien, die eine häufige ­Ursache für Entzündungen im Mundraum sind, am ­besten bekämpfen.

Bewertung "Geeignet"

Ausgewählt wurden häufig nachgefragte und rezeptfrei erhältliche Medikamente aus der Apotheke. Die Bewertung nahm ein Expertengremium von Medizinern und Wissenschaftlern vor. Als Grundlage dienten klinische Studien. Die Eignung der jeweiligen Präparate wurde für die Indikation bewertet, die der Hersteller angiebt.

Die Bewertung erfolgte in Kooperation mit der deutschen Stiftung Warentest:

  • Geeignet
  • Auch geeignet
  • Mit Einschränkungen geeignet
  • Wenig geeignet

Bewertung: Geeignet

Diese Medikamente wurden mit einem "geeignet" bewertet. Die Auflistung erfolgt in alphabetischer Reihenfolge.

Bepanthen
Wund- und Heilsalbe 30 g, € 6,80,-
Wirkstoff: Dexpanthenol
Zur Wundpflege
KONSUMENT Test Bepanthen (Bild: Ursula Payer/VKI)
Betaisodona
Lösung standardisiert 15 ml, €2,50
Wirkstoff: Povidon-Jod
Zur Desinfektion von Haut und Wunden.
KONSUMENT Test Betaisodona (Bild: Ursula Payer/VKI)
Canesten
Clotrimazol Creme 30 g, € 8,95
Wirkstoff: Clotrimazol
Geeignet: Bei Pilzinfektionen wie Fußpilz
Wenig geeignet: Bei Nagelpilzen
KONSUMENT Test Canesten (Bild: Ursula Payer/VKI)
Chlorhexamed
Fluid 0,1 % 200 ml, € 9,90
Wirkstoff: Chlorhexidindigluconat
Zur vorübergehenden Behandlung von
Mundschleimhaut- und Zahnfleischentzündungen
KONSUMENT Test Chlorhexamed (Bild: Ursula Payer/VKI)
Dulcolax
Dragees 40 Stück, € 6,75
Wirkstoff: Bisacodyl
Bei Verstopfung zur kurzzeitigen Anwendung.
KONSUMENT Test Dulcolax (Bild: Ursula Payer/VKI)
Ibumetin
Filmtabletten forte 400mg 20 Stück, € 7,10
Wirkstoff: Ibuprofen
Bei leichten bis mäßig starken Schmerzen und Fieber.
KONSUMENT Test Ibumetin (Bild: Ursula Payer/VKI)
Mexalen
Tabletten 500 mg 10 Stück, € 1,20
Wirkstoff: Paracetamol
Bei leichten bis mäßig starken Schmerzen und Fieber
bei Erwachsenen sowie bei Kindern und Jugendlichen
ab einem Körpergewicht von 26 Kilogramm.
KONSUMENT Test Mexalen (Bild: Ursula Payer/VKI)
Molaxole
Pulver 10 Beutel, €4,20
Wirkstoffe: Macrogol, Natriumchlorid, Kaliumchlorid,
Natriumhydrogencarbonat
Bei Verstopfung.
KONSUMENT Test Molaxole (Bild: Ursula Payer/VKI)
Octenisept
Lösung 50 ml, € 6,30
Wirkstoffe: Octenidindihydrochlorid, Phenoxyethanol
Zur Desinfektion von Haut und Wunden
KONSUMENT Test Octenisept (Bild: Ursula Payer/VKI)
Otrivin
Nasenspray ohne Konservierungsmittel 0,1 %,
€ 8,50
Wirkstoff: Xylometazolinhydrochlorid
Bei Schnupfen für Schulkinder und Erwachsene als
schleimhautabschwellendes Mittel zur kurzzeitigen
Anwendung.
KONSUMENT Test Otrivin (Bild: Ursula Payer/VKI)
Ratiodolor akut
Filmtabletten 400 mg 20 Stück, € 7,80
Wirkstoff: Ibuprofen
Bei leichten bis mäßig starken Schmerzen und Fieber.
KONSUMENT Test Ratiodolor akut (Bild: Ursula Payer/VKI)
Rennie Antacidum
Spearmint Lutschtabletten zuckerfrei 36 Stück,
€ 7,50
Wirkstoffe: Calciumcarbonat und Magnesiumcarbonat
Bei Sodbrennen zur kurzzeitigen Anwendung.
KONSUMENT Test Rennie Antacidum (Bild: Ursula Payer/VKI)

 

Bewertung "Auch geeignet"

Diese Medikamente wurden mit "Auch geeignet" bewertet. Die Auflistung erfolgt in alphabetischer Reihenfolge.

Bewertung: Auch geeignet

KONSUMENT Test Rezeptfreie Medikamente (Bild: Ursula Payer/VKI)

Aspirin C

Brausetabletten 10 Stück, € 6,-
Wirkstoffe: Acetylsalicylsäure, Ascorbinsäure (Vitamin C)
Bei leichten bis mäßig starken Schmerzen und Fieber.

 

Mexa-Vit C ratiopharm

Brausetabletten 10 Stück, € 5,40
Wirkstoffe: Paracetamol, Ascorbinsäure (Vitamin C)
Bei leichten bis mäßig starken Schmerzen und Fieber. 

 

Nasivin

Nasentropfen 0,05 % 15 ml, € 6,95
Wirkstoff: Oxymetazolinhydrochlorid
Auch Geeignet: Bei Schnupfen für Schulkinder und Erwachsene als schleimhautabschwellendes Mittel zur kurzzeitigen Anwendung (Nasivinpräparate ohne Konservierungsmittel sind geeignet und vorzuziehen).

Mit Einschränkung geeignet: Bei Nebenhöhlenentzündung zur kurzzeitigen Anwendung.

Bewertung "Mit Einschränkung geeignet"

Diese Medikamente wurden mit "Mit Einschränkungen geeignet" bewertet. Die Auflistung erfolgt in alphabetischer Reihenfolge.

Bewertung: Mit Einschränkung geeignet

KONSUMENT Test Rezeptfreie Medikamente (Bild: Ursula Payer/VKI)
Aeromuc

Lösliche Tabletten 600 mg, € 3,90
Wirkstoff: Acetylcystein
Bei Husten als sekretlösendes Mittel.

 

Antibiophilus

Kapseln 20 Stück, € 6,55
Wirkstoff: Lebensfähige Keime von Lactobacillus casei, var. Rhamnosus
Bei akutem Durchfall.

 

Bronchostop

Thymian Eibisch sine Hustensaft 120 ml, € 7,65
Wirkstoffe: Thymiantrockenextrakt, Eibischwurzelflüssigextrakt
Bei Husten als sekretlösendes Mittel.

 

Mucosolvan

Lösung 100 ml, € 9,30
Wirkstoff: Ambroxolhydrochlorid
Bei Husten als sekretlösendes Mittel.

 

Prospan

Hustentropfen 20 ml, € 4,75
Wirkstoff: Efeublättertrockenextrakt
Bei Husten als sekretlösendes Mittel.

 

Tantum Verde

Pastillen 3 mg, € 6,45
Wirkstoff: Benzydaminhydrochlorid
Bei Mundschleimhaut- und Zahnfleischentzündungen, Halsschmerzen und Mandelentzündungen.

 

Voltadol

Schmerzgel Dispenser 75 g, € 11,30
Wirkstoff: Diclofenacdiethylamin
Bei Prellungen, Zerrungen und Verstauchungen für die erste Behandlungswoche.

Bewertung "Wenig geeignet"

Diese Medikamente wurden mit "Wenig geeignet" bewertet. Die Auflistung erfolgt in alphabetischer Reihenfolge.

Bewertung: Wenig geeignet

KONSUMENT Test Rezeptfreie Medikamente (Bild: Ursula Payer/VKI)

Aspirin Complex

30 mg Granulat 500 mg 10 Stück, € 9,75
Wirkstoffe: Acetylsalicylsäure, Pseudoephedrinhydrochlorid
Bei Erkältungen.

 

Bioflorin

Kapseln 20 Stück, € 6,85
Wirkstoff: Lebende Keime von Enterococcus faecium in Trockenkultur
Bei Durchfall.

 

Hirudoid

Gel 40 g, € 3,85
Wirkstoff: Mucopolysaccharidpolyschwefelsäureester
Bei Venenerkrankungen.

 

Neo-Angin

Pastillen 24 Stück, € 7,55
Wirkstoff: Dichlorbenzylalkohol, Pentyl-m-cresol
Bei Halsentzündungen.

 

Passedan

Tropfen 30 ml, € 4,10
Wirkstoff: Passionsblumenkrautflüssigextrakt
Bei Nervosität, Unruhe und Schlafstörungen.

 

Sinupret

Tropfen 100 ml, € 12,50

Wirkstoffe: Flüssigextrakt aus Enzianwurzel, Schlüsselblumenblüte, Gartensauerampferkraut, Holunderblüte und Eisenkraut
Bei Nebenhöhlenentzündung.

 

Strepsils

Lutschtabletten 8,75 mg 24 Stück, € 8,90
Wirkstoff: Flurbiprofen
Bei Halsentzündungen.

 

Thomapyrin

Tabletten 30 Stück, € 7
Wirkstoffe: Acetylsalicylsäure, Paracetamol, Koffein
Bei leichten bis mäßig starken Schmerzen und Fieber.

 

Zusammenfassung

Selbstbehandlung. Manche rezeptfreie Medikamente aus der Apotheke sind im Krankheitsfall nützlich. Bei der Einnahme sollte die Gebrauchsinforma­tion unbedingt eingehalten werden. ­Halten die zu behandelnden Symptome länger an beziehungsweise treten sie häufig auf, ist immer ein Arzt aufzusuchen.

Kombinationspräparate. Werden mehrere Wirkstoffe kombiniert ange­boten, ist dies häufig wenig sinnvoll, weil sich die medizinische Wirkung dadurch nicht erhöht. Im Gegenteil: Bei Kombinationspräparaten addieren sich die möglichen unerwünschten Wirkungen. Kombinationspräparate sind zudem häufig teurer. Auch steigt die Suchtgefahr, wenn etwa Schmerz- und Fiebermittel mit stimulierenden Mitteln wie Koffein kombiniert sind.

Missbrauchsgefahr. Insbesondere bei Schnupfen-, Schmerz-, Abführ- und Schlafmitteln besteht erhöhte Sucht­gefahr, da sich der Körper an die ent­haltenen Substanzen gewöhnen kann. Die Wirkung der Medikamente kann mit der Zeit abnehmen, unerwünschte Wirkungen dagegen nehmen zu.

Testkriterien

Hinweise zur Bewertung

Grundlage dieses Tests ist unser Handbuch "Medikamente: Vom Arzt verordnet" sowie das "Handbuch Rezeptfreie Medikamente" der Stiftung Warentest, für die ein Expertengremium die Eignung der Präparate auf Basis von Literaturrecherchen beurteilte.

Geeignet sind Mittel (Standardtherapeutika), deren therapeutische Wirksamkeit ausreichend nachgewiesen ist. Ihre Nutzen-Risiko-Abwägung fällt positiv aus. "Geeignet" sind auch Kombinationsmittel, deren Wirkstoffe sich sinnvoll ergänzen.

Auch geeignet sind Mittel, deren therapeutische Wirksamkeit ebenfalls nachgewiesen ist, die aber Konservierungsmittel enthalten oder noch nicht lange erprobt sind.

Mit Einschränkungen geeignet sind Mittel, die therapeutisch wirksam sind, aber im Vergleich zu Standardtherapeutika ein höheres oder nicht gut einschätzbares Risiko bergen.

Wenig geeignet sind Mittel, deren therapeutische Wirksmakeit nicht ausreichend belegt ist, die nicht ausreichend dosiert sind, deren therapeutische Wirksamkeit im Verhältnis zu den Risiken zu gering ist sowie Mittel mit mehr als einem Wirkstoff, deren Wirkstoffe sich nicht sinnvoll ergänzen oder keinen zusätzlichen therapeutischen Nutzen aufweisen.

 

Testkriterien bei Medikamenten

So bewerten wir Medikamente.

Grundlagen der Bewertung

Basis unserer Arzneimittelbewertungen ist die veröffentlichte internationale und nationale Literatur. Anhand von allgemein anerkannten und aktuellen Werken der klinisch-pharmakologischen und medizinisch-therapeutischen Standardliteratur wurde die Eignung der jeweiligen Arzneimittel für die Indikationen beurteilt, die der Hersteller für sein Mittel beansprucht. Die Bewertung wurde auch mit Blick auf die übrigen in dem jeweiligen Anwendungsbereich angebotenen Arzneimittel vorgenommen und daraufhin, ob die Behandlung mit einem Arzneimittel überhaupt sinnvoll ist.

Zusätzlich zur Standardliteratur wurden veröffentlichte und geeignete klinische Studien ausgewertet, um die Aktualität der Bewertung sicherzustellen. Diese „Primärliteratur“ konnte aber nur dann genutzt werden, wenn die Studien in anerkannten medizinischen Zeitschriften veröffentlicht wurden, in denen vor der Veröffentlichung ein Expertengremium (Review Board) die Qualität der Publikation geprüft hat.

Wirksamkeitsnachweis

Der Nachweis der therapeutischen Wirksamkeit eines Präparats gilt in klinischen Studien dann als erbracht, wenn mehrere Institutionen unabhängig voneinander unter wissenschaftlich anerkannten und reproduzierbaren Bedingungen in kontrollierten Studien zu gleichartigen Ergebnissen gelangt sind. Klinische Studien, die zur Bewertung herangezogen werden, müssen

  • prospektiv,
  • randomisiert,
  • kontrolliert,
  • mit vorab definierten und
  • der Fragestellung angemessenen Endpunkten sowie
  • mit einer adäquaten statistischen Auswertung versehen sein.

Dabei bedeutet prospektiv, dass die Studien als Verlaufsstudien „in die Zukunft“ hinein durchgeführt werden, und randomisiert, dass die Patienten den Behandlungsgruppen nach dem Zufallsprinzip zugeteilt werden müssen.

Kontrollierte Studien sind Untersuchungen, in denen eine Patientengruppe das neu zu prüfende Arzneimittel (Verum) erhält und weitere Patientengruppen ein bereits lange in seinem Nutzen bestätigtes, gleichartig wirkendes Mittel (Standard) oder ein wirkstofffreies Scheinmedikament (Plazebo). Aus den Unterschieden der therapeutischen Effekte – sowohl bezüglich der erwünschten als auch der unerwünschten Wirkungen – können dann die therapeutische Wirksamkeit, aber auch der Stellenwert des geprüften Mittels in der Therapie der Krankheit insgesamt bestimmt werden.

Doppelblindstudien

Prüfungen ohne Kontrollgruppe können bis auf wenige Ausnahmen – zum Beispiel wenn sich eine Plazebobehandlung aus ethischen Gründen verbietet – nicht als Nachweis einer therapeutischen Wirksamkeit anerkannt werden. Eine besonders sichere Basis zur Bewertung bieten Doppelblindstudien, in denen zunächst weder die behandelnden Ärzte noch die Patienten wissen, ob ein wirkstoffhaltiges oder wirkstofffreies Mittel angewendet wird.

Die Fragestellung, die untersucht wird, muss therapeutisch relevant sein und vorab definiert werden. Möglicherweise werden im Studienverlauf positive Effekte erkennbar, die zu prüfen gar nicht beabsichtigt war. Diese können nachträglich nicht als durch die Studie nachgewiesen geltend gemacht werden.

Schließlich müssen auch noch die untersuchten Endpunkte der Studie der Fragestellung angemessen sein (zum Beispiel die Reduzierung der Sterblichkeit an definierten Folgeerkrankungen durch die Senkung des zu hohen Blutdrucks).

Statistik allein genügt nicht

Ein Wirksamkeitsnachweis kann auf der Basis der statistischen Auswertung als Aussage mit einer geringen, nach internationaler Übereinkunft festgelegten Irrtumswahrscheinlichkeit (weniger als 5 Prozent) formuliert werden. Statistisch gesicherte Ergebnisse von Effekten, deren medizinisch-therapeutischer Nutzen umstritten ist, können zum Nachweis einer therapeutischen Wirksamkeit nicht als ausreichend anerkannt werden. Die klinische Relevanz ist höher zu bewerten als die alleinige statistische Signifikanz.

Plazeboeffekt

Um die therapeutische Wirksamkeit eines Arzneimittels zu prüfen, werden so genannte randomisierte kontrollierte klinische Studien durchgeführt. In diesen werden die Testpersonen nach dem Zufallsprinzip auf zwei Gruppen verteilt: Die einen werden mit dem zu prüfenden Arzneistoff behandelt, die anderen bekommen ein Mittel, das sich von dem Medikament äußerlich nicht unterscheidet, aber keinen Wirkstoff enthält – ein Scheinmedikament (Plazebo).

Weder die Patienten noch die Ärzte wissen, wer das richtige und wer das Scheinmedikament erhält. Alles andere jedoch, was zur Behandlung dazugehört, ist bei beiden Gruppen gleich: die Art der Betreuung durch die Ärzte, die Zeit, die die Behandelnden aufwenden und so weiter. Erst wenn die Effekte der Therapie ermittelt und dokumentiert sind, wird aufgedeckt, wer den Arzneistoff und wer das Scheinmedikament bekommen hat.

Mit dieser Vorgehensweise soll geklärt werden, welcher Anteil der beschriebenen Effekte tatsächlich dem Arzneimittel zuzuschreiben ist und was auf dem Prozess des Behandelns an sich beruht. Schließlich kann bereits das Gefühl, behandelt zu werden, Beschwerden lindern, und die Hoffnung, dass nun alles besser wird, kann die Heilung vorantreiben. All dies gehört zu dem so genannten Plazeboeffekt; dieser ist also mehr als die Wirkung des Scheinmedikaments.

Das Ausmaß des Plazeboeffekts schwankt je nach Art der Krankheit und Anordnung der Studie erheblich. Er kann zwischen 20 und 70 Prozent liegen. Das bedeutet, dass manchmal 20 Prozent der Kranken nach einer Scheinbehandlung eine Besserung vermelden, manchmal sogar 70 Prozent. In ähnlicher Häufigkeit treten auch unerwünschte Wirkungen nach Plazebos auf

Kombinationspräparate

Arzneimittel mit mehreren Wirkstoffen (Kombinationspräparate) bieten im Vergleich zu solchen mit nur einem Wirkstoff (Monopräparate) nur selten Vorteile. Die Arzneimitteltherapie erfordert aber in der Regel die individuelle Dosierung einzelner Wirkstoffe. Für die Bewertung solcher fixen Kombinationen muss daher zunächst beurteilt werden, ob die Mischung der einzelnen Komponenten zweckmäßig ist. Wenn dieses Urteil nicht positiv ausfällt, erübrigt sich ein Wirksamkeitsnachweis, da die jeweilige Kombination grundsätzlich nicht als sinnvolles Arzneimittel anerkannt werden kann, gleich, in welchem Anwendungsbereich.

Für die Bewertung fixer Kombinationen haben sich international als Standard die so genannten Crout’schen Kriterien bewährt. (J. R. Crout war in den 70er Jahren Direktor der amerikanischen Zulassungsbehörde Food and Drug Administration.) Diese Kriterien tragen den Erfordernissen der praktischen Anwendung von Arzneimitteln Rechnung: Sie werden der Forderung nach Unbedenklichkeit und Sicherheit von Arzneimitteln ebenso gerecht wie dem Problem des Missbrauchs und der möglichen Vorteile im Hinblick auf die richtige Anwendung (Compliance).

Wenn zum Beispiel ältere Menschen im Verlauf eines Tages mehrere Wirkstoffe einnehmen müssen, kann es hilfreich sein, sie als Kombination zu verabreichen, um damit die Einnahme der notwendigen Arzneimittel zu vereinfachen. Die Crout’schen Kriterien beabsichtigen also keineswegs, jegliche Anwendung von fixen Kombinationspräparaten zu verhindern. Nach diesen Kriterien gilt die Kombination von Inhaltsstoffen in Arzneimitteln als sinnvoll, wenn nachgewiesen ist, dass

  • jeder einzelne Inhaltsstoff in Bezug auf das beanspruchte Anwendungsgebiet therapeutisch wirksam ist und
  • die Dosierung jedes einzelnen Inhaltsstoffs im Hinblick auf die Höchstdosierung, die Anwendungshäufigkeit und -dauer so bemessen ist, dass eine nennenswerte Patientenanzahl einer solchen fixen Kombination bedarf und sie wirksam und unbedenklich (im Sinne des Verhältnisses von Nutzen zu Risiko) ist, und
  • die zugefügten Inhaltsstoffe die Wirksamkeit und/oder Unbedenklichkeit des Hauptinhaltsstoffs erhöhen oder die Möglichkeit des Missbrauchs des Hauptinhaltsstoffs verringern oder
  • die fixe Kombination von Inhaltsstoffen einen größeren therapeutischen Effekt hervorruft oder größere Unbedenklichkeit bietet als jeder einzelne Inhaltsstoff für sich.

