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Schlaganfall - Der Weg zurück

Die Rehabilitation spielt eine besonders wichtige Rolle. Betroffene lernen dabei, sich trotz gesundheitlicher Beeinträchtigungen gut im Alltag zurechtzufinden. Die Möglichkeiten im Überblick.

Schlaganfall: Der Weg zurück; (Bil: Monster-Ztudio/Shutterstock.com)

Wie wichtig die Rehabilitation ist, zeigen die Zahlen: Drei Monate nach einem Schlag­anfall können 25 % der Patienten noch nicht gehen, 66 % der Patienten sind in ihrer Gehfähigkeit eingeschränkt, 33 % der Patienten können den Arm noch nicht bewegen und bei etwa der Hälfte aller Betroffenen ist die Geschicklichkeit beeinträchtigt.

Umfangreiche Rehabilitation

Ein möglichst früher Beginn der Rehabilita­tion erhöht in jedem Fall die Chancen auf Erfolg. Daher beginnt sie bei Schlaganfall- Patienten bereits im Spital, meist sogar schon einen Tag nach der Einlieferung. Insgesamt umfasst die Rehabilitation medizinische, berufliche und soziale Maßnahmen, um Patienten dabei zu unterstützen, wieder am sozialen oder beruflichen Leben teilzunehmen. „Je früher wir mit der Aktivierung beginnen können, umso besser ist es.

Idealerweise beginnt die Frührehabilitation schon im Spital, am Tag nach der Einlieferung. Möglichst rasch sollte dann ein Antrag auf medizinische Rehabilitation gestellt werden, sodass die Patienten ohne Wartezeit und Lücken direkt vom Spital in die Reha-Einrichtung kommen können“, erklärt Prim. Dr. Christoph Stepan, MSc., Facharzt für Neurologie, Vorstandsmitglied der Österreichischen Gesellschaft für Neurorehabilitation und Leiter der neurologischen Rehabilitation der Rehaklinik Wien Baumgarten.

Stationär oder ambulant

Dabei ist es nicht immer notwendig, stationär in einer Reha-Klinik aufgenommen zu werden. Wenn es der Zustand der Betroffenen erlaubt, können die Maßnahmen auch ambulant erfolgen. Teil der Rehabilitation ist es auch, dass Betroffene notwendige Heil­behelfe oder Hilfsmittel erhalten, die ihnen beim Ausgleich körperlicher Defizite helfen. Das sind zum Beispiel Gehhilfen, Rollstühle, Inkontinenzeinlagen, Brillen oder Hörgeräte. 

Rehabilitation: kein Urlaub, sondern harte Arbeit

Hilfe im Antragsdschungel 

In Österreich gibt es unterschiedliche Rehabilitationsträger: die Sozialversicherungsträger, das Arbeitsmarktservice, das Sozialministerium und die Landesregierungen. Da es für Betroffene ohnehin schon beschwerlich genug ist, im „AntragsdschungelWirtschaftskammer Österreich“ den richtigen Ansprechpartner zu ­finden, gilt in Österreich der sogenannte „Allspartenservice“: Das heißt, sie müssen gar nicht wissen, wer zuständig ist. Die ­Anträge können bei jedem Sozialversicherungsträger eingebracht werden und werden dann intern an die passende Stelle weitergeleitet.

Reha-Beratung

Zusätzlich haben alle Träger sogenannte Rehabilitationsberater im Einsatz und ­bieten betroffenen Personen kostenlose Reha-Beratung an. Das umfasst die Unterstützung bei der Antragstellung für Aufenthalte im Spital oder in Reha-Einrichtungen, den Ankauf notwendiger Hilfsmittel, aber auch Anträge für mögliche Zuschüsse und Darlehen (z.B., wenn Fahrzeuge oder Wohnraum adaptiert werden müssen). 

Rehabilitation ist individuell 

Ein Reha-Aufenthalt ist kein „Erholungs­urlaub“, sondern für die Betroffenen harte und anstrengende Arbeit. „Wir schlagen dem Patienten den Plan vor und besprechen den Ablauf sehr genau. Die Umsetzung ist aber nur dann erfolgreich, wenn er auch aktiv mitmacht. Der zweite wichtige Punkt ist, dass dieser Plan keinen Standardnormen folgt. Neurologische Erkrankungen haben die Besonderheit, dass ihr Verlauf nicht vorhersagbar ist, daher muss sich auch der Patient auf diese Entwicklung einstellen,“ sagt Stepan.

Pro Tag stehen mehrere Stunden Therapie auf dem Programm. Erste Erfolge, die in der Akutbehandlung im Krankenhaus bereits erreicht wurden, müssen nun abgesichert und ausgebaut werden. Ein gut abgestimmter Rehabilitationsplan kann zu beachtlichen gesundheitlichen Fortschritten führen. Schlaganfallpatienten werden dazu meist von einem Team aus verschiedenen Fachdisziplinen betreut: von Neurologen, Pflegefachkräften, Physiotherapeuten, Ergotherapeuten, Sozialarbeitern und anderen Fachkräften.

Therapie an Krankheitserlauf angepasst

Die Aufgabenstellung für dieses Team ändert sich mit dem Krankheitsverlauf des Patienten laufend, daher wird auch das Reha-Programm ständig angepasst. „Ein Schlaganfall ist nicht wie ein Blinddarm, den man einfach entfernt und dann ist alles gut. Wenn die nervliche Struktur im Gehirn zerstört ist, können keine verbindlichen ­Vorhersagen getroffen werden, was genau und um wie viel es besser wird. Wir bemühen uns immer, das Bestmögliche mit dem Patienten herauszuholen“, betont Stepan.

