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Versicherungen: Deckungsstock - Trügerische Sicherheit

Sind die Kundengelder komplett verloren, wenn ein (Lebens-) Versicherer in die Insolvenz schlittert? Nein – zumindest in der Theorie nicht. 

 

Deckungsstock: Assekuranzen müssen Kundengelder absichern. (Billd: Pisit.Sj/Shutterstock.com)

Bei der TV-Show „Was gibt es Neues“ ­würden die geladenen Kabarettisten auf die Frage, was ein Deckungsstock wohl sei, vielleicht antworten: „Beim Eisstockschießen ein bewusst so hingezirkelter Schuss, dass er dem am besten gelegenen Eisstock Deckung gibt.“ Aber da wir hier im Fach­gebiet „Versicherungs-Chinesisch“ unterwegs sind, verbirgt sich hinter diesem Begriff natürlich etwas ganz anderes. 

Sicherungsvermögen

Der Deckungsstock ist ein Sicherungsver­mögen im Bereich Lebens-, Unfall- und Krankenversicherung – so etwas wie ein Geldsammelbecken für den Ernstfall. Es wird dann angezapft, wenn ein Versicherungsunternehmen in die Pleite schlittert. Angezapft wird der Deckungsstock aber nicht von den Gläubigern. Die haben, so die Grundidee, im Fall des Falles keinen Zugriff. Der Deckungsstock soll vielmehr die Ansprüche der Versicherten befriedigen. Zumindest in der Theorie. Dazu später mehr. 

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Kapitalgarantie und Gewinnbeteiligung

Sicher und rentabel

Der Deckungsstock muss als Sondervermögen aufgebaut und getrennt vom übrigen Vermögen der Versicherer verwaltet werden. Dafür gibt es klare gesetzliche Spiel­regeln, überwacht von der Finanzmarktaufsicht (FMA). Gespeist wird der Deckungsstock von den Kundengeldern, also den Einzahlungen in Lebensversicherung & Co (abzüglich der bekannt hohen Kosten und abzüglich der Steuer). Die Gelder können von den Versicherern nicht x-beliebig an­gelegt werden, einen gewissen Spielraum haben sie aber schon (siehe Grafik). Die Quadratur des Kreises lautet dabei: so ­sicher wie nötig und gleichzeitig so rentabel wie möglich. 

Kapitalgarantie und Gewinnbeteiligung 

Der Deckungsstock kommt aber noch ­andernorts zum Tragen. Bei Garantieprodukten wie etwa der klassischen Lebens­versicherung werden Kapitalgarantien über den Deckungsstock abgesichert. Auch ­Gewinnbeteiligungen von Kapitallebensversicherungen ergeben sich aus dem ­Ver­- anlagungserfolg im Deckungsstock. Dieser Veranlagungserfolg ist aber gelinde gesagt ziemlich mau. Der zuvor erwähnte Spagat zwischen Sicherheit und Rentabilität kann nicht gelingen. Das Kapital im Deckungsstock wird zumeist in (festverzins­liche) Anleihen, Pfandbriefe, Hypotheken, Grund­stücke, Schuldverschreibungen und andere relativ sichere („konservative“) Anlagen investiert.

Der Aktienanteil, der ein wenig Schwung in die Sache bringen könnte, ist gering (5 bis 7 Prozent im Durchschnitt). Das Resultat, auf das wir in der Vergangenheit schon mehrfach hingewiesen haben: Klassische Lebensversicherungen schaffen es nicht einmal, die Inflation zu schlagen, also den Wert des eingezahlten Geldes langfristig zu erhalten. Hinzu kommt, dass im aktuellen Markt- und Wirtschaftsumfeld sogar Veranlagungskategorien, die in der Vergangenheit als sicher eingestuft wurden (wie z.B. Staatsanleihen), diesen Nimbus nach und nach einbüßen. Das führt dazu, dass man auch das „Ausfallsrisiko“ von klassischen Lebensversicherungen nicht mehr ganz ausschließen kann. 

Wer zahlt die Zeche? 

Zurück zum Geldauffangbecken. Wer genauer hinschaut, findet im § 316 des Ver­sicherungsaufsichtsgesetzes interessante Formulierungen, die aus Sicht der Versicherten wenig erbaulich klingen. Die FMA kann demnach auf vertraglich garantierte Leistungen Einfluss nehmen. Dann, wenn „die Vermeidung eines Konkurses im Interesse der Versicherten gelegen ist“ – wer auch immer das genau zu entscheiden hat. Im Klartext: Zahlungen – insbesondere ­Versiche- ­rungsleistungen, in der Lebens­versicherung auch Rückkäufe und Vorauszahlungen auf Polizzen – können seitens der FMA untersagt bzw. Verpflichtungen des Versicherers aus der Lebensversicherung herabgesetzt (= es wird weniger ausgezahlt) werden.

Auf der anderen Seite müssen die Kunden weiter brav ihre Prämien­zahlungen leisten. Bei ­dieser Hintertür darf man berechtigterweise fragen, wer am Ende des Tages die Zeche zahlen müsste, wenn ein (Lebens-)Versicherer in Schieflage gerät. 

Phönix-Versicherung

Freilich, in Österreich hat es mit der Phönix-­Versicherung nur einmal einen Versicherer „aufgestellt“ – und das war vor mehr als 80 Jahren. Ausgeschlossen sind Insolvenzen von (Lebens-)Versicherern, gerade im aktuellen Niedrigzinsumfeld, allerdings nicht (siehe beispielsweise Japan, wo das schon lange vorherrschende extrem nied­rige Zinsniveau einige Opfer in der Branche ­gefordert hat).

Grafik - Deckungsstock: Veranlagung

Konservativ. Wie das Kundengeld im Deckungsstock veranlagt wird. 

Versicherungen: Wie das Kundengeld im Deckungsstock veranlagt wird. (Bild: VKI)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Grafik VKI

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