Crout´sche Kriterien

Diese Aspekte sind im deutschen Arzneimittelgesetz berücksichtigt. Die Crout’schen Kriterien wurden auch bei unseren Bewertungen angewendet, um Kombinationspräparate auf ihre zweckmäßige Zusammensetzung zu prüfen. Erst wenn das Ergebnis dieser Prüfung positiv war, kam die möglicherweise nachgewiesene Wirksamkeit des Mittels für die therapeutische Behandlung zum Tragen. Dass zum Beispiel eine Kombination aus zwei Schmerzwirkstoffen schmerzdämpfend wirkt, kann nicht erstaunen. Die Frage aber, ob es sinnvoll ist, diese Schmerzwirkstoffe zu kombinieren, muss über die Anwendung der Crout’schen Kriterien geprüft werden. Die Antwort spiegelt sich in den Bewertungen der einzelnen fixen Arzneimittelkombinationen wider.

Aus unserer Sicht gelten diese Kriterien für Präparate mit chemisch-synthetischen Wirkstoffen und Präparate mit pflanzlichen Extrakten gleichermaßen. Vor allem, wenn für einzelne Komponenten Negativurteile vorliegen, muss durch vergleichende klinische Studien nachgewiesen werden, dass die Kombination mit der negativ bewerteten Komponente ein therapeutisch besseres Ergebnis erzielt als eine Kombination ohne diese Komponente. Nur dann kann der therapeutische Wert der Kombination möglicherweise anerkannt werden.

Darüber hinaus gibt es bei Kombinationspräparaten noch eine Sichtweise, die auf pharmakologischen Sachverstand gründet. Der Aufbau einer Studie, die die therapeutische Wirksamkeit eines Mittels mit mehr als drei Wirkstoffen belegen soll, ist derart kompliziert, dass sie kaum je durchgeführt werden wird. Darum haben sich die gesetzlichen Krankenkassen in Deutschland darauf geeinigt, Kombinationspräparate mit mehr als drei Wirkstoffen als nicht verordnungsfähig anzusehen.

Unterschiede zu anderen Beurteilungen

Es ist denkbar, dass mit anderen Methoden und durch die Beschränkung auf die Zulassungsanforderungen des Arzneimittelgesetzes oder mit anderen Prüfkriterien sich auch andere Beurteilung ergeben als die hier nachlesbaren. Dies kann sich auch auf die Arbeit des deutschen Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte beziehen, das unter Betrachtung der Daten zu Einzelarzneimitteln Zulassungsentscheidungen trifft. Das Institut berücksichtigt vor allem den Nachweis der Wirksamkeit, Unbedenklichkeit und pharmazeutischen Qualität sowie die Zweckmäßigkeit der Kombination bei einem einzelnen Arzneimittel (absoluter Nutzen). Es darf weder geprüft werden, ob dieses neue Mittel in Relation zum verfügbaren Markt aus therapeutischen Gründen überhaupt erforderlich ist, noch welchen Rang es unter den Alternativen einnimmt.

STIFTUNG WARENTEST und Verein für Konsumenteninformation berücksichtigen mit ihren Bewertungen aber auch die therapeutische Stellung der Arzneimittel bestimmter Indikationsbereiche zueinander (relativer Nutzen) und gehen damit über die Zulassungskriterien des Bundesinstituts hinaus, sind also strenger.

Für bestimmte Arzneimittelgruppen, so zum Beispiel für viele pflanzliche Mittel, liegen nur vereinzeltes Erfahrungswissen und andere kaum prüfbare Therapieberichte vor, die zudem in Zeitschriften unterschiedlicher Qualität veröffentlicht sind. Die von uns verwendete Methodik lässt dann kaum eine positive Bewertung dieser Mittel zu.

Bewertung gemäß Anwendungsgebiet

Es besteht der Grundsatz, dass jedes Produkt für das Anwendungsgebiet bewertet wird, für das es laut Herstellerangaben eingesetzt werden soll. Im Idealfall sollte es also so sein, dass die Bezeichnung der Krankheit oder Störung, die der Hersteller in der Packungsbeilage angibt, und die, unter der der Wirkstoff in dieser Datenbank abgehandelt wird, identisch sind. Leider sind – vor allem im Bereich der Mittel für die Selbstbehandlung – die Bezeichnungen der Hersteller keineswegs so präzise und eindeutig, wie es für eine klare Zuordnung notwendig wäre. So fassen die Hersteller ihre Indikationsansprüche zum Beispiel sehr weit. Wir haben versucht, diese Vielfalt in einer Ihnen – unserer Meinung nach – bekannten und einheitlichen Überschrift zusammenzufassen.

Darüber hinaus kommt es nicht selten vor, dass sich ein Hersteller – vielleicht aufgrund neuer Forschungsergebnisse – entscheidet, die Anwendungsgebiete seines Produkts neu zu formulieren. Dann können Präparate mit demselben Namen im Handel sein, die sich oft nur durch einen kleinen Zusatz unterscheiden, aber andere Anwendungsgebiete für sich beanspruchen und dementsprechend anders bewertet werden müssen.

Wenn in der Fachinformation einer Salbe mit Heparin steht: „Zur unterstützenden Behandlung bei akuten Schwellungszuständen nach stumpfen Traumen (zum Beispiel Zerrung, Prellung, Quetschung, Bluterguss, Verstauchung), oberflächlicher Venenentzündung, sofern diese nicht durch Kompression behandelt werden kann“, wird dieses Mittel sowohl im Abschnitt Bewegungsapparat bei „Verstauchung, Schwellung, Entzündungen“ als auch im Abschnitt Herz und Kreislauf bei „Venenerkrankungen“ besprochen und dafür bewertet. Nennt ein heparinhaltiges Produkt aber außerdem noch Frostschäden (zum Beispiel „Frostbeulen“) als Anwendungsgebiet, bleibt das unberücksichtigt, weil wir hierfür kein eigenes Anwendungsgebiet definiert haben.

Hilfsstoffe üblicherweise nicht bewertet

Hinweis: Bei der Bewertung wurden nur jene Inhaltsstoffe des Arzneimittels berücksichtigt, von denen eine therapeutische Wirksamkeit erwartet wird. Hilfsstoffe, wie sie zum Beispiel notwendig sind, um Tabletten herzustellen, gingen in die Bewertung nicht mit ein. Von dieser Regel gibt es eine Ausnahme: Augen- und Nasentropfen sind häufig mit Konservierungsmitteln versetzt. Produkte mit einem solchen Hilfsmittel wurden um eine Stufe abgewertet, wenn Konservierungsmittel an der Schleimhaut der Augen und Nase solche unerwünschten Wirkungen auslösen können, es aber Produkte gibt, die ohne einen solchen Zusatz auskommen.

Bewertungsstufen

Der Bewertung der hier aufgeführten Medikamente liegen vier Stufen zu Grunde.

  1. Geeignet für die Behandlung des jeweiligen Krankheitsbilds sind Mittel, deren therapeutische Wirksamkeit bei der betreffenden Indikation ausreichend nachgewiesen ist, die ein positives Nutzen-Risiko- Verhältnis und einen hohen Erprobungsgrad aufweisen. Der therapeutische Nutzen dieser Mittel ist hoch, sie gehören bei dieser Indikation zu den Standard-Therapeutika, soweit solche definiert werden können. Geeignet sind auch Mittel mit mehr als einem Wirkstoff, wenn sich die Wirkstoffe sinnvoll ergänzen.
  2. Auch geeignet sind Mittel, deren therapeutische Wirksamkeit ebenfalls nachgewiesen ist, die aber noch nicht so lange erprobt sind wie die als „geeignet“ bewerteten. In diese Kategorie fallen vor allem neue und weniger gut untersuchte Wirkstoffe. Mit der gleichen Bewertung wurden Arzneimittel versehen, die zum Beispiel Konservierungsstoffe enthalten, wenn allgemein die Überzeugung vorherrscht, dass Arzneimittel ohne Konservierungsstoffe die geeignete Alternative darstellen. Dies kann in ähnlicher Weise auch für andere Zusatzstoffe gelten. In diese Bewertungskategorie fallen auch Arzneimittel, die zwar noch immer als Standardpräparate gelten, in der Zwischenzeit aber von neuen, besser verträglichen Mitteln in ihrem Rang als Mittel der Wahl „abgelöst“ wurden.
  3. Mit Einschränkung geeignet sind Mittel, die zwar therapeutisch wirksam sind, aber im Vergleich zu Standard-Therapeutika ein höheres oder nicht gut einschätzbares Risiko bergen. Sie zählen daher nicht zu den Standardarzneimitteln bei den besprochenen Krankheitsbildern und werden nur unter bestimmten Bedingungen verwendet (zum Beispiel bei ganz bestimmten oder schwerwiegenden Krankheitskonstellationen). Mit dieser Bewertung werden auch jene Mittel belegt, für die nach den vorliegenden Studien die therapeutische Wirksamkeit noch nicht ausreichend nachgewiesen ist und bei denen weitere Studien erforderlich sind.
  4. Wenig geeignet sind Mittel, deren therapeutische Wirksamkeit nicht ausreichend belegt ist, die nicht ausreichend dosiert sind und/oder deren therapeutische Wirksamkeit im Verhältnis zu den Risiken zu gering ist, sodass die wahrscheinlichen Risiken mehr Gewicht haben als der mögliche Nutzen. Wenig geeignet sind darüber hinaus Mittel mit mehr als einem Wirkstoff, wenn sich die Wirkstoffe nicht sinnvoll ergänzen oder keinen oder keinen zusätzlichen therapeutischen Nutzen aufweisen.

Quelle: Handbuch Medikamente

Leserreaktion: Nasivin, Baldrian

Baldrian: nicht ungefährlich

Sie schreiben in Ihrem Artikel, dass Baldrianmittel bei Schlaflosigkeit in ausreichend hoher Dosierung vorzuziehen sind. Aus eigener schlimmer Erfahrung weiß ich, dass Baldrian stark Blutdruck senkende Wirkung haben kann. Vorsicht bei der Anwendung bei Menschen mit niedrigem Blutdruck!
Angela Ludwig
Wien
(aus KONSUMENT 4/2016)

Nasivin: auch ohne Konservierungsmittel

Nachtrag: Im Rezeptfreie Medikamente - Bestseller mit Mängeln haben wir die 30 in Österreich meistverkauften rezeptfreien Medikamente bewertet. Das Schnupfenmittel Nasivin 0,05 % wurde, weil es Konservierungsmittel enthält, mit "auch geeignet“ bewertet. Es gibt allerdings auch konservierungsmittelfreie Nasivin-Präparate, etwa Nasivin sanft 0,05 % Prozent Spray, die von uns das Testurteil "geeignet“ erhalten.
Die Redaktion

 

Buchtipp: "100 Medikamente"

Dass ein Arzneimittel amtlich zugelassen ist, bedeutet noch nicht, dass es grundsätzlich sinnvoll ist. Über Risiken und Nebenwirkungen informiert Sie nicht nur ihr Arzt oder Apotheker: In diesem neuen KONSUMENT-Buch erfahren Sie die wichtigsten Informationen über 100 Bestseller aus der Apotheke.

Ein unabhängiges Expertenteam bewertet die in Österreich gängigsten Präparate. Außerdem: Die wichtigsten Hinweise zu Wechsel- und Nebenwirkungen und Vorsichtsmaßnahmen sowie spezielle Tipps und Warnungen für die Anwendung bei Schwangeren, Kindern und älteren Menschen

www.konsument.at/100medikamente

Aus dem Inhalt

  • Wie verträglich ist das Mittel?
  • Lindert es die Symptome, ist es nachhaltig von Nutzen?
  • Ist es lange erprobt und wirkt es?
216 Seiten, 19,90 € + Versand

 

100 Medikamente Buch, (Quelle: VKI)

 

Diesen Beitrag teilen

Facebook Twitter Drucken E-Mail

Das könnte auch interessant sein:

Medikamente: Was bringt Aspirin plus C? premium

Medikamente: Was bringt Aspirin plus C?

Acetylsalicylsäure ist ein wirksames Schmerzmittel, doch macht ein Zusatz von Vitamin C Sinn? Wir haben nach wissenschaftlichen Belegen gesucht.

Gefördert aus Mitteln des Sozialministeriums 

Sozialministerium

Zum Seitenanfang