Herausforderung: Arbeitsplatz 

Nach der medizinischen Rehabilitation folgt die berufliche Wiedereingliederung in den Arbeitsprozess. Zahlreiche Programme wie zum Beispiel fit2work zielen darauf ab, den Arbeitsplatz zu erhalten, wenn er aufgrund gesundheit­licher Probleme gefährdet ist, oder Alter­nativen zu suchen. So werden etwa mithilfe eines Coaches Arbeitsabläufe verbessert oder neue berufliche Perspektiven erarbeitet und es wird über Förderungen informiert. Wer über einen längeren Zeitraum krank geschrieben ist, kann mit dem Arbeitgeber eine Wiedereingliederungsteilzeit vereinbaren. Dabei wird die Arbeitszeit ­reduziert und so ein Umfeld geschaffen, das eine schrittweise Rückkehr ins Arbeitsleben ermöglicht.

Alltagsrelevantes wieder erlernen

Soziale Neurorehabilitation

Auch das „Berufliche Bildungs- und Rehabilitationszentrum“ BBRZ Berufliches Bildungs und Rehabilitationszentrum) begleitet Menschen nach Unfall oder Krankheit zurück ins Berufsleben. Unter dem Titel NeuroNetzWerk wurden Angebote speziell für Menschen mit neurologischen Erkrankungen wie zum Beispiel Schlaganfall geschaffen. Die berufliche Neuro-Reha hat das Ziel, Menschen mit neurologischen Erkrankungen wieder ins Berufsleben einzugliedern.

Für alle Betroffenen, die die medizinische Rehabilitation abgeschlossen haben und noch nicht für einen beruflichen Wiedereinstieg bereit sind, gibt es am BBRZ-Standort Kapfenberg (Steiermark) die Möglichkeit der „Sozialen Neurorehabilitation“. Sie ist österreichweit in dieser Form einzigartig. Das Hauptaugenmerk liegt auf dem Wiedererlernen im Alltag relevanter Dinge wie ­Einkaufengehen oder Körperpflege. Ziel ist, wieder so selbstständig wie möglich zu ­werden und am gesellschaftlichen Leben wieder aktiv teilhaben zu können. Um das Angebot in Anspruch nehmen zu können, muss ein Antrag auf „Soziale Neurorehabilitation“ gestellt werden. 

Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit vermeiden

„Am besten ist es, bereits während der medizinischen Rehabilitation einen Beratungstermin bei uns zu vereinbaren. In einem Erstgespräch wird die aktuelle Situation des Betroffenen beleuchtet und es zeigt sich, wo es konkret Unterstützung braucht“, gibt Mag. Claudia Huber vom NeuroNetzWerk am Standort Wien Einblick in den Ablauf. Vorrangiges Ziel der Beratung ist, eine ­Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit oder Invalidität möglichst zu vermeiden. 
Das Angebot der NeuroNetzWerke zielt ­speziell auf Menschen ab, die im Zuge von Erkrankungen oder Unfällen Hirnschäden erlitten haben.

Unterstützungs- und Therapieangebot

„Wieder in den Beruf einzusteigen, ist für diese Personengruppe eine sehr komplexe Herausforderung. Viele können sich sehr schwer konzentrieren, haben Schwierigkeiten mit der Lern- und Merk­fähigkeit oder kognitive Einschränkungen“, weiß Huber. Manchen fällt es zum Beispiel schwer, flexibel auf neue Situationen zu ­reagieren oder sich – oft auch in gewohnter Umgebung – zu orientieren. „Die Betrof­fenen sind ängstlicher, unsicherer oder vermissen ihre gewohnten sozialen Fertigkeiten, die sie vor dem Schlaganfall hatten. Hier haben wir ein spezielles Unterstützungs- und Therapieangebot“, ergänzt die Expertin.

Durch den engen Kontakt zu Unternehmen wird bei der Suche nach Praktikumsplätzen und Jobs geholfen. Warum das wichtig ist, erklärt Huber: „Erst wenn die Personen aus dem geschützten Reha-Setting in den Beruf zurückkehren, sehen sie, ob sie mit den Anforderungen gut zurechtkommen oder ob es noch zusätzliche Bewältigungsstrategien braucht.“

Der Österreichische Rehabilitationskompass

Der Rehabilitationskompass ist ein ­elektronisches Verzeichnis betreffend das medizinische Angebot und die Ausstattung stationärer Reha-Einrichtungen in Österreich. Hier finden Sie alle Adressen von Reha-Einrichtungen, die Angebote für Schlaganfall-Patienten haben (Österreichischer Rehakompass).

Buchtipp: Schlaganfall

Der Schlaganfall gilt als zweithäufigste Todesursache und Hauptgrund für Behinderungen: Jeder vierte Österreicher ist betroffen, jeder sechste davon stirbt an den Folgen.

Schlaganfall - erkennen, behandeln, weiterleben (Cover: VKI)

Vorbeugen ist mit einfachen Änderungen unseres Lebensstils möglich: nicht rauchen, wenig Alkohol, täglich 30 Minuten Bewegung und ein gesundes Körpergewicht. Tritt dennoch ein Schlaganfall auf, so gilt: „Zeit ist Hirn“ – je rascher Hilfe und medizinische Versorgung möglich ist, desto besser sind die Chancen, ohne Folgeschäden davonzukommen. Österreich ist weltweit Vorbild bei der Schlaganfall-Akutversorgung. Wie Patienten von der Forschung profitiert, wie Hilfe im Notfall aussieht, welche Behandlungen erfolgversprechend sind und wie das Leben trotz Schlaganfall lebenswert bleibt, lesen Sie in diesem Buch!

Leseprobe im Shop: https://konsument.at/schlaganfall

192 Seiten, Flexcover

19,90 €

 

 